Gastautor/-in, 9. April 2017, 10:00 Uhr

Panasonic GH5 im Praxistest: Foto- oder Video-stark?

Ist die Panasonic GH5 eine Film- oder eine Fotokamera? Mit seinen praktischen Erfahrungen mit der GH4 hat Peter Schäublin mit Spannung die Nachfolgeversion erwartet, um diese «auf Herz und Nieren» zu testen. Was kann sie mehr, wie verhält sie sich in der Praxis? Sind die Videos besser oder ist ihre Stärke doch die Fotografie?

 

Mein Abenteuer mit der GH5 begann eigentlich schon im Dezember 2014, als meine Frau Ursula und ich einen Film über ein Waisenhaus in Indien drehten. Um nicht gross aufzufallen und um uns möglichst flexibel bewegen zu können, wollten wir mit kompaktem Equipment filmen, aber gleichzeitig die Möglichkeit haben, auch Fotos zu realisieren. Die berühmte eierlegende Wollmilchsau eben. Die Panasonic GH4 mit den dazugehörigen Objektiven schien uns damals das bestgeeignete System zu sein, und wir wurden nicht enttäuscht. Die GH4 filmte in 4K, realisierte Fotos mit 18 Megapixeln in beeindruckender Qualität und funktionierte in allen Bedingungen einwandfrei. Als wir Panasonic die GH4 zurückgaben, war unser Feedback bis auf zwei kleine Punkte rundum positiv. Doch dazu später mehr.

Der Miniclip «A taste of Old Delhi» zeigt einige 4K-Impressionen, die Ursula und ich 2014 in Indien mit der GH4 eingefangen haben

 

Video nimmt an Bedeutung zu

Dies weil die Internet-Übertragungsraten immer höher werden. Filme können in Websites eingebaut und problemlos gestreamt werden. Das hat dazu geführt, dass sogar Bildhintergründe auf Websites immer mehr durch Videos ersetzt werden. Dieser Trend wird sich weiter verstärken. Panasonic hat dies früh erkannt und schon vor einiger Zeit auf Kameras gesetzt, die hybrid sind, was in diesem Fall bedeutet, dass sie sowohl Fotos aufnehmen wie auch filmen können. 

Die ersten hybriden Kameras waren ja noch DSLR’s. Meines Erachtens waren das jedoch eindeutig Fotokameras, die auch noch filmen konnten. Der Autofokus funktionierte im Filmmodus nicht richtig, und das manuelle Fokussieren auf dem kleinen Kamerarückseiten-Screen war (und ist nach wie vor) sehr schwierig. 

Mit den elektronischen Suchern (EVF für Electronic View Finder) hat sich die Situation grundsätzlich verändert: Damit ist es möglich, eine echte Hybridkamera zu konstruieren, die nicht nur im Fotobereich sondern auch im Videobereich richtig gut zu bedienen ist, denn ein EVF ermöglicht es, während dem Filmen durch den Sucher zu blicken. Auf dem grossen Sucherbild der GH5 mit 3.6 Millionen Bildpunkten kann ich während dem Filmen das Bild komponieren und fokussieren. Mit Focuspeaking-Unterstützung geht das sogar manuell richtig gut. Weil in der GH5 der Kamera- und der Objektivbildstabilisator kombiniert werden können, kann man mit der Kamera und einer Optik mit Bildstabilisator so richtig «quick and dirty» filmen. Unfreiwillig machen meine Frau Ursula und ich die Probe aufs Exempel:

 

Kitchen Party in der Taverne zum Schäfli

Samstagmorgen, 9 Uhr: Der Expresspostbote läutet und bringt mir ein Vorserienmodell der GH5 mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm / ASPH O.I.S. (lassen Sie sich den Objektivnamen auf der Zunge zergehen …). Ich arbeite mich im Blitztempo in die Kamera ein. Es ist alles sehr logisch, und die englische Gebrauchsanweisung brauche ich nur für einige Spezialfunktionen wie z.B. Focusstacking. Die Navigation durch die Menus ist meines Erachtens logisch geglie­dert, aber durch die vielen Funktionen ziemlich umfangreich geworden. Gut, dass ein schlaues Kerlchen bei Panasonic noch einen Menüreiter eingeführt hat, unter dem man seine Favoritenfunktionen gesammelt abspeichern kann. Ich lege zwei oder drei Funktionen, die mir persönlich wichtig sind, unter diesem Reiter ab. Das schlaue Kerlchen hat dann noch einen Schritt weitergedacht: Sie können Ihre ganz persönlichen GH5-Settings exportieren und auf einer anderen GH5 importieren. Wenn Ihnen Ihr Freund für einen Dreh seine GH5 ausleiht, können Sie so ruckzuck zwei Kameras mit identischen Settings versehen. Weisen Sie Ihren Freund allerdings an, dass er seine Settings vorher ebenfalls auf einer SD-Karte speichert, sonst ist’s vorbei mit der Freundschaft …

