Copyright: Urs Tillmanns / Fotointern.ch Urs Tillmanns, 16. August 2015, 07:00 Uhr

Photobastei, die Zweite – was wird anders?

Die Photobastei an der Bärengasse in Zürich ist noch in bester Erinnerung. Das zeitlich befristete Projekt «im Hochhaus für Fotografie» hatte Tausende angelockt. Romano Zerbini, Initiant des Projektes, ist es nun gelungen geeignete Lokalitäten zu finden, um eine Zweitauflage dieses Fotografie-Zentrums zu starten. Nächsten Donnerstag, 20. August 2015, ist Eröffnung.

 

Fotointern: Herr Zerbini, eine Erfolgsstory zu wiederholen ist immer eine besondere Herausforderung. Was hat Sie bewogen eine neue Photobastei zu lancieren?

Romano Zerbini: Es war genau dieser Erfolg der Photobastei im Hochhaus. Besonders als es dem Ende zu ging wurde ich immer häufiger gefragt, ob eine Fortsetzung dieses damals befristeten Projektes nicht möglich sei. Das zeigte mir, dass ein grosser Bedarf bestand eine solche Plattform für die Fotografie weiterzuführen.

War die Photobastei zum Schluss auch finanziell ein Erfolg.

Es hat lange nach einem grossen Defizit ausgesehen. Dann habe ich einen Gönneraufruf gestartet, auf den ich rund 200 positive Reaktionen hatte. Und zum Schluss hat mir der Vermieter der Lokalitäten noch 40’000 Franken erlassen, was einen kleinen Gewinn einbrachte, den Sie nun hier wieder investiert sehen. Alles in allem haben mich diese vielen positiven Reaktionen darin bestärkt, dass ich eine Lösung für eine neue Photobastei finden wollte.

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«Es war ein Glücksfall, dass ich die Räume der ehemaligen ZHdK bekam, um die Photobastei fortzuführen» sagt Romano Zerbini

Die neuen Räumlichkeiten (Fotointern.ch berichtete) am Sihlquai 125, dort wo früher die ZHdK ( Zürcher Hochschule der Kuenste) war, werden ab Donnerstag zum neuen Ausstellungszentrum. Wie sind Sie zu diesen Räumlichkeiten gekommen?

Manchmal gehört etwas Glück im Leben dazu: Kurz bevor die Räumlichkeiten an der Bärengasse schliessen mussten, bekam ich einen Tipp, dass das Sozialdepartement der Stadt die früheren Räume der ZHdK übernehme und als Zwischennutzung vermiete. Darauf bewarb ich mich sofort und erhielt den Zuschlag. Weiter positiv: Wir haben einen Vertrag auf drei Jahre, was uns zusätzlich Mut macht.

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Noch sind die Wände leer, «aber es chunt scho guet …»

Die Räume präsentieren sich anders als im Hochhaus. Alles ist auf zwei Geschossen angeordnet – es wirkt grosszügiger, offener …

… und doch haben wir einen Drittel weniger Fläche als im Hochhaus. Am alten Ort waren alle Ausstellungskojen auf mehrere Stockwerke verteilt, wodurch einige Ausstellungen in den oberen Stockwerken vielleicht weniger stark frequentiert wurden als diejenigen weiter unten. Das ist hier sicher besser. Zudem ist es übersichtlicher und einladender, besonders der Bereich der Dauerausstelllung im 2. Stock. Dort wird Willy Spiller die Eröffnungsausstellung haben, aber er wird danach auch zu mieten sein für Einzelfotografen.

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Der grosse Ausstellungsraum, wo die Dauerausstellung sein wird, ist mit einer dimmbaren LED-Beleuchtung versehen

Zweite Auflage, zweite Chance. Was wird in der neuen Photobastei anders sein als damals im Hochhaus?

