Urs Tillmanns, 13. Dezember 2015, 10:10 Uhr

Hannes Schmid und Smiling Gecko

Hannes Schmid ist einer der bekanntesten Werbe- und Modefotografen. Seine Marlboro-Bilder, die Rockerporträts und viele Reportagen haben ihn berühmt gemacht. Vor drei Jahren hat er das Hilfsprojekt «Smiling Gecko» geschaffen, um den Ärmsten in Kambodscha zu einer neuen Lebensgrundlage zu verhelfen. Seine Bilder von dort beeindrucken …

 

Hannes Schmid ist ein erfolgreicher Werbe- und Modefotograf, der nicht nur durch seine stimmungsvollen Cowboy-Bilder der Marlboro-Kampagne (1993 – 2002) bekannt wurde, sondern auch durch viele Reportagen, Backstage-Fotos von Rockstars und Landschaftsbilder.

Eine Asienreise im Jahre 2009 lenkte seine Lebenseinstellung in eine völlig neue Richtung. Das säureverätzte Gesicht einer Bettlerin in Thailand weckte sein Interesse am Schicksal dieser jungen Frau. Es sei eine Kambotschanerin, die man so zugerichtete habe, damit sie mit ihrem entstellten Gesicht als Bettlerin mehr Mitleid erwecke. Hannes Schmid suchte den Kontakt zu dieser Frau.

 

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Hannes Schmid trifft in Thailand «Kat», die Bettlerin, deren Gesicht verätzt wurde, um so mehr Mitleid zu erwecken

Er wollte mehr wissen über ihr Schicksal, und so kam er in die entlegensten Armutsgebiete Kambotschas – dort wo sich die Menschen von den Müllhalden Phnom Pens ernähren und versuchen mit letztem Verwertbarem noch etwas Geld zu verdienen. Sie werden krank dabei – medizinische Hilfe gibt es keine, und die Mädchen und jungen Frauen landen fast zwangsläufig in der Prostitution.

 

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Über Kat gelangt Hannes Schmid auf die Müllhalden Phnom Pens, wo die ärmste Bevölkerung sich von Resten und verdorbenen Lebensmitteln ernährt

 

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Die Leute werden krank. Sie sind völlig auf sich selbst gestellt, denn es gibt keine medizinische Hilfe

 

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Die Familien leben im Freien oder in Wellblech- und Plastikhütten. Das Wasser ist verunreinigt, Toiletten gibt es keine

 

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Viel der Kinder kommen in die Prostitution, werden geschlechtskrank und erleiden schwere psychische Schäden

 

Hannes Schmid hat das Leben dieser Menschen nicht nur in beeindruckenden Bildern dokumentiert, sondern er wollte selbst helfen. Er hat in den Müllhalden gelebt, um ihre Lebensweise unter miserabelsten Bedingungen zu studieren und ihre dringendsten Bedürfnisse zu erörtern. Und so ist «Smiling Gecko» entstanden – ein Hilfswerk, das vielen dieser Menschen in einer neuen Siedlung zu Arbeit verhilft, mit einer Schule, welche die Kinder aus dem Analphabetentum bringt sowie einer medizinischen und sozialen Versorgung, um ihnen eine gesunde, neue Lebensgrundlage zu bieten.

 

Zukunftsperspektiven schaffen

Weil der gebürtige Zürcher und Wahltoggenburger beruflich und privat viel in Südostasien unterwegs ist, kam Hannes Schmid unweigerlich in Kontakt mit Menschen wie dem jungen Thorn. Thorn lebte bis anhin mit seiner Familie auf und von den riesigen Abfallbergen nördlich von Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh. Die kärglichen Einkünfte aus dem Zusammenklauben von recyclebaren Gegenständen reichten Thorn und seiner mehrköpfigen Familie bisher kaum zum Überleben.