 

Taverne zum Schäfli in Wigoltingen. Aufnahme: Vorserienmodell der Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm ASPH O.I.S auf 12 mm // 1/20 sec. // f 2.8 // 3200 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ. Postproduktion: Leichte Rauschreduzierung in Lightroom. Kommentar: Das Rauschverhalten der GH5 in höheren ISO-Werten hat sich gegenüber der GH4 markant verbessert.

Am Nachmittag fahren meine Frau Ursula und ich los. In der Taverne zum Schäfli in Wigoltingen findet eine Kitchen Party statt, an der man den Spitzenköchen über die Schulter schauen kann. Wir sind zum ersten Mal dabei, und vor meinem inneren Auge stelle ich mir ein kleines Grüppchen vor, das den Köchen andächtig beim Zubereiten der Speisen zuschaut, dann wieder mal etwas isst, wieder schaut, wieder isst usw. Ich habe sowohl mein Dreibein- als auch mein Einbeinstativ dabei, damit ich richtig schön filmen kann.

Im Schäfli angekommen stellt sich dann heraus, dass – Sie haben das sicher auch schon erlebt – alles ganz anders ist als gedacht. Fünf Köche kochen live an Kochinseln, etwa hundert Gäste wuseln herum, schwierige Lichtverhältnisse, Popmusik wummert aus den Lautsprechern, alle sind gut drauf. Es ist eng und heiss, und an ein geordnetes Filmen mit Stativ ist nicht zu denken. Die GH5 und ich werden voll ins Wasser geworfen, aber wir packen den Challenge gemeinsam: Ich filme alles – eben quick and dirty – aus der Hand, Bildstabilisator und Autofokus sind aufs höchste gefordert. Natürlich geniessen wir zwischendurch auch die exzellenten Speisen und ein paar erlesene Tropfen aus dem Schäfli-Weinkeller. Ich filme alles 25P in 4K, dazu ein paar Sequenzen in HD mit 180 Bildern/Sekunde. Zwischendurch fotografiere ich die Speisen im Fotomodus. Die GH5 performt in beiden Bereichen. 

 

Food Art an der Kitchen Party. Aufnahme: Vorserienmodell der Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm ASPH O.I.S auf 48 mm // 1/125 sec. // f 3.9 // 320 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen Kommentar: Grossartige Detailwiedergabe

Am Sonntagmorgen schaue ich die Aufnahmen an und bin vom Resultat sehr beeindruckt. Die Clips sind schön smooth. Allerdings stelle ich in den Blautönen noch einiges an Artefakten fest. Eine Rückfrage bei Panasonic bestätigt meine Vermutung, dass diese Vorserienkamera firmwaretechnisch noch nicht final ausgereift ist. Bitte berücksichtigen Sie dies, wenn Sie den Clip ansehen. 

Bei den Bildern merkt man, dass Panasonic den 20 Megapixel-Sensor ohne Tiefpassfilter auf die Strecke schickt. Dadurch liefert die GH5 knackig scharfe und detailgetreue Fotos. Ich will wissen, wo das Limit der Files liegt und entwickle ich aus dem RAW-File eine Datei, die ich auf 140 x 100 cm grosses Papier printe. Stark. Kaum jemand wird grössere Formate drucken ;-). Natürlich ist klar – das sei nicht verschwiegen –, dass für einen so grossen Print die Daten mit viel Liebe und Sorgfalt behandelt werden wollen. Aber es geht, und das finde ich für eine Micro Four Thirds Kamera eine starke Leistung.

