Urs Tillmanns, 12. Oktober 2022, 16:00 Uhr

Vogelwarte Siegerbilder 2022: «Sanft, mysteriös und technisch perfekt»

Der alljährlich stattfindende Fotowettbewerb der Vogelwarte Sempach findet bei den Vogelfotografen international grossen Anklang, und so ist es nicht erstaunlich, dass auch dieses Jahr rekordmässig fast 9800 Bilder von sehr hohem Niveau eingereicht wurden. Die besten Fotos aller Kategorien finden Sie in diesem Artikel. Zusammen mit den besten Bildern der Finalisten wird im November 2022 ein Bildband entstehen, der für viele Vogelfreunde ein erfreuliches Weihnachtsgeschenk sein wird.

 

Gesamtsieger: Mateusz Piesiak «Silberreiher»

«Jeden Herbst erscheinen Tausende Vögel im Barycz-Tal in Polen, um Fisch zu fressen und Energie für den Winter zu sammeln. Silberreiher und Schwärme von Lachmöwen bieten eine gute Gelegenheit, interessante Fotos zu machen. Ich habe die Belichtungszeit verlängert, um den Kontrast zwischen dem Lärm der fliegenden Möwen und der Ruhe eines einsamen Reihers zu zeigen.»

Mateusz Piesiak, Polen: «Ich bin als Wildtierfotograf fasziniert von der Natur und dokumentiere seit über zehn Jahren einzigartige Momente in der Tierwelt, was viel Geduld erfordert. Oft tauchen die Tiere auch nach stundenlangem Warten nicht auf und ich komme ohne ein Foto nach Hause. Wenn ich dann aber endlich das ersehnte Foto schieße, wird jede Mühe belohnt. Bei der Naturfotografie geniesse ich das Gefühl, wenn ich in meinem Versteck wie ein Besucher in der ersten Reihe des Theaters sitze und das grosse Naturschauspiel bewundere. Es ist eine wahre Ehre, diese Momente mitzuerleben und sie durch meine Fotos mit anderen Menschen teilen zu können.»

 

Kategorie Allgemein, 1. Platz: Agnieszka Florczyk «Kranich»

«Das Foto ist an einem nebligen Morgen unter einem Tarnnetz an einem Kranichschlafplatz entstanden. Im Herbst übernachten die Kraniche oft an Fischteichen. Sie werden von Reihern und schreienden Möwenschwärmen begleitet, die hin und wieder abheben, weil sie von Seeadlern gestört werden. Fischteiche bilden eine leicht zugängliche Nahrungsquelle für alle fischfressenden Vögel.»

Agnieszka Florczyk, Polen: «Alles begann mit Kranichen – diese Vögel beeindrucken mich seit vielen Jahren enorm. Kranich – Vogel der Hoffnung und der Freude, Vogel der Natur, die gerade aus dem Wintertraum erwacht, aber gleichzeitig auch Vogel des Herbstes. Ein Vogel der Zeit, in der sich große Vogelschwärme versammeln. Ich habe grossen Respekt vor der Natur und fotografiere wilde Tiere nur in ihrem natürlichen Lebensraum. Indem ich ihr Leben und Verhalten zeige, versuche ich, ein unsichtbarer Beobachter dieser erstaunlichen Welt zu sein und ihr ewiges Gleichgewicht und ihre Harmonie in keiner Weise zu stören.»

 

Kategorie Allgemein, 2. Platz: Nicolas Stettler «Höckerschwan»

«Höckerschwäne sind in der Regel recht zutraulich. Gegenüber dem Unterwassergehäuse waren sie allerdings zu Beginn sehr misstrauisch. Nach unzähligen Morgen gewöhnten sie sich aber daran. Da das Wasser eiskalt war, konnte ich die Kamera nur mit meinen klammen Händen ins Wasser halten und konnte nicht durch den Sucher der Kamera blicken. Dass die Sonne genau im richtigen Winkel auf die Kamera traf, war ein glücklicher Zufall.»

