Urs Tillmanns, 7. Juli 2017, 16:02 Uhr

Hans Danuser: Dunkelkammern der Fotografie

Noch bis 20. August 2017 zeigt das Bündner Kunstmuseum in der Ausstellung «Dunkelkammern der Fotografie» das Schaffen von Hans Danuser. Die Ausstellung dokumentiert, wie Hans Danuser einen Beitrag zur «Neuerfindung der Fotografie» als künstlerisches Medium leistet und deren Entwicklung bis in die letzten Winkelzüge der analogen Fotografie prägte. 

 

Hans Danuser gehört zu den Wegbereitern zeitgenössischer Fotografie in der Schweiz. International bekannt wurde er mit seinem Zyklus «In vivo», 1980–1989, worin er sich mit Tabuzonen unserer Gesellschaft beschäftigt. Seine Werke wurden in bedeutenden Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland gezeigt. In diesen standen bisher jeweils einzelne Werkgruppen im Vordergrund. Die Ausstellung im Bündner Kunstmuseum Chur zeigt das fotografische Werk der letzten 35 Jahre nun erstmals im Überblick.

 

Hans Danuser, «Erosion II» (2000-2006). Eine Bodeninstallation mit Fotografie, © Sammlung Georg Reinhart – Fotomuseum Winterthur, Foto: Christian Schwager

Neben den bekannten Arbeiten wie «In vivo», Frozen Embryo Series, Strangled Body und Erosion zeigt die Ausstellung auch Arbeiten der frühen 1980er-Jahre, die in Zürich und New York entstanden und noch nie zu sehen waren. Zum ersten Mal ausgestellt wird auch das Projekt «The Last Anlalog Photograph» mit dem Bildzyklus Landschaft in Bewegung, an dem Hans Danuser in den letzten zehn Jahren gearbeitet hat und seine fotografischen Experimente zu einem neuen Höhepunkt brachte. «The Last Anlalog Photograph» ist der dritte und letzte Teil des «Ersion Project», das Hans Danuser im Jahr 2000 begann.

 

Hans Danuser, «The Last Anlalog Photograph», Teil vom Bildzyklus Landschaft in Bewegung/ Moving Desert (2007-2017)
© Hans Danuser

Die Ausstellung zeigt eindrücklich, wie Hans Danuser einen wesentlichen Beitrag zur «Neuerfindung der Fotografie» als künstlerisches Medium leistet und deren Entwicklung bis in die letzten Winkelzüge der analogen Fotografie prägte. Er versteht seine Arbeit immer ebenso inhaltlich mit Bezug auf die gewählten Themen wie auch als medienspezifische Forschungsarbeit. Dabei erweist er sich als ein Meister, der letztlich immer das Licht in feinsten Nuancen, die Schattenbereiche, Grauzonen und Übergänge zum Thema seiner Fotografien macht.

 

Hans Danuser, «Medizin 1», Image III, aus dem Zyklus «In vivo» (1980-1989), Bündner Kunstmuseum Chur, © Hans Danuser

Zur Ausstellung erscheint im Steidl Verlag ein Katalog mit Beiträgen von Stephan Kunz, Urs Stahel, Jörg Scheller, Philip Ursprung, Kelly Wilder, Lynn Kost und Stefan Zweifel.

Bündner Kunstmuseum Chur, Bahnhofstrasse 35, 7000 Chur, Tel. 081 257 28 70

Die Ausstellung dauert bis 20. August 2017 und ist Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr und Donnerstag 10 bis 20 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen unter www.buendner-kunstmuseum.ch

(Pressetext)

Zum Künstler

Hans Danuser wurde 1953 in Chur geboren. Nach einer Assistenz anfangs der siebziger Jahre beim deutschen Werbe- und Modefotografen Michael Lieb in Zürich folgen künstlerische Experimente mit lichtempfindlicher Emulsion an der ETH Zürich.

