Urs Tillmanns, 16. Oktober 2011, 07:00 Uhr

Zentrum für Bildung: Von Profis lernen

Das zB. Zentrum Bildung – Wirtschaftsschule KV Baden, bietet seit 2011 einen Diplomlehrgang für Fotografie an. Die erste Klasse schliesst nun anfangs November ab. Fotointern.ch sprach mit dem Lehrgangsleiter Tobias Küng und den beiden Absolventen Monika Ostermann und Martin Leiser im Gespräch.

Fotointern.ch: Herr Küng, der erste Diplomlehrgang für Fotografie am zB. Zentrum Bildung in Baden geht bald zu Ende. Wie ist Ihr Fazit?

Tobias Küng: Wir sind sehr zufrieden. Unser Rezept, in kleinen Klassen direkt von Fotoprofis zu lernen, geht auf. Die Teilnehmenden eignen sich in sieben Modulen praxisorientiertes Know-how zu verschiedenen Bereichen der Fotografie an und können nach dem Lehrgang ihre Kamera professionell einsetzen. Dass es für die nächsten Lehrgänge bereits Wartelisten gibt, beweist, dass unser Diplomlehrgang einer sehr grossen Nachfrage entspricht.

 

Das Zentrum Bildung – Wirtschaftsschule KV Baden bietet ein breites Angebot an Fotokursen, darunter einen professionellen Diplomlehrgang (HDR-Panorama von Tobias Küng)

 

Wer sind die Teilnehmenden?

Tobias Küng: Die Teilnehmenden sind engagierte Amateurfotografen, die ihr Sachwissen verbessern und sich in praktischen Aufgabestellungen üben wollen. Dabei schätzen sie einerseits die fundierte Kursleitung durch erfahrene Profis, andererseits aber auch den persönlichen Wettbewerb mit den anderen Kursteilnehmern. Das spornt zu mehr Leistung an und ist eine ständige Messlatte. Das Engagement der Teilnehmenden ist beachtlich, denn in den rund zehn Monaten, während denen der Lehrgang andauert, setzen sie sehr viel Freizeit für den Diplomlehrgang ein.

Herr Leiser, Sie sind Elektroingenieur im IT-Bereich. Was hat Sie dazu bewogen, sich für diesen Diplomlehrgang anzumelden?

Martin Leiser: Die Fotografie hat mich schon immer begeistert, und ich suchte neben meinem Beruf eine neue Herausforderung. Dazu werde ich mein berufliches Pensum um 20 Prozent reduzieren, und habe mir nun vorgenommen dank diesem Diplomlehrgang stärker in die Fotografie einzusteigen.

 

Gibt es ein Fernziel?

Martin Leiser: Ja, sicher. Ich stelle mir vor, dass ich mit dieser professionellen Grundlage nebenberuflich Fotoaufträge annehmen und so einen guten Ausgleich zu meinem Beruf schaffen kann.

Frau Ostermann, das tun Sie ja schon. Sie fotografieren ja gelegentlich Reportagen von Hochzeiten und Firmenevents und hatten während ihres Chemiestudiums ihr Badezimmer in ein Schwarzweisslabor umgewandelt. Weshalb dieser Diplomlehrgang?

Monika Ostermann: Ich habe mir mein Wissen grösstenteils autodidaktisch angeeignet. Um dies zu vertiefen und noch Wissenslücken zu füllen, habe ich nach neuen Möglichkeiten gesucht. Da ich schon in den letzten zwei Jahren Kurse bei Jürgen Denter und Paul Leclaire belegt hatte, habe ich auf seiner Hompage den Link zu diesem Diplomlehrgang gesehen, mich gleich bei Herrn Küng informiert und danach angemeldet.

 

Nun sind ja die Vorkenntnisse der einzelnen Teilnehmer naturgemäss sehr unterschiedlich. Wie haben Sie dies empfunden? Waren Sie unter- oder gar überfordert?

Martin Leiser: Nein, eigentlich war das kein Problem. Die Kursleiter haben es hervorragend verstanden die unterschiedlichen Vorkenntnisse auszugleichen. Kommt hinzu, dass der Lehrgang sehr logisch und sicher aufgebaut ist. Und eigentlich betrifft dies ja nur die Theorie, und diese macht vielleicht einen Viertel des Lehrgangs aus. Der Rest ist Praxis, und da war es noch erstaunlich, wer mit welchen Leistungen brillierte …

 

Die Teilnehmenden des Diplomlehrgangs mit Kursleiter Jürgen Denter und zwei hübschen Fotomodellen

 

Waren Theorie und Praxis ausgewogen, oder sollte es mehr Theorie oder mehr Praxis in künftigen Diplomlehrgängen geben?

Monika Ostermann: Nein, aus meiner Warte bin ich mit dem Verhältnis von Theorie und Praxis sehr gut zufrieden, und wir behandelten immer jene Theorie, die wir danach praktisch anwenden konnten. Nur beim Modul Porträt und Akt wurden wir wirklich ins kalte Wasser geworfen, denn wer hat darin schon Erfahrung? Das war eine krasse Herausforderung, bei der ich besonders viel gelernt habe.

