Urs Tillmanns, 12. Januar 2014, 07:00 Uhr

Kodak Alaris in der Schweiz

Kodak Alaris LogoDas letzte Jahr dürfte in der Geschichte von Kodak ein Wichtiges gewesen sein. Die Eastman Kodak Company konnte ihr Insolvenzverfahren erfolgreich beenden, wobei der Fotobereich an die neu gegründete Marke «Kodak Alaris» überging. Wie funktioniert diese in der Schweiz?

 

«Sie drücken auf den Knopf, wir erledigen den Rest». Dass diese Worte, nach Kodaks Insolvenzverfahren, wieder an Bedeutung gewinnen würden, haben viele gehofft aber nur wenige erwartet. Durch die Übernahme von Kodaks Sparten Personalised und Document Imaging durch den britischen Kodak Pensionsfond (KPP) wurde diese Hoffnung für den ersten Moment erfüllt.

Aber allein Teilbereiche zu kaufen und sich Rechte an einem Markennamen zu sichern sind kein wirtschaftlich gesundes Geschäftsmodell. Wenn der neue Eigentümer beim «Business as usual» bleibt und keine Innovationen hervorbringt, wird die Rettung des traditionellen Kodak Geschäfts nur eine leidensverlängernde Prozedur, hin zum unausweichlichen Untergang von Georg Eastman’s Erbe.

Es scheint aber glücklicherweise so zu sein, dass sich der UK Pension Plan seiner Geschichte und Verantwortung nicht nur bewusst, sondern ebenfalls gewillt ist die Versäumnisse bei den treuen Kunden von Kodak wieder wett zu machen.

Kodak Alaris Visual

 

Document und Personalized Imaging

Die übernommenen Geschäftsbereiche umfassen zum einen das Document Imaging. Hinter diesem Begriff stecken Systeme und Lösungen um Geschäftsprozesse zu automatisieren. So können Firmen – vom kleinen Büro bis hin zu international tätigen Unternehmen – einfacher Daten erfassen, verwalten und analysieren. Um dies zu ermöglichen bietet Kodak Alaris Scanner und die passende Erfassungssoftware an. Auch Plattformen für das Informationsmanagement gehören zum Portfolio sowie ein ständig wachsendes Angebot an professionellen Dienst-, Service- und Supportleistungen.

KODAK Picture Kiosk

Die Fotokiosk-Stationen von Kodak sind ein Haupttätigkeitsbereich von Kodak Alaris

Der zweite und bekanntere Bereich ist das Personalized Imaging. Hierunter ist alles vereinigt, was man mit der Marke Kodak assoziiert. Unterteilt ist das Personalized Imaging in drei Kernbereiche:

• Verbraucher und Handel mit Fotokiosken, Trockenlaborsystemen und Consumer Filme wie Kodak Gold.

• Business mit Fotopapier, Chemie, Laborsysteme und professionellen Film wie Portra und T-Max für Fotofachgeschäfte, Grosslabore und professionelle Fotografen.

• Und zu guter Letzt die Sparte der Souvenirs in Themenparks, Resorts und bei Events.

So breit aufgestellt, kann Kodak Alaris von jeder Entwicklung im Imaging Bereich profitieren und ermöglicht dem Kunden auch die plattformübergreifende Nutzung und Erfahrung der Kodak Produkte.

Kodak Photo Products

Prints, Fotobücher, Grusskarten und ähnliches gibt es weiterhin unter dem Markenname Kodak

 

«Kodak Alaris» – ein frischer Start

Praktisch schuldenfrei und ohne Gläubigerverpflichtungen hat das neue Start-Up Unternehmen «Kodak Alaris» nicht nur zwei lukrative Sparten inklusive Personal übernommen, sondern ebenfalls den kompletten Kundenstamm und kann so, ohne lange Anlaufzeiten, sich gleich an die Arbeit machen der Welt den «Kodak Moment» wieder zu geben.

