Urs Tillmanns, 22. Dezember 2012, 07:00 Uhr

Buchtipp: Yves Bossart «Sehen soweit das Denken reicht»

Schon der Titel macht neugierig: «Sehen soweit das Denken reicht – eine Begegnung von Fotografie und Philosophie». Yves Bossart entführt uns in die Bilderwelt von Markward Bossart und lässt Philosophen zu den abstrakten Bilder Essays schreiben. Dadurch bekommen die Bilder eine neue Dimension. Wir lernen über Bilder nachzudenken und sie mit anderen Wertschätzungen zu betrachten.

 

Ein wahrlich ungewohntes Buch. Es ist weder Bildband noch Lehrbuch. Und doch hat es viel von beidem. Als fotogewohnter Betrachter habe ich mir zuerst die Bilder von Markward Bossart angesehen und dabei das Buch langsam von vorne bis hinten durchgeblättert. Es sind abstrakte Werke. Die meisten beeindrucken, wollen etwas aussagen, faszinieren durch Bildinhalt, Raumaufteilung, Hell und Dunkel – andere sind nichtssagend, stoppen beim Durchblättern kaum. So mache ich mir zu jedem Bild meine Gedanken und erlebe die Bilder in meiner persönlichen Interpretationswelt. Die meisten sind Schwarzweissbilder. Schwarzweiss ist die erste Stufe der Abstraktion. Die wenigen Farbbilder, die im Buch zu finden sind, überzeugen weniger und wirken fast störend in der Abfolge. Sie hätten wahrscheinlich schwarzweiss mehr Wirkung gehabt. Die Bilder sind relativ klein. Neun mal zwölf Zentimeter etwa. Der Freiraum, welcher die Bilder umgibt, verschafft ihnen Luft – beruhigt – gibt Platz zum Nachdenken. Eine saubere, gekonnte Buchgestaltung.

Aber die Bilder sind ja nur die eine Hälfte. Steigt man in die Texte ein, von denen es zu jedem Bild einen gibt, dann bekommt der Essayband plötzliche eine völlig neue Dimension. 30 unterschiedliche Autoren, die meisten von ihnen in philosophischer Fachrichtung tätig, befassen sich mit den Bildern und lassen ihren Gedanken freien Lauf. Gedanken, die erklären, die widersprechen, die interpretieren, die ablenken, die begründen oder konfrontieren. Je tiefer man in das Buch einsteigt und sich mit den Bildern und den dazugehörenden Texten befasst, desto spannender wird es. Einige der Bilder bekommen neue Werte. Einige versteht man besser. Oder die Texte stehen in Widerspruch zur eigenen Gedankenwelt. Fotografien und Interpretationen verbinden sich …

Yves Bossart, selbst einer der Autoren, ist eigentlich Herausgeber des Buches. Er entführt die Bildbetrachter in eine neue Gedankenwelt und zeigt uns in den vielfältigen Essays die spannende Verbindung von Fotografie und Philosophie. Ein sehr gelungenes Experiment, das uns lehrt Bilder anders zu sehen und uns intensiver auch mit jenen Werken zu befassen, die uns beim ersten Hinsehen kaum sonderlich bewegen.

Urs Tillmanns

Das Konzept

Das Buch «Sehen soweit das Denken reicht» ermöglicht eine Begegnung von Fotografie und Philosophie. Es stellt Fotografien und philosophische Kurzessays gegenüber, eröffnet neue Denkräume und lehrt uns, mit den Augen zu philosophieren. Der Band ist eine kleine philosophische Schule des Sehens und zeigt, was Fotografie sein kann: eine Philosophie ohne Worte.

Die Fotografien stammen von Markward Bossart und bestechen durch ihren abstrakten, rätselhaften und authentischen Stil. Die Kurzessays sind originell und regen in kraftvoller und verständlicher Sprache zum Nachdenken an. Zur Autorenschaft gehören renommierte Denker wie Hans Saner, Annemarie Pieper, Martin Seel und Allan Porter.

Durch die Gegenüberstellung von Bild und Text gewinnen sowohl die Bilder als auch die Texte an Klarheit, Tiefe und Bedeutsamkeit. Die Synoptik von Bild und Essay macht neugierig, überrascht bisweilen und inspiriert unsere Sinne und unser Denken.

Der 168 Seiten umfassende Band wirkt aufgrund der Fotografien unmittelbar ansprechend und ist durch seine kurzen Texte äusserst leserfreundlich – ein ideales Geschenk für alle, die sich für Philosophie, Fotografie oder Kunst im Allgemeinen interessieren.

Buchvorstellung des Verlages

Sagen Bilder wirklich mehr als tausend Worte? Zeigen Fotografien, was wir auch ohne sie hätten sehen können oder eröffnen sie neue Sichtweisen? Sehen wir dank der Fotografie «soweit das Denken reicht»? Diesen und anderen Fragen stellen sich, im Dialog mit den Bildern des Fotografen Markward Bossart, ca. 30 Autoren, zumeist philosophischer Fachrichtung, in ihren spannenden Kurzessays.

