Urs Tillmanns, 20. November 2011, 07:00 Uhr

Polarlichter, wie erst in 30 Jahren wieder …

Anfang Jahr ist es wieder soweit: Dionys Moser reist ins nördlichste Norwegen, um Polarlichter zu fotografieren. Was fasziniert ihn daran so, und wer möchte mitreisen? Denn, die NASA sagt voraus, dass die Polarlichter erst in 30 Jahren wieder so intensiv sein werden …

 

Fotointern.ch: Dionys Moser, in wenigen Wochen reisen Sie wieder mit mehreren Gruppen von Fotobegeisterten nach Norwegen, um Polarlichter zu fotografieren. Was ist das Faszinierende daran?

Dionys Moser: Polarlichter sind eine Sucht. Wenn man einmal welche gesehen hat, zieht es einem immer wieder hin. Vor allem sind sie in den letzten Monaten immer imposanter geworden. Wir haben Ende Oktober ein Maximum erreicht, das wir in dieser Intensität laut NASA erst in etwa 30 Jahren wieder erleben dürften. Wir haben jetzt eine grosse Chance, einmalige Fotos dieses faszinierenden Naturschauspiels zu schiessen.

Dionys Moser und Dominik Orth leiten das Exklusivreise-Unternehmen Fotoreisen.ch

Können Sie ihren Reiseteilnehmern garantieren, dass sie auch Polarlichter sehen werden, oder könnte es sein, dass eben gerade dann, wenn die Schweizer kommen, nichts abläuft?

Bei der gegenwärtigen Intensität der Erscheinung ist es unwahrscheinlich, dass wir keine Nordlichter sehen werden. Erstens haben wir das bereits erwähnte Aktivitätssmaximum erreicht, zweitens ist die Gesamtwetterlage im Februar und März erfahrungsgemäss stabil und gut, und drittens wissen wir, nachdem wir diese Reisen seit Jahren durchführen, wo die idealen Standorte sind, die nebenlichtarm sind und deshalb die Nordlichter dort in schönster Pracht zu sehen und zu fotografieren sind.

Ich habe noch nie ein Polarlicht gesehen. Wie muss man sich das vorstellen?

Das ist recht unterschiedlich, aber in der Regel beginnt die Erscheinung mit einem grünen, unscheinbaren Streifen am Horizont. Das ist der Moment, wo ich den Reiseteilnehmern jeweils sage, sie sollen ihre Kameras bereit stellen, gefolgt von einigen Ratschlägen zu Einstellungen und Objektiv. Inzwischen hat sich der feine Streifen etwas verbreitert. Und plötzlich bedeckt die grünlich-gelbe Farbenpracht das ganze Firmament! Das Polarlicht ist in dauernder Veränderung und zeigt sich in den unterschiedlichsten Formationen, die sich blitzartig bilden und wieder auflösen können.

 

Es gibt alle Formen, von Schläuchen, Bögen, Bändern, Spiralen, Vorhängen bis hin zu plissierten Schleiern, Strahlen und regelrechten Wolken, die den Himmel über dem Betrachter eindrücklich, farbenprächtig, wechselnd erfüllen. Ehrfurchtsvoll steht man da und bestaunt dieses Phänomen. Und dabei darf man das Fotografieren nicht vergessen.

Sie verfolgen Polarlichter schon seit vielen Jahren. Hat sich die Erscheinung in letzter Zeit verändert?

Ja, massiv sogar! Früher spielte sich das Polarlicht in einem kleinen Himmelsbereich ab, und wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Heute überspannt die Erscheinung meistens das ganze Himmelszelt. Früher hat die Erscheinung vielleicht zehn bis 20 Minuten gedauert, heute kann sie bis zu acht Stunden anhalten. Auch ist das Nordlicht intensiver und farbenprächtiger geworden. Und in den nächsten Jahren – sollte die NASA recht behalten – dürfte diese Intensität und Dauer bereits wieder stark zurück gehen.

Was gibt es beim Fotografieren besonders zu beachten?