 

Hans Danuser in seinem Zürcher Atelier. Fotografie: Ralph Feiner

1980 begann Hans Danuser mit seinem Zyklus «In vivo» welcher 1989 beendet wird und aus sieben Bildserien besteht. Die 93 Schwarzweiss-Fotografien thematisieren Tabubereiche in Forschungs- und Machtzentren der damaligen industriellen Gesellschaft Europas und der USA vor dem Mauerfall in Berlin und dessen Aufbrechen der alten Machblöcke und dem Einsetzen der Globalisierung. Themen, welche die Entwicklung unserer Gesellschaft beeinflussen und unsere Wahrnehmung auf die Dinge verändern, beschäftigen Hans Danuser auch in seinen nachfolgenden grossformatigen, auch raumbezogenen und installativen Werken.

Hans Danuser erhielt u.a. eine Gastprofessur an der ETH Zürich und war Visiting Artist an der Lehr- und Forschungsstelle für Theorie und Geschichte der Fotografie am Institut für Kunstgeschichte der Universität Zürich. Schon seit den achtziger Jahren pflegt Hans Danuser konsequent als künstlerisches Konzept eine Zusammenarbeit mit den anderen Künsten und den Wissenschaften. Seine Arbeiten sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten, so u.a. dem Kunsthaus Zürich, dem Bündner Kunstmuseum, der Sammlung Howart Stein, New York, der Sammlung George Reinhart und dem Fotomuseum Winterthur, dem Metropolitan Museum of Art, New York, der Sammlung Walter A. Bechtler, Zürich und dem Aargauer Kunsthaus.

Hans Danuser erhielt neben Eidgenössischen Kunststipendien und denen von Stadt und Kanton Zürich u.a. den Manor-Kunstpreis (1991), den Conrad-Ferdinand-Meyer Preis für Junge Kunst (1996) und den Bündner Kulturpreis (2001). Hans Danuser lebt und arbeitet heute vorwiegend in Zürich.

 

5 Kommentare zu “Hans Danuser: Dunkelkammern der Fotografie”

  1. Es freut mich für den Fotokünstler Hans Danuser, dass sein Werk in vielen Deutschschweizer Medien – vom Tagi-Magi über SRF bis zu fotointern – positiv besprochen wird. Stephan Kunz, der leider inzwischen degradierte ehemalige Direktor des Bündner Kunstmuseums in Chur, meinte in einem Interview: «Diese Kunst ist grosse Klasse und von internationalem Rang». Ich kann das nicht beurteilen und ich muss zugeben, dass viele Arbeiten von Danuser für mich auch nach dem Besuch der grossen Gesamtausstellung in Chur unbegreiflich bleiben.

    Was mich allerdings nervt, sind überflüssige Superlative wie beispielsweise das folgende Zitat aus Text von oben: «Die Ausstellung zeigt eindrücklich, wie Hans Danuser einen wesentlichen Beitrag zur «Neuerfindung der Fotografie» als künstlerisches Medium leistet und deren Entwicklung bis in die letzten Winkelzüge der analogen Fotografie prägte.»
    Da würde ich gerne mal einen Faktencheck anhand von nachprüfbaren, objektiven Tatsachen sehen und nicht nur sehr gewagte Behauptungen aus der PR-Ecke lesen. Zumindest technisch gesehen sind seine Bilder oft noch ziemlich weit weg von dem, was man «bis in die letzten Winkelzüge der analogen Fotografie» schaffen kann. Wenn man Danusers sympathische, unkomplizierte Vorgehensweise beim Fotografieren sieht – beispielsweise in windiger Situation mit gestreckten Armen seine Hasselblad über den Kopf halten und auslösen –, dann weiss man bereits, dass dadurch kaum technisch brillante Ergebnisse erreicht werden können. Offenbar wird auch auf die Handbelichtungsmessung und der in der analogen S/W-Fotografie verbundenen Möglichkeit zur optimalen Bewältigung eines Motivkontrasts einer Aufnahmesituation kein besonderer Augenmerk gerichtet. Vermutlich ist dies für seinen künstlerischen Anspruch auch gar nicht wichtig, aber mit den im Text behaupteten «letzten Winkelzüge der analogen Fotografie» hat dies herzlich wenig zu tun.

