Urs Tillmanns, 16. Mai 2010, 00:13 Uhr

Jürg Kaufmann: Der Segelfotograf auf eisigen 4‘000 Metern

Jürg Kaufmann gehört zu den bekanntesten und versiertesten Segelfotografen. Jetzt finden wir von ihm sensationelle Aufnahmen von der «Patrouille des Glaciers», der wohl härtesten Militärsportdisziplin in der Schweiz, die sich nachts auf Drei- und Viertausendern abspielt. Wie kam er dazu?

Die «Patrouille des Glaciers» ist ein sportlicher Wettlauf der Schweizer Armee, der während des Aktivdienstes 1939 bis 1945 ins Leben gerufen wurde, mit der Idee, die Ausbildung und Ausdauer der Soldaten im Hochgebirge zu erproben. Er steht heute sowohl Militär- als auch Alltagssportlern offen, welche ihre Widerstandskraft in den Bergen, in einer solidarischen Seilschaft, zwischen Zermatt, Arolla und Verbier messen wollen.

Zum ersten Mal fand die «Patrouille des Glaciers» im April 1943 statt. 18 Patrouillen starteten bei der Schönbielhütte und absolvierten die 63 Kilometer und 7‘600 Höhenmeter in 12 Stunden und 7 Minuten. Nur zwei Patrouillen erreichten zusammen das Ziel. 1944 nahmen bereits 64 Patrouillen teil, doch wurde der Lauf durch einen Unfall überschattet, bei dem eine Patrouille in eine Gletscherspalte fiel und erst acht Tage später tot aufgefunden wurde. Dieser schreckliche Unfall bewegte das Eidgenössische Militärdepartement dazu, die «Patrouille des Glaciers» fortan zu verbieten.

Erst 30 Jahre besann man sich wieder erneut auf diese ausserordentliche wettkampfmässige Herausforderung und liess die «Patrouille des Glaciers» wieder aufleben. 1992 nahmen zum ersten Mal eine Damenpatrouille und eine Herrenpatrouille aus der Volksrepublik China teil, und seit 2000 wird geniesst diese grösste sportliche Herausforderung der Alpen mit einer hohen internationalen Beteiligung den Zweijahresrhythmus.

Vom Luganersee auf den Tête Blanche

Wie kommt ein Segelfotograf dazu Extrem-Alpinsport zu fotografieren? Jürg Kaufmann hatte vor drei Jahren einen Wassertransport einer FA-18 auf dem Luganersee fotografiert und kam so in Kontakt mit dem Pressechef der «Patrouille des Glaciers», der ihn für völlig andersartige Sportaufnahmen anheuerte. Dass eine Segelregatta und ein Alpinwettkampf nicht ganz das Gleiche ist, erfuhr Jürg Kaufmann vor zwei Jahren, als ihn der Helikopter nicht wie geplant auf der Tête Blanche absetzte, sondern auf dem Col der Bertol und die letzten nicht ganz tausend Höhenmeter mit ca. 15 Kilo Gepäck mit den Tourenski zurückgelegt werden mussten. Auch die Übernachtung im Zelt bei minus 30 Grad und 80 Kilometer Windstärke bleibt Kaufmann noch lange in Erinnerung. Und zum Schluss zerschlug sich auch die Hoffnung, am nächsten Tag vom Heli ins Tal geflogen zu werden, so dass eine lange Abfahrt bis Arolla die Krönung der Strapazen darstellte. Ob er nächstes Mal die Patrouille des Glaciers wieder fotografieren wolle?, fragte ihn der Militär-Pressechef hämisch …

Impressionen von der Tête Blanche 2008

Jürg Kaufmann willigte ein, mit der Hoffnung etwas mehr fliegen zu dürfen und weniger zu Tragen. Die Armee garantierte ihm Helikopterunterstützung, und die Wettergötter erbarmten sich diesmal des engagierten Fotografen auf dem 3‘724 Meter hohen Tête Blanche.

Die beiden Nächte waren diesmal «nur» minus fünfzehn Grad kalt, der Himmel waren sternenklar, und die in unregelmässigen Abständen auftauchenden Patroullien sorgten immer wieder für Unterhaltung und lohnende Motive. Fast gespenstisch bewegten sich ihre Stirnlampen in der verschneiten Berglandschaft und verewigten sich auf den Langzeitbelichtungen mit bizarren Lichtspuren.

Patroullien auf dem Weg zur Tête Blanche: Die Stirnlampen der Patroullien zeichnen bizarre Lichtspuren in die Landschaftsbilder. Im Hintergrund das Matterhorn (4478m) und die Dent d’Hérence (4171m)

Ruhe und sternklare Nacht, in der nur die ehrgeizigen Sportler der Patrouille des Glaciers unterwegs sind

Gespenstische Lichteffekte erhellen das Nebelmeer unterhalb der Tête Blanche

Betreuung der Patrouillen-Läufer am Posten der Tête Blanche

Nebelmeer über Zermatt

Das Gipfelkreuz des Tête Blanche mit Blick auf das Matterhorn und den Dent d’Hérence

Sonnenuntergang am Tête Blanche.

Die Bilder entstanden mit einer Nikon D3 und den Objektiven 14 bis 24 mm, 24 bis 70 mm und das 70 bis 200 mm hatte Jürg Kaufmann zwar dabei aber nie gebraucht. Die Nikon D3 bewährte sich auch unter diesen extremen Bedingungen um minus 15 Grad hervorragend. Das Stativ wäre äusserst dienstlich gewesen, doch genoss dieses zu Hause die warme Stube. Aber auch sowas bringt einen Jürg Kaufmann nicht aus der Fassung: Er befestigte seine Kamera für die Langzeitbelichtungen kurzerhand an einer Schneeschaufel …

Die Bilder von Jürg Kaufmann zeigen den sportlichen Ehrgeiz und die unverdorbene Bergwelt in einer beeindruckenden Symbiose und dokumentieren eine Sportart, die wohl zu den Schwierigsten und Anspruchsvollsten gehört.

Urs Tillmanns

Weitere Informationen zur Patrouille des Glaciers finden auf der offiziellen Webseite. Zur Webseite von Jürg Kaufmann geht es hier.

Das Höhenprofil stammt von der Webseite www.zermatt360.ch

Informationen über die Nikon-Ausrüstung finden Sie hier.

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