Wir haben es der digitalen Technologie zu verdanken, dass wir heute dieses Naturphänomen so perfekt aufnehmen können. Die Empfindlichkeiten der Filme haben früher nur knapp ausgereicht, um Langzeitbelichtungen von Polarlichtern zu machen. Mit modernen Digitalkameras können wir jedoch – besonders mit lichtstarken Objektiven – kürzer belichten und erfassen die Strahlenwolken gestochen scharf. Eine wichtige Voraussetzung ist ein stabiles Stativ mit Neigekopf, das auch im Schnee gut steht. Die zweite eine möglichst rauscharme Kamera, denn Polarlichter sind eine „Wenig-Licht-Angelegenheit“. Dann ist oft auch die Umgebung entscheidend. Zwar gilt grundsätzlich, dass man sich für gute Bilder möglichst weit abseits von Wohnsiedlungen aufhalten sollte, weil dadurch der Streulichtanteil geringer ist. Das ist aber nicht unbedingt so, denn bei sehr tiefen Temperaturen ist die Luft so trocken, dass es kaum Streulicht gibt und sogar relativ helle Gebäude als Kontrapunkt mit ins Bild einbezogen werden können, so wie in diesem Bild hier.

Man kann bei der Polarlichtfotografie, wie bei fast allen Nachtaufnahmen, kaum allgemeingültige Regeln aufstellen. Und man muss flexibel sein, man muss rasch reagieren, weil man nie weiss, wie lange die mysteriöse Lichtererscheinung anhält.

Wie lange fotografiert man nachts, und wie sieht bei Ihren Fotoreisen das Tagesprogramm aus?

Wir ziehen in der Regel um fünf Uhr nachmittags los, fahren dann etwa 50 Kilometer bis zu den Plätzen, die wir aus Erfahrung sehr gut kennen und warten dann auf die Polarlichter. Das kann ein paar Stunden dauern, und wenn wir Pech haben fahren wir zum Hotel zurück und kommen am nächsten Tag wieder. Das sind die Launen der Natur. Doch das passiert selten. In der Regel fotografieren wir bis nach Mitternacht und fahren dann zurück. Aber kein guter Fotograf geht ins Bett, ohne seine Bilder vorher auf den Computer zu laden und seine Ausbeute ausgiebig zu studieren – und zu diskutieren. So wird es schnell mal zwei, drei Uhr oder später, bis die Lichter ausgehen. Am nächsten Tag geht man vielleicht Landschaftsmotiven nach, die in diesem flachen Licht besonders effektvoll sind, oder wir suchen Plätze auf, wo man mit etwas Glück Rentiere trifft. Die Gegend in Norwegen, wo wir uns aufhalten, ist voll von Motiven, wie man sie hier nicht kennt, so dass sich die Streifzüge fotografisch und erlebnismässig immer lohnen.

 

Wie kalt ist es eigentlich, und wie muss man sich ausrüsten, um nicht kalt zu haben?

Sehr kalt! Minus zwanzig, vielleicht mehr? Und dies während mehrerer Stunden. Das war bei meiner ersten Norwegenreise eine nützliche Erfahrung: Die Kleidung, die wir hier in der Schweiz kaufen können, ist völlig unzureichend, weil es bei uns gar nie so kalt ist. Deshalb bin ich beim ersten Mal dort in einen Kleiderladen gegangen und habe das Wärmste gekauft, das es gibt. Als ich bezahlen wollte, sagte der Verkäufer: „Gehen Sie zuerst eine halbe Stunde nach draussen und kommen Sie dann wieder. Wenn Sie kalt gehabt haben, müssen Sie die Jacke nicht nehmen …“ Gesagt – getan. Und nach einer halben Stunde kam ich zurück, und ich wusste, dass wir solche Produkte bei uns in der Schweiz verkaufen müssen, damit unsere Kunden auch in dieser Frage von Anfang an richtig beraten sind.

Und heute ist ihr neues Lokal in Rotkreuz – wo früher die Migros drin war – auch ein Kleiderladen. Lohnt sich das?

