Urs Tillmanns, 13. Februar 2011, 07:00 Uhr

Wenn Landschaften zu Gemälden werden …

Cordula Christina Burkart braucht für ihre Bilder ein unübliches Hilfsmittel: einen Helikopter. Die Landschaft unter ihren Füssen wird plötzlich zu Strukturen, zu Farb- und Formspielen. Es entstehen Bilder, die wie Gemälde wirken. Das ist die Welt von Cordula Burkart, die mit gleicher Leidenschaft malt wie sie fotografiert …

Begonnen hat eigentlich alles vor etwas mehr als zwei Jahren. Ich wollte einen Schäfer bei seiner Arbeit mit den Hütehunden und seiner Schafherde fotografieren. Aber, egal aus welchem Blickwinkel, die Herde sah nicht nach 300 Schafen aus. Da kam die Idee: Ein Helikopter musste her! Und wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann zieh ich es auch wirklich durch. Der Helikopter kam. Nicht einmal, sondern immer wieder. Er ist gewissermassen zu meinem Arbeitsinstrument geworden, um eine Sichtweise zu erlangen, die uns normalerweise aus der Ein-Meter-Siebzig-Perspektive verborgen bleibt.

Ich bin gelernte Baumalerin und spezialisierte mich auf grossflächige Wandmalereien diese technischen Grundlagen wendete ich an, um meine Muse kreativ auszuleben.

Dann kam die Fotografie hinzu, als ideale kreative Ergänzung, um meine Ideen in Bilder umzusetzen. In meinem Atelier arbeite ich grossflächig. Actionpainting entsteht, und ich brauche viel Raum, den ich gestalten kann. Und wenn man mit dem Helikopter aufsteigt, dann präsentiert sich die Landschaft plötzlich genauso. Grossflächig! Bäume, Häuser verschwinden, werden zu Nebensächlichkeiten. Strukturen offenbaren sich. Sie beginnen zu atmen und hauchen meinen Bildern eine neue Dimension ein. Und dann kommt das Sehen. Die Formen und Flächen beginnen zu sprechen – mich zu inspirieren …

Meine Piloten lenken ihre Luftgefährte mit höchster Präzision. Präzision, Konzentration und Feinfühligkeit ist das Wichtigste, um einen Helikopter perfekt in der Luft halten zu können. Die Kabinentüre ist offen. Cordula – mehrfach gesichert – hängt in den Gurten, ihre Nikon fest umklammert. Über Kopfhörer ist sie mit dem Piloten direkt verbunden. Etwas tiefer. Etwas mehr nach rechts. Halt! Etwas zurück – Stopp. Unter ihren Füssen gleitet eine Landschaft vorüber und tut genau das, was dem Piloten sagt. Mehr Ausschnitt – mehr nach rechts – etwas zurück – und One Shot!

An meinen Bildern ist nachträglich nichts verändert. Das Bild muss so sitzen, wie ich es sehe. Ich werde immer wieder gefragt: Machst Du die Farbtöne im Photoshop? Nein. Es ist alles ein Zusammenspiel von Licht, Farben und Strukturen. Genau wie in der Malerei. Nur ist meine Leinwand jetzt die Landschaft, die unter meinen Füssen dahinzieht … Das Motiv ist darf alles sein. Die Formen und Strukturen leiten meine Kreativität. So entstehen meine Werke.

Das Mohnblumenfeld. Ich sah es vom Auto aus – wunderbar rot leuchtend. Ich rief meinen Piloten an: Stephan, wir müssen hoch! Jetzt sofort. Aber «sofort» gibt es nicht in der Helifliegerei. Heute ist alles ausgebucht – erst abends um Fünf gibt es wieder einen Slot. Abends um Fünf gab es zwar einen schönen Rundflug durch den Dämmerungshimmel, aber die Mohnblüten hatten sich längst schlafengelegt und das Mohnblumenfeld zeigte sich in einem unattraktiven Braungrün. Nichts für ein Bild … Ein zweiter Flug am morgen wurde nötig um das Bild zu bekommen das mir vorschwebte.

Die Fotoarbeit mit dem Helikopter als Arbeitsinstrument hat seinen Preis. Man muss deshalb im Voraus genau wissen, was man will. Ich habe mir während den Flügen viele Punkte gemerkt, die ich irgendwann einmal anfliegen möchte, um neue Bilder zu machen. Und die Zeit vergeht wie im Fluge. Daher kommt es wahrscheinlich, dieses geflügelte Wort. Und das Wichtigste dabei ist die Kommunikation mit den Piloten. Stephan, Markus, der Stefan mit f und Mario wissen mittlerweile genau was ich will. Und sie fliegen millimetergenau. Cool, diese Jungs, es bereitet mir viel Freude mit ihnen zusammen zu arbeiten, unsere Arbeit wird so zur Einheit. Sie haben ihr Gerät genauso im Griff, wie ich meine Nikon.

Meine Kamera ist der Pinsel – die Landschaft die Leinwand. Das Licht hat mich wie eine Mystik in seinen Bann gezogen. Ich sehe plötzlich keine Architektur mehr, keine Häuser mehr, keine Fabriken, keine Bauplätze. Die Natur ist wahrhaft das Schönste was ich sehe. Ein unerschöpfliches, sich stets veränderndes Meisterwerk. Meine Sichtweise beginnt zu malen. Meine Kamera wird zum Werkzeug, die Erde zu meiner Farbpalette … Kiesgruben, Rebberge, Wiesen, Felder, Gletscher, Flüsse, Seen, verkümmern zu gestalterischen Elementen eines abstrakten Expressionismus.

Cordula Christina Burkart wandelt die Fotografien in neue Kunstwerke, in Triologien. Triptichons haben in der Malerei schon immer einen ganz besonderen Stellenwert eingenommen. Ich fotografiere drei Einzelsequenzen, die dann in die Trilogie gewandelt wird, um diese drei Bereiche dann nach genauen gestalterischen Regeln zu einem neuen Kunstwerk vereinen vereint werden.

Drei Segmente, 180 cm hoch und 30 cm breit. 11 cm Abstand in Höhe und Breite mit einer Gesamtfläche von 110 cm in der Breite und 210 cm in der Höhe. Nichts ist dem Zufall überlassen. Und wenn man davorsteht, vor einer solchen Triologie, dann versteht man die Künstlerin: Es sind nicht nur die Bildelement, welche über die Wirkung entscheiden, sondern es sind genau diese mathematisch genauen gestalterischen Zusammenhänge.

So arbeitete ich zielstrebig an meiner Vision mit klaren Konzept. Der Begriff Airphotopainting kam zustande als ich eines Tages, mitten im Gespräch mit Freunden, von meiner Arbeit und Idee die ich verfolge, ihnen erklärte was ich in der Luft tue und ich ihnen mein Schaffen somit klar definierte.

Airphotopainting sagt genau das aus, was ich mache: Ich male in der Luft mit meiner Kamera. Und jedes Mal, wenn ich wieder mit dem Heli aufsteige, wird mir bewusst, wie sehr dieses Kunstwort den Nagel auf den Kopf trifft. Es ist wahrscheinlich die schönste Art zu fotografieren …

Urs Tillmanns

Cordula Christina Burkart
zeigt eine Auswahl ihres Schaffens vom 19. Februar bis 19. März 2011 in der Neuen Galerie 6 an der Milchgasse 35 in Aarau. Im kommerziellen Bereich betreibt Cordula Burkart ihr Fotoatelier, BurkArtfotoatelier.ch und Tierfotografin.ch [Link] in Safenwil. Mehr Infos über Airphotopainting finden Sie hier.

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