 

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Besser gestellte Familien leben in selbst gebauten Hütten unter primitivsten hygienischen Verhältnissen

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Eine notdürftig vor Monsunregen schützende Behausung am Rande der Müllhalde und, aus Mangel an Hygiene, immer wiederkehrende Krankheiten tragen ihren Teil zur unzumutbaren Situation von Thorns Familie bei, wie Hannes Schmid erzählt: «Menschen wie er leben am äussersten Rande unserer globalisierten Gesellschaft. Asien als Fabrik dieser Welt ist ein Ort, der sich rasend schnell entwickelt und wächst, in dem aber für Leute wie Thorn kaum Chancen bestehen, sich und ihre Kinder aus eigener Kraft aus ihrer prekären Situation zu befreien. Wenn wir in der westlichen Welt wollen, dass Asien auch morgen noch für uns produziert, müssen wir diesen Leuten Sorge tragen.»

 

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Die Spontanhilfe von Smiling Gecko: Die Slum-Familien werden mit den nötigsten Lebensmitteln direkt versorgt

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Die von Hannes Schmid und Dominique Ruetimann gemeinsam initiierte Hilfsorganisation Smiling Gecko hilft vor Ort den ärmsten Opfern dieser globalisierten Welt unter die Arme zu greifen. Thorn und seine Familie sind Teil des neuen Landwirtschafts-Familien-Projektes in Kambodscha. Und wenn alles nach Plan verläuft, werden sie bald gemeinsam eine Farm bewirtschaften können und damit erstmals in ihrem Leben lernen, was es heisst, ein festes Dach, sauberes Trinkwasser, täglich Nahrung und eine sinnvolle Arbeit zu haben, die Zukunftsperspektiven aufweist. Damit dies gelingt, legen Hannes Schmid und seine Mitstreiter höchsten Wert darauf, dass die Abwicklung ihrer humanitären Hilfe vor Ort und mit Einheimischen und lokalen Hilfswerken organisiert wird. So soll auch zukünftig gewährleistet sein, dass die Schweizer Hilfsgelder von Smiling Gecko vollumfänglich den Bedürftigen zugute kommen – und dass das grösste Herzensprojekt von Hannes Schmid auf 70’000 Quadratmetern schon bald fertig gestellt sein wird.

 

Der Weg aus der Müllhalde in eine Landwirtschaftssiedlung

Fotokünstler Hannes Schmid zusammen mit Jurist und Asienkenner Dominique Ruetimann machten es sich zur Aufgabe mit dem Hilfswerk «Smiling Gecko» im kriegsgeschundenen Kambodscha der ärmsten Bevölkerung zu helfen, nicht nur mit den wichtigsten Bedarfsgütern sondern mit dem Aufbau eines grossen Landwirtschaftsprojektes für die Familien aus den Slums von Phnom Penh.

 

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Die Hilfe von «Smiling Gecko»: Eine moderne Landwirtschaftssiedlung, in denen die Menschen eine Unterkunft und eine neue Lebensgrundlage finden

Mit 70’000 Quadratmetern Fläche wird dieses Projekt das bis anhin wohl grösste Schaffen des Schweizer Künstlers Hannes Schmid. Er nennt es das Landwirtschafts-Familien-Projekt und setzt damit eine Vision um, die er schon lange in sich trägt: «Auf einer in der nordkambodschanischen Provinz Kampong Chhnang gelegenen Fläche von rund zehn Fussballfeldern bauen wir mit unserer Hilfsorganisation Smiling Gecko von Grund auf zwölf Bio-Bauernbetriebe mit je einem Hof, einer Hühner- und Schweinezucht sowie kleinen Landwirtschaftsflächen und eigenen Fischteichen neu auf. Die Landwirtschaftsbetriebe sollen benachteiligten Familien aus den Slums von Phnom Penh zukünftig helfen, ein neues, lebenswertes Dasein zu pflegen und durch ihre nachhaltige Arbeit eine finanziell sichere Zukunft für sich und ihre Kinder erwirtschaften zu können.» Die Produkte der zukünftigen Kleinbauern sollen deren Eigenbedarf decken und als Überschuss nach China verkauft werden, wo Bio-Hühnerfüsse und -Fische als teuer bezahlte Delikatessen gelten.