So sagte Lars Fiedler, Marketing Manager bei Kodak Alaris, beim Interview mit Lomography: «Wir können auf die einzigartigen und wertvollen Vorzüge unseres Erbes aufbauen und eine schlankere und unternehmerischere Kultur aufbauen, die es uns erlaubt, Trends früher wahrzunehmen und dahingehend zu adaptieren und so neue Möglichkeiten auf dem Markt auszuschöpfen. Als ein kundenorientiertes Unternehmen möchten wir eure Kodak Momente festhalten, wie wir es schon immer getan haben.»

Kodak Moments AppDass Kodak Alaris die Zeichen der Zeit erkannt hat, zeigen die Neuerungen die sie auf den Markt gebracht haben. So wurde auch die App «My Kodak Moments» für Smartphones entwickelt um Fotoprodukte von unterwegs zu gestalten und über die Druckstation «Kodak Picture Kiosk» bei teilnehmenden Händlern gleich abzuholen. Die App ermöglicht zudem via WiFi die Vernetzung vom Smartphone mit dem Picture Kiosk um mit den eigenen Bildern personalisierte Collagen, Grusskarten, Fotobücher und Kalender direkt vor Ort zu gestalten und sofort mitzunehmen.

Auch an das grösste soziale Netzwerk wurde gedacht. Die neue «My Kodak Moments» Facebook App ermöglicht den Nutzern das Erstellen, Weiterleiten und Drucken ihre Fotoprodukte direkt von Facebook aus.

Neben neuer Apps wurden auch gleich die Software und Hardware ihrer Sofortdruck Picture Kioske modernisiert. So haben die neuen G4XL Kioske nicht nur eine innovative Bedieneroberfläche bekommen, der Kunde kann jetzt auch bequem über einen breiten 16:9-Touchscreen seine Fotoprodukte kreieren und sofort drucken.

Kodak i5600 Scanner

Der Dokumentationsbereich umfasst professionelle Scanner und Verwaltungslösungen

 

Wohin die Reise geht

Kodak Alaris mit 4’700 Mitarbeitern weltweit erwartet einen Umsatz von mehr als $1,3 Mrd. Erzielt werden soll es unter anderem durch die täglich rund 500’000 Kunden an weltweit 110’000 Kodak Picture Druckstationen. Auf diesem Bereich liegt auch das Augenmerk im Marketing von Kodak Alaris DACH für das deutschsparchige Sprachgebiet. So wird in Deutschland neben einem Radiospot auch mit Aktionen im Out-of-Home-Bereich sowie Google AdWords Kampagnen geworben.

Besonders interessant ist in Deutschland das Ambient Marketing bei über 340 Coiffeurläden. Diese werden mit bereits gestalteten Fotobüchern, Spiegelaufklebern sowie 20-Prozent-Gutscheinen für ihre Kunden versorgt. Die Coiffeure selbst agieren dabei als Markenbotschafter. Kodak Alaris möchte sich durch diese Aktion einen Teil des Lebensumfelds der weiblichen Kernzielgruppe erschliessen.

Kodak Einfimkameras

Obwohl Kodak Alaris die Rechte für Kameras nicht erworben hat, gibt es weiterhin Kodak Einfilmkameras – besonders in Touristikzentren

«Beim Frisör ist man entspannt, tauscht sich aus, redet über Aktuelles. Ein wichtiges Thema an Weihnachten sind natürlich Geschenke. An diesem Punkt setzen wir an, zeigen wie einfach und günstig es ist, etwas Persönliches zu verschenken» so Helena Babic, Leiterin Marketing DACH & Public Relations EAMER bei Kodak Alaris. In der Schweiz allerdings sind die Fotopremiumprodukte nicht flächendeckend bei Händlern vertreten und daher wird Kodak Alaris keine vergleichbaren Marketing-Aktivitäten durchführen.