Nach der Kitchen Party ist klar: Wer eine Kamera braucht, die auch in schwierigen Situationen sehr schöne Filmresultate und knackige Stills liefert, hat in der GH5 ein grossartiges Tool. Auch in höheren ISO-Bereichen liefert die GH5 – im Gegensatz zur GH4 – tolle Fotoresultate. Und damit war einer der zwei Vorbehalte, die mich davon abgehalten haben, eine GH4 zu ordern, ausgemerzt. Das Vorserienmodell muss wieder zurück zu Panasonic und ich bin gespannt auf die Serienausführung, die dann knapp zwei Wochen später eintrifft. Zeit für einen weiteren Clip …

Testfilm: Kitchen Party in 4K, realisiert mit dem Vorserienmodell der Panasonic GH5

 

Wahre Freiheit

Mein Freund Marco ist nicht nur ein toller Kerl und ein grossartiger Fotograf, er fährt auch eine richtig schöne Harley. Beste Voraussetzungen also, um mit ihm einen Film in 4K mit 50p zu drehen. Wir betten die Clips in eine kleine Story mit etwas Selbstironie ein. Am Samstag drehen wir die Fahrszenen und die Szenen in der Metzgerei. Am Sonntagabend filmen wir dann noch am Lagerfeuer. Wo es möglich ist, arbeite ich vom Stativ aus. Dank dem hervorragenden Bildstabilisator kann ich aber auch gut aus der Hand drehen. Die GH5 macht einem das Arbeiten wirklich leicht, und wir haben riesig Spass.

 

«Marco». Aufnahme Panasonic GH5, mit dem Leica DG Noctiron 1.2/42.5 mm ASPH / Power O.I.S. // 1/4000 sec. // f 1.2 // 200 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen // Hautbearbeitung in Portrait Pro // sw-Umwandlung in Photoshop. Kommentar: Für eine kleine Schärfenzone habe ich die Blende voll geöffnet. Das Noctiron liefert mit der GH5 selbst bei f 1.2 gestochen scharfe Bilder.

Natürlich müssen Marco und seine Harley auch noch fotografisch ins beste Licht gerückt werden. Nebst dem 12–60er kann ich für dieses Shooting auch noch das Leica DG Noctiron 1.2/42.5 mm/ ASPH / Power O.I.S. (kein Kommentar mehr von mir zu den Objektivnamen …) einsetzen. Bewusst schiesse ich ein Portrait von Marco mit voll offener Blende. Die Linse liefert ein rattenscharfes Bild mit sehr schönem Bokeh.

 

«Marco mit Bushäuschen». Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm ASPH O.I.S auf 20 mm // 1/200 sec. // f 10 // 200 ISO // vorhandenes Licht plus Aufhellblitz // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen // sw-Umwandlung in Lightroom

Mit diesem Objektiv und einigen weiteren sehr lichtstarken Festbrennweiten bietet sich die Möglichkeit, trotz einer Sensorgrösse von lediglich 17.3 x 13 mm mit kleinen Schärferäumen zu arbeiten. Mit dem Noctiron drehen wir dann die letzten Szenen für den Movie nur mit dem Schein der Feuersglut. Ich bin beeindruckt. Das Schneiden in Pre­miere Pro geht flüssig. Um die Ästhetik zu steigern, wandle ich den ersten Teil des Clips in schwarzweiss um, und erst am Schluss kommt die Farbe ins Spiel. 

 

«Rückspiegel von Marcos Harley». Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm ASPH O.I.S auf
36 mm // 1/500 sec. // f 3.9 // 200 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen. Kommentar: Dank der Naheinstellgrenze von 20 cm eröffnet das 12–60er auch den Makrobereich und ist so ein perfektes Universalobjektiv.

Der Stromverbrauch der GH5 scheint nicht übermässig hoch zu sein. Wir konnten den ganzen Dreh am Samstag problemlos mit einer Akkuladung realisieren. Ich empfehle trotzdem, gleich einen zweiten Akku mitzubestellen, denn:

• Ein elektronischer Sucher zieht permanent Strom.
• Filmen braucht mehr Strom als Fotografieren.
• Die vielen elektonischen Helfer in der Kamera müssen auch mit Strom versorgt werden.
• Die XLR-Einheit (mehr dazu später) läuft über den Kamera-Akku.

Es ist etwas vom Peinlichsten und Dümmsten, wenn mitten im Shooting der Saft ausgeht und kein Ersatzakku mit an Bord ist.

