Urs Tillmanns, 17. Oktober 2021, 10:00 Uhr

Petra Jung: «Faszinierende Motive gibt es überall …»

Petra Jung ist Primarlehrerein in Sursee und wohnt im luzernischen Hämikon. Sie fotografiert seit vielen Jahren und ist besonders von der Makrowelt fasziniert. Mit dem Bild, welches Sie zum CEWE Fotowettbewerb «Our World is beautiful» eingereicht hat, kam sie auf den ersten Platz der Kategorie «Natur» – mit dem besten von rund 130’000 Bildern, der in dieser Disziplin eingesandten Fotos.

Dieses Bild von Petra Jung gewann als bestens von 130’000 den ersten Platz der Kategorie Natur im CEWE-Fotowettbewerb

Das Bild zeigt das Flugschirmchen eines Löwenzahns mit feinen Wassertropfen, das Petra Jung mit stimmungsvollem farbigem Licht fotografiert hat. Das Foto verrät sein Motiv nicht sofort. Man muss zwei, dreimal hinschauen, um das recht aussergewöhnliche Objekt zu erfassen. Das Bild macht neugierig und man möchte mehr dessen sehen, was Petra Jung in ihrer Freizeit macht, um uns die Welt des Kleinen näherzubringen.

 

Fotointern: Wie sind Sie zur Fotografie gekommen, und wann haben Sie sich auf das Gebiet der Nahaufnahme konzentriert?

Petra Jung: Ich fotografiere seit mehr als 30 Jahren. Mit der Kamera kleine Dinge gross zu zeigen hat mich dann schon immer fasziniert. Ich habe mir mit 16 eine Spiegelreflexkamera gekauft, um mehr Möglichkeiten zu haben. Dazu gehören auch Nahaufnahmen, auf die ich mich im Laufe der Zeit spezialisiert habe. Es macht mir Spass, immer wieder neue Motive zu entdecken, die man meist übersieht, und ich stelle mich gerne der Herausforderungen, diese so präzise und so effektvoll wie möglich wiederzugeben.

 

Ihre Bilder sind von professioneller Qualität, und doch üben Sie einen Beruf aus, in dem die Fotografie zwar nützlich ist, der aber direkt keinen Bezug dazu hat. Wie haben Sie sich das fotografische Wissen angeeignet?

Ich habe mich schon früh für die Fotografie interessiert und viele Artikel in Fachzeitschriften und Bücher gelesen. ‘Learning by doing’ war für mich das Motto. Ich habe vieles ausprobiert und so gelernt, worauf man achten muss und wie man Fehler vermeidet. Zudem haben mich in letzter Zeit viele Beiträge auf Youtube und Instagram motiviert Neues zu erproben.

 

Wo finden Sie Ihre Motive?

Das ist der Vorteil der Makrofotografie: Man muss nicht weit gehen, um die fantastischen Motive zu finden. Mein Garten ist voll davon, und vor allem frühmorgens wird man belohnt, wenn Tautropfen an den Grashalmen und Blumen hängen. Dann ich meistens das Licht auch ideal, so dass spannende und effektvolle Bilder mit Sonnensternchen und grossen Blendenflecken entstehen.

 

Gibt es eine bestimmte Jahreszeit, in der Sie am liebsten fotografieren?

Eigentlich nicht. Es gibt das ganze Jahr hindurch immer spannende und lohnende Motive. Im Frühling ist es die Welt der farbigen Blüten, im Sommer locken mich die Insekten in die Naturwelt, im Herbst faszinieren die Laubfarben und im Winter sorgen Eiszapfen und Schneekristalle für Überraschungen.

 

Das Gewinnerbild ist sicher im Haus entstanden. Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Den Löwenzahnsamen steckte ich in einen Damenstrumpf, den ich zuerst über ein Glas stülpte. Danach sprühte ich vorsichtig Wasser darauf, um einen Effekt mit den Tröpfchen und dem Licht dahinter zu erlangen. Ziel wäre es gewesen, dass der Samen aufrecht stehen bleibt, doch leider senkten sich die einzelnen Härchen …

 

Nicht ganz zufrieden also …?

Doch schon, aber ich hatte mir das Endresultat etwas anders vorgestellt. Ich bin bei meinen Arbeiten sehr selbstkritisch – so bleibt immer Raum für Verbesserungen. Deshalb befasse ich mich immer wieder mit ähnlichen Themen und Objekten. Viele werden zur unendlichen Geschichte …

 

Welche Motive eigenen sich besonders, um sie im Studio und mit künstlichem Licht zu fotografieren?

Petra Jung: Zum absolut grössten Teil fotografiere ich draussen, und nur ganz selten im Haus, da ich keine entsprechende Ausrüstung zur Beleuchtung etc. besitze. Da heisst es dann improvisieren mit alternativen Lichtquellen wie dem PC-Bildschirm, dem Handydisplay, Taschenlampen etc. Motive, die ich gerne drinnen fotografiere, sind Wassertropfen auf verschiedenen Gegenständen, mit unterschiedlichen Hintergründen. Ich sprühe alle möglichen Materialien mit Wasser an, z.B. Stoffe, oder platziere Wassertropfen auf Federn, CD’s, Spiegeln und anderen Gegenständen.

 

Sie arbeiten mit einer Canon EOS 90D, eine Kamera der oberen Mittelklasse. Kommen Sie damit nicht an technische Grenzen?

