Urs Tillmanns, 13. Juni 2010, 11:07 Uhr

Eduard Spelterini – Fotografien des Ballonpioniers

Vor hundert Jahren waren die Fotografien, welche Eduard Spelterini aus dem Ballon machte, eine Sensation: Noch nie zuvor hatte man die Schweizer Städte, die Alpen und später Ägypten und Afrika mit solcher Klarheit aus der Luft gesehen. Die Bilder waren lange Zeit verschollen, bis die Glasnegative 2007 von Hilar Stadler des Museums Bellpark in einem Berner Archiv entdeckt wurden. Jetzt sind die spektakulären Fotos im Zeppelin Museum in Friedrichshafen zu sehen.

Eduard Spelterini, geboren als Eduard Schweizer 1852 in Bazenheid/Toggenburg, gehörte in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu den Pionieren der Ballonfahrt, und machte mit spektakulären Aufstiegen in ganz Europa von sich reden. 1898 schrieb Spelterini Luftfahrtgeschichte, als er mit seinem Ballon Wega als Erster die Alpen überquerte. Bis zum Ersten Weltkrieg unternahm er neun weitere Alpenüberquerungen, aber auch Fahrten über der ägyptischen Wüste und in Südafrika.

Füllung des Ballons am Eigergletscher, 1904. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Alpenaufnahme aus dem Ballon, wahrscheinlich aus dem Mont Blanc-Gebiet, Glasdia koloriert. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Matterhorn von Norden. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Auch Graf Zeppelin schätzte Spelterinis aussergewöhnliche Fähigkeiten als Ballonfahrer und machte ab 1893 einige Fahrten mit ihm, um Erfahrungen in der Handhabung dieser Luftfahrzeuge zu sammeln. Nach 1900 unterstütze Graf Zeppelin Spelterinis Alpenfahrten durch das Ausleihen von Gasflaschen für den aufwändigen Transport des Traggases zu den Startplätzen.

Zürich, Blick auf das Stadtzentrum. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Zürich, Blick auf die Weststadt, 1898. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Zürich um 1904. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

Seit 1893 begann Spelterini, während seiner Fahrten aus dem Ballonkorb heraus zu fotografieren, um seinem Publikum auch in Lichtbildervorträgen den Blick auf die Welt aus den Augen des Ballonfahrers zu vermitteln. Diese Perspektive war damals noch völlig neu, Luftaufnahmen waren eine Sensation, und Spelterinis Fotografien trugen dazu bei, den Blick von oben zu etablieren. Der Fotopionier Spelterini erhielt zahlreiche Aufträge für wissenschaftliche und kartographische Zwecke. Seine fototechnisch hochwertigen, präzisen Bilder haben aber nicht nur dokumentarischen Charakter, sie spiegeln eine eigene Ästhetik wider. Als Ballonfahrer hatte Spelterini ein besonderes Gefühl zum Raum entwickelt, der Fotograf Spelterini konnte dieses durch seinen virtuosen Umgang mit Licht und Schatten im Bild festhalten.

Eduard Spelterini war eine schillernde Persönlichkeit. Über seinen Werdegang ist bis in die 1880er Jahre kaum etwas bekannt, dann inszenierte er sich unter seinem Pseudonym in ganz Europa als Kapitän Spelterini und zog auf dem Höhepunkt der Ballonbegeisterung tausende von Schaulustigen zu seinen Aufstiegen. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte er das Ende seiner Ära und starb 1931 verarmt und vergessen in Oberösterreich.

Spelterini und seine Helfer nach einer Landung im Tessin. Copyright © Verkehrshaus der Schweiz, Luzern

.

Spelterini-Ausstellung im Zeppelin Museum in Friedrichshafen

Noch bis zum 29. August 2010 ist im Zeppelin Museum in Friedrichshafen die Spelterini-Ausstellung zu sehen. Die vom schweizerischen Museum im Bellpark in Kriens konzipierte Ausstellung zeigt Originalabzüge und Neuabzüge von den erhaltenen Glasplatten Spelterinis , sowie Exponate, darunter einen von ihm benutzten Ballonkorb. Das Zeppelin Museum Friedrichshafen präsentiert die Ausstellung auf 500 m² in der neuen Wechselausstellungshalle, die Dias werden nebenan im neu eröffneten Filmraum des Museums zu sehen sein. Eine Chronologie zur Luftfahrt-und Fotografiegeschichte mit den wichtigsten Ereignissen und Entwicklungen der Jahre 1852-1931 ergänzt die Biographie Eduard Spelterinis. Die Ausstellungsgestaltung, eine Zusammenarbeit des Zeppelin Museums mit Studentinnen und Studenten der Schule für Gestaltung, Ravensburg (SfG), inszeniert die Bilder auf ungewöhnliche Weise und eröffnet den Besuchern neue Perspektiven auf das Werk Spelterinis: Seine Luftaufnahmen hängen nicht an der Wand, sondern werden auf filigranen Metallständern, fast schwebend, präsentiert – der Blick von oben, die Perspektive aus dem Ballon wird somit auch für den Besucher der Ausstellung nachvollziehbar.