 

Etwas Fachchinesisch für die Video-Enthusiasten

Bis jetzt filmten Hybridkameras und DSLR’s intern mit 8 Bit Farbtiefe. Das reicht in der Regel auch, denn Kanäle wie beispielsweise Youtube zeigen die Filme auch nur mit dieser Farbtiefe. Mehr Farbnuancen und damit mehr Spielraum fürs Colorgrading bietet eine Farbtiefe von 10 Bit. Aufzeichnungen in dieser höheren Farbtiefe war bisher nur mit externen Zusatzdevices wie beispielsweise einem Atomos Assassin möglich. Die GH5 kann als erste kompakte Kamera intern mit 10 Bit Farbtiefe aufzeichnen. Zur Zeit geht das mit maximal 30 Bildern pro Sekunde. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass dann schon ziemlich viel Daten auf Ihren Rechner zukommen. Eine Minute Filmmaterial in 4K mit 25 Bildern/Sekunde und 10 Bit Farbtiefe schlägt mit 1.15 Gigabytes auf der Festplatte ein. Zur Bearbeitung dieser Files benötigen Sie eine richtig schnelle Maschine. Panasonic hat bereits angekündigt, dass mit ihrem nächsten Firmware-Upgrade sogar 60 Bilder pro Sekunde in 4K mit 10 Bit möglich sein werden. Der Flaschenhals, der das zur Zeit noch verunmöglicht, ist nicht die Kamera, sondern die SD-Karte. Mitte Jahr soll eine neue SD-Kartengeneration auf den Markt kommen, die schnell genug ist, um 60p/4K mit 10 Bit aufzunehmen. Allerdings bezweifle ich, dass ich diese Files noch mit meinem top ausgerüsteten iMac schneiden kann. Dafür wird dann wohl ein aufgebohrter Mac Pro oder ein entsprechend aufgemotzter Windows-Rechner nötig sein. Für die Slomo-Fans liefert die GH5 in HD bis zu 180 Bildern pro Sekunde. In meinem Kitchen-Party-Video finden Sie ab 2:54 Min. eine 180fps-Slow-Motion Sequenz.

 

Testfilm «Wahre Freiheit / True Freedom» habe ich komplett mit dem Serienmodell der GH5 gedreht. Besonderen Dank an alle Darsteller und auch an meine Frau Ursula, ohne die alle diese Projekte gar nicht möglich wären. Leider können 50p-Filme nur in HD und nicht in 4K wiedergegeben werden, aber der Movie kommt trotzdem ganz gut rüber:

Für einen Aufpreis offeriert Panasonic auch ein VLog-Profil, mit dem ein Dynamikumfang von rund 12 Blendenstufen möglich ist. Ich habe es vor wenigen Tagen erhalten, aber noch keine Erfahrungen damit sammeln können. Zudem würde es den Umfang dieses Artikels sprengen, detailliert auf VLog einzugehen. Ich werde versuchen, zu einem späteren Zeitpunkt einen Bericht dazu publizieren – schauen Sie auf www.720.ch/blog vorbei, abonnieren Sie meinen Newsletter (http://www.720.ch/company/newsletter/) oder meinen Youtube-Kanal, damit Sie diese Infos nicht verpassen. Auto-ISO beim Filmen funktioniert mit der GH5 wunderbar smooth. In «Wahre Freiheit» finden Sie ein Beispiel dafür ab 1:11 bis 1:35.

Immer ein Thema beim Filmen ist auch der Autofokus. Ich für mich arbeite beim Filmen wenn immer möglich mit manuellem Fokussieren. Auf Youtube gibt es tonnenweise Clips, die die Autofokusfähigkeit der GH5 dokumentieren. Je nach Objektiv und Motiv müssen die Autofokus-Settings individuell angepasst werden. In den Youtube Clips finden Sie dafür viele wertvolle Tipps. 

Ein neues Feature bei der GH5 ist das Focus Pulling. Damit lassen sich bis zu drei Entfernungen vorher manuell anwählen und dann während dem Dreh abfahren. Das war bis jetzt nur manuell möglich, und Panasonic bietet hier ein echtes Schmankerl für Video-Enthusiasten. Hugh Brownstone hat die Funktion auf Youtube dokumentiert: 

Focus Pulling. Screenshot aus Hugh Brownstones Video, in dem er das Focus Pulling erklärt. Die Funktion ist dann sinnvoll, wenn Sie eine Szene planen und die Pulls vorher exakt definieren und eingeben können oder wenn Sie etwas filmen, das sich nicht wegbewegt.

