Urs Tillmanns, 21. Oktober 2018, 11:20 Uhr

Milliarden Sterne im Blick …

Es ist Schlag 18 Uhr. Die letzte Gondel der Schilthorn-Bahn legt vom Piz Gloria ab, proppenvoll mit Touristen, die auf 2970 Meter über Meer einen strahlenden Tag verbracht haben. Die meisten von ihnen sind Asiaten, die in einem lauten Stimmengewirr ihre Eindrücke austauschen, von dem prachtvollen Alpenpanorama der zum Greifen nahen Berner Alpenkette auf der einen und dem Schweizer Mittelland mit Blick auf Thun auf der anderen Seite. Sie waren stundenlang im Drehrestaurant gesessen und haben diese fantastische Kulisse immer wieder an sich vorbeiziehen lassen. Dazu hat man ihnen Kalbsbratwurst mit Zwiebelsauce und Rösti empfohlen, die man in der Schweiz unbedingt probieren müsse, und ein oder zwei Ruggenbräu Bier dazu. Danach haben sie noch einen Rundgang durch die James Bond 007-Ausstellung gemacht, wo legendäre Requisiten und Filmausschnitte an den Film «Im Geheimdienst ihrer Majestät» erinnern, dessen spannendsten Szenen 1968 hier auf dem Schilthorn gedreht wurden. Die Gondel hat das Tal erreicht. Hier warten die Busse, welche die Gruppe nach Interlaken und danach nach Luzern bringt – wohl nach dem Motto «see Europe in five days ….».

Patrik Huwiler: Der Tag neigt sich dem Ende zu. Die Sonne steht schon sehr tief am Horizont und strahlt von der Seite mit goldenem Licht über die tieferen Berggipfel. Zu diesem Zeitpunkt war auch die Mondsichel bereits gut sichtbar. Es war eine wunderbare, friedliche Stimmung mit diesem warmen Licht in dieser grandiosen Bergkulisse. 

Etwa um halb sieben fährt nochmals eine Gondel ins Tal, die nicht im Fahrplan steht. An Bord ist das Personal, das abends den Gipfel des Piz Gloria verlässt und am nächsten Morgen wieder hochfährt.

Paola Valentina: Mich hat das emsige Treiben der Teilnehmenden veranlasst einen kurzen Timelap zu machen. Ich finde das lustig und möchte künftig mehr davon machen.

Wir sind alleine. Wir, eine bunt gemischte Gruppe von einem Dutzend Fotobegeisterten von sieben bis 74 Jahre jung, die von Markus Eichenberger erfahren wollen, wie man den Sternenhimmel am besten beeindruckend und originell fotografiert. Drei Viertel von ihnen sind «Wiederholungstäter», wie Markus treffend sagt, Teilnehmende also, die schon mehr als einmal bei ihm im Workshop gewesen waren, sei es auf dem Eggishorn oder auf dem Bettmerhorn mit dem Blick aufs weit entfernte Matterhorn und den Aletschgletscher oder eben hier auf dem Schiilthorn.

Thierry Schmidli: Ein beeindruckender Sonnenuntergang tüncht die Landschaft in in faszinierende Gold- und Rottöne. Ich war jetzt das dritte Mal bei einem Sterneworkshop mit Markus dabei. Wie immer war es ein super Erlebnis. Diesmal war eine besonders lustige Gruppe zusammen, was gleich noch mehr Spass gemacht hat.

Dass wir jetzt über Nacht das ganze Schilthorn für uns haben ist ein Privileg und beweist ein grosses Vertrauen der Schilthorn-Geschäftsleitung. Markus gibt uns Anweisung, was wir alles dürfen – und was besser nicht. Schwachstromgetränke sind ebenso im Workshop-Preis inbegriffen, wie das prachtvolle kalte Büffet, das auf uns wartet. Starkstrom wird aufgeschrieben, und am Morgen wird abgerechnet. Aber noch sind alle Fotografen auf der grossen Aussichtsplattform verteilt und fotografieren die grossartige Szenerie im Abendlicht, das allmählich immer fahler wird. 

Katja Cevallos: Der untergehende Mond und die immer klarer werdende Milchstrasse liefern sich ein prachtvolles Schauspiel. Bis anhin habe ich den Mond in der Milchstrassenfotografie immer gemieden, aber ich finde, er passt sich sehr gut ein. Imposant ist die sphärische Ruhe in einer mächtigen Kulisse und das ehrfürchtige Bestaunen unseres Himmelszeltes.