Begleitprogramm zur Ausstellung

Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen führt begleitend zur Ausstellung folgende Veranstaltungen durch:

17. Juni 2010, 19:00: Der letzte Ballonfluchtversuch aus der DDR
Ein bebilderter und autobiografischer Tatsachenbericht . Von Jan Hübler, Dresden

24. Juni 2010, 19:00: Damenfahrt (1784-1914)
Frauen im Ballon. Vortrag von Heike Vogel, Zeppelin Museum

01. Juli 2010, 19:00: «Die Ballonfahrerin des Königs»
Die Autorin Tania Douglas liest aus ihrem neuesten historischen Roman

08. Juli 2010, 19:00: Erste Ballonfahrt hinter dem Eisernen Vorgang im Prager Frühling 1968
Vortrag von Wolfgang von Zeppelin

29. Juli 2010, 19:00: Eine Ballonfahrt über die Alpen
von und mit Tomas Hora. Ballonsportgruppe Stuttgart e.V.

31. Juli 2010 10:00 Uhr: Gasballon-Aufstieg zur Erinnerung an Eduard Spelterini. Auf der „Hüni-Wiese“ (ca. 500m östlich des Zeppelin-Museums, Am Uferweg Richtung Rotach-Mündung, Parkplatz: Fährparkplatz).
Teilnehmende Teams/Ballons: Gasballon «Eduard Spelterini» , vom Team Ballonfrieden, CH, Kurt Frieden, Ballonsportgruppe Stuttgart e.V., Thomas Hora, selbst auch Alpenüberquerer im Ballon

19. August 2010, 19:00: Spelterini hebt ab
Hörspiel von Lukas B. Suter, Aufführung der Ursendung von 1984, Schweizer Radio DRS, in der Ausstellung.

Weitere Informationen finden Sie hier.

.

Buchpublikationen über Eduard Spelterini

Anlässlich der Ausstellung «Eduard Spelterini – Fotografien des Ballonpioniers» im Museum im Bellpark in Kriens vom 18. August bis 11. November 2007 erschien im Verlag Scheidegger& Spiess die gleichnamige Publikation. Mitherausgeber Hilar Stadler, Leiter des Museums im Bellpark und hat die Ausstellung in Kriens kuratiert. Das Buch umfasst 143 Seiten, zeigt 100 grossformatige Aufnahmen, kostet CHF 98.– und kann hier online bestellt werden.

Zur Eröffnung der Spelterni-Ausstellung im Zeppelin Museeim in Friedrichshafen ist eine weitere Publikation erschienen: «Eduard Spelterini und das Spektakel der Bilder: Die kolorierten Diapositive des Ballonpioniers» herausgegeben von Hilar Stadler, mit Texten von Anton Holzer und Jürgen Bleibler u.a., Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich 2010. Das Buch umfasst 152 Seiten, kostet CHF 49.90 und kann hier online bestellt werden.

Im Frühling 2007 machte Hilar Stadler, der Direktor des Museums Bellpark in Kriens, eine bemerkenswerte Entdeckung: In einem Berner Archiv fand er verschollen geglaubte Glasnegative von Eduard Spelterini, dem Schweizer Abenteurer, der mit seinem Ballon die Welt eroberte. Bald darauf veröffentlichte Stadler ein Buch, seither sind die Abzüge der spektakulären Bilder in verschiedenen Museen ausgestellt, jetzt zum Beispiel im Zeppelinmuseum in Friedrichshafen.
Werbung

Schreibe einen Kommentar

  • Kommentare werden erst nach Sichtung durch die Redaktion publiziert
  • Beachten Sie unsere Kriterien für Kommentare im Impressum
  • Nutzen Sie für Liefer- und Kontaktnachweise die Angaben im entsprechenden Artikel
  • Für Reparaturanfragen und Support bei Problemen wenden Sie sich bitte direkt an den Hersteller (siehe dessen Website) oder Ihren Händler
  • Beachten Sie, dass Fotointern.ch eine reine und unabhängige Informationsseite ist und keine Waren verkauft oder vermittelt
  • Ein Kommentar darf maximal 800 Zeichen enthalten.

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Noch 800 Zeichen

Werbung
Werbung

Abonnieren Sie jetzt Fotointern per E-Mail direkt in Ihr Postfach und verpassen Sie keine Beiträge mehr. Wir nutzen MailChimp für den Versand. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt dazustellen.Den Browser jetzt aktualisieren

×