Vieles. Das Wichtigste haben wir schon gesagt, nämlich die Anordnung auf zwei Stockwerken. Dann ist das Unternehmen anders strukturiert. Es gibt neu den Trägerverein «PhotoCreatives», der die Trägerschaft, bzw. den Betrieb bestreitet. Die Geschäftsleitung hat der Verein meiner Firma übertragen. Dann gibt es einen Förderverein, dessen Mitgliederbeiträge zu 50% in Projekte gehen, über deren Durchführung die Fördermitglieder selbst bestimmen können, mit 25% soll der Aufwand der Kuratoren unterstützt werden und der Rest wird für unterstützungswürdige Aufgaben zurückgestellt. Es ist mir ein Anliegen und Teil der Grundphilosophie, dass die Photobastei eine Plattform der Fotografie für alle wird.

Auch das Konzept wurde natürlich den neuen Verhältnissen angepasst. Die Kojen sind stärker in sich geschlossen, sind intimer und musealer. Dazu trägt auch das Grundlayout der Räume bei. Es ging darum, Verhältnisse zu schaffen, die für kleinere Ausstellungen ebenso geeignet sind wie für grosse Themenpräsentationen. Zudem ist die Beleuchtung so konzipiert, dass in gewissen Räumen mit Dimmern eine Stimmung geschaffen werden kann, die zu den gezeigten Bildern passt.

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Das frühere Schwarzweisslabor der ZHdK wird wiederbelebt mit Kursen und Workshops, oder es kann von Fotografen gemietet werden

Dann gibt es neu ab Dezember eine Schwarzweiss-Dunkelkammer, noch aus Zeiten der ZHdK, die wiederbelebt wird und entweder von Fotografen gemietet werden kann, die analog arbeiten möchten, oder in der Workshops und Kurse durchgeführt werden können.

Als weitere Neuheit wird die Photobastei dreimal pro Woche zum Nachtmuseum. Sie wird jeweils am Donnerstag, Freitag und Samstag bis 24 Uhr, wenn es mit der Bewilligung klappt sogar bis 2 Uhr geöffnet sein. Das ist einmalig in der Schweizer Museumsszene, und damit soll auch den Nachtschwärmern Gelegenheit geboten werden, sich mit Fotokultur zu befassen.

Nicht neu, aber ein weiteres Highlight der Geselligkeit ist natürlich der Barbetrieb unter der Leitung von Angella Müller. Die Bar war schon im Hochhaus ein wichtiger Treffpunkt und sie darf auch hier nicht fehlen.

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Noch ist die Bar ein Bauplatz, aber ab nächsten Donnerstag wird sie zum wichtigen gesellschaftlichen Zentrum der Photobastei

Aber das Prinzip, dass man sich gegen eine Gebühr einmieten kann und dass die Hauptausstellung eintrittspflichtig ist, bleibt unverändert …

Im Prinzip ja. Das System hat sich bewährt und das Hochhaus hat klar gezeigt, dass diese Art der Finanzierung von den Fotografen verstanden wird. Es können in diesen Räumen bis zu 30 Ausstellungen gleichzeitig gezeigt werden. Man darf aber die Kosten nicht vergessen, die Investition in diese Räume, die Erstellung der Ausstellungsstruktur und der Mietzins. Nun müssen wir mal sehen wie sich die Sache anlässt. Meine Vorstellung ist, dass wir mit den regulären Belegungen genügend Mittel erwirtschaften, dass wir auf eine Eintrittsgebühr künftig ganz verzichten können.

Wo liegt der Break-even?

… bei 60 Prozent der Belegung. Das ist ein hoch gestecktes Ziel, denn es gab schon an der Bärengasse flauere Zeiten, wo die Nachfrage geringer war.

Das bringt uns zur nächsten Frage: Wer kann ausstellen? Gibt es gewisse Bedingungen, und wer trifft die Selektion, welche Fotografen zugelassen werden?

Im Prinzip können alle mitmachen. Allerdings gibt es ein Kuratorium, das in der Regel aus drei wechselnden Personen besteht. Sie entscheiden, ob mit den Arbeiten ein gewisses qualitatives Niveau erreicht ist oder nicht. Es ist also immer ein Gruppenentscheid, ob ein Fotograf ausstellen kann oder nicht.

 

Photobastei Grundrisse 1200
Die Räumlichkeiten im 2. Stock (links) und im 3. Stock sind in mehrere unterschiedlich grosse Räume aufgeteilt, was für Einzel- oder kleinere Gruppenaustellungen ideal ist

Wie ist der derzeitigige Buchungsstand, und wer sind die Fotografen?