Dass die GH5 Timelapse an Bord hat, erwähne ich gar nicht mehr. Das gehört ja bei neuen Kameras dieser Art unterdessen zum Standard. Detailinfos und Beispielvideos gibt’s auch dazu auf Youtube.

 

 

Die GH5 wird zur ständigen Begleiterin

Ich printe Marcos Porträt in schwarzweiss mit meinem HP Designjet Z3200ps auf Hahnemühle Photo Rag, wieder auf einen Helgen von 100 x 140 cm. Das Resultat haut selbst den stärksten Harleyfahrer um. Beeindruckend. Natürlich sollten diejenigen, die printtechnisch so Grosses vorhaben, sich nicht die billigsten Objektive zur GH5 kaufen. Aber eben – es gibt ja sogar Leica-Objektive zur GH5, die dann einen Tick besser sind, was man bei grossen Prints sieht.

 

Bild links: «Porträt von Carmen». Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm F ASPH O.I.S auf
50 mm // 1/250 sec. // f 4.5 // 200 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ aus dem Kayak. Postproduktion: Hintergrund etwas aufhellen // Gesichtsbearbeitung in Portrait Pro. 

Bild rechts: «Carmen im Kayak». Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm F ASPH O.I.S auf 60 mm // 1/400 sec. // f 4.0 // 200 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ aus dem Kayak. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen und Abdunkeln. Kommentar: Dank AF-C und der hohen Bildrate lassen sich sehr schöne Sequenzen von Menschen oder Tieren in Bewegung realisieren. Ich hatte keine einzige unscharfe Aufnahme in dieser Serie.

Ermutigt durch die hervorragende Qualität ziehe ich weitere Shootings mit der GH5 durch – Carmen frühmorgens auf dem Rhein, Jeff im Studio, Veronikas stylishes Wohnzimmer. Ich muss mir eingestehen, dass die Qualitätsunterschiede zu einer Vollformat-DSLR um einiges kleiner geworden sind. Interessant ist übrigens, dass die Schöpfer der GH5 dem neuen Modell im Gegensatz zur GH4 keinen eingebauten Blitz mehr mitgegeben haben. Aus irgendeinem Grund musste er weichen. Gut aber, dass die GH5 einen Anschluss für Blitzkabel hat. So kann sie auch einmal im Studio oder on location mit einer professionellen Blitzanlage eingesetzt werden. Seit es batteriebetriebene Mini-Blitzkraftwerke wie den Profoto B2 gibt, ist diese Verbindungsmöglichkeit auf jeden Fall auch für eine Kamera in der Art der GH5 sehr sinnvoll.

 

«Jeff». Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica DG Noctiron 1.2/42.5 mm ASPH / Power O.I.S. // 1/250 sec. // f 16 // 200 ISO // Studioblitz // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen // Hintergrund noch komplett schwärzen. Kommentar: Die Qualität dieses Bildes ist extrem hoch. Toll, dass die GH5 einen Anschluss für Studioblitzanlagen mit auf den Weg bekommen hat.

Zu analogen Zeiten fiel das Licht durchs Objektiv auf den Film, wurde dort festgehalten, und das war’s. Im digitalen Zeitalter folgt nach dem Bannen des Lichts auf den Sensor nochmals ein wichtiger Schritt, und zwar das Verrechnen der Daten. Jeder Hersteller hat da seine eigenen Kniffe und Tricks, die wahrscheinlich alle ähnlich und doch wieder ein bisschen anders sind. Panasonic hat es offenbar geschafft, die vom Sensor gelieferten Daten so zu verrechnen, dass die Nachteile des kleineren Sensors punkto Bildqualität zu einem grossen Teil eliminiert werden können. Der Qualitätsabstand zum Vollformatsensor ist deutlich kleiner geworden. Auch Bilder im hohen ISO-Bereich sehen unterdessen wesentlich besser aus. Natürlich gibt es Vollformatameras, die mit wenig Licht noch bessere Resultate liefern. Ich denke da vor allem an die Nikon D5, die Canon EOS 1DX und die Sony a7s. Diese Modelle sind jedoch meines Erachtens nicht so universell einsetzbar wie die Panasonic GH5. 