Ich komme gut zurecht damit. Die Auflösung des Sensors ist ausreichend und die Bildfrequenz von zehn Bildern pro Sekunde auch. Viel wichtiger ist das Objektiv, und da sind das 100er Makro von Canon und das 105er Makro von Sigma meine absoluten Favoriten. Aber nach dem Erfolg mit dem Pusteblumen-Bild überlege ich mir schon, nochmals etwas in meine Ausrüstung zu investieren. Spannend finde ich auch die Fotografie mit alten, manuellen Objektiven wie dem Helios oder dem Oreston, die wunderschöne Bokeh’s im Hintergrund zaubern. Auf der Wunschliste von alten Objektiven steht schon länger das 100mm Trioplan von Meyer Görlitz. Mit dem Gutschein von CEWE werde ich nun sicher in Vollformat investieren und auf spiegellos wechseln. Wahrscheinlich wird es eine Canon R6 werden.

 

Wenn Sie nicht Makroaufnahmen machen würden, welcher Motivbereich würde Sie noch faszinieren?

Kreative, impressionistische Fotografie gefällt mir auch sehr, wo man während dem Fotografieren z.B. die Kamera bei einer längeren Verschlusszeit bewegt, und somit leicht verwischte Bilder wie gemalt entstehen. Abstrakte Bilder, wo man zweimal hinsehen muss, was es ist, die aber eine tolle grafische Wirkung erzielen, gefallen mir auch.

 

Was bedeutet Ihnen die Fotografie?

Fotografie ist für mich eine Leidenschaft. Ich liebe ästhetische Bilder, und oft ist das vermeintliche Hauptmotiv auf dem Bild gar nicht so wichtig, sondern die Farben und Unschärfen im Hintergrund machen das Bild erst spannend. Fotografie ist für mich Abschalten vom Alltag, eintauchen in eine ganz andere Welt der Farben und Formen. Das geduldige Abwarten und Suchen nach Motiven hat etwas Meditatives und gleicht auch ein wenig einer «Schatzsuche», wo am Ende oft die Belohnung durch ein tolles Bild wartet.

 

Welches sind ihre liebsten Motive?

Ich bin fasziniert von Wasser in allen Formen … Tropfen an Pflanzen, auf diversen Materialien für Makrofotografie, aber auch Flüsse (verwischte Langzeitaufnahmen), Seen (Spiegelungen!), das Meer, Eiszapfen und Schneeflocken … Das Element Wasser gibt so viel her, es ist faszinierend, da es Form, Farbe und Aussehen immer wieder verändert. Es eignet sich als Vorder- und Hintergrund von Bildern.

 

Was haben Sie für Ideen, welche Motive würden Sie noch reizen?

Ich möchte das Stacking-Verfahren erlernen bzw. mich darin verbessern, um in die kleinsten Details von Motiven vorzudringen. Auch Bilder von Feuer, zum Beispiel von einem brennenden Zündholz, einer glühenden Zigarette oder aufsteigendem Rauch habe ich geplant. Und für nächsten Winter hoffe ich auf Temperaturen, bei denen man einzelne Schneeflocken fotografieren kann, an diesem Motiv beisse ich mir schon seit 2 Jahren die Zähne aus…

 

Haben Sie die Kamera immer dabei?

Nein, ich gehe gezielt fotografieren und nehme dann die Spiegelreflex mit auf Motivsuche. Wenn ich sonst unterwegs bin, begegnen mit aber auch unverhofft spannende Motive, diese halte ich dann spontan mit dem Handy fest. Eigentlich gehe ich immer mit offenem Blick, d.h. als hätte ich die Kamera vor Augen, durch die Welt und beobachte, woraus man ein Bild machen könnte.

 

Was bedeutet Ihnen der Sieg in der Kategorie Natur beim CEWE-Wettbewerb?

Es ist mein erster Sieg bei einem so grossen Fotowettbewerb, ich fühle mich geehrt und freue mich, dass meine «Art zu sehen» und meine Umsetzung des Bildes so gut angekommen ist. Der Sieg bestärkt mich auch darin, weiterhin an Wettbewerben teilzunehmen.

 

Sämtliche Bilder © Petra Jung
Das Interview führte Urs Tillmanns

Wer ist Petra Jung?

Petra Jung wurde 1973 geboren und wuchs in Uffikon im Kanton Luzern auf. Nach der Primarschule in Uffikon besuchte sie vier Jahre lang die Kantonsschule in Sursee, bevor sie nach fünf Jahren das Lehrerseminar in Hitzkirch absolvierte. Heute ist sie dort als Primarlehrerein tätig. Sie ist verheiratet, Mutter von zwei Töchtern im Alter von 19 und 21 Jahren und pflegt in ihrer Freizeit die Fotografie als kreatives Hobby. Sie erstellt mit ihren Bildern auf Wunsch auch individuelle Kalender (siehe Facebook)

Weitere Bilder von Petra Jung gibt es auf Instagram und auf Facebook

 

2 Kommentare zu “Petra Jung: «Faszinierende Motive gibt es überall …»”

  1. Herzliche Gratulation zum Erfolg! Die Bilder zeugen von einem tollen Blick nicht nur für die Motive, sondern auch für die passenden Situationen. Wer schon mal versucht hat, einen Marienkäfer im Abflug zu erwischen, weiss, wovon ich spreche. In der Naturmakrofotografie auch mit Kunstlicht und künstlichen Oberflächen zu experimentieren ist durchaus eine empfehlenswerte Idee mit sehenswerten Ergebnissen.
    MLG Mandi / HeLiFo

    1. Hallo Mandi,
      Es freut mich, dass dir meine Art, zu sehen, gefällt! Ja, es ist immer wieder schwierig, den passenden Moment zu erwischen, aber genau das macht das Ganze ja auch interessant 🙂 Glück gehört auch dazu…und man lernt nie aus 😉
      Liebe Grüsse
      Petra Jung

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