David Meili, 11. Januar 2009, 09:00 Uhr

„Bitte nicht füttern“, Serge Hoeltschi mit starken Bildern, und Monika Fasnacht im Liebesglück

Pressespiegel zum Wochenende vom 10./11. Januar 2009
Ein Luchs schleicht durch die Stadt, nur muss man sich fragen, ob Weinfelden/TG wirklich eine „Stadt“ ist und der Luchs ein derart wildes Tier. Die Presse bringt zum Beitrag des im Thurgau gesichteten Jungtiers Bilder aus den Archiven von Keystone oder gar eines, das ein Pratikant auf den Internet zufällig gefunden hat. Da würde man besser gleich die unter Common Licence stehende Aufnahme der Wikipedia verwenden. Doch wozu braucht man dann noch eine Zeitung?

Die Zukunft der Prinmedien stand wie jedes Jahr im Mittelpunkt der Dreikönigstagung der Schweizer Verleger. Die prägnantesten Statements kamen von Herbert Bolliger, Präsident der Generaldirektion der Migros. Die jammernden Print-Verleger sollen sich doch beim Kulturprozent der Migros melden, merkte er ironisch an. Vermutlich hat sich Bolliger nicht an die Unternehmensgeschichte erinnert, denn über Jahrzehnte subventionierte die Migros ihre Tageszeitung Die Tat, die einen wesentlichen Beitrag zur Medienvielfalt in der Schweiz leistete und stets auch Reportagefotografen eine Plattform bot. Letzter Ausläufer dieser hausinternen Bemühungen ist das auflagenstarke Migros-Magazin, das sich in dieser Woche (eigen-)inseratelastig wie nie zuvor zeigte. Mag sein, dass hier die neue Werbestrategie der Migros schon durchgeschlagen hat.

Aufgefallen an der Tagung, über die unsere Kollegen vom Kleinreport umfassend berichtet haben, ist eine kleines, doch feines Magazin. Ticino Sette entstand aus einem Fernsehprogramm, das den Tageszeitungen in der italienischsprachigen Schweiz beiliegt. Hinter dem Heft steht neben Peter Keller (Corriere del Ticino) der Fotograf Adriano Heitmann. Der in Bellinzona aufgewachsene Heitmann ist bekannt durch grossartige Bergaufnahmen („Rigi“, 1982) und mit der Szene der Fotografen der mittleren Generation bestens vernetzt. So ist Ticino Sette zu einem Geheimtipp unter Liebhabern der anspruchsvollen Reportagefotografie geworden und hat bei Lesern wie Inserenten Erfolg. (Pressebild Ticino Sette).

Peter Keller vertritt vehement den Qualitätsjournalismus in den Printmedien. Fotoreportagen, wie sie Ticino Sette bringt, sind für das physische Erlebnis eines gedruckten Magazins bestimmt.

DAS MAGAZIN hat offensichtlich ein offenes Ohr für die nicht nur von uns geäusserten Wünsche nach starken Bildreportagen. In der aktuellen Ausgabe findet sich ein Schwerpunktbeitrag über die Cayman-Inseln, mit einem Text von Peter Haffner und hervorragenden Aufnahmen von Serge Hoeltschi. Text und Bild ergänzen sich perfekt. Die Ironie von Haffner unterstützt Hoeltschi im Bild. Es ist eine der besten und vielleicht auch aufwendigsten Reportagen der vergangenen Jahre im Magazin. (Copyright DAS MAGAZIN/Serge Hoeltschi)

Die Sonntagspresse bringt für dieses Wochenende kaum Highlights, ausser einer Beilage in Sonntag.ch zu den 44. Solothurner Filmtagen. Die morbide, und immer noch von Alt-68ern dominierte Veranstaltung zeigt sich erfrischend modern. Auch Fotograf/innen sollten mindestens einen Abend in Solothurn verbringen, denn man trifft dort oft auf interessante Leute. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht der fotografische Film „Home“ von Ursula Meier, Kamera u.a. Luc Yersin. Der Film kommt mit unverständlicher Verspätung irgendwann im Februar in die Kinos der Deutschschweiz. Ursula Meier ist eine der wenigen Hoffnungen für ein intellektuell anspruchsvolles Kino mit schweizerischen Wurzeln. Die DVD kann man bereits vorbestellen, da „Zürich“ den Film erst kurz vor dem Auslaufen in der Westschweiz entdeckt hat. (Pressebild Solothurner Filmtage).

