David Meili, 20. Oktober 2008, 17:14 Uhr

Missing Pictures – auf den Spuren eines Kunstprojekts

An der Frankfurter Buchmesse fand sich zwischen den Ständen der Kunstbuch-Verleger eine leere Koje. Man vermutete einen Aussteller, der kurzfristig illiquid wurde oder dessen Bücher und Poster in irgend einem Zolllager hängengeblieben waren. Auf einen zweiten Blick entdeckte man an den Seitenwänden kleinformatige Prints von Personen und eine Mailadresse, – vielleicht ein Kunstprojekt oder die nachträgliche Belegung durch ein solches?

Juergen Staack meldete sich auf eine Anfrage per Mail innerhalb von Stunden. Sein Projekt Missing Pictures läuft seit 2005 und bindet ein rasches Feedback mitein.

Das fotografische Werk von Staack liegt irgendwo zwischen Konzeptkunst und Streetart. Er hinterlässt im öffentlichen Raum Gruppen von Fotos, zumeist von Personen und nimmt Meldungen entgegen, wann und wo die Bilder wieder auftauchen. Der Betrachter ist mit Kunst konfrontiert, wo er sie nicht erwartet, wie auf Bushaltestellen, an Briefkästen oder ganz einfach in einer Fussgängerpassage. Jedes Bild entwickelt ein Eigenleben, vielleicht wird es geschätzt und aufbewahrt, mit dem Herbstlaub zusammengekehrt oder bleibt über Monate am Betonsockel kleben.

Fotografiert werden in der Regel Personen vor Ort. Es sind konventionelle Aufnahmen von Menschen, die sich zum Beispiel in einem Wohnquartier in Beijing der Grossformatkamera neugierig nähern. Sonja Rogusch hat einige dieser Aktionen in Kurzfilmen festgehalten. Bereits dieser Teil des Projekts fasziniert.

Staack hat zu Beginn mit Polariods gearbeitet, in Frankfurt benutzte er offensichtlich digitale Prints. Die Degradation durch Licht und Nässe sind Teil des Konzepts. Wer ein Bild aufbewahrt, trägt zu ihm Sorge. Nach dem Aussetzen der Bilder publizierte Staack ein Kleininserat in der Lokalpresse wie auf der Suche nach einer entlaufenen Katze. Die Aktion wurde bis anhin weltweit in mehreren Städten durchgeführt und war in den meisten Fällen konfliktfrei. Doch Fotografieren und Plakatieren im öffentlichen Raum ist nicht überall erlaubt. Von bis anhin 405 signierten Originalen sind 6 in Boston, Beijing, Sète und Basel wieder aufgetaucht.

Juergen Staack wurde 1978 in Deutschland geboren und absolvierte nach einer Ausbildung als Fotograf die Kunstakademie in Düsseldorf. 2003 gründete er die auf Kunst im öffentlichen Raum ausgerichtete Gruppe Fehlstelle.

Link zum Projekt: www.missing-pictures.net
Link zu den Filmen: www.sonjarogusch.com
Bildnachweis: www.juergenstaack.com (Fotoprojekt am Festival in Arles)

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