David Meili, 2. Juli 2009, 09:23 Uhr

Leiden mit Polaroid

090702_polaPolaroid ist mehr als Nostalgie. Weltweit sind in technischen, medizinischen und forensischen Anwendungen noch unzählige Kameras im Gebrauch. Doch die Filme werden langsam knapp, selbst auf dem Graumarkt und auf Internet-Plattformen.  Zudem müssen sich Künstler/innen, die mit dem Instant-Medium langfristig an Projekten arbeiten, nach Alternativen umsehen.

Die gibt es. Fujifilm produziert weiterhin den altbekannten Ablösefilm und vertreibt ihn direkt. Doch einige der am weitesten entwickelten Kameras von Polaroid sind nur mit Filmpacks funktionstüchtig, die auch Batterien miteinschliessen.  Betroffen sind die IMAGE und Spectra Modelle, und die Kult-Kamera SX.

Foto Pro führt im Sortiment den 600 Instant Film, mit Verfalldatum zum September 2009. Es sind die letzten Filme, die im Werk Enschede in Holland im Februar 2008 produziert wurden. Wir haben ein Paket noch vor einigen Tagen bei Photo Ganz im Hauptbahnhof  Zürich erworben, für CHF 34.-. Der aktuelle Verkaufspreis dürfte CHF 38.50 betragen.

Mit dem Kultfilm Spectra (IMAGE auf dem europäischen Markt) dreht sich die Preisspirale aufwärts. Bei ars imago in Zug sind Pakete mit zehn Bildern ab CHF 50.- erhältlich, doch auch diese werden in den nächsten Tagen ausverkauft sein.

Mit „The impossible project“ versucht man in Enschede eine neue Filmproduktion aufzubauen. Die Hürden sind kaum überwindbar. Kameras von Polaroid, die seit den neunziger Jahren produziert wurden, benötigen im Filmpack integrierte Batterien. Sie werden heute nicht mehr hergestellt und sind auch nicht mehr  umweltverträglich. Doch der Bedarf besteht. Seit der SX-70 sind auch die Kameras von Polariod immer besser geworden.

Edwin Land war ein genialer Entwickler, der Kamera und Film zusammenbrachte.  Nach dem Niedergang von Polaroid ist das Interesse am Medium in der Gegenwartskunst markant gestiegen. Die Unmittelbarkeit, das Schaffen eines Originals, das sich nicht reprodzieren lässt, steht im Gegensatz zum digitalen Bildersturm.

Ein grosser Teil der letzten Produktion von Polaroid wurde von Adesso Albums aufgekauft. Adesso bietet nach wie vor den Polaroid 600 Film ab 22 Dollar an. Er ist im Geschäftsmodell des Marktführers für Fotoalben verankert. Bei Adesso erwirbt man eine Mietkamera, Alben und Filme für Taufen, Hochzeiten, Bar Mitzvah und Quinceañara. Diese Auflistung zeigt, welches Potenzial Polaroid durch schlechtes Marketing und Management verspielt hat.

Nun wartet man mit Spannung, ob in Enschede wieder einmal Polariod-Filme produziert werden, und welche. Auf dem Occasionsmarkt für Kameras zeigen sich Tendenzen ab. Klassische Profi-Kameras mit hochwertigen Objektiven für den über Fujifilm verfügbaren Kontakfilm sind gesucht, alle anderen Kameras dürften kaum mehr als CHF 50.- gehandelt werden. Kaum mehr aufzufinden sind Blitzbirnen. Ein Umbau auf Elektronenblitz wird mittlerweile auf mehreren Websites angeboten.

090702_polariod_prozessorIn Versuchung kommt man, wenn seit Tagen ein 8×10″ Processor auf ricardo.ch zum Startpreis von CHF 5.- vor sich hindümpelt. Doch dann siegt die Vernunft gegenüber der Nostalgie.

Aktueller Stand der Produktgeschichte (Wikipedia)

Beitrag über „The impossible project“ auf Newsnetz vom 6. August 2009

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