Urs Tillmanns, 26. Mai 2025, 12:56 Uhr

Sebastião Salgado ist tot – der Advokat der Natur und der Gerechtigkeit

Sebastião Salgado war einer der bedeutendsten Fotografen unserer Zeit. Am letzten Freitag, 23. Mai 2025 ist Salgado im Alter von 81 Jahren in Paris verstorben. Seine eindrucksvollen Schwarzweissfotos haben das visuelle Gedächtnis unserer Zeit geprägt.

Sebastião Salgado wurde am 8. Februar 1944 in Aimorés, Minas Gerais, Brasilien geboren. Er studierte an der Universität von São Paulo Wirtschaftswissenschaften und arbeitete als Ökonom, bis er anfangs der 1970er-Jahre die Fotografie für sich entdeckte, um mit der Kamera das Leben der indigenen Völker aller Kontinente, die sozialen Ungleichheiten, Folgen der Kriege und das weltweite Flüchtlingsschicksal zu dokumentieren.

Salgado arbeitet mit weltbekannten Agenturen zusammen, wie Sygma (1974) für Reisen nach Portugal, Angola und Mosambik, wie Gamma (ab 1975) für Fotoreportagen meist über Afrika, Europa und Lateinamerika und wurde schliesslich 1979 in die angesehene Agentur Magnum Photos berufen. Eine Bilderserie, die besonders zu Salgados Bekanntheit beitrug, zeigte den dramatischen Mordanschlag auf den US-Präsidenten Ronald Reagan am 30. März 1981, welcher Salgado zufällig dokumentierte.

Sebastião und Lélia Wanick Salgado anlässlich der Ausstellung «Amazônia» im Juni 2023 in Zürich (Foto © Urs Tillmanns)

Seine Mission war jedoch eine andere: Er schuf mit seiner Kamera Werke, die eindrucksvoll sind – eindrucksvoll, was die Lichtstimmungen, das Motiv und die Bildgestaltung anbelangt, eindrucksvoll vor allem, was die Bilder anklagen: Sie zeigen die Natur und die Menschen in Not, die Folgen von Naturkatastrophen, der Klimaerwärmung, von Kriegen und die Unterernährung der Ärmsten unserer Welt. Es sind Bilder, die uns aufwühlen, Bilder, die in harter schwarzweisser Sprache auf weltweite Missstände aufmerksam zu machen. Bilder aber auch, die uns zeigen, wie schön die Welt sein könnte … Salgado hat dazu mehr als 120 Länder bereist, in denen er unter anderem das Schicksal von Flüchtlingen, von Arbeitern und die Zerstörung der Umwelt dokumentierte. Seine grossartigen Werke, wie «Arbeiter», «Migranten» oder «Genesis» sind Meilensteine der sozialdokumentarischen Fotografie, die unser visuelles Gedächtnis geprägt haben. Iin «Amazônia», seinem letzten grossen Werk, will uns Salgado einerseits die Vielfalt und die Schönheit des «grössten Naturlabors der Welt» zeigen, anderseits will er uns auch für die internationale Öffentlichkeit auf die Bedeutung des Amazonasgebiets und die Notwendigkeit ihres Schutzes und den in der Region lebenden indigenen Völkern sensibilisieren. Für dieses grosse Werk hat Sebastião Salgado sechs Jahre lang das brasilianische Amazonasgebiet bereist und fotografierte dabei die Landschaften sowie das Leben und die Rituale verschiedener indigener Völker.

Als philantropisches Werk hat Salgado, zusammen mit seiner Frau Lélia Wanick Salgado, 1998 das «Instituto Terra» gegründet, eines der grössten Aufforstungsprojekte Brasiliens. Es wurden Millionen Bäume gepflanzt, «als Zeichen der Hoffnung und des Glaubens an die Wiederherstellbarkeit der Natur». Salgado verstand den Schutz der Umwelt als Akt der Liebe zur Menschheit.

2019 wurde Salgado mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet – eine seltene Ehrung für einen Fotografen. Filmregisseur Wim Wenders setzte ihm mit dem Oscar-nominierten Dokumentarfilm «Das Salz der Erde» ein filmisches Denkmal. Die französische Akademie der Schönen Künste würdigte ihn als «grossen Zeugen der menschlichen Verfassung und des Zustands des Planeten».

Sebastião Salgado hat mit seinen Bildern die Welt verändert – nicht nur, indem er Missstände sichtbar machte, sondern auch, indem er Hoffnung säte. Sein Werk bleibt ein Appell an Mitgefühl, Verantwortung und den Schutz unseres Planeten.

Sebastião Salgados wichtigste Werke: «Arbeiter» (1993), «Migranten» (2000), «Afrika» (2007), «Genesis» (2013), «Kuwait» (2016), «Children» (2016), und «Amazônia» (2021).

 

Lesen Sie auch:

• «Buchtipp: Sebastião Salgado ‘Arbeiter’», Fotointern.ch 01.05.2024

• «Sebastião Salgado-Ausstellung ‚Amazônia‘ in den Maag-Hallen Zürich», Fotointern.ch  4. Juni 2023

• «Sebastião Salgado – Genesis», Fotointern.ch, 1. April 2019

• «DU Ausgabe 11/2014: Sebastião Salgado – Salz der Erde», Fotointern.ch, 8. November 2014

 

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