David Meili, 6. Juni 2008, 16:49 Uhr

Fototipps für die ART 08

Am Preview-Day der ART 08 haben wir aus dem Boulevard-Café des Swissôtel am Basler Messeplatz über jemanden gelästert, der sich beim Einstieg in eine schwarze Limousine wie Brad Pitt gab. Es war Brad Pitt. Doch nun haben sich die Promis bereits in alle Winde zerstreut, und die ART 08 ist bis zum Sonntag, dem 8. Juni auch für Normalsterbliche zugänglich. Wer sich für Fotografie interessiert, sollte sich die vielleicht weltweit bedeutendste Messe für moderne Kunst nicht entgehen lassen.

Doch selbst mit dem mehrere Kilogramm schweren Katalog verliert man sich rasch im Basler Messegelände. Schon nach zwei bis drei Stunden hat man zu viel, doch vielleicht auch gar nichts gesehen.

Hier die Tipps von fotointern.ch:

Im Erdgeschoss der Halle 2 findet man die bedeutendsten amerikanischen, englischen und deutschen Galerien, die vorwiegend klassische amerikanische Fotografie der Dreissiger und Vierziger Jahre anbieten. Wenn man als Käufer auftritt (ab 8 000 Dollar) hat man Einblick in weit mehr Objekte in den Hinterzimmern. Die Originalabzüge werden zunehmend aus Liquidationsmassen von Sammlern des Internet-Booms in Kommission vertrieben. Doch nur renommierte Galerien bieten Garantie für die Authentizität der Werke und einen lückenlosen Herkunftsnachweis. In der teuersten Etage der Messe dürfte sich kaum ein Objekt finden, das diesen Ansprüchen nicht genügt, sofern es nicht schon längst verkauft ist.

Auch als Nicht-Käufer hat man die seltene Gelegenheit, ein Original-Print von Jeff Wall auf wenige Zentimeter Sichtdistanz erleben zu können und sieht, wie unzureichend auch Meisterwerke der Fotokunst verarbeitet wurden. Ob nachträglich erstellte Kopien von amerikanischen Klassikern tatsächlich „minderwertig“ sind oder die oft mit bescheidenen Mitteln hergestellten und vielleicht weniger haltbaren Orginalabzüge zu Recht auf dem Kunstmarkt höher bewertet werden, sollte man besser nicht hinterfragen. Als Journalist wird man vom Manager einer der führenden New Yorker Galerien an die PR-Managerin verwiesen, die sich ihrerseits beim Hausjuristen absichern würde.

Im Obergeschoss der Halle 2 sind die Standplätze nicht mehr exzessiv teuer, und einige Galerien bieten weit interessantere Werke an. Für Insider gibt es leider wirklich kaum Neues zu entdecken. Der Aufwand für die Präsenz an der ART 08 lässt nur wertsichere, mehrfach ausgestellte und publizierte Fotografien als Verkaufsobjekt zu. Interessant und publikumsattraktiv sind Fotografien, die mit neuen Technologien präsentiert werden oder auf diesen aufgebaut sind, wie Hintergrundbeleuchtung und digitalen Bilderrahmen. An der ART 09 im kommenden Jahr wird man mit Sicherheit auch Projekte mit hochauflösenden Touch Screen-Monitoren entdecken. Für die aktuelle Messe hat noch kein Galerist erste Schritte mit dieser zukunftsweisenden Technologie gewagt.

ART Unlimited

Die ART bemüht sich, den kommerziellen Teil durch eine „kulturelle“ Ausstellung zu ergänzen. Doch auch hier dominieren Galerien, die Klassiker und Ladenhüter der Konzept- und Videokunst publikumsattraktiv präsentieren.

Fotografie ist überall präsent. Da findet man sich in einem Panorama mit schlafenden Obdachlosen, oder in einer Art Waschküche mit aufgehängten Negativstreifen anstelle der Wäsche. Kunstbegeisterte stehen Schlange vor einem chinesischen Eisenbahnwagen, dessen Fenster durch Retroprojektion Erinnerungen vermitteln. Sehens- und einen Besuch in Basel wert ist das monumentale und irrwitzig zusammengeschrumpfte Hotel von Thomas Hirschhorn, einem der bei allen Vorbehalten bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Georgios Kefalas hat versucht, im Auftrag von Keystone und der NZZ dieses Objekt zu fotografieren. Es ist ihm gründlich missglückt,wie sein Beitrag in der NZZ vom 4.Juni zeigt. Das „Hotel Democracy“ muss man sehen, und man darf es ruhig, wie die wunderschönen Russinnen im Publikum mit dem Video-Handy auch selbst ablichten.

Nachdem sich in früheren Jahren die ART mit dem Fotografieren schwer getan hat, sind die Schleusen dank Handy geöffnet. Jedermann und vor allem Besucherinnen knipsen munter herum. Prestigeträchtig sind Videokameras mit „Henkel“ von Sony und Panasonic. Trotz Miniaturisierung geht es in der High Society nicht unter drei Kilogramm.

Der Besuch der ART 08 ist für alle Fotointeressierten ein Must. Foto Münsingen hatte in Sachen Fotografie mehr zu bieten, doch allein das Ambiente in Basel, und dass man faszinierende Installationen, die man vielleicht nur einmal in seinem Leben sieht, auch fotografieren darf, sind den Besuch wert. Im kommenden Jahr steht die vierzigste ART Basel an. Um über sie lästern zu können, müsste man mindestens die Neunundreissigste gesehen haben, – und diese dauert bis zum Sonntag.

David Meili

Besucherinformation: www.art.ch

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