Die Ankündigung, dass es weitergeht mit der Photobastei ist auf grosse Resonanz gestossen. Überraschungseffekt: wir sind voll! Wir starten am nächsten Donnerstag mit 30 Ausstellungen – und rund 2000 Leuten, die sich zur Vernissage angemeldet haben.

Wir haben vom Start weg ganz tolle Namen, die dabei sind, darunter Christian Schwarz, Anna Halm und Peter Schudel, Fridolin Walcher, Tom Huber, Ruedi Beckmann, Heino Heimann und natürlich Willy Spiller in der Dauerausstellung.

Eine solche Ausstellung bedarf einer nicht zu unterschätzenden personellen und administrativen Betreuung. Wie viele Personen sind damit beschäftigt, und wie teilen sich die Arbeiten auf?

Wir sind ein sehr motiviertes Team. Mit Claudia Huber als Projektleiterin, Conny Wettstein für die Betreuung der Fotografen und Angella Müller als Leiterin der Gastronomie sind wir im Kern vier Personen. Hinzu kommen noch eine Reihe von Helferinnen und Helfer, zur Zeit 17 an der Zahl. Das Ganze ist auch so organisiert, dass die Photobastei auch ohne mich laufen würde. Mein Team weiss wie ich funktioniere, sie sind in alle wichtigen Entscheidungen involviert gewesen und sie kennen alle Richtlinien, die ein solcher Betrieb braucht.

Copyright: Urs Tillmanns / Fotointern.ch
Gehört auch mit zum Team: Bubu, das Mascottchen der Photobastei – schaut ganz beschämt, weil sie in den Zement trat als dieser noch nicht trocken war …

Letzte Frage: Der ‚Swiss Photo Award‘, ehemals EWZ-Selection, ist Ihr zweites Standbein, das dieses Jahr ja letztmals im EWZ-Unterwerk Selnau stattfand. Gibt es nun gewisse Synergien mit der Photobastei, und wo wird der nächste ‚Swiss Photo Award‘ durchgeführt?

Ein sehr wichtiger Punkt. Man muss wissen, dass die Sponsorschaft des EWZ und damit auch die Nutzung der Räumlichkeiten im Unterwerk Selnau, dieses Jahr ohnehin ausgelaufen ist. Ich musste mich mit den ‚Swiss Photo Awards‘, wie diese Institution nun endgültig heisst, sowieso neu orientieren. Und da kamen diese Räumlichkeiten gerade wie gerufen. Allerdings werden die Award-Vergaben und die damit startenden Themenausstellungen nicht mehr gleichzeitig sondern nach den Kategorien ‚Editorial und Reportage‘, ‚Fashion und Werbung‘, ‚Fineart und Free‘ sowie ‚Architektur ‚ zeitlich gestaffelt durchgeführt. Wir sind derzeit noch dabei ein bisschen am endgültigen Konzept rumzufeilen, aber ich habe ein gutes Gefühl, dass die «Swiss Photo Awards» weiterhin der Höhepunkt der Fotokulturszene in der Schweiz sein wird.

Herr Zerbini, wir wünschen Ihnen einen brillanten Neustart und alles Gute mit der Photobastei Version 2.0.

Bilder und Interviewleitung: Urs Tillmanns

 

Die Photobastei – kurz das Wichtigste

Zweck: Ausstellungen, Artist Talks, Workshops, Portfolio- und Exhibition-Review

Ort: Sihlquai 125, 2. und 3. Stock, CH-8005 Zürich

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag ab 12 Uhr, Dienstag/Mittwoch bis 21 Uhr, Donnerstag bis Samstag bis 24 Uhr, Sonntag bis 18 Uhr, Montag geschlossen

Office: Sihlquai 125, CH-8005 Zürich, Tel. 044 240 22 03, info [at] photobastei.ch

Weitere Informationen www.photobastei.ch

 


Beachten Sie auch die regelmässig aktualisierte Liste der Ausstellungen auf www.fotoagenda.ch

 

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