Autorenverzeichnis

Der Herausgeber und Autor: Yves Bossart studierte Philosophie an der Universität Luzern, promoviert an der HumboldtUniversität zu Berlin zum Thema «Ästhetik nach Wittgenstein» und lebt in Zürich.

Der Fotograf: Markward Bossart, geboren und aufgewachsen in Schötz, lebt in Luzern. Er ist Autodidakt, arbeitet mit allen Negativ-Formaten und neuerdings digital. Für den Band «Sehen soweit das Denken reicht» hat er aus seiner knapp 40-jährigen Schaffensperiode eine enge Auswahl zusammengestellt.

Die Gestalterin: Michaela Burri arbeitet als Architektin in Aarau und lebt in Zürich.

Die Textautoren

Ramona Benz studierte Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Philosophie an den Universitäten Luzern und Basel und bildet sich zurzeit im Bereich Regie weiter.

Jonas Briner studierte Geschichte und Philosophie an der Universität Luzern und arbeitet als Geschichtslehrer an der Kantonsschule Zug.

Tobias Brücker studierte Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Philosophie und arbeitet am Seminar für Kulturwissenschaften und Wissenschaftsforschung der Universität Luzern.

Dr. Orlando Budelacci ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Nationalen Forschungsschwerpunktes «eikones»: Bildkritik. Macht und Bedeutung der Bilder.

Giuseppe Corbino studierte Philosophie und Theologie an der Universität Luzern und arbeitet zurzeit als Religionslehrer.

Alexandra Elsen studiert Philosophie an der Universität zu Köln.

Esther Furger studierte Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Philosophie an den Universitäten Luzern und Basel und arbeitet als Texterin und Projektmanagerin.

Alex Grob studiert Philosophie an der Universität Zürich.

Prof. Dr. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

Dr. Dominic Kaegi ist Studiengangmanager des Integrierten Studiengangs Kulturwissenschaften und Geschäftsführer des Kulturwissenschaftlichen Instituts der Universität Luzern.

David Kasparek ist Architekt und arbeitet als Redakteur der Zeitschrift «der architekt», als freiberuflicher Gestalter und als Architekturkritiker in Berlin.

Stephanie Kasparek ist Architektin, Philosophiestudentin und ehemalige Herausgeberin der Architekturzeitschrift «Zeilenbau», sie lebt in Berlin.

Prof. Dr. Geert Keil ist Professor für Philosophische Anthropologie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Dr. Matthias Kiesselbach ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin.

Stephan Padel promoriert in Philosophie an der RWTH Aachen.

Rosmarie Paradise-Dahinden ist diplomierte Musikerin, studierte Philosophie an der Universität Luzern und schloss 2010 mit dem Lizentiat ab. Seither arbeitet sie freiberuflich als Lektorin.

Dr. Frank Pauly studierte Philosophie, Germanistik und Anglistik in Freiburg in Brsg., promovierte 2010 und arbeitet zurzeit als freier Autor und wissenschaftlicher Berater am Theater Freiburg.

Prof. cm. Annemarie Pieper war Professorin für Philosophie an der Universität Basel und arbeitet als freischaffende Philosophin und Autorin.

Allan Porter ist Autor, Herausgeber und Fotograf, lebt in Luzern und war von 1965-1981 Herausgeber der Zeitschrift «Camera».

Michael Poznic promoviert in Philosophie an der RWTH Aachen.

Prof. em. Enno Rudolph war Professor für Philosophie und Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts an der Universität Luzern

Dr. Rudolf Ruzicka lebt als freischaffender Philosoph in Basel.

Dr. Dr. h.c. Hans Sauer studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik und Romanistik. Er war Privat-Assistent von Karl Jaspers und Dozent für Kulturphilosophie an der Musik-Akademie Basel.

Friederike Schmitz promoviert in Philosophie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und lebt in Berlin.

Christian Schnellmann studierte Philosophie an der Universität Bern, arbeitet für das Kunstmuseum Bern und lebt in Luzern.

Jochen Schuff promoviert in Philosophie an der Goethe Universität Frankfurt am Main.

Prof. Dr. Ludger Schwarte ist Professor für Philosophie an der Kunstakademie Düsseldorf.

Prof. Dr. Martin Seel ist Professor für Philosophie mit Schwerpunkt theoretische Philosophie an der Goethe Universität Frankfurt am Main.

Till Spieker studierte Philosophie an der RWTH Aachen und nun an der Universität Hamburg.

Dr. Hartmut Westermann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Philosophie der Universität Erfurt.

Yves Bossart (Hrsg): «Sehen soweit das Denken reicht»
168 Seiten mit 90 Abbildungen davon 24 farbig
Hardcover, gebunden
CHF 39.00/€ 29.80
Offizin-Verlag

Die Webseite zum Buch: www.sehendenken.ch

 

 

 

 

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