Urs Tillmanns, 6. Oktober 2018, 12:13 Uhr

Buchtipp: «Promenades» – Fotografie und Architektur

Seit es die Fotografie gibt erhalten Fotografen von Architekten und Baufirmen den Auftrag ihre Bauten zu fotografieren. Meistens haben die Auftraggeber ganz klare Vorstellungen, die zu Vorgaben für den Fotografen werden, damit diese und jene Ansicht, dieses und jenes Detail auftragsgemäss besonders deutlich herauskommt. Fälle, in denen der Fotograf völlig frei das Gebäude so aufnehmen kann, wie er es empfindet und für vorteilhaft oder charakteristisch erachtet, sind eher selten.

Das vorliegende Buch «Promenades» beweist das Gegenteil. Hier wurde in sieben «Spaziergängen» den Fotografen völlig freie Hand gelassen, wie sie die vom Architekturunternehmen «Bauart» konzipierten und realisierten Gebäude aufnehmen, welche Details sie als wichtig und für betonenswert erachten und welche Ansicht sie wählen, damit in erster Linie das Bild stimmt. Daraus sind die sieben «Promenaden» entstanden, Spaziergänge rund um und in die Gebäude, um diese aus anderen Perspektiven zu fotografieren als es der Vorstellung des Architekten entspricht.

So unterschiedlich die Objekte, so verschiedenartig ist auch die Bildsprache der Fotografen, die zu den «Promenaden» von Bauart eingeladen wurden. Da ist beispielsweise Marco Frauchiger, der das Haus der (acht) Religionen fotografiert hat, und dabei nicht das Gebäude in den Vordergrund stellt, sondern die Menschen, die dort ein- und ausgehen. Ganz anders Renate Buser, die den Neubau der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten fotografiert hat und dabei formal spannende Details grafisch faszinierend ins Format setzt. Oder Susanne Völlm, für die im Einkaufscenter La Tène Marin porträtartig die Menschen betont werden, die in diesem Gebäudekomplex ihre Besorgungen tätigen oder dort arbeiten. Marco Schibig hingegen konzentriert sich in seiner Sichtweise auf elektronische Bauteile, die in der Microcity in Neuchâtel gefertigt werden, während das Quartier Ecoparc gleichenorts in einem Wettbewerb von sieben Gewinnern in originellen Selfies dokumentiert wurde. Dann besucht Annalena Fröhlich verschiedenste Arten des Wohnens und zeigt damit wie unterschiedlich die Wohlfühloasen der Menschen sein können. Im letzten Spaziergang führt und Georg Aerni in den Neubau des Givaudan Zurich Innovation Center in Kemptthal und zeigt uns interessante Bauzustände.

Lesenswert ist der Text «Die Umgangsformen der Architektur» von Markus Jakob, der auf einige der Objekte eingeht und interessante Fragen und Positionen aufwirft. Die Texte sind übrigens durchwegs in drei Sprachen gehalten, Deutsch, Französisch und Englisch und machen so das Buch zu einem polyglotten Geschenkband für Fotografie- und Architekturinteressierte.

Das Buch präsentiert nicht nur die Vielfältigkeit der Architektur und der Objekte von Bauart, sondern es ist ein Bildband mit vielfältigen und spannenden fotografischen Essays rund um die Architektur. Er soll unter anderem diese kreative Vielfältigkeit an junge Künstler als beispielhafte Lösungen weitergeben, sowohl an Fotografen als auch an Architekten.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Mit Promenades. Fotografie und Architektur legt das Schweizer Büro Bauart Architekten und Planer gleichzeitig eine höchst ungewöhnliche Monografie ihrer Arbeit vor wie auch eine Abhandlung über die wechselseitige Beziehung von Architektur und Fotografie. In künstlerischen Bildessays von Marco Frauchiger, Renate Buser, Susanne Völlm, Marco Schibig, Annalena Fröhlich, und Georg Aerni sowie in Selfies von Marine Baerfuss, Pascal Benoit, Aude Bouimarine, Maxence Bourgeois, Violette Chapuis, Emma Graf, Sebastian Graf, Gabriel Jeanneret, Nicolas Stark und Julie Zumwald dokumentiert das Buch sieben Projekte des Büros in der Schweiz. In der fotografischen Umsetzung zeigt sich das dem Buch zugrunde liegende Thema: die Suche nach einer angemessenen Bildsprache für die Abbildung von Architektur in der heutigen Zeit, mit Blick auf die fast 200-jährige Geschichte der Architekturfotografie. Der Architekturpublizist Markus Jakob untersucht einige Projekte von Bauart und führt damit die in den Bildessays aufgeworfenen Fragen weiter aus.

Bauarts Anspruch in den drei Jahrzehnten ihrer Tätigkeit war es stets, über ästhetische Belange hinauszudenken. Von ganzen Siedlungen über öffentliche Gebäude, Schulen und kulturelle Institutionen bis hin zu Wohnungen in Fertigbauweise sowie ephemeren Strukturen: Ihre Herangehensweise schliesst immer auch Fragen der Umwelt sowie des urbanen und sozialen Kontextes mit ein. Oft ist dabei der tatsächliche Entwurf das Ergebnis langwieriger Formfindungsprozesse, in die Bauart von Beginn an involviert ist.

 

Der Inhalt

«Die Umgangsformen der Architektur» von Markus Jakob

Promenade #001
Marco Frauchinger | Haus der Religionen, Bern

 

Promenade #002
Renate Buser | Fachhochschule Nordwestschweiz, Olten

 

Promenade #003
Susanne Völlm | Marin Centre, La Tène

 

Promenade #004
Marco Schibig | Microcity, Neuchâtel

 

Promenade #005
Selfies | Quartier Ecoparc, Neuchâtel

 

Promenade #006
Annalena Fröhlich | Wohnen (verschiedene Orte)

 

Promenade #007
Georg Aermi | Givaudan Zurich Innovation Center, Kemptthal

 

Autoren und Herausgeber

«Bauart», gegründet 1987, ist ein vielfach ausgezeichnetes Architekturbüro mit Niederlassungen in Zürich, Bern und Neuchâtel, dessen Entwürfe, Forschungen und Planungskonzepte grosse internationale Beachtung finden.

Markus Jakob (*1954), Journalist und Übersetzer. Lebt und arbeitet in Barcelona.

 

Bibliografie

Promenades – Fotografie und Architektur

Herausgegeben von Bauart Architekten und Planer
128 Seiten, 52 farbige und 2 sw Abbildungen, gebunden
1. Auflage, 2018, Format 23.5 x 32.5 cm, mit Schutzumschlag
Text von Markus Jakob. Sämtliche Texte Englisch, Deutsch, Französisch
Verlag Park Books, Zürich 
CHF 49.00 | EUR 48.00
ISBN 978-3-03860-106-7

Weitere Infos und Online-Bestellung: www.park-books.com

 

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