    Das alles sieht man übrigens in der noch für wenige Tage online zu sehenden und Doku «Landschaft in Bewegung: Der Fotokünstler Hans Danuser» (siehe http://www.srf.ch/sendungen/sternstunde-kunst/landschaft-in-bewegung-der-fotokuenstler-hans-danuser). Leider völlig unnötig versteigt sich darin Urs Stahel, Kurator und ehemaliger Leiter des Fotomuseums Winterthur, in einen unschönen Vergleich, in dem er sich über andere Fotografen lustig macht, die in den 80er-Jahren noch den, Zitat: «letzten Seidenweber oberhalb der Baumgrenze fotografierten». Soll das vielleicht gar ein Seitenhieb an den kürzlich verstorbenen, grossartigen Fotojournalisten Herbert Maeder sein, dessen eindrückliche Bildreportagen von den letzten Seidenwebern sehr bekannt sind? Ironischerweise befindet sich übrigens ausgerechnet die Fotostiftung Schweiz – auf der gegenüberliegenden Seite des Fotomuseums Winterthur – in den Räumen einer ehemaligen Textilfabrik …

  2. Da ich heute zufällig in Chur war und man in diversen Medien nur Positives über das Werk von Hans Danuser und die Ausstellung in Chur liest, wollte ich mir diesen Leckerbissen nicht entgehen lassen.
    Offen gesagt war ich anschliessend sehr enttäuscht. Das künstlerische Werk zu kommentieren steht mir nicht zu. Dazu verstehe ich zu wenig von Kunst. Ich fürchte allerdings das Otto Normalverbraucher wenig bis gar nichts mit dieser Art von Kunst anfangen kann.
    Was ich mit meinem bescheidenen fotografischen Wissen aber überhaupt nicht verstehe, ist warum diese hochgelobten grossformatigen Meisterwerke mehrheitlich hinter (Acryl)Glas präsentiert werden. Von der Seite kann man so gut wie gar nichts von den Bildern erkennen. Und wenn man sich frontal davor stellt, sieht man sich selbst, den restlichen Museumsraum und dessen Decke, …, aber relativ wenig vom Kunstwerk als solches. Wie da ein Ausstellungsbesucher die immer wieder zitierten feinsten Nuancen von Licht in den Schattenbereichen etc. die Danusers Werke angeblich auszeichnen erkennen kann ist mir ein Rätsel. Bleibt daher die Frage ob der Künstler, Kurator und all die anderen beteiligten Experten sich auch mal ihre eigene Ausstellung angesehen haben.

  3. Im Juni gab es eine Expertenführung mit Stephan Kunz, Hans Danuser und Gerhard Folkers. Sie rückte die Arbeit des Künstlers für mich in ein komplett neues Licht und liess mich die Faszination und Superlativen anderer verstehen. Andererseits muss ich meinen Vorrednern recht geben. Viele der Texte sind Wiederholungen von bereits Geschriebenem oder Pressetexten. Eine persönliche Auseinandersetzung fehlt meist.

    Die Werke des Künstlers zeichnen sich fast ausschliesslich durch eine Methaebene aus. Ich denke, ob man nun die Werke mag oder nicht, ohne eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Konzept hinter der betrachteten Arbeit erschliesst es sie einem nur begrenzt.

    So ist die Darstellung des Alltäglichen in In Vivo zwar Inhalt, erhält aber erst Bedeutung, wenn es in der Wahrnehmung der Laborverantwortlichen, der düsteren Verarbeitungsweise sowie der damaligen gesellschaftlichen Meinung zum Thema gesehen wird. Bei dem Wüsten Zyklus ist das Finden eines chemischen Prozesses im Zentrum, um die Farbe der Wüste ins fertig entwickelte SW-Bild auf Silberbromidpapier zurückzubringen. Und bei Erosion geht es um die Auflösung von Nähe und Distanz sowie deren Wahrnehmung. Das spiegeln in der Präsentation der Arbeit ist Konzept.

    Vielleicht wäre es gut gewesen, wenn das Kunsthaus Chur entsprechende Informationen als Tafeln angebracht hätten. Damit man einen Einblick in den Prozess erhält. Allerdings könnte es auch sein, dass der Künstler das nicht wollte. 🙂

    1. Fotointern: Wir haben am Ende des Textes im Quellenvermerk darauf hingewiesen, dass es sich um einem Pressetext handelt und nicht um eine persönliche Rezension. Demzufolge sind auch gewisse Superlative durchaus zulässig. Es ging uns in erster Linie darum, zum Wochenende auf diese interessante Ausstellung hinzuweisen, die offensichtlich zu recht kontroversen Meinungen führt.

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