Martin Leiser: Ja, das war echt krass. Das begann ja schon damit, dass eine Aktaufnahme unverhofft als Hausaufgabe gestellt wurde, und praktisch niemand hatte sich darin bisher geübt. Und dann die Modellsuche … da muss man wissen, wie man dieses heikle Thema angehen will. Ich hatte Glück, weil mir jemand aus dem Bekanntenkreis Modell stand, die ich sehr gut kenne. Das ist eine reine Vertrauenssache. Aber andere dürften ganz schön ins Schwitzen gekommen sein …

 

Neben dem Theorieunterricht …

 

… gibt es sehr viele praktische Übungen, sowohl im Freien als auch im Studio

 

Wie war das bei Ihnen? Haben es Frauen diesbezüglich einfacher?

Monika Ostermann: Ich glaube schon. Zunächst hatte ich mir auch Gedanken gemacht, wie ich zu einem Modell komme. Dann habe ich eine Bekannte, die in Zürich an der Uni studiert, gefragt, ob sie für mich einen von mir vorbereiteten Aushang zur Modellsuche dort aushängen könne … Worauf sie sagte: «Weshalb frägst Du nicht einfach mich …?»

 

Reportage- und Availablelight-Aufnhamen von Martin Leiser

 

Ist der Lehrgang zu stark auf People-Fotografie ausgelegt?

Martin Leiser: Nein, das glaube ich nicht, denn es gibt Module, in denen die Technik und die damit verbundenen praktischen Problemen sehr schwergewichtig sind. Beispiel Makrofotografie. Da ging es mit der Theorie wirklich ans Eingemachte, und wir diskutierten die Grundlagen der Physik und Optik so vertieft, dass danach jeder wusste, was mit welcher Ausrüstung im Nahbereich möglich und sinnvoll ist.

Wie war der Teamgeist? Hat man sich gut vertragen oder ging man sich mit der Zeit auf den Wecker?

Monika Ostermann: Der Teamgeist hat sich gerade in der ersten Blockwoche gut ausgebildet und wurde dann auch bei den praktischen Arbeiten weiter vertieft, besonders weil wir fast immer in Gruppen – zu zweit oder viert – zusammenarbeiten haben. Insgesamt hat das über die gesamte Zeit des Diplomlehrgangs gut geklappt.

 

People und Naturaufnahmen von Monika Ostermann

 

Die meisten heutigen Kameras sind ja auch videotauglich. Ist diesem für Fotografen zunehmend wichtigen Aspekt genügend Rechnung getragen worden oder ist Video für Sie immer noch ein Stiefkind?

Monika Ostermann: Nein, Video war in diesem Lehrgang für mich eine grosse und wertvolle Herausforderung, da ich hierzu keinerlei Vorkenntnisse hatte. Ich bin noch heute erstaunt, was wir in der kurzen Zeit bei Kevin Blanc gelernt und auch umgesetzt haben.

Martin Leiser: … wobei es schon nicht ganz einfach war, die abgedrehten Szenen dann gut und innerhalb eines Abends im Adobe Premiere Pro zu bearbeiten. Aber das haben eigentlich alle recht gut bewältigt. Zudem haben wir ja einen Profi zur Hand, Kevin Blanc.

 

Sport- und Reportageaufnahmen von Rolf Hunziker

 

Was ist für Sie persönlich das Wichtigste, was Sie aus diesem Lehrgang mitgenommen haben?

Monika Ostermann: Für mich waren die Bildbesprechungen am lehrreichsten, besonders die Beurteilung meiner Aufnahmen und auch die meiner Kollegen durch die Kursleitung und durch meine Kollegen. Ich habe dabei enorm viel profitiert. Ich glaube man kann mit nichts so viel über Bilder lernen, wie mit Bildern und mit konstruktiver Kritik.

Martin Leiser: Mir hat der Lehrgang vor allem aufgezeigt wie spannend die People Fotografie ist, was ja der Schwerpunkt der Module 3 und 4 war. Als Ingenieur hat mich natürlich auch die ganze Technik in der Kamera sowie die physikalischen Grundlagen (Optik) interessiert. Im Modul 1 und 2 konnte ich da vollumfänglich vom Fachwissen der Referenten profitieren.

 

Der Informatikunterricht mit den Finessen der Bildbearbeitung unter der Leitung von Michel Mayerle ist ein wichtiger Teil des Diplomlehrgangs

 

Herr Küng, der nächste Diplomlehrgang, der im November beginnt, ist bereits ausgebucht. Lohnt es sich denn überhaupt noch, sich anzumelden?

Tobias Küng: Ja, sicher, denn im Frühjahr beginnt der nächste Lehrgang. Wir könnten mehr Teilnehmende zu den Lehrgängen zulassen, doch halten wir dies für kontraproduktiv. Uns ist die Qualität wichtig. Wir wollen, dass die Klassen klein bleiben, und dass die Teilnehmenden optimal von unseren Kursen profitieren.

Besten Dank für dieses Gespräch.

Das Interview führte Urs Tillmanns

 

Weitere Infos:

 

 

 

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