 

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Die erforderliche Infrastruktur musste selbst erstellt werden. Anbau und Zucht reichen für die Ernährung der Familien – es kann sogar noch etwas auf den Markt gebracht werden

Die Kosten für das zukunftsweisende Entwicklungshilfeprojekt hofft Smiling Gecko mit Hilfe von Spendengeldern aus der Schweiz decken zu können, wie Hannes Schmid sagt: «Ich bin überzeugt, dass sich in der Schweiz weitsichtige Unternehmen und Privatpersonen finden lassen, die dazu bereit sind, mit ihrer Unterstützung direkt und unkompliziert da zu helfen, wo es notwendig ist.»

 

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Die Leute sind stolz auf Ihr Werk und haben dank Smiling Gecko den Weg von der Müllhalde in die Zivilisation geschafft

Dass die Schweizer Hilfe in Kambodscha dringend ist, hat Hannes Schmid am eigenen Leib erfahren. Als Fotokünstler pflegt er nämlich die Gewohnheit, das Lebensumfeld seiner Objekte zu verinnerlichen, bevor er sich daran macht, diese abzulichten. «Ich muss ihre Sorgen, ihre Freuden, ihren Schmerz und ihren Alltag verstehen, damit ich mit meiner Kamera Teil davon bin und mit ihr Geschichten erzählen kann», erklärt Hannes Schmid.

 

Smiling Gecko und die «Tuk Tuks»

Ein weiteres Projekt des Smiling Gecko heisst «Tuk Tuk». Das Hilfswerk hat mit den für Asien typischen dreiräderigen Taxis eine Kette von Verkehrsmitteln geschaffen, die einerseits jungen Leuten eine sinnvolle und einträgliche Beschäftigung bieten und die anderseits genutzt werden können um Kinder in die Schule oder Kranke ins Krankenhaus zu fahren.

 

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Die Tuk-Tuks von Smiling Gecko sorgen für Familieneinkommen und sind zugleich Transportsystem für Bedürftige und Schüler

Bis jetzt ist das Tuk Tuk Projekt ein voller Erfolg. Es erlaubt SGC Tuk Tuk Kandidaten, sich von den hohen Zinsraten herkömmlicher Tuk Tuk Mieten zu befreien. Die Fahrer mieten ein Tuk Tuk für rund einen Dollar im Monat und verdienen damit circa 10 Dollar pro Tag, was ihre Lebensqualität massiv verbessert und ihren Kindern den Zugang zu einer richtigen Bildung ermöglicht.

 

Smiling Gecko und das Dorfschulprojekt

Smiling Gecko plant lokale Schulen mit Primar- und weiterführenden Schulen so aufzurüsten, damit sowohl SGC-Kinder wie auch ortsansässige Kinder diese besuchen und ein umfassendes Bildungsangebot nutzen können. Das Projekt ist im Moment noch im Aufbau, doch sollen ungefähr 50 SGC Kinder bis zu ihrem Umzug in SGC Familienbauernhöfe in lokalen Schulen untergebracht werden können.

 

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Smiling Gecko hat vielen Slumkindern den Schulunterricht ermöglicht. Das Bildungssystem soll nächster Zeit mit einer Mittel- und Oberstufe noch erheblich ausgebaut werden

Weiter sind im Rahmen des Schulprojektes ein Erholungsangebot ebenso vorgesehen wie der Bau eines Kindergartens, das Errichten von sanitären Anlagen mit Toiletten und Badezimmer, die Gestaltung einer Mensa sowie einer Sportanlage. In einer weiteren Ausbauphase ist die Entwicklung der bestehenden Schule auf High School-Level geplant.

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Schon gehen die Visionen von Hannes Schmid wieder einen Schritt weiter: Zur Zeit ist eine Textilfabrik in Planung, einerseits um den Leuten der Siedlung eine produktive Arbeit und ein sicheres Einkommen zu geben, anderseits um der Kinderzwangsproduktion Chinas etwas entgegenstellen zu können, mit Waren, die unter fairen Bedingungen hergestellt werden.

