Urs Tillmanns, 26. November 2015, 16:23 Uhr

BelleVue: 8 MAZ-AbsolventInnen präsentieren ihre Arbeiten

BelleVue – Ort für Fotografie – in Basel präsentiert in ihrer aktuellen Ausstellung «ideal – 8 Ansichten» Bildessays von BerufsfotografInnen, die ihre Ausbildung im vergangenen Frühjahr am MAZ, der Schweizer Journalistenschule in Luzern, abgeschlossen haben. Die Ausstellung wirft eine Vielzahl von Fragen in Bezug auf unser Sehverhalten auf. Wann ist das Bild ideal und wann idealisierend? Die Ausstellung wirft Fragen auf …

 

Die Ausstellung «ideal – 8 Ansichten» zeigt anregende wie nachdenkliche Bildessays von BerufsfotografInnen, die ihre Ausbildung im vergangenen Frühjahr am MAZ, der Schweizer Journalistenschule in Luzern, abgeschlossen haben. Die Ausstellung wirft eine Vielzahl von Fragen in Bezug auf unser Sehverhalten auf und versucht, dies auszuloten. Die Interpretation vom idealen Bild in den Medien und in der Gesellschaft ist in der persönlichen Werteskala breit gefächert und birgt Widersprüchliches in sich: Ideale geben Halt oder engen ein. Das Ideal kann ein unerreichbares Wunschbild sein. Wann ist das Bild ideal und wann idealisierend? «ideal» ist immer eine subjektive Empfindung. Bewusst idealisieren heisst die Wahrheit verzerren. Habe ich eine Vorstellung vom idealen Bild?

 

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Blick in die Ausstellung «ideal – 8 Ansichten» im BelleVue Basel mit Werken von (v.l.n.r.) Franziska Rothenbühler, Peter Käser, Florian Bärtschiger. Foto: Regine Flury, Basel

 

Florian Bärtschiger «Guatemala»

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Als TouristInnen erleben wir die «Kulisse» in einem fremden Land, was jedoch dahinter steht, eher selten. Im Idealfall haben wir einzelne authentische Begegnungen, die uns an die Realität des Alltags der Menschen in der Fremde heranführen. Der Traum von der Reise in die Ferne ist oft auch eine eigene Projektion, die wir uns selber machen, die aber auch von der Tourismusbranche genährt wird. Florian Bärtschiger nimmt den Blick der guatemaltekischen Bevölkerung auf und gibt ihn fragend an uns zurück.
Florian Bärtschiger (*1986 in Biel)

 

Mario Heller «Urbane Jugend im Kosovo»

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Im Januar 2015 waren die Medien in ganz Europa voll mit Schlagzeilen über den enormen Flüchtlingsstrom, der sich aus dem Kosovo nach Westeuropa bewegt. Asyl gibt es für solche Flüchtlinge längst nicht mehr. In der Schweiz werden Kosovaren im Schnellverfahren innerhalb einer Woche nach Hause geschickt. Es gibt eine Jugendarbeitslosigkeit von 75 Prozent im jüngsten Staat Europas. Wie sehen die jungen Menschen im Kosovo ihre Zukunft?
Diese Frage beschäftigte Mario Heller und er verbrachte im vergangenen Sommer drei Wochen im Kosovo, wo er junge Menschen aufsuchte, mit ihnen Interviews führte und sie fotografierte. Die Jungen im Kosovo — sie sind kaum anders als die jungen Menschen in Westeuropa. Mario Heller möchte mit seiner Arbeit ein positives Licht auf den Kosovo werfen und Vorurteile abbauen.
Mario Heller (*1991 in Muri)

 

Patrick Hürlimann «Chinatown in Zug»

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In wenigen Tagen sind sie, die asiatischen Touristinnen oder Touristen, wieder in ihrer Heimat und erzählen von unserem schönen Land, bringen die «ideale» Sicht auf die Seen und Berge mit ihren Bildern nach Hause – so schön ist es gewesen in der Schweiz!
Die plötzliche Zunahme von chinesischen Touristen in seiner Heimatstadt Zug hat Patrick Hürlimann zuerst irritiert und verwundert. Zug scheint eine «Ausweichvariante» für Luzern und Zürich zu sein. Die Chinesen nutzen die menschenleere Seepromenade und Altstadt für Selfies und Erinnerungsfotos in allen Variationen, das waren dankbare «Sujets» für den Fotografen. Ihn faszinierte die Authentizität der Szenen, also die nicht inszenierte Abbildung dessen, was sich vor dem Objektiv abspielte.
«Oft wird vergessen, dass die quer durch Europa reisenden Touristen andere Ideale haben als wir. Sie wollen möglichst viel in kurzer Zeit sehen. Dies scheint für sie ideal zu sein», meint Patrick Hürlimann.
Patrick Hürlimann (*1975 in Baar)

 

Matthias Käser «Assistenzärzte»

