Urs Tillmanns, 7. Februar 2015, 09:00 Uhr

Buchtipp: Ehrhard Finger «In Farbe – Die Agfa-Orwo-Farbfotografie»

Sind Sie an der Geschichte der Farbfotografie interessiert? Dann sollten Sie sich dieses Buch zulegen: Es dokumentiert nicht nur die Geschichte des Filmwerks in Wolfen, sondern es beleuchtet die unzähligen Verfahren und deren Pioniere, bis endlich der Durchbruch der Farbfotografie gelang. Heute, im Digitalzeitalter, drohen die Namen wie Agfa, Orwo und Wolfen heute in Vergessenheit zu geraten – dieses Bucht tut was dagegen …

 

Ein Stück Fotogeschichte droht in Vergessenheit zu geraten: die Geschichte von Agfa und von Orwo. Agfa war die Kernzelle der Farbfotografie in Europa. Der Hauptsitz des Unternehmens war seit der Gründung 1873 in Berlin, bis dann ab 1909 die sukzessive Verlagerung nach Wolfen erfolgte – weil die Luftverschmutzung durch die Dampflokomotiven in Berlin für die Filmproduktion untragbar geworden war. Hier in Wolfen-Bitterfeld entstand die grösste Industrieanlage Europas mit über zwei Millionen Quadratkilometer Fläche. Dann schnitt der Zweite Weltkrieg Deutschland entzwei, und Wolfen war vom Westen abgeschnitten. Zwar war die Nachfolgemarke «ORWO» (für «ORiginal WOlfen») im Westen bekannt, aber was in Wolfen alles geforscht, entwickelt und produziert wurde, entzog sich weitgehend westlicher Sachkenntnis.

Die Wiedervereinigung läutete mit der Nachfrage nach «westlichen» Produkten das Ende für Orwo ein, das gigantische Filmwerk wurde plattgewalzt und die neue Fläche anderer Industrienutzung zugeführt. Das einzige was heute noch an die Agfa- und Orwo-Zeit erinnert ist ein einziges Gebäude, in welchem jene Begiessanlage steht, auf welcher 1936 der erste dreischichtige Agfacolor Farbfilm hergestellt wurde. Darin ist heute das Industrie- und Filmmuseum Wolfen (Fotointern.ch berichtete darüber) untergebracht, und in dessen Archiven schlummern Unterlagen, welche die gesamte Geschichte des Werkes mit allen Verfahren und Rezepten dokumentieren. Während Jahren war dies das Reich des Historikers Ehrhard Finger, der sich die Mühe machte, dieses uferlose Material zu sichten und für die Nachwelt festzuhalten, was in Wolfen während einem halben Jahrhundert geforscht, entwickelt und produziert wurde. Das Ergebnis dieser Arbeit liegt jetzt vor, in Form dieses Buches.

Damit das Buch nicht allzu speziell wird, und auch um den Leser in die Materie einzustimmen, gehen die ersten beiden Kapitel auf die Geschichte der Fotografie und der Farbfotografie ein. Danach geht es um die Geschichte von Agfa, beziehungsweise später Orwo, um die verschiedenen Korn- und später Linsenrasterverfahren, in welche Agfa vor der Entwicklung der Dreischicht-Technologie grosse Hoffnungen setzte. So geht es dann weiter über die Bipack-, bzw. Zweifarbenverfahren bis dann endlich mit den Agfacolor-Verfahren der Durchbruch in der Farbfotografie gelang. Eine spannende und gut recherchierte Geschichte, welche die Pioniere der Farbfotografie neu ins Licht rückt und mit den vielen Quellenangaben auch eine solide Grundlage für weitere Recherchen darstellt..

Wenn Sie sich für die Geschichte der Farbfotografie, die frühen Farbverfahren und für die Leute interessieren, die dahinter steckten, dann bietet Ihnen dieses Buch ein fotohistorisches Wissen, wie sie es zu diesem Thema wohl kaum anderswo finden. Zudem enthüllt das Buch viele Details zur Geschichte des Filmwerkes in Wolfe, die bislang weitgehend undokumentiert waren.

