David Meili, 12. September 2010, 10:08 Uhr

Journal21, Sarina Arnold und Polo in der Landfrauentracht

Pressespiegel zum Wochenende vom 11./12. September 2010
In aller Stille hat Heiner Hug, der frühere Chefredaktor der Rundschau von SF DRS sein Projekt lanciert. Die Internet-Zeitung www.journal21.ch soll von gegen 80 pensionierten und frühpensionierten Kolleg/innen aus der Medienszene honorarfrei beliefert werden. Vorbild ist die bereits zur Legende gewordene Huffington Post.

Der Vergleich hinkt. Die Huffington Post vermittelt aktuelle Informationen und fundierte Analysen. Journal21 wärmt weitgehend kalte Suppen und  Stehsatz auf, und bei einigen Namen ist man gar nicht so unglücklich, dass sie nicht mehr am Ball sind. Während die Huffington Post die anspruchsvolle Pressefotografie pflegt, ist Journal21 einseitig auf Texte ausgerichtet, die nicht für Internet-Leser/innen geschrieben wurden und auch nicht umgeschrieben werden können.

Interessant: Die meisten der bestanden Kolleg/innen kennen das Internet nur vom Browsen und nicht vom Schreiben. Dass sich in Text und Bild eine neue, komplexere Medienwelt entwickelt hat, verstehen viele nicht. Und bei einigen bedauert man auch nicht, dass ihre Stimme verstummt ist.

Journal21 ist ein interessantes Experiment, und Heiner Hug hat aus der eigenen Tasche für eine Website, die man in 2 Stunden erstellen kann, CHF 20 000.- bezahlt. Es war zu erwarten: Kurt-Emil Merki zerlegt das gutgemeinte Projekt in seiner Kolumne in Sonntag. (Seite 31). Die kleine, enge Medienwelt der Deutschschweiz können Hug und seine Silberrücken nicht erschüttern.

Die von der TA-Mediagruppe übernommenen Landzeitungen haben  massive Entlassung angekündigt. Wie die Huffington Post könnte Journal21 Regionalsplits und Kopfblätter aufbauen. Nur würde dann an Stelle von Chicago etwa Bülach, Dielsdorf, Uster oder so etwas stehen.

Doch was bringen die Printmedien an diesem Sonntag? Beim SonntagsBlick werden Layout und Bilder knalliger, – und billiger. Die Personen sind wie Weihnachtsguetzli ausgestochen. Die anspruchsvolle Reportagefotografie, vom Haus Ringier aus Tradition gepflegt, sinkt ins Bodenlose ab (sh. Polo Hofer am Schluss des Beitrags).

Man mag uns nicht, wenn wir die Porträts der Seite „MENSCHEN & MEINUNGEN“ in Sonntag kritisieren. Stefan Bohrer stellt Martin Suter vor eine weisse Säule. Der Teppich ist sehr dunkel, die Schuhe sind schwarz. Vielleicht sollte bei der nächsten Blattkritik auch der Drucker miteinbezogen werden, man könnte von den schwarzen Männern (und Frauen) viel lernen.

Auf Seite 26 von Sonntag findet sich ein gutes Porträt von Sulzer-Chef Ton Büchner, leider arg beschnitten und ohne Bildnachweis. Man möchte mehr vom Shooting sehen, doch Sonntag pflegt noch keine  Bildstrecken.

Auf dem Zeitungsstapel folgt die NZZamSonntag. Wir suchen, wie stets,  nach guten Bildern. Die meisten stammen von Agenturen, und wir haben sie schon vor Tagen auf dem Internet gesehen oder können sie in Sekunden recherchieren. „Mitternachtsbad in Malmö“, auf Seite 7. Luise Steinberger erklärt uns hierzu Schweden. Auch der Koyote im Swimming-Pool (Seite 53) wurde bereits mehrfach publiziert.

In Sachen Stil werden wir für einheimisches Schaffen in der NZZamSonntag fündig. Fiona Hefti hat den Viadukt in Zürich vorbesucht. Bildnachweise finden wir nicht. Und tatsächlich taucht auch Jeroen van Rooijen als Stilberater auf, der nunmehr täglich auf DRS 1 seine Tipps weitergibt. Unfreiwillig komisch sind die Bildlegenden: „Die Haptik des Mondeo erinnert an die Oberklasse“, wenn man die Oberklasse einmal gefahren hat. Vermutlich Werkbild zur Illustration.

Die NZZamSonntag ist bildfreundlicher geworden, leider nicht mit Schweizer Fotograf/innen. Doch Z Die schönen Seiten ist nun unter Katharina Blansjaar ein zuverlässiger Auftraggeber für die lokale Fotoszene. Lukas Wassmann setzt einen Lüster ins Bild. Dann macht man es sich einfach. Die Zimmerli-Collection, gemodelt von Sarina Arnold hat als Bildnachweis „PD“. Es sind hervorragende Modeaufnahmen. Wenn wir den Fotografen finden, werden wir den Nachweis nachtragen.

DAS MAGAZIN beschäftigt sich mit Edelprostituion an der Bar im Hyatt in Zürich. So originell ist das Thema nicht, doch wie illustriert man die Geständnisse der Damen? René Habermacher versucht keine Gesichter zu zeigen. Der (ganzseitig) gestellte Aschenbecher dürfte das untere Niveau der langjährigen Geschichte das Magazins in Layout und Fotografie darstellen. (Bilder nicht online verfügbar)

Bei Werbekampagnen wird es zum Must, das Making-Of  vor der Kampagne zu kommunizieren. Sensationell, Polo Hofer posiert für PostFinance, als Frau. Nun wird man ihn beim Warten am Postschalter alle 30 Sekunden auf dem Display sehen. Im Geheimen trage er nie Frauenkleider. Nachdem er für die Kampagne seinen Hit „Kiosk“ von 1976 gecovert hat, glaubt man ihm nicht mehr so ganz.
(Bildnachweis Fotostudio Mueller Emmanuele für Blick Online)

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