Ob es sich lohnt oder nicht, steht nicht im Vordergrund. Wir wollen unsere Kunden von Anfang an bestens beraten, denn sie bezahlen für eine solche Reise viel Geld, und da soll keiner frieren müssen. Vielleicht erwartet man es nicht unbedingt, dass ein Reiseveranstalter auch ein Kleiderladen ist. Aber in diesem neuen Lokal bieten wir noch viel mehr: Wir machen hier unsere Vorbereitungstreffen, lernen uns dabei gegenseitig kennen und besprechen die Reise vom Programmablauf her, aber vor allem auch fachlich, bis ins letzte Detail. Und da gehört eben auch die richtige Kleiderausrüstung dazu. Oder Kameras und Objektive. Wir wissen im Voraus, was den Leuten dann in Norwegen fehlen könnte, und deshalb bekommen sie von uns schon rechtzeitig im Vorfeld alle nützlichen Hinweise und Ratschläge. Dann haben wir hier auch noch den administrativen Teil unserer Firma, mit meinem Stellvertreter Dominik Orth, der auch in der Geschäftsleitung ist und zukünftig auch Fotoreisen führt, sowie drei weitere Mitarbeiterinnen, die zusehen, dass möglichst alle Sonderwünsche erfüllt werden können und dass die Kasse stimmt – auch das ist wichtig.

In Rotkreuz im einstigen Migros ist Fotoreisen.ch domiziliert, mit Shop, Administration und Kurslokal

Hier gibt es eine reichhaltige Auswahl an Polarkleidung und passender Ausrüstung

Sie sind Geograf, Fotograf und Reiseleiter. Wo sehen Sie sich am ehesten?

… und Biologe auch noch. Das Beste ist der Mix aus allen diesen Bereichen. Ich weiss damit recht gut, was ich den Teilnehmern zumuten kann, welcher Aufwand sich für welche Ergebnisse lohnt, und welche Spielregeln und Launen die Natur etwa haben kann. Vielleicht ist gerade dieser Mix unser Geheimrezept.

Nun leiten Sie ja nicht alle Reisen selbst. Habe ich bei anderen Reiseleitern die gleiche Erfolgsgarantie?

Absolut. Keiner meiner erfahrenen Fotografen leitet eine Reise, ohne dass wir nicht eine lückenlose Planung vorbesprochen haben oder dass wir nicht zuvor schon selbst dort waren. Bei den Polarlicht Fotoreisen ist immer ein erfahrener Fotograf dabei, der sich um die Teilnehmer kümmert und ihnen Empfehlungen abgeben kann.

Welches sind ausser dem kalten Norden weitere Highlights in ihrem Programm?

Wir bieten ein sehr breites Angebot. Meine Favoriten sind beispielsweise nächste Woche die Reise nach Äthiopien, wo wir einer traumhaften Wüstenlandschaft begegnen werden, dann Indonesien, mit einem einmaligen aktiven Vulkan, oder völlig unzivilisierte Gegenden in Namibia und Uganda. Und Dominik Orth ist gerade dabei, eine Reise nach Bhutan aufzugleisen mit touristisch z.T. völlig unbekannten Regionen, die wir mit der Kamera entdecken werden.

Wer sind ihre Kunden?

Das ist das Spannende an der Sache: Es sind Leute, die das Besondere suchen und Freude an guter Fotografie haben – egal aus welchen Gesellschaftsschichten. Da sind in einer Gruppe ebenso Ärzte und Rechtsanwälte wie Bauarbeiter und Beamte. Ein bunter Kundenkreis, die alle dasselbe wollen, nämlich gut fotografieren. Und manchmal wird es dann echt spannend, wer die besten Bilder bringt, und wer das bessere fotografische Auge hat. Oder wer wem gute Ratschläge erteilt … Für uns ist nur eines wichtig: Die Teilnehmer müssen zufrieden sein und mit grosser Befriedigung Bilder nach Hause bringen, die andere nicht haben. Diese Zielsetzung bringt uns letztlich alle weiter …

Das Interview führte Urs Tillmanns

Weitere Informationen zu den Polarlicht Fotoreisen finden Sie hier und zum übrigen Reiseangebot hier.

 Sämtliche Polarlicht-Aufnahmen stammen von Dionys Moser

 

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