Noch steht der Mond als Viertelssichel am Himmel, dessen Licht den Nachthimmel für die Sternensicht und unsere Fotos stört. Markus beschwichtigt, dass der Erdtrabant in ein paar Stunden am Horizont verschwinden würde. Dann werden im Stehrestaurant die Tische zur Seite geschoben und machen den Matratzen und Schlafsäcken Platz für das Nachtlager. Wohl kaum jemand rechnet damit ausgiebig schlafen zu können, aber irgendwann wird einem die Müdigkeit dann wohl doch übermannen.

Markus Eichenberger: Ich widme meine Bilder einem Berg, der mir über all die Workshops immer wie besser gefallen hat. Es ist das Gspaltenhorn, welches eine sehr interessante Struktur hat. Die schönste Stimmung ergibt sich von mir aus immer, wenn noch Wolken in irgendeiner Form dazukommen, die diesmal von Lauterbrunnen heraufgezogen. Hinzu kommen ein paar Schleierwolken, welche dem Bild eine mystische Stimmung verleihen.

Nach dem Essen überbrückt Markus die Zeit bis es dunkel ist mit etwas Theorie, in der er Praxistipps mit dem Ziel weitergibt, dass jeder mit gelungenen Sternenbildern nach Hause gehen wird. Markus schöpft aus dem Vollen, erklärt uns alle Tücken der Nachtfotografie, zum Beispiel die Schwierigkeit genau auf Unendlich scharfzustellen, weil viele, vor allem Zoomobjektive, über den exakten Unendlichpunkt hinaus fokussieren. Weiter sei die Sternenfotografie ein Kompromiss zwischen hoher ISO-Einstellung und kurzer Belichtungszeit. Belichtet man länger als zehn Sekunden, verlieren die Sterne bereits als kleine Striche ihren Charm.

Rolf Nobs: Ich habe noch nie den Sternenhimmel fotografiert, deshalb habe ich an diesem Workshop teilgenommen. Es war ein Erlebnis. Habe tolle Leute kennengelernt, wir hatten mächtig Spass und ich habe aus meinen fotografischen Fehlern viel gelernt. Dank an Markus und auch Andy

Das kalte Büffet mundet herrlich. Dazu spendierte jemand zur Feier des Tages eine Flasche Prosecco, einmal mit der Begründung, dass man danach mehr Sternen sehen würde, dann aber auch mit dem Hinweis, dass jemand Geburtstag habe; «Häppi Börsdei …» Und so verfliegen die Stunden bis zur völligen Dunkelheit in gemütlicher Runde im Nu. Einige lassen sich das Schauspiel des untergehenden Mondes nicht entgehen. Allmählich verschwindet dann die Resthelligkeit am, Horizont, und die grossartige Gebirgskette von Eiger, Mönch und Jungfrau bis hin zum Gspaltenhorn wird zur dunklen Silhouette am Rande einer stärker dominierenden Sternenpracht. Immer klarer und deutlicher zeichnet sich die Milchstrasse ab, welche die Fotografen in den nächsten Stunden in ihren Bann ziehen wird.

Stephan Albrecht: James Bond ist allgegenwärtig. Je später die Nacht, desto deutlich zeichnet sich der Sternenhimmel ab. Diese verschiedenen Lichtstimmungen an einem so schönen Ort zu fotografieren ist etwas einmaliges. Ein Höhepunkt ist die Milchstrasse in dieser Klarheit zu sehen.

Es ist Mitternacht. Die Kälte schleicht allmählich durch die winterliche Bekleidung. Einige haben wieder Hunger und fallen über die Reste des kalten Büffets her, andere brühen sich einen wärmenden Tee auf. Und die Dritten kuscheln sich allmählich in ihren Schafsack und hoffen auf wenige Stunden erholsamen Schlafes.

Mirko Kubny: Als Finisher des Jungfraumarathons hat diese Gegend für mich eine ganz besondere Faszination. Diese Berge sind so gewaltig und wunderschön. Diesen Workshop da oben machen zu dürfen war für mich ein riesen Geschenk. Eine fantastische Stimmung mit tollen Teilnehmern.