Erfreulich und qualitativ wichtig für das Projekt ist das Engagement von Schweizer Institutionen. So wurden die Schulgebäude von Profesor Dirk Hebel und der ETH Zürich gebaut, und das Schulprogramm wird von der Pädagogischen Hochschule über drei Jahre geleitet. Weiter wird die Optimierung des Landwirtschftsbetriebs durch die Agronomen der LBBZ Landwirtschaftsschule «Schluechhof» in Cham für die nächsten Jahren betreut.

Hannes Schmid hat mit seinem Hilfsprojekt «Smiling Gecko» eine wertvolle und effiziente Hilfsorganisation realisiert, die in Zusammenarbeit mit Einheimischen und lokalen Organisationen direkt den Hilfsbedürftigen und den von Smiling Gecko ins Leben gerufenen Projekten zu Gute kommt. Der Anfang ist gemacht – jetzt braucht es weitere finanzielle Mittel, damit alle Projekte realisiert und nachhaltig betrieben werden können.

Wie auch Sie helfen können erfahren Sie auf der Webseite www.smilinggecko.ch
Spendenkonto: Smiling Gecko, Postfinance 61-325384-6, CH48 0900 0000 6132 5384 6

Sämtliche Fotos © Hannes Schmid

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Über Hannes Schmid:

Hannes Schmid PortraitHannes Schmid wurde 1946 in Zürich geboren. Er hat nach einer handwerklichen Lehre in der Schweiz seine fotografische Karriere in Südafrika begonnen, wo er an der Ruth Prowse School of Art in Kapstadt studierte. Seinen Werdegang startete er mit Reisereportagen. Globale Bekanntheit erlangte er mit seinen Inszenierungen des Marlboro-Cowboys. Von 1978 bis 1984 begleitete Hannes über 250 Rockbands, woraus rund 70’000 Bilder resultierten, die in Ausstellungen und in Buchform gezeigt wurden. Neben kommerziellen Aufträgen für Publikationen wie Vogue, Elle oder Cosmopolitan, aber auch Condé Nast Traveller oder Travel & Leisure, realisiert er parallel zur Fotografie immer wieder künstlerische Projekte und arbeitet mit den Medien Film (z.B. Spielfilm „Bonneville: The Final Run“) und Installationen. Seit jeher setzt er sich auch in der Schweiz für soziale Projekte ein, so zum Beispiel für die Schweizer Paraplegiker Stiftung oder für Pro Infirmis.

2 Kommentare zu “Hannes Schmid und Smiling Gecko”

  1. Der Vortrag von Hannes Schmid bei Light & Byte ist mir tief unter die Haut gegangen. Einerseits wegen seinen Geschichten und Bildern aus Kambodscha, andererseits wegen seinem unglaublichen Einsatz für die Ärmsten des Landes.
    Eine Arbeit die jede nur mögliche Unterstützung verdient. Ich wünsche Hannes Schmid von Herzen viel Erfolg bei seinem Engagement.
    Reinhard Strickler

  2. Hannes Schmid hat nicht weggeschaut, sondern er hat die Not der Menschen an sich herangelassen. Darin ist er mir und uns ein Vorbild. Wenn ich nicht wegschaue, kann ich auch meinen Teil zu einem besseren Zusammenleben beitragen. Nicht jeder hat die Energie und das Charisma von Hannes Schmid. Aber ein freundliches Wort zum Nachbarn, eine Spende an Smiling Gecko oder den Einsatz der eigenen Möglichkeiten für eine NPO – das liegt sicher für jeden von uns irgendwie drin. Ich wünsche Hannes Schmid und all denen, die hinter den Kulissen mithelfen, viel Gelingen. Ein riesiges Dankeschön auch an Light+Byte, die auch ihre Möglichkeiten wahrgenommen haben, um uns Smiling Gecko näherzubringen.

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