Den Sonntags-Blick übergehen wir dieses Wochenende diskret. Man erinnert sich mit der allgegenwärtigen Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an Hofberichterstattung. Doch der Blick hat in den vergangenen Tagen auch lokale Themen gefunden und Paris Hilton, Amy Winehouse und Britney Spears zu Gunsten von selbstgebastelten Stories arg vernachlässigt:

Ob Monika Fasnacht ihre Front-Cover Serie im Blick selbst inszeniert oder unterstützt hat, ist zu bezweifeln. Im persönlichen Kontakt ist die Moderatorin von Jass- und Folkloresendungen eher zurückhaltend. Ihr Auftritt bei einer Werbeveranstaltung des Backwarenkonzerns Hiestand 2007 wirkte sympathisch. Monika Fasnacht dürfte in einer ereignislosen Zeit der People-Berichterstattung wenig freiwillig mit ihrem Privatleben zum „Thema“ geworden sein. Oder vielleicht schwelgt sie nach kurzer Ehe ganz einfach im neuen Liebesglück mit einem Ex-Hockeyaner und Kampfsportler und lässt uns daran teilhaben (Bildnachweis: David Meili, foodaktuell.ch).

Bedenklich ist die Zur-Schau-Stellung der dreizehnjährigen Mutter Ramona aus Gerlafingen. Über die gesamte Branche hinweg dürfte man der jungen Mutter doch auch zu Ihrem gesunden Buben gratulieren und nicht gleich, wie der Blick am Abend vom 9. Januar 2009 einen Beitrag über Verhütung für Teenager schalten. Das ist geschmacklos und unfair, auch gegenüber dem kleinen Nico.

Wie die junge Mutter im Bild vermarktet wurde, führt doch zu Fragen an die Tagespresse. Manuel Zingg hat als Fotograf (Tages-Anzeiger vom 10. Januar) aufgezeigt, wie Ramona (vom Blick nur noch nur noch als „Dreizehnjährige“ bezeichnet) vor den Kameras steht. Man fragt sich, ob der Sozialdienst des Kantons Solothurn diesem Mediengewitter gewachsen ist und professionell gearbeitet hat, – eher nicht. Nach der peinlichen Berichterstattung über Raserunfälle wird die Blacklist der Solothurner Behörden immer länger.

Noch nicht in der Presse visuell sichtbar sind die Zwillinge von Adriana und Marcel Ospel Bodmer. Hildegard Schwaninger rechnet im Tages-Anzeiger vom 10. Januar (KEHRSEITE) nochmals mit dem ungeliebten Gast am Nebentisch in der Kronenhalle ab. Die Foto von Peter Lauth entstand allerdings 2004. Eine Home-Story der Familie Ospel ist auch auf nächstes Wochenende nicht zu erwarten. Der Buhmann der Kleinanleger wird sich diskret in die zweite Linie zurückziehen, Zwillinge „schöppelen“ und nach der Basler Fasnacht kaum mehr in der Tagesaktualität präsent sein.

Wir haben in der letzten Ausgabe des Pressespiegels über „Wichtelgeschenke“ an der Weihnachtsfeier von Lidl berichtet. Doch die Wichtelwelle hat auch Mitbewerberin Migros erfasst. Wie die SonntagsZeitung vom 11. Januar auf Seite 7 berichtet, prüft die Pro Infirmis eine Beschwerde gegenüber den Autoren der Wichtelreportage im vorweihnächtlichen Migros-Magazin, in der kleinwüchsige Personen als Wichtel in Szene gesetzt wurden. Wie Chefredaktor Hans Schneeberger gegenüber der SonntagsZeitung zugibt, wurden Leserbriefe zum Thema nicht veröffentlicht, „um die Diskussion“ nicht „anzuheizen“.

Eine andere Randnotiz zu einem früheren Beitrag in unserem Pressespiegel findet sich ebenfalls in der SonntagsZeitung. Die Promi-Heirat von Marianne Cathomen und Markus Siegler auf den Seychellen war insgesamt von einem halben Dutzend Firmen gesponsert, die im Beitrag im SonntagsBlick, der nicht als Publireportage bezeichnet war, in Erscheinung traten. Chefredaktor Hannes Britschgi bedauert mit Krokodilstränen den „Fehler“. Cathomen hatte zuvor gegenüber der Weltwoche vom „Deal“ mit dem SonntagsBlick geschwärmt.

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