Urs Tillmanns

 

 

 

Buchbeschreibung des Verlages

Von der ersten fast vergessenen Technik der «Zeichnung mit Licht» auf jodierten Silberplatten 1839, über das erste farbfotografisch erzeugte Bild 1861 bis zu den modernen Mehrschichtenfarbfilm-Verfahren der Gegenwart beleuchtet In Farbe die Geschichte und Entwicklung der Farbfotografie in Berlin und Wolfen. 1936 stellte die Agfa das Agfacolor Neu Verfahren vor, das die Farbfotografie für Jedermann einleitete, dem Farbkinofilm zum Durchbruch verhalf und so die Welt veränderte. Nach dem Prinzip des subtraktiven Mehrschichtenfarbfilms mit in den Schichten eingelagerten, fest verankerten farbgebenden Komponenten, werden die Farbfilme und farbfotografischen Papiere auch heute noch hergestellt. Der Autor Ehrhard Finger behandelt akribisch die in Berlin und Wolfen ausgearbeiteten Verfahren. Er widmet sich den von Agfa entwickelten Erzeugnissen und erlaubt anhand einer Vielzahl von Quellenangaben und Literatur die Entwicklung der Farbfotografie nachzuvollziehen. Zudem untersucht er die Umstellung des Warenzeichens von Agfa zu ORWO im Jahre 1964 und den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft bis hin zur Liquidation der Filmfabrik Wolfen im Jahre 1994.

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Der Inhalt

Vorwort

Einleitung

Teil 1: Die Erfindung der Fotografie

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Teil 2: Die Geschichte des Farbfotografie und –kinematografie
Die Pioniere / Erste marktfähige Materialien / Auf dem Weg zur Farbfotografie für Jedermann

Teil 3: Kurzdarstellung der Geschichte
Die Agfa Berlin und die Agfa/ORWO-Filmfabrik Wolfen

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Teil 4: Die Agfa Kornrastermaterialien
Kornrasterplatte / Die «Väter» des Kornrasterverfahrens / Die Ausarbeitung der Agfa Kornrasterplatte / Die Verlagerung der Produktion von Berlin nach Wolfen / Die Einführung von «Agfacolor» Kornrasterfilm / Probleme bei der Übertragung der Plattenrezeptur auf den Film / Das Wieland-Lignoseverfahren- Basis des WalJener Kornrasterfilms / Versuche zu einem Kornrasterfilm für die Kinematografie scheitern

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Teil 5: Die Agfa Linsenrastermaterialien
Die Schöpfer der Grundlagen des Linsenrasterverfahrens / Linsenraster-Einstreifentechnik- Schmalfilm, Kleinbildfilm / Ein Besuch in Paris initiierte Forschungsarbeiten / Die Ausarbeitung des Linsenraster Schmalfilms / Die Fertigung des 28 µm-Rasters-ein Prozess höchster Präzision / Die Entwicklung des ersten serienmäßig produzierten Farb-Kleinbildfilms der Fotogeschichte / Versuche zur Anwendung des Linsenrasterverfahrens in der Kinematografie scheiterten / Linsenraster Bipack (Pantachrom) – Kinefilm / Die Idee: Kombination von zwei Verfahren aus eigenem Hause / Die Zusammenarbeit mit Dr. Bela Gaspar / Agfa und Siemens im Wettstreit um den <<deutschen Farbenfilm» / Zwei ausgearbeitete Verfahren erfordern eine Entscheidung / Streit mit Dr. Bela Gaspar beigelegt / Überraschende Nachricht von Siemens

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Teil 6: Das Agfa Bi pack-Zweifarben-Verfahren
Die Historie des Zweifarben-Kinofilms / Die Ausarbeitung des Agfa-Bipack-Zweifarbenfilms (Ufacolor) / «Bunte Tierwelt» -der erste deutsche Farbkinofilm / Dreifarben-Materialien auf Basis von Mehrpack-Systemen bzw. Strahlenteilung

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Teil 7: Das Agfacolor Neu-Verfahrens
Die Erfindung der chromogenen Entwicklung / Eine fast belanglose Beobachtung zeigte den Weg / Die Ausarbeitung des Color-Umkehr-Films / Große Eile bei der Vorstellung des Verfahrens / Agfacolor Neu oder Agfa Fantachrom zur Herstellung von Kinofilmen? / Die Einführung des Negativ/Positiv-Prozesses für Kinofilm (Negativ/Positiv), Negativ-Fotofilm und Colorpapier / Die Weiterentwicklung des Verfahrens bis zum Ende des 2. Weltkrieges