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Als Medizinstudent hat Matthias Käser bereits den Alltag im Krankenhaus kennengelernt. Sein Interesse am Arztberuf ist immer noch vorhanden, denn seine KollegInnen haben ihr Studium beendet und arbeiten nun als Assistenzärztinnen und Assistenzärzte. Dies sah der Fotograf Matthias Käser als Gelegenheit, sie in ihrem Alltag zu begleiten.
Der Alltag der Assistenzärzte ist anstrengend. Ihre Aufmerksamkeit gilt allein dem Patienten und seinem Leiden. Das Privatleben wird zur Nebensache. Der Beruf erlaubt keine Flüchtigkeiten. Der Betrachter, die Betrachterin der Bilder soll die Konzentration der ÄrztInnen, aber auch die komischen Situationen und die tragischen Momente spüren.
«Diese jungen Menschen sind nach ihrem langen Masterstudium durchaus fähig, ihren Patienten gegenüber professionell aufzutreten und leidenschaftlich ihren Beruf ausüben», meint Matthias Käser.
Matthias Käser (*1988 in Sumiswald)

 

Peter Käser «Appenzell erzählt»

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Bildfragmente von Häusern, Autobahnen und Kinderspielorten durchbrechen die liebliche Sicht auf das Appenzell, das wir auch als Bildvorstellung in unseren Köpfen haben. Der Fotograf Peter Käser, er wohnte im Appenzell, heute in St. Gallen. Seine Fotografien erzählen von der Schönheit der Landschaft, aber auch vom harten Bruch, sei es mit einer verwitterten Mauer, formatfüllend, vielleicht von einem alten Bauernhaus, oder mit der Sicht über den knochigen Rücken einer Kuh ins Dunkle, Ungewisse.
Peter Käser (*1955 in Zug)

 

Kougionis Eleni «John Henry»

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Im Sommer 2013 bekam der junge Musiker, der unter dem Namen John Henry auftritt, die Diagnose Leukämie. Unmittelbar danach begann ein Leben mit etlichen Chemotherapien, langen Spitalaufenthalten und einer Stammzellen-Transplantation. Heute, zwei Jahre später, ist der Krebs besiegt. Doch was folgt nun? Eleni Kougionis begleitet in dieser laufenden Arbeit John Henry auf seinem steinigen Weg zurück ins Leben und zu seiner Musik.
Eleni Kougionis (*1988 in Sisseln)

 

Franziska Rothenbühler «Kinder der Landstrasse»

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Verdingkinder, Kinder, Kinder aus Jenischen Familien, die man weggebrachte, versteigerte, weitergab und verpflanzte, Ausgebeutete. Zerbrochene Familien, ein Leben in Zweifel und Wehmut über die verlorene Kindheit und das Leben. Wiedergutmachen lässt sich da nichts, höchstens anerkennen und finanziell unterstützen. Aber warten lohnt sich – bald sind die «Kinder der Landstrasse» nicht mehr da. Die Fotografien von Franziska Rothenbühler helfen, sie nicht zu vergessen.
Franziska Rothenbühler (*1983 in Sumiswald)

 

Matthias Taugwalder «Weston-super-Mare» (GB)

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Weston–super–Mare ist ein englischer Ferienort am Bristolkanal in North Sommerset. Am Anfang des vergangenen Jahrhunderts erlebte das kleine Fischerdorf ein rasantes Wachstum und wurde dank seinem Pier zur Touristenmetropole. Nach dem 2. Weltkrieg sank die Popularität und der Ferienort ging vergessen.
Am 21. August 2015 wurde das Kunstprojekt «Dismaland» des Strassenkünstlers Banksy als Parodie auf den bekannten Freizeitpark Disneyland eröffnet. «Dismal» steht im Englischen für bedrückend, trostlos, düster. Die temporäre Ausstellung zeigte während 36 Tagen Werke von mehr als 50 Künstlerinnen und Künstlern. Die Zahl der Eintrittstickets war auf 4000 pro Tag beschränkt und rasch ausverkauft.
Auf den zweiten Blick fällt auf, wieso Banksy Weston-Super-Mare für sein Projekt ausgewählt hat: Es ist der perfekte, schon fast ideale Ort, um «Dismaland» über seine Mauern wachsen zu lassen. Die Grenzen zwischen «Dismaland» und Weston-super-Mare verschwimmen.
Weston-super-Mare ist «Dismaland». Aber nicht zuletzt hat Weston-super-Mare vor allem profitiert: In fünf Wochen soll «Dismaland» dem vergessenen Küstenort 20 Millionen Britische Pfund Umsatz eingebracht haben.
Matthias Taugwalder (*1981 in Zermatt)

 

Fotografieausstellung «ideal – 8 Ansichten»
in Kooperation mit dem MAZ, die Schweizer Journalistenschule, Luzern
Dauer: 21. November bis 13. Dezember 2015
Öffnungszeiten: jeweils Samstag und Sonntag 11 – 17 Uhr
(ausser Samstag, 28. November)
Finissage, Sonntag, 13. Dezember, 17 Uhr

Weitere Informationen finden Sie unter www.bellevue-fotografie.ch/

BelleVue – Ort für Fotografie
Breisacherstrasse 50
CH-4057 Basel

 

 

Über: BelleVue – Ort für Fotografie

Der Verein BelleVue existiert seit dem Herbst 2011. Am Ort für Fotografie an der Breisacherstrasse 50 finden seither regelmässig Ausstellungen bekannter Fotografen und Fotografinnen sowie Werkschauen neuer Talente statt. Der Verein setzt sich für das Medium Fotografie ein und organisiert öffentliche Veranstaltungen, die sich mit dem fotografischen Bild in einem breiteren Zusammenhang beschäftigen.

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