In wie weit sich das in Zukunft ändert, ist davon abhängig, wie sich der Markt entwickelt. Während das Online-Geschäft mit Fotoprodukten sehr gut läuft, nutzen nur sehr wenige Menschen die Option des Sofortdrucks.

Das lässt sich aber nicht allein an der Schweizer Durchschnittskundin festmachen. Sie würde die Möglichkeit, ein Fotogeschenk gleich in den Händen zu halten, dem Versand per Post, wo sie unter Umständen mehrere Tage warten muss, vorziehen. Es liegt vielmehr am Händler, der nicht nur sein Personal schulen, sondern dieses auch vom Regale auffüllen abziehen muss. Auch steht bei grossen Handelsketten immer die Frage im Raum, ob der Platz der für das Sofortdruck-Equipment benötigt wird, nicht eher mit besonderen Aktionsprodukten, die weniger Arbeit machen, bestückt wird.

Allerdings bietet Kodak Alaris´s Sofortdruck-System dem Einzelhändler wiederum Chancen den Umsatz zu steigern. Nicht nur über das Fotoprodukt selbst, sondern durch das Zusatzgeschäft das durch den Besuch des Kunden generiert wird. So nimmt dieser, wenn er schon mal da ist, das eine oder andere aus dem Verkaufsregal mit.

Das neue Kodak Technologiezentrum in Eysins

Die Eastman Kodak Company orientiert sich nach dem abgeschlossenen Insolvenzverfahren in eine neue Richtung, weg vom angestammten Fotobereich. Das schuldenreduzierte Unternehmen will sich künftig auf den grafischen Bereich konzentrieren insbesondere auf den Inkjet-Digitaldruck für Verpackungen, grafische Kommunikation und funktionales Drucken. Die Voraussetzungen für «die neue Kodak» als B2B-Unternehmen sind mit weltweit 25’000 Kunden, 8’500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 2,7 Milliarden Dollar sind nicht allzu schlecht.

Kodak Eysins

Mitte Oktober 2013 feierte Kodak die Eröffnung seines neuen Technologiezentrums in Eysins nahe Lausanne mit einer offiziellen Veranstaltung, an der Kunden, Partner, Mitarbeiter des Unternehmens und Kodak CEO Antonio M. Perez teilnahmen. An dem neuen Standort wurden die Europazentrale, Inkjet-Demoeinrichtungen und das Technologiezentrum für die Region Europa, Afrika und Naher Osten in einem neuen Gebäude zusammengeführt.

Kodak Alaris hat in der Schweiz zwar keine funktionelle Niederlassung mehr, ist jedoch als «Kodak Alaris Switzerland Sàrl» in Eysins rechtlich eingetragen. Für die Distribution arbeitet Kodak Alaris in der Schweiz mit drei Partnern (Engelberger AG, Wahl Trading AG und Photo Studio 13) zusammen, um eine intensive Betreuung der Händler zu gewährleisten. So kann der interessierte Händler nicht nur aus einem breiten Sortiment an Sofortdruck-Equipment, vom G4XL Fotokiosk über APEX-Systeme bis hin zu D4000 Duplexdruckern und den dazugehörigen Softwaresystemen wählen, auch der schnelle Zugang zu Verbrauchsmaterial ist dadurch kein Problem.

Das Geschäft mit Film und Filmentwicklung ist etwas anders. Auch nach der Schliessung des Kodak-Labors in Renens im Jahre 2006, welches als letztes in Europa Kodachrome-Filme entwickelte, wird in der Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern Prozentual noch relativ viel Film verbraucht, allerdings bleibt auch hier die Marktentwicklung rückläufig. Der Grund hierfür liegt nicht unbedingt am mangelnden Filmangebot oder den gestiegenen Preisen, sondern am mangelnden Angebot aktueller analoger Kameras.

