Urs Tillmanns, 27. Dezember 2015, 07:44 Uhr

Sinn und Unsinn von Kameranamen

Kameranamen stiften mehr Verwirrung als Klarheit. Jedenfalls haben viele Konsumenten ihre liebe Mühe mit diesen seltsamen Buchstaben- und Zahlen-Konstrukten zurecht zu kommen und wissen oft den Namen ihrer eigenen Kamera nicht. Wie logisch sind die Bezeichnungen, und gibt es bessere Lösungen?

 

Wie hängen die beliebte Weltall-Saga «Star Wars» und die Fotoapparate zusammen? Ganz einfach: Schauen Sie sich mal die Bezeichnungen der typischen Kameras an. Während Kürzel wie «R2-D2» und «C-3PO» durch die niedlichen Roboter positive Assoziationen weckt, taugen viele Kameranamen eher dazu, Verwirrung bei uns zu stiften. Häufig setzen sie sich aus komplexen Buchstaben- und Zahlenkombinationen zusammen – übrigens nicht erst seit dem Digitalzeitalter. Schon als Nikon im Jahr 1959 mit Spiegelreflexmodellen begann, bekamen die Kameras das Kürzel «F» vorangestellt und eine Zahl. Der Buchstabe leitete sich nicht etwa von einem Kamerafeature, sondern vom Namen des leitendenden Ingenieurs «Fuketa» ab. Bei anderen Kameraherstellern stehen die Buchstaben für Modellreihen und manchmal auch spezielle Features. Das in vielen Kameranamen enthaltene «D» etwa bezeichnet ein digitales Modell und diente irgendwann einmal dazu, sie von den analogen zu unterscheiden. Die Notwendigkeit dazu ist mittlerweile obsolet, der Buchstabe verkompliziert den Kameranamen aber immer noch.

Kameranamen

Foto: Prophoto-online.de

Früher kam man mit der Buchstaben-Zahlen-Kombination noch einfacher klar. Neue Modelle erschienen damals noch im Abstand von mehreren Jahren und die Hersteller zählten bei ihren Kamerabezeichnungen häufig logisch hoch. Auf die F1 folgte etwa die F2. Zwischenzeitlich waren die Produktzyklen so kurz, dass innerhalb eines Jahres nicht nur ein neues Modell innerhalb einer Produktreihe erschien – hier stellen wir übrigens eine Trendwende fest, die Produktzyklen werden wieder länger. Zurück zu den Kamerabezeichnungen.

Die Hersteller machen es uns oft nicht einfach. Da folgt zum Beispiel auf eine G1 zwar eine G2, aber auf die G3 mitnichten die G4, sondern eine G5. Und nach der G6 erscheint eine G70. Ob sich die Kamerahersteller da ein Vorbild an Microsoft genommen haben? Dort folgt auf Windows 8 ja auch nicht etwa Windows 9, sondern Windows 10. Löblich dagegen ist der Versuch einiger Hersteller, wie etwa Canon und Olympus, die Anzahl der Modellbezeichnungen gering zu halten und einfach eine Versionsnummer hinten an zu stellen. Da wird dann aus einer EOS 5D eine 5D Mark II oder aus einer OM-D E-M5 eine E-M5 Mark II. Kürzer und verständlicher werden die Namen dadurch aber leider nicht.

Noch schwieriger wird es, wenn man sich das Gesamtsortiment eines Kameraherstellers anschaut. Canon und Nikon versuchen, eine gewisse Logik einzuhalten und bezeichnen die Modellserien mit ein- bis vierstelligen Zahlen je nach Zielgruppe. Leider ist das System zwischen Canon und Nikon schon unterschiedlich.

Was aber könnte die Lösung sein? Die Computer- und Smartphone-Branche setzt statt kryptischer Zahlen-Buchstaben-Kombinationen auf Namen. Aber sind «Mountain Lion» und «Yosemite», die bei Apple für eine bestimmte Betriebssystem-Version stehen, wirklich einfacher zu merken? Zumal sie überhaupt keine Reihenfolge nahe legen. Ubuntu versucht sich mit dem Spassfaktor im Gedächtnis zu halten: Da bekommen die Versionen Tiernamen mit alliterierenden Attributen, so dass Version 13.10 «Saucy Salamander» heisst und Version 14.10 «Utopic Unicorn». Nicht besser ist es bei Android: Die Süsswaren-Bezeichnungen vom «Gingerbread» bis zu «Lollipop» wecken zwar positive Assoziationen, aber erleichtern den Überblick ebenfalls nicht. Und würden wir wirklich eine Kamera haben wollen, die «Schokobrezel» oder «schnittiger Salamander» heisst?

So müssen wir uns wohl oder übel mit den kryptischen Namen zurechtfinden, wünschen uns aber, dass die Kameraindustrie zumindest versucht, eine gewisse Logik einzuhalten. Auch loben wir uns Fachhändler, die unsere Misere verstehen. Wir erlebten jedenfalls kürzlich im Laden wie eine Kundin auf die Frage, welche Kamera sie besitze, sagte «Die ganz neue Olympus 5 irgendwas 2». Der Verkäufer nickte verständig und wusste genau, dass sie die OM-D E-M5 Mark II gemeint hat.

2016 ist wieder ein photokina-Jahr. Vielleicht nutzt der eine oder andere Hersteller diese Weltmesse dazu, seine Modellbezeichnungen grundsätzlich zu überdenken.

Quelle: http://www.prophoto-online.de/

Wie ist Ihre Meinung zu den Kamerabezeichnungen? Welche Alternativen halten Sie für sinnvoll? Schreiben Sie Ihren Kommentar.

