David Meili, 4. Januar 2009, 10:09 Uhr

Pinselrenovation für DAS MAGAZIN, Finanzkrise und Weihnachten bei Lidls

Pressespiegel zum Wochenende vom 3./4. Januar 2009
Mit grossem Interesse und Vorschlusslorbeeren wurde der Renlaunch von DAS MAGAZIN erwartet. Nun liegt das erste Heft im neuen Layout vor. Am erfolgreichen Konzept wurde nur wenig verändert, doch offensichtlich ist das Papier dünner geworden. Für Fotografen fällt die Bilanz zwiespältig aus.

Der nunmehr auf der Titelseite zu findende Aufhänger „Mein Kind, mein Kampf“ gilt für die 38jährige Wochenzeitschrift kaum mehr. Sie hat ihre besten Jahre vielleicht schon hinter sich. Zudem gibt es heute allein im deutschsprachigen Raum mehrere Magazine zu Qualitätszeitungen, die auf anspruchsvolle Leser setzen. Mit dem neuen Layout von Annina Mettler und Jonas Voegeli gewinnt der Textjournalismus an Raum, und das Heft enthält weniger, doch grossflächigere und bessere Bilder. Zumindest in der ersten Ausgabe vermisst man jedoch Bildreportagen. Fotografien dienen zur Illustration und zur Einstimmung in die Themen.

Für das Titelthema hat Pierluigi Macor zwei ganzseitige Eltern-Kind Porträts geschaffen, die einen eher melancholischen Vater und eine sichtlich zufriedene Mutter zeigen. Doch dann findet man kaum mehr exklusive Aufnahmen, ausser einem Porträt des Trendforschers David Bosshard, das Christian Schnur beigesteuert hat. Der Beitrag von Mathias Plüss über Charles Darwin wird durch Agenturbilder aus unterschiedlichster Quelle illustriert, – und durch historische Bildchen, die aus Darwins Werken vom Internet heruntergeladen wurden. Oliver Meiler schreibt über Bombay, eingestimmt von der bekannten Dämmerungsszene von Steve McCurry (Magnum). Offensichtlich fand sich niemand, der aktuelle Aufnahmen zur Metropole nach den Attentaten beigesteuert hätte.

Massiver Spardruck kommt auf die NZZ zu. Nachdem schon seit Wochen Gerüchte kursierten, gab die Geschäftsleitung am 31. Dezember im Blatt selbst den Abbau von 28 Stellen bekannt. Hinzu kommt der Verzicht auf geplante Neubesetzungen sowie eine Ausdünnung des Korrespondentennetzes. Da die stark textlastige Zeitung die redaktionseigene Fotografie immer mehr vernachlässigt hat, dürften von den Sparmassnahmen auch einige freiberufliche Fotografen betroffen sein. Wo Korrespondenten durch Agenturmeldungen ersetzt werden, fällt auch im Bildbereich die individuelle Berichterstattung dahin.

Immerhin sind die Magazine der NZZ und der NZZ am Sonntag vom Spardruck weniger betroffen als das Flagschiff des Verlags. Einige der Herren Redaktoren dürfte jedoch nicht glücklich über die Randbemerkung der Verlagsleitung gewesen sein, sie sollten inskünftig mehr mit NZZ online zusammenarbeiten. Und in Basel und Genf ist das Eigenlob sauer aufgestossen, man stelle an der Falkenstrasse nach wie vor die mit Abstand beste Qualitätszeitung der Schweiz her.

Doch wie fotografiert man eine Krise? Im Kulturmagazin Metropolis von arte wurden mit der Redaktion von La Libération Pressebilder zur Finanzkrise weltweit verglichen. Dabei stellte man fest, dass nur etwa 150 Bilder über die Monate hinweg das Ereignis visuell umsetzten, rund ein Dutzend wurdne nahezu in allen führenden Zeitungen und Zeitschriften publiziert. Im Vergleich mit dem Börsenkrach von 1929 zeigte sich jedoch auch, wie plakativ und „billig“ die aktuellen Bestseller auf dem Bildermarkt sind. (Bildnachweis: Mediendienst arte)

Um ein Gegengewicht zu setzen, hat der Fotograf Olivier Culmann die bildliche Darstellung der Krise am Rande des grossen Geschehens zum Thema eines Portfolios gemacht. Seine Aufnahmen bilden einen verblüffenden Gegensatz: bei Hintereingängen rauchende Trader, Touristen, die das Hauptportal der Börse fotografieren und weitere Banalitäten des Alltags. (Wiederholung der Sendung, 4.1., 12.00 Uhr).

Was die Sonntagsmedien zum Jahresbeginn sonst noch visuell zu bieten haben, ist rasch abgehakt. Im magazin zum SonntagsBlick biedert sich Eveline Widmer-Schlumpf mit einem Porträt von Gian Marco Castelberg dem Volk an. Nicolas Righetti hat Marianne Cathomen und Markus Siegler zum Jawort auf die Seychellen begleitet. Immerhin dürften sie dadurch zu einem Gratis-Hochzeitsalbum gekommen sein. Michael Sieber bringt eine gut gelungene Homestory über den CSI-Gründer Rolf Theiler.

Weniger Glück hatte der Blick online in der vergangenen Woche mit Bildern. Da jeder Textanriss zuerst ein Bildchen braucht, brachte man eine Einstiegsseite zu stande, die praktisch nur aus Symbolbildern oder deren Ausschnitten bestand. Peinliche war ein Beitrag über die Schlägerei zwischen Servette-Fans und einer Familie auf dem Autobahnparkplatz Rose de la Broye. Erstens dürfte das Bild kaum auf diesem Parkplatz entstanden sein und zweitens stehen die grünen Bäume im hellen Mittagslicht.

Da das Reporterteam über die Feiertage ausgedünnt war, schlug die Stunde für den freien Fotografen Markus Heinzer. Beim Mordfall in Altnau/TG war er mit der Polizei vor Ort und konnte im Stil einer Fernsehreportage eine eindrückliche Bildstrecke anbieten. Vermutlich dürfte Heinzer demnächst auch Videos beisteuern. Wir werden die Aktivitäten des innovativen Pressefotografen weiterhin mit Interesse verfolgen.

Gepflegten Boulevard von internationalem Niveau findet man in der Schweiz durchaus im LE MATIN DiMANCHE. Dominierendes Thema ist Zora, die neugeborene Tochter der französischen Justizministerin Rachida Dati, respektive ihre Mutter. Man wirft der Powerfrau vor, ihre gesamte Karriere bestehe aus einzigen Kette von Medieninszenierungen. Auf unabsehbare Zeit wird man auch nach der Schwangerschaft über den Vater spekulieren und das Baby dürfte nur häppchenweise in die Medien gelangen, mindestens bis zu den nächsten Wahlen. Histoire à suivre, vor allem auch für People Fotografen.

Lidl macht nun Ernst mit der Expansion in die Schweiz. Sichtbares Zeichen ist das Weihnachtsessen der Belegschaft in Weinfelden. Da keine Medien dabei waren und amit die ganze Welt weiss, wie schön und gemütlich es im Unternehmen zugeht, werden die Bilder gleich auf dem Internet publiziert. Für das sonst verschwiegene Unternehmen ist dies grosser Schritt. Was allerdings „Wichtelgeschenke“ sind, die Samichlaus und Schmutzli verteilt haben, erfahren wir noch nicht. Haben Sie Ihren Wichtelbaum übrigens schon entsorgt?

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