 

Nur Quick and Dirty?

Den zweiten kleinen Nachteil, den ich der GH4 vor gut zwei Jahren noch ankreidete, war das umständliche Andocken von XLR-Mikrofonen. Dafür wurde ein grosser Adapter benötigt, der auch noch separat mit Strom versorgt werden musste. Damals in Indien auf dem Feld war das keine praktikable Lösung, und wir zeichneten den Ton mit einem Zoom H6 auf. Das geht natürlich, aber wer schnell arbeiten muss und trotzdem eine gute Tonqualität benötigt, braucht dafür eine einfachere Lösung.

 

Kompakte Lösung für Bild und Ton. Mit dem optional erhältlichen XLR-Adapter und einer drahtlosen Mikrofoneinheit, z.B. von Sennheiser, wird die GH5 zur kompakten Aufnahmeeinheit, die Interviews in 4K mit sehr gutem Ton aufzeichnen kann.

Mit dem neuen XLR Mikrofonadapter DMW-XLR1 hat Panasonic diesen Mangel behoben. Einfach den Adapter auf den Blitzschuh stecken, XLR-Mikros anhängen, und der Ton kann in hoher Qualität gleich in der Kamera mit aufgenommen werden. Zusammen mit einem Wireless-Funkmikrofon entsteht so eine extrem kompakte Einheit, mit der beispielsweise Interviews schnell und trotzdem professionell aufgezeichnet werden können. Damit hat Panasonic meinen zweiten kleinen Vorbehalt, den ich bei der GH4 noch hatte, ausgeräumt. Und, Sie ahnen es bereits, damit war’s um mich geschehen: Ich habe die GH5 bestellt. Denn die Kamera kann nicht nur «Quick and Dirty», sie liefert so gute Video- und Bilddaten, dass ich sie in vielen Fällen für meine Aufträge und für freie Arbeiten einsetzen werde. Kamera und Objektive sind viel kleiner als vergleichbare DSLR-Ausrüstungen, was besonders dann angenehm ist, wenn man längere Strecken zu Fuss zurücklegen muss. Zudem habe ich ein Gerät dabei, das fotografiert und filmt und mich mit umfassender Elektronik bestmöglich unterstützt. Das mag für die Puristen nicht so sexy klingen, aber wer in jeder Situa­tion gutes Material erzeugen will oder gar muss, ist für die kleinen elektronischen Helferchen in der GH5 sehr dankbar.

 

Fokusstacking. Beide Bilder sind mit Blende 5.6 realisiert worden. Allerdings ist das linke Foto ein «single shot», d.h. eine einzige Aufnahme, währenddem das rechte Bild aus 30 Aufnahmen mit verschiedenen Fokuspunkten in der Kamera zusammengesetzt worden ist. Durch das Focusstacking lassen sich auch unmögliche Schärferäume realisieren. Das geht in der GH5 mit 18 Megapixeln und nur in JPG-Qualität. Doch für die meisten Anwendungsbereiche ist das ausreichend.

Mit Focusstacking, 6K Foto (30 Bilder pro Sekunde mit 18 Megapixeln oder 60 Bilder pro Sekunde mit 8 Megapixeln) und Postfocus bietet die GH5 zudem noch einige Besonderheiten an, die ich bereits angetestet habe, aber noch vertiefter damit arbeiten muss, um mir ein umfassendes Bild zu machen. Beim Focusstacking und bei 6K-Foto zeichnet die einen 6K-Film auf. Aus den aufgezeichneten Bildern kann ich dann das perfekte Bild speichern oder eben die Kamera ein Bild mit grossem Schärferaum errechnen lassen. Allerdings funktioniert das nur als JPG und mit Verschlusszeiten, die 1/30 sec. resp. 1/60 sec. oder kürzer sind. Das ist so, weil die Bilder eben im Filmmodus mit 30 oder 60 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden. Ein eventueller Rolling-Shutter-Effekt wird automatisch herausgerechnet. Der Bildprozessor optimiert die Bilder nachträglich. Dadurch sind in diesem Modus bessere Einzelbilder möglich, wie wenn man ein Einzelbild aus einem Movieclip herauszieht. Theoretisch könnte man so bereits in 6K filmen. Praktisch aber kommen die normalen Rechner und die Programme mit der Datenmenge von 6K-Clips nicht klar. Diese Features zeigen aber, wohin die Reise geht: Gut möglich, dass Panasonic in ein paar Jahren die GH6 präsentiert, die dann in 6K filmt und Focusstacking und Postfocus in 8K verarbeiten kann …

