David Meili, 27. März 2011, 10:50 Uhr

Magazine im Umbruch und die Prinzessin im Zirkus

Pressespiegel zum Wochenende vom 27./28. März 2011
Seit dreissig Jahren sind Magazine zu einem festen Bestandteil der Wochen- und Wochenend-Presse geworden. Entstanden sind sie nicht aus redaktionellen Gründen. Sie ermöglichten den Zeitungen den Zugang zur Hochglanzwerbung. Übernommen wurde das Konzept aus dem angelsächsischen Raum, mit der entsprechenden journalistischen Kultur und selbst heute noch vielen Beiträgen. Doch wie steht es um ihre Zukunft? (Bildnachweis: ZEIT MAGAZIN)

Die beiden führenden Magazine in der Deutschschweiz, DAS MAGAZIN und das SonntagsBlick Magazin arbeiten an einem Relaunch. DAS MAGAZIN sieht sich gezwungen, in Konkurrenz zum erfolgreichen Style Magazin der NZZamSonntag (Z Die Schönen Seiten) eine für Luxus- und Konsumgüter attraktive Werbeplattform beizulegen. Die Idee ist bei den Werbern offensichtlich gut angekommen. Das eher kopflastige ehemalige Tagi-Magi soll gemäss neusten Zahlen etwa 780 000 Leser/innen und Leser zählen, doch viele, vor allem jüngere blättern es nur durch und nicht wenige werfen es mit dem Stellenanzeiger gleich weg. Auch wenn die WEMF ihre traditionellen Erhebungsmethoden (Druckauflage, Verkaufsauflage, Hochrechnung nach Regionen und Zielgruppen) durch Telephonumfragen erweitert, dürften die Leserzahlen für den kleinen Markt der Deutschschweiz doch etwas hoch gegriffen sein.

Beide Magazine sind zwei der wenigen Publikationsmöglichkeiten für hochstehende redaktionelle Fotografie und Reportagefotografie. An Veranstatungen, wie der ewz.selection gewinnen die beauftragten Fotograf/innen regelmässigAuszeichnungen. Doch zeigen wir auf, was wir an diesem Wochenende im Zeitschriftenständer finden.

DAS MAGAZIN bringt einen unterhaltsamen Beitrag von Max Küng über den Wiener Opernball mit Bildern von Immo Klink.  Ob man wirklich wissen muss, was Küng mit seiner Gattin erlebt hat (banal bis peinlich), bleibe dahin gestellt. Wer die grossartige Arbeit von Jules Spinatsch zum gleichen Thema kennt, kann über die Fotos von Immo Klink hinwegsehen. Dann folgt der krampfhafte Versuch, originell zu sein. Die interessante Arbeit von Maurizio Cattelan (ab 1. April in Zürich ausgestellt) befasst sich (grob interpretiert,) mit Fotografien von Pierpaolo Ferrari. Und weil das Werk so quer sein soll, werden sie auch im Querformat publiziert. Immerhin hat DAS MAGAZIN nun wieder eine funktionierende Website. Weshalb sie über Wochen „gewartet“ wurde, wissen selbst Insider nicht. Auch auf einen zweiten Blick ist die Neue die Alte.

Während DAS MAGAZIN immer mehr auf die internationale Fotoszene setzt, überzeugt das SonntagsBlick Magazin mit Text-Bildreportagen aus dem eigenen Haus. Hier dürfte auch der wesentliche Unterschied liegen. Text- und Fotojournalist/innen bilden mit den Verantwortlichen für das Layout ein Team. Ein Beispiel ist die Reportage über den Burlesque Boom von Nadine Hofer (Text) und Christine Bärlocher (Fotos). Redaktionsleiter Michael Merz hatte die Chance, Bestsellerautor Jeffrey Archer in seinem Penthouse in London zu interviewen. Für die Bilder begleitete ihn Michael Sieber. Die Konkurrenz hätte den Beitrag vermutlich mit einigen dürren Agenturbildern illustriert.