 

13 Kommentare zu “Sinn und Unsinn von Kameranamen”

  1. Am schlimmsten ist das japanische/amerikanische-Rest der Welt Kameranamen-Chaos von Canon. Geht ja noch wenn jeweils beiden Versionen aufgelistet würden. Werden sie aber nicht aus Bequemlichkeit. Die Sony-Spiegellosen sind auch ein Aufreger. Gedämpft durch deren Superinnovationen.

  2. Als alter Canonianer bin ich mit deren Modellbezeichnungen groß geworden und hatte nie Probleme damit. Nun habe ich mir aber ein spiegelloses Zweitsystem zugelegt. Wie von Michael Przewrocki geschrieben, empfand ich bei der Recherche besonders die Bezeichnungen von Sonys DSLMs als umständlich, aber auch bei Panasonic (entschieden habe ich mich für eine DMC-G6) empfand ich die vielen Modellreihen und damit einhergehenden Bezeichnungen als kompliziert. Noch schwieriger war es für mich als Panasonic-Einsteiger, die genaue interne Modellbezeichnung des Kit-Objektivs herauszufinden, schließlich hat Panasonic (mindestens) drei Objektive mit einer Brennweite von 14-42 mm und gleichen Blendenwerten im Angebot.

  3. Ich bin neu in der Fotografie und versuche mit mit Canon. Das Namenssystem ist einfacher, als ich erwartete. Ich denke aber, dass es noch einfacher ginge, beispielsweise eine Zahl für die Sensorgrösse, ein S für Sport/Speed, Pro am Ende für ein besser ausgestattetes Modell etc. Was mich aber am meisten stört ist, dass ich bisher keinen Hersteller gefunden habe, der sein Namenssystem auf der eigenen Website selbst erklärt.

  4. Ein grundsätzliches Problem bei der Namensfindung für Kameras ergibt sich durch den globalen Markt. Der Name muss in allen Sprachen sprechbar sein und darf in keiner eine abwertende Bedeutung haben, wie dies Mitsubishi mit ihrem Geländewagen in Spanisch sprechenden Märkten erfahren musste.

  5. Warum hiessen die Contaxe 137, 139(kam früher), 159, 167, ST, dann Axia, welche ein Wirrwar nicht wahr? RTS, RTSII, RTSIII, AX hatten drin was draussen stand: Waren einfach zu bedienen und hatten Innovation und Qualität drin. NB; Hatte nur 2 der letzteren, die letzten Beiden wären Wieder-Kauf wert.

  6. Ich bin absolut einverstanden mit diesem Artikel.
    Zu ergänzen wäre noch, dass dieses ganze Tohuwabohu auch auf den Bezeichnungen der Objektive fortgesetzt wird. Anstelle der in mm angegebenen Zoomgrenzen z. B. sollte man schon lange diese in Aufnahmewinkeln von … bis … angeben.

  7. „Da folgt zum Beispiel auf eine G1 zwar eine G2, aber auf die G3 mitnichten die G4, sondern eine G5. “ In Japan ist die Zahl 4* eine Unglückszahl und zu vermeiden, wenn es geht. Z.B. Canon 1D, 5D, 6D, 7D aber nie eine 4D etc. Evtl. gibt es da ja noch andere kulturelle Hintergründe. Wenn man z.B. ein Set Teetaschen kauft, erkennt man japanische Set’s in der Regel daran, dass 5 Tassen drin sind, chinesische Tassen-Sets (als Jap. getarnt 😉 haben 4 oder 6 Tassen. Aber keine Regel ohne Ausnahme…

  8. Zum Sinn und Unsinn von Fragen
    @ Frau Müller @ Hans-Jörg Fritsch

    Warum es eine D4/F4 gab? Weil nicht alle Japaner (Menschen, Unternehmen) gleich sind. Für manche haben Unglückszahlen eine Bedeutung, für andere nicht. Es ist auch keine Vorgabe eines jap. Verbandes oder ein Gesetz, dass die „4“ in Kameranamen vermieden werden muss.

    Zum besseren Verständnis: Einfach mal im persönlichen Umfeld nachfragen, wer dort Mühe mit der Zahl 13 hat.

    1. Dann sollte man auch nicht schreiben, dass es eine Unglückszahl ist, dass das kulturelle Hintergründe hat. Das macht nämlich auch keinen Sinn, wenn es nicht allgemein gelebt wird. Sinnlos ist aus meiner Sicht auch die ganze Diskussion über die Kameranamen. Irgendeinen Namen oder Bezeichnung muss die Kamera haben, damit man sie unterscheiden kann, wenn ein Hersteller mehrere im Programm hat. Das war schon in den frühen Jahren der Fotografie sol.

      Hat sich schon mal jemand über Sinn und Unsinn von Bezeichnungen bei Autos ausgelassen? Namen bei derartigen Gegenständen sind Schall und Rauch, sie dienen nur der Unterscheidung; beim Menschen übrigens auch.

  9. Namensgebung 2015: Dieser Quatsch mit Sauce steht 2020 nach wie vor auf der Menukarte der Hersteller. Nikons bisherige Z-Modellreihe zum Beispiel (Z6, Z7, Z50) beweist nur eines: Fehler lassen sich wiederholen. Aber es geht noch schlimmer: Nikon bezeichnet mit „AF-S“ zugleich eine Betriebsart (Einzelfokus) des Fokussierens als auch die Bezeichnung des Ultraschall-Silent-Wave-Motors, also dem Motorentyp, der fokussiert. Nikon fehlen Worte, Brands, Akronyme, Ideen, Logik. Und ein Marketing, das Fotografie-Hardware mit einer bild-haften Sprache zu verbinden weiss.
    Oyasumi nasai.

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