 

6K. Im Schnellmodus liefert die GH5 12 Bilder pro Sekunde. Das wird in den meisten Fällen reichen. Alternativ bietet die Kamera die Möglichkeit, in 6K (18 Mpx) 30 Bilder/Sekunde oder in 4K (8 Mpx) 60 Bilder/Sekunde aufzuzeichnen. Das funktioniert allerdings nur in JPG und mit einer Verschlusszeit von 1/30 resp. 1/60 Sekunde. Testhalber habe ich bei dieser Aufnahme im 6K-Fotomodus
gearbeitet, um einige fliegende Tropfen mit ins Bild zu bekommen. Von einer 6K-Datei lässt sich auf jeden Fall ein Print bis zu einer Grösse von 70 x 100 cm produzieren.

Aus reiner Neugier habe ich dann die GH5 noch mit meinem iPad Pro verbunden. Mit der entsprechenden App von Panasonic lässt sich die Kamera vom Tablet aus steuern, man kann das Liveview-Bild aufs Tablet bringen und realisierte Bilder sofort drahtlos von der Kamera aufs iPad laden. Natürlich geht gleiches auch in Kommunikation mit einem Smartphone. Diese Funktion benötige ich nicht, aber wer’s braucht, wird happy sein, dass diese Brücke existiert.

Hohe ISO-Werte. Stativ vergessen und wenig Licht? Die GH5 für eine Micro-Four-Thirds Kamera sehr hart im Nehmen. Bild: Aus Veronikas Lifestyle-Reportage. Aufnahme: Panasonic GH5, mit dem Leica Lumix DG Elmarit 2.8–4.0/12–60mm ASPH O.I.S auf 20 mm // 1/15 sec. // f 3.3 // 2000 ISO // vorhandenes Licht // ohne Stativ. Postproduktion: Leichtes Nachschärfen und Bildrauschen leicht reduzieren, beides in Lightroom. Kommentar: Auch mit 2000 ISO liefert die GH5 Daten, die wesentlich mehr als nur brauchbar sind.

 

Fazit

Mit der GH5 hat Panasonic meines Erachtens eine würdige Nachfolgerin der GH4 auf den Markt gebracht. Die Kamera ist extrem vielseitig und bietet wahnsinnig viel Qualität – sowohl im Film wie auch im Fotobereich. Die umfassende Objektivpalette ermöglicht es, je nach Bedarf eine massgeschneiderte kompakte Kameraausrüstung zusammenstellen. In diesem Artikel habe ich diejenigen Features beschrieben, die ich selbst eingesetzt habe und die mir sehr interessant scheinen. Die GH5 bietet so viele verschiedene Möglichkeiten, dass es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, auf alle einzugehen. 

Peter Schäublin, Grafiker / Fotograf / Filmer
peterschaeublin.com / 720.ch

Informationen über die Lumix GH5 auf www.panasonic.ch

 

2 Kommentare zu “Panasonic GH5 im Praxistest: Foto- oder Video-stark?”

  1. Als ein seit Kürzerem ebenfalls «nach-GH4-nun-GH5-Arbeiter» finde ich deinen Bericht, Peter, nicht einfach nur gut, sondern sehr gut. Nach meiner noch erst kürzeren Erfahrung mit der GH5 ist er auch in allen Punkten glaubwürdig. Beim Energiebedarf hat sich bei mir ein deutlicher Mehrverbrauch gegenüber der GH4 gezeigt, aber das lässt sich ja mit zwei, drei Zusatzakkus ohne grosse Mühe bewältigen. Die 10-Bit interne Aufnahmemöglichkeit ist eine feine Sache, allerdings ist Premiere Pro dann im Schnitt und Composing damit dann sehr ge- und manchmal überfordert. Laut Adobe soll ein Update dazu bereits in Arbeit sein. Ich gespannt auf deinen Bericht zum V-log. 😉

    1. Vielen Dank für das Lob, Mario. Ich war als Schüler bei Dir im Fotokurs, und ich erinnere mich immer noch sehr gerne daran zurück. So freut es mich doppelt, dass Dir der Artikel zur GH5 gefallen hat 😉

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