Zwei Uhr. Wie zuvor angekündigt macht Markus die Runde und weckt die Schafenden vorsichtig. Jetzt sei der Sternenhimmel am Schönsten. Ob s sich wirklich lohnt, sich aus der warmen Hülle zu schälen, um erneut ein paar Stunden in der Kälte zu stehen? Der innere Widerstand wird überwunden, und man sucht wieder alle erforderlichen Utensilien zusammen. Auch die Akkus haben sich von dem nächtlichen Stress erholt und beflügeln zu neuen Bildsequenzen. Die Kameras sind über Nacht draussen in der Kälte geblieben, um das Beschlagen mit Kondenswasser zu vermeiden. Und Diebe gibt es nachts auf 2970 Meter wohl keine …

André Wyss: Ich habe bei diesem prachtvollen Sternenhimmel die Gelegenheit benutzt, um die Kamera auf den Polarstern auszurichten und ein Timelap zu realisieren (Bild anklicken).

Das Aufstehen hat sich gelohnt! Über uns präsentiert sich ein prachtvoller, klarer Sternenhimmel mit Milliarden von Sternen. Da und dort klickt gespenstig eine Kamera mit Minutentakt vor sich hin, um über Stunden ein Timelap zu machen. Die grosse Plattform des Schilthorn bevölkert sich mit motivhungrigen Fotografen, die mit ihren teuren, lichtstarken Objektiven die schönsten Sternengebilde suchen. Es herrscht andächtige Stille, die nur gelegentlich durch das Klicken eines Verschlusses durchbrochen wird. Die Zeit vergeht. Ob es sich lohnt nochmals in den Schlafsack zu kriechen, um dann vielleicht das Schauspiel des zurückkehrenden Tageslichts zu verpassen?

Nael Cevallos (7 Jahre): Es het mer sehr guet gfalle! Ech chome ganz gern wieder. Und am beschte gfalle het mir, dass ich d’Milchstross gseh han und sie au ha chönne fotografiere und d’Bilder für mich no rächt guet worde sind. D’Lüüt sind nett und au luschtig gsi. Bsonders gfalle het mer au, dass de Chef mer öppis über d’Sterne erchlärt het und über de grossi Bär und wie mer de Polarstern immer guet findet. Mit de Fotografie wott ech unbedingt witermache, da machi sehr gern.

Gegen Vier kündigt es sich im Osten mit einer immer stärkeren Abgrenzung von Eiger, Mönch und Jungfrau ab. Dort, hinter der Jungfrau wird das Licht immer intensiver und lässt die fantastische Sternenpracht zur Erinnerung werden. Es ist halb acht als plötzlich die ersten Sonnenstrahlen die Gebirgskette durchbrechen und mit gleissendem Licht den neuen Tag ankündigen.

Peter Rohr: Das Drehrestaurant des Schilthorn zeichnet sich vor dem morgendlichen Himmel als interessante Silhouette ab. Die feinen Nüancen des Himmels von Weiss bis Dunkelblau faszinieren mich.

Fast gleichzeitig setzt sich auch die Luftseilbahn wieder in Bewegung. Die erste Gondel fährt hoch mit dem Personal, das nun in fleissiger Arbeit unsere nächtlichen Spuren beseitigt und ein verlockendes Frühstücksbüffet hervorzaubert.

Der James Bond-Brunch auf dem Schilthorn hat Tradition und lockt frühmorgens die ersten Touristen auf den Piz Gloria. Das Schauspiel des sich ausbreitenden Tageslichts ist ein unvergessliches Erlebnis und lässt das erwachende Mittelland auf der einen und eine fantastische Bergkette auf der anderen Seite aus dem Drehrestaurant wie ein unendlicher Film ablaufen.

Peter Schärer: Die ersten Sonnenstrahlen durchbrechen hinter der Jungfrau die Gebirgskette und kündigen mit gleissendem Licht einen neuen Tag an. 

Da und dort sitzt einer am Laptop und begutachtet die ersten Resultate. Gelungenes und Missratenes wird mit Sternen markiert – diesmal in der Software. «Hier, schau mal: der grosse Wagen und der Polarstern. Und daneben der kleine Bär …» macht das Display seine Runde. Begeisterung einerseits, Gespanntheit andererseits, was man aus dem RAW-Daten zu Hause noch alles herauskitzeln könne.

Kurz vor Zehn machen sich die ersten müden Augen wieder auf den Weg zu Tal, mit vielen Fototaschen, gstabigen Stativen und zusammengerollten Schlafsäcken. Wenig Schlaf, aber ein unvergessliches Erlebnis! Wenn ich das nächste Mal das Wort «Schilthorn» höre, werde ich wohl erst in zweiter Linie an James Bond denken, dafür vor allem an einen wundervollen und unvergesslichen Sternenhimmel. Danke Markus!

Text: Urs Tillmanns

Weitere Informationen über die Workshops von Markus Eichenberger finden Sie auf www.chasingstars.club

 

 

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