Urs Tillmanns, 10. August 2010, 10:30 Uhr

Maurice Schobinger präsentiert «Stalingrad-Volgograd» im Zürcher HB

Der Schweizer Fotograf Maurice Schobinger stellt sein Kulturprojekt «Stalingrad-Volgograd. Mémoire» noch bis 12. August 2010 in der grossen Halle des Zürcher Hauptbahnhofs aus. Es ist eine beeindruckende Fotoausstellung des heutigen Volgograd, das sich emotionell an ein bisher unveröffentlichtes Tagebuch der Bombardierung von Stalingrad von 1942 anlehnt.

Gestern Abend um 18:00 Uhr fand in der grossen Halle des Züricher Hauptbahnhofs die Vernissage zur Ausstellung von Maurice Schobinger «Stalingrad-Volgograd. Mémoire» statt. Die Ausstellung ist noch bis kommenden Donnerstag, 12. August 2010 im Hauptbahnhof zu sehen und danach in doppelter Grösse in der EHT/Z im Hönggerberg vom 14. bis 31. August 2010. Als weiteres Ziel der Wanderausstellung ist Vevey vorgesehen, wo die Ausstellung vom 4. bis 26. September 2010 im Rahmen der «Images 2010» präsentiert wird.

Die Fotografien

Die Fotowerke stammen von Maurice Schobingers Reisen nach Volgograd (früher Stalingrad) in Russland, die im Zweiten Weltkrieg durch die «Schlacht von Stalingrad» fast vollständig zerstört wurde. Die Bilder illustrieren den Zusammenhang zwischen Erinnerungen und zeitgenössischer Realität der Stadt und haben zum Ziel, eine humanistische Sichtweise zu betonen und zu verbreiten.

Die Themen der Fotografien umfassen Blicke eines Schweizer Fotografen auf die Stadt, seine berühmte und grösste freistehende Statue der Welt «Mutter Heimat ruft», Porträts von Passanten in der Innenstadt, sowie Landschaftsbilder der Wolga. Des Weiteren zeigt die Reihe «Die Strassenbahnen der Stadt» das Stadtleben auf eine einzigartige und melancholische Weise, und die Serie «Die Fabrik Roter Oktober» spiegelt die Industriemacht vergangener Zeiten wider.

Das Tagebuch

Begleitend zu den Ausstellungen erscheint am 19. August 2010 ein Buch, das den Fotowerken und vor allem dem zum ersten Mal publizierten Text eines bislang verschollenen Tagebuches Geltung verschafft und den Bombardierungen von 1942 und dem entsetzlichen Leiden des Krieges eine persönliche Stimme verleiht.

Das Projekt verfolgt humanitäre Ziele und ist dem 65. Jahrestag des Kriegsendes gewidmet. Die Realisierung bietet eine Plattform, der Leiden der Zivilbevölkerung während des Krieges zu gedenken und daran zu erinnern, dass der Frieden in Europa ein kostbares Gut ist, das nur durch das gegenseitige Verständnis aller Völker untereinander erhalten werden kann.

Mit dem Projekt realisierte Maurice Schobinger den Wunsch, ein Werk zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg zu schaffen. Durch seine russischen Vorfahren – seine Grossmutter stammte aus Moskau – ist Schobinger stark mit der russischen Sprache und Kultur verbunden. Aufgewachsen mit der dramatischen Geschichte der Bevölkerung Stalingrads haben die Ereignisse um die Kämpfe zur Befreiung der eingeschlossenen Stadt für Schobinger eine besondere Bedeutung. Eine Bedeutung, die vielleicht nur ein Bewunderer des russischen Volks verspüren kann, ohne allerdings auf jegliche Allegorie mit dem furchtbaren Stalinismus zu verfallen. Der Wunsch nach angemessener Würdigung entstand also ganz natürlich. Und genauso natürlich wurde Wolgograd zu seinem zentralen Thema.

Im Laufe einer seiner Reisen nach Wolgograd hat Victoria Tikhomirova Schobinger das Tagebuch ihrer Urtante Serafima Fedorovna Voronina überreicht. Serafima wohnte in Stalingrad in der Nähe der Fabrik «Roter Oktober», die als Rüstungsbetrieb 1942 fast vollständig zerstört wurde. Serafima notierte im Herbst 1942 das tägliche Sterben, die Grausamkeit der Bombardierungen, den Hunger und die ständige Angst. Ende Oktober kam sie bei einem Bombenangriff ums Leben. Später fand ein Soldat in den Trümmern ihr Tagebuch und versteckt es einige Jahrzehnte lang. Danach begann er einige Ausschnitte mit Namen von Personen publizieren, um auf diese Weise mehr über das Schicksal von Familienangehörigen herauszufinden. Heute ist das Tagebuch in Verbindung mit den subtilen Bildern von Maurice Schobinger ein beeindruckendes Mahnmal an eine Zeit, die nicht vergessen, aber auch nie wiederkehren darf.

Das Buch

Das Buch «Stalingrad-Volgograd. Mémoire» erscheint am 19. August 2010 im Verlag Noir et Blanc. Es zeigt auf 160 Seiten nicht nur die beeindruckenden Bilder Schobingers, sondern es enthält auch die ungekürzte Fassung des Tagebuches von Serafima Fedorovna Voronina. Es ist deutsch oder französisch erhältlich und kostet im Buchhandel CHF 49.00.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Ein Kommentar zu “Maurice Schobinger präsentiert «Stalingrad-Volgograd» im Zürcher HB”

  1. finde ich äusserst interessant ! leider komme ich erst nächste woche in die schweiz, das ist jetzt schade, es wäre eine der wenigen ausstellungen die mich in letzter zeit reizt zu sehen.
    aber es gibt ja noch das buch 🙂

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