Doch wie machen es die andern? Beliebt bei anspruchsvollen Leserinnen und Lesern auch in der Schweiz ist das ZEIT MAGAZIN. Es spricht eine gehobene Mittelschicht an, ohne zu langweilen. Und stets findet man hervorragende, exklusive Bildreportagen, wie in der aktuellen Ausgabe über 11-13 Jährige und ihre ersten Erfahrungen mit der globalen Politik (Edzard Piltz und Ariane Hofmann). Die Jugendlichen äussern sich über  AKW, ihr Lebensgefühl und ihre Zukunftsängste.

Das ZEIT MAGAZIN pflegt teilweise auch in der Drucktechnik die Schwarzweiss-Fotografie. Sie ist mehr als ein Stilelement. Man bevorzugt ein matteres Papier, das Heft wirkt weniger speckig. In der Mitte findet sich eine hervorragende Aufnahme von Paolo Pellegrin mit einem Mädchen am Rande eines Atommülllagers in Kasachstan. Selbst Life Style und Product Placement werden stilvoll präsentiert. Raphael Just fotografierte Uhren mit dem Design der sechziger Jahre. Auf Seite 43 legt sich auch das ZEIT MAGAZIN quer, mit Pierre Brice (Aufnahme Primoz Korosec).

Müssen Magazine intellektuell schwergewichtig sein? FEMINA, als Beilage zu Le Matin Dimanche beweist das Gegenteil. Kochrezepte, Einrichtungstipps und ein Exklusiv-Interview sprechen auch Männer an. Schwerpunkt ist ein Beitrag von Julien Burri über Zwillinge mit bezaubernden Fotos von Mercédes Riedi. Warnung vor Seiten 60/61. Corinne Sporrer hat das Kochrezept für ein Poulet Fermier so verführerisch fotografiert, dass man selbst in der Fastenzeit nicht widerstehen kann.

Medienthema der Woche wäre der Angriff der Verleger auf die Internet-Strategie der SRG. Doch in der Sonntagspresse findet man keine relevanten Beiträge. Von einer Entspannung kann auch keine Rede sein. Vielmehr versucht man, Reaktionen von Seite der SRG zu erhalten, auf die man kontern kann. Doch dort hält man sich bedeckt. Dass die SRG auf das Internet als logische Weiterentwicklung von Radio und Fernsehen setzen muss, dürfte unbestritten sein. Paradox, in den vergangenen Wochen waren es nicht die Newsportale, die aktuelleste und fundierteste Berichte über den AKW-Unfall in Japan und den Krieg in Nordafrika brachten, es war das öffentlich-rechtliche Radio.

Ausserhalb von Basle World gab es in der vergangenen Woche nur wenig Glamour. Die People-Seiten sind mit Glückwünschen an Kurt Felix vollgepflastert. Jörg Kachelmann soll angeblich geheiratet haben, einziger Beweis ein Ehering. In den Bildredaktionen kam man erst spät auf die Idee, die Hand aus einem aktuellen Reportagebild mit der Lupe herauszuzoomen. Und so bleibt die Sache unscharf.

Der einzige Lichtblick war der Besuch von Prinzessin Stéphanie von Monaco mit ihrer Tochter Pauline an der Première des Zirkus Knie in Rapperswil. André Häfliger  „entdeckte“ die Blaublütigen im Kinderzoo und unter dem Châpiteau für den SonntagsBlick. Das Bild der Woche bleibt uns verwehrt: Pauline soll ein Pony gestreichelt haben.  (Bildnachweis: André Häfliger)

2 Kommentare zu “Magazine im Umbruch und die Prinzessin im Zirkus”

  1. @ John :
    Die Print-Magazine sind immer wieder mal in der „Krise“.
    Aber warum eigentlich auf diese Digi-Tontafeln setzen bei denen stets die Hardware und Software ändert und es wohl nur eine Krise bräuchte bis sie weg sind?! Und noch mehr BubbleGum-Journalimsus?!

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