Auf Anfrage bei einem traditionellen Kamerahersteller konnte dieser bestätigen, dass es noch immer einen Bedarf bei den Konsumenten gibt, vor allem bei der älteren Generation als auch bei der jungen Zielgruppe, die sich mit der Filmfotografie vom Digitaltrend abheben möchten. Zur Zeit jedoch würde sich kein relevanter Hersteller finden, der kostendeckend eine Produktion an Filmkameras realisieren könnte. Bleibt die Beschaffung im Gebrauchtmarkt. So kommt es, dass es immer weniger funktionstüchtige Apparate für Film gibt und diese, wenn sie das Zeitliche segnen, gegen ein digitales Gegenstück ausgetauscht werden. Gleichzeitig wird so ebenfalls der Abwärtstrend im Filmverkauf verstärkt.

Kodak Professional Film

Auch die Profifilme, in Roll- und Planfilmkonfektionierung, bleiben im Sortiment

Es liegt zwar im Interesse Kodak Alaris uns nicht nur weiterhin mit einem breiten Filmangebot zu versorgen, sondern auch eine Film-Kamera zu verkaufen, um die Nachfrage stabil zu halten. Weil hier jedoch die Rechte Kameras mit «Kodak» Schriftzug anzubieten nicht mit eingekauft wurden, steht diese Option nicht zur Verfügung.

Durch die Versäumnisse der Eastman Kodak Company und den Unsicherheiten während des Chapter 11 hat das neue Unternehmen Kodak Alaris bei den Helveten einen schweren Stand. Es muss, um weitere Marktanteile zu gewinnen, das Vertrauen und vor allem die Herzen der Menschen zurückerobern.

Antonino Zambito

 

Weitere Infos finden Sie unter Kodak.com und Kodak Alaris (Unterseite)

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5 Kommentare zu “Kodak Alaris in der Schweiz”

  1. Die Aussage „Zur Zeit jedoch würde sich kein relevanter Hersteller finden, der kostendeckend eine Produktion an Filmkameras realisieren könnte.“ mag für die in der Schweiz angesiedelten Hersteller zutreffen. Unter der Marken Voigtländer, Rollei/Rolleiflex sowie Leica (M7) werden jedoch auch heute noch analoge Kameras aus aktueller Produktion angeboten. Zudem fertigt auch Phenix in China noch analoge KB-Kameras.

  2. Alles Ausreden. Wie wärs mit Alaris? Mechanische und evtl. elektronische Sucherkameras mit Festbrennweiten in Topqualität. Ein Topscanner dazu. Das wären Hits.

  3. Die Frage ist auch wie lange dieses Inkjet hält. Ein Cibachrome-Bild-20 Jahre lang dem Sonnenschein ausgesetzt ist bereits am „Sterben“….UV-Schutz wären angebracht gewesen.

  4. Sehr geehrter Herr Jehle,
    ja es gibt noch Hersteller wie Voigtländer und Co. Es ist nur so, dass nicht jedermann gewillt oder in der Lage ist sich eine Kamera für 850,- Euro bzw. 1000,- CHF zu leisten. Ganz zu schweigen von den Objektiven.
    Ich habe mich hier auf normale bis bessere „Consumer Kameras“ bezogen die für den Durchschnittskunden gedacht sind und beim normalen Fotohändler um die Ecke erworben werden könnten, wie zum Beispiel eine Fujifilm Natura Classica. Für Kameras von Herstellern wie Phenix gibt es auf unserem Kontinent weder einen Vertrieb noch einen Support.

  5. Sehr geehrter Herr Zambito,
    bei Phenix werden beispielsweise die Lomo-Kameras der Lomographen in Wien produziert und für die gibt es durchaus auf dem europäischen Teil des eurasischen Kontinents einen Vertrieb. Das Problem sind die kleinen Stückzahlen. Dies wird jedoch auch bei den Filmmaterialien durchschlagen, wenn Hollywood weniger analoges Material benötigt. Dann wird ein KB-Negativfilm schnell mal 20 Franken kosten.

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