Urs Tillmanns, 28. Mai 2016, 11:00 Uhr

Im Kornhausforum Bern: «Carl Durheim – Wie die Fotografie nach Bern kam»

Der Berner Carl Durheim war einer der grossen Schweizer Fotopioniere und wahrscheinlich der renommierteste Fotograf der Anfänge der Fotografie in Bern. Ab 1845 begann er als Lithograph auch Daguerreotypien herzustellen und war bei der Hautevolée Berns sehr erfolgreich. Jetzt zeigt eine Ausstellung im Kornhausforum Bern noch bis 7. August 2016 die Anfänge der Fotografie in Bern.

Einstiegsbild: Carl Durheim
unbekanntes Mädchen
Ambrotypie, um 1850.
(Burgerbibliothek Bern)

 

Carl Durheim (1810-1890) war nicht der erste Fotograf in Bern, aber wohl der bekannteste. Vor ihm gelangen dem Berner Professor für Tierheilkunde Andreas Friedrich Gerber 1836 die «ersten Bilder mit dem Sonnenmikropskop» – etwa ein Jahr vor dem französischen Erfinder Jaques Louis Mandé Daguerre. Ebenfalls vor Durheim machten Wanderfotografen, die vor allem aus Frankreich kamen, von sich reden, stellten in Bern ihre Buden auf – und zogen wieder weiter … Der erste soll ein Herr Compas gewesen sein, wie das «Intelligenzblatt der Stadt Bern am 27. Mai 1840 berichtete, dann Heinrich Rudolf Ernst oder der polnische Handelsmann Jean de Humnicki, der in Bern die Daguerreotypie sogar unterrichtete. Die Fotografie war also ein weitgehend bekanntes – wenn auch sehr teures – Medium, als Carl Durheim 1853 – also 14 Jahre nach der Erfindung der Daguerreotypie – an der Kramgasse das erste Fotoatelier in Bern eröffnete.

 

 

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Carl Durheim porträtierte die Kundschaft aus der besseren Gesellschaft, zu denen er als bekannter Lithograph Kontakt pflegte und die sich das neue Vergnügen leisten konnte – ein Vergnügen allerdings, das bei den strapaziösen Bedingungen mit den langen Belichtungszeiten oft gar nicht so unterhaltsam, sondern eher abenteuerlich war.

 

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Carl Durheim hat – wie alle Fotografen der Kollodium-Zeit – sein tägliches Brot mit Porträts verdient, insbesondere mit Cartes-de-visites, die von 1855 bis ins neue Jahrundert gross in Mode waren. Ebenso gefragt waren Porträts von Soldaten für ihre Familienangehörigen.

Kornhausforum Durheim Portraets

Die Ausstellung zeigt nicht nur Bilder von Carl Durheim, sondern auch Werke seiner Zeitgenossen, die uns interessante städtebauliche Bilddokumente hinterliessen. Unten sehen wir die Nydeggkirche um 1860 eines unbekannten Fotografen, die Marktgasse um 1880 von Paul Does und der Bau der Kirchenfeldbrücke 1882, fotografiert von Moritz Emil Vollenweider (Burgerbiblothek Bern).

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Mit dem aufkommenden Tourismus waren auch Landschaftsbilder gefragt, welche Eindrücke der Alpenwelt und Ansichten besonderer Sehenswürdigkeiten vermittelten.

Kornhausforum Durcheim Landschaften

Durheim war auch der erste fotografische Berner Stadtchronist. Er fotografierte wichtige Gebäude der Stadt, wie beispielsweise den Christoffelturm und das Aarbergertor, das Münster und die Matte. Im Auftrag des Schweizerischen Generalanwalts und im Namen des Bundesrats machte er 1852/53 Aufnahmen von inhaftierten Heimatlosen und Fahrenden, die heute als die ersten fotografischen Fahndungsbilder gelten.

 

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Durheim fotografierte im Auftrag des Bundesrates Inhaftierte und Fahrende – die ersten Fahndungsfotos

Die in Zusammenarbeit mit der Burgerbibliothek Bern realisierte Ausstellung im Kornhausforum dokumentiert Carl Durheims Schaffen mit Originalbildern und neu hergestellten Prints. Darüber hinaus vermittelt die Ausstellung einen Rückblick in die Anfänge der Fotografie in der Stadt Bern – mit, unter anderem, Bildern der Fotografen-Dynastie Vollenweider, von Paul Does, Hermann Völlger oder Karl Stauffer-Bern. Ein besonderer Höhepunkt ist die reiche Sammlung von Daguerreotypien, unter denen die bekanntesten frühen Bilder Durheims zu sehen sind – mit dabei übrigens auch das Porträt des eingangs erwähnten Schweizer Erfinders Andreas Friedrich Gerber.

 

Das Buch zur Ausstellung

Durheim PassepartoutZur Ausstellung erschien unter gleichem Titel – «Carl Durheim – Wie die Fotografie nach Bern kam» – ein Heft der Publikationsreihe «Passepartout» der Burgerbibliothek Bern. Es umfasst 104 Seiten und zeigt die schönsten Abbildungen der Ausstellung in einer hervorragenden Druckqualität. Die Texte stammen von Bernhard Giger (Leiter Kornhausforum Bern), Philipp Stämpfli (Archivar der Burgerbibliothek Bern) und Daniel Di Falco (Kulturjournalist). Das Buch kann in der Ausstellung im Kornhausforum für CHF 39.— oder im Buchhandel gekauft werden.

Die Ausstellung «Carl Durheim – Wie die Fotografie nach Bern kam» ist noch bis 7. August 2016 im Kornhausforum Bern (Stadtsaal im 1. Obergeschoss) zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Führungen: Samstag, 4. Juni, 16 Uhr; Donnerstag, 9. Juni, 19 Uhr; Samstag, 25. Juni, 16 Uhr; Donnerstag, 4. August 2016, 19 Uhr.

 

 

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