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Teil 8: Die Sortimentsentwicklung nach 1945
Der Zusammenbruch der Filmproduktion und der schwierige Neuanfang / Die Nutzung des Agfacolor-Verfahrens nach der Offenlegung des Know-how / Präsentation eines neuen Sortimentes – die höchstempfindlichsten Filme des Marktes / Von Agfacolor zu Orwocolor / Orwochrom- ein neues Sortiment mit veränderter Verarbeitung / Einen Oscar für einen tschechischen Orwo-Spielfilm / Mit neuen Strukturen und internationaler Arbeitsteilung zu erhöhter Effektivität / Vom Agfa/Orwo-System zum Kodakverfahren- Forschungsarbeiten / Versuchsproduktion / Das Ende der Filmfabrik Wolfen

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Teil 9: Weitere Forschungsarbeiten 1908 bis 1989
Linienraster-Verfahren / Indigosol-Verfahren / Hydrotypie-Verfahren und Kopiermaterial für Technicolor / Antidiazotat-Verfahren / Chromogene Entwicklung ohne Farbkomponenten in den Schichten-Kodachrome-Verfahren / 3D-tüchtiges Colorprimmaterial für die Fotografie auf Basis Linsenraster / Diazocolor-Verfahren

Nachwort

Danksagung

 

Anhang

1: Nach dem Pantachrom-Verfahren bei der Ufa hergestellte Werbe- und Kulturfilme, 1938/39
2: Nach dem Agfa-Bipack-Zweifarben-Verfahren hergestellte Filme
3: Empfindlichkeiten verschiedener farbkinematografischer Verfahren und relevanter Materialien
4: Unter dem Aspekt der Verfahrensentwicklung historisch bedeutende Farbkinofilme
5: Umkehr-Fotofilme der Filmfabrik Wolfen 1936-1994
6: Negativ-Fotofilme der Filmfabrik Wolfen 1939-1994
7: Kine-Negativ (Aufnahme)- und- Dupfilme, sowie Kine-Positvfilme der Filmfabrik 1939- 1994
8: Fernseh-Aufnahme- und Kopierfilme der Filmfabrik Wolfen
9: Kopiermaterialien für Fotografie und Schmalfilm der Filmfabrik Wolfen
10: Die Entwicklung der Produktion der Color-Foto- und Kinefilme im Vergleich zu den entsprechenden Schwarzweißmaterialien 1945-1994
11: Die Übernahme des Agfacolor-Verfahrens (Agfacolor-Derivate)12: DEFA-Spielfilme in Agfacolor 1950-1964

Literatur

Bildnachweis

Personenregister

Finger In Farbe

Bibliophile Besonderheit: Jedem Buch liegt ein Originalfilmstreifen als Buchzeichen bei

 

 

Der Autor

finger_2Ehrhard Finger wurde 1939 in Halle/Saale geboren und lebt in Bitterfeld-Wolfen. Nach dem Studium zum ChemieIngenieur an der Ingenieurschule für Chemie in Köthen/Anhalt und zum Diplom Chemiker an der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg war er in verschiedenen Bereichen der Filmfabrik Wolfen tätig. Im Rahmen der Liquidation der Filmfabrik in den Jahren 1993-1997 leitete er ein Projekt zur Archivierung der wissenschaftlichen Unterlagen der Agfa-ORWO Filmfabrik Wolfen. Nunmehr im Ruhestand, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Foto- und Kinematografie zu dokumentieren und einem breiten Publikum näher zu bringen. Mit dem sich abzeichnenden Ende der chemischen, analogen Zeichnung mit Licht durch die weitgehend von physikalischen Prozessen geprägte digitale Fotografie ist diese Monografie auch einer der immer seltener werdenden Zeitzeugenberichte aus der Zeit der Filmfotografie.

 

Bibliografie

Ehrhard Finger
«In Farbe – Die Agfa-Orwo-Farbfotografie»
252 Seiten, kartoniert, gebunden
Format: 18 cm x 25,5 cm, 255 Seiten
Herausgegeben von Dr. Günter Matter
Fruehwerk-Verlag, Berlin – Hildesheim – Luzern
ISBN 978-3-941295-14-8
Preis: CHF 34.80 / EUR 24.90
Das Buch kann hier online bestellt werden.

 

 

 

 

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