Nicolas Stettler, Schweiz: «Ich bin im Berner Seeland aufgewachsen und studiere mit 19 Jahren Biologie an der Universität Bern. Die Fotografie begleitet mich schon über mein halbes Leben lang. Heute beschäftige ich mich hauptsächlich mit Wasservögeln und alle anderen Bewohner der Gewässer. Dabei versuche ich die Tiere auf verschiedenste Arten zu fotografieren, um so neue Einblicke in deren spannende Leben zu gewähren.»

 

Kategorie Allgemein, 3. Platz: Jörg Stemmler «Wendehals»

«Der Wendehals gehört zu meinen bevorzugten Fotomotiven, denn er macht fast immer eine gute Figur. Seine gewaltige Zunge streckt er zwar oft heraus, aber nur so kurz, dass man den Auslöser meist erst drückt, wenn es zu spät ist. Während meiner vielen Beobachtungen sammelte ich die notwendige Erfahrung, das Verhalten der Vögel zu lesen und so für den richtigen Moment bereit zu sein.»

Jörg Stemmler, Deutschland: «Die Vogelfotografie war vor etwa 20 Jahren mein Einstieg in die Tierfotografie. Auch heute gehören die Vögel zu meinen hauptsächlichen Motiven. Inzwischen sind aber auch andere Tiere – von der Eidechse bis zum Grizzlybären – dazu gekommen. Fast alle meine Fotos sind aus Verstecken heraus entstanden. Wichtig ist mir, die Tiere möglichst nicht zu stören. Nur so erhält man authentische Bilder, die einen Einblick in die natürliche Lebenswelt der Tiere zeigt. Meine Bilder zeige ich auf diversen Vorträgen, in Publikationen und Kalendern.»

 

Kategorie Emotion, 1. Platz: Matt Engelmann «Weissstorch»

«Das Storchenpaar, das auf einer Insel nistet, habe ich mit meinem Supertele aufgenommen. Die Bildzeichnung entstand durch das Fotografieren mit Offenblende durch das noch unbelaubte Astwerk der Ufervegetation. Dabei habe ich versucht, durch eine Lücke in den Ästen zu fotografieren, um das Auge des Betrachters durch die Freistellung auf die Störche zu lenken.»

Matt Engelmann, Schweiz: «Fotografie ist für mich eine unendliche Entdeckungsreise und eine immerwährende Inspiration. Die Unberechenbarkeit der Tierfotografie ist dabei für mich die grösste Herausforderung. Bevorzugt bin ich in der näheren Umgebung in der Kulturlandschaft unterwegs, teils an vordergründig wenig spektakulären Plätzen, an denen sich die kleinen Details und Besonderheiten erst nach und nach zu erkennen geben. Für das Bild der Weissstörche bin ich mehrmals wieder an den Platz zurückgekehrt und war jedes Mal aufs Neue begeistert von den abendlichen Lichtstimmungen und den besonderen Farbkontrasten der Natur.

 

Kategorie Emotion, 2. Platz: Jonathan Lhoir «Rosaflamingo»

«Dieses Bild aus der Camargue zeigt eine kleine Gruppe von Flamingos, die sich – von den letzten Sonnenstrahlen beleuchtet – ausruhen. Mithilfe einer langen Verschlusszeit sowie einer absichtlichen Bewegung der Kamera habe ich diese recht banale Szene in etwas Untypisches verwandelt.»

Jonathan Lhoir, Frankreich: Jonathan Lhoir hat als engagierter Naturfreund an wissenschaftlichen Untersuchungen und Naturschutzprojekten mitgewirkt. Mittlerweile entdeckt der versierte Entomologe über die Fotografie die Welt der Insekten neu und erlebt bei dieser beschaulichen Beschäftigung viel Freude. Bei der laufenden Weiterentwicklung als Fotograf entfernt er sich zunehmend vom traditionellen Vorgehen, um seine persönliche Sichtweise zu entfalten und seine Fantasie und Kreativität auszuleben. In Zukunft wird Jonathan die Fotografie hauptberuflich ausüben.

 

Kategorie Emotion, 3. Platz: Levi Fitze «Alpenstrandläufer»

«Während einer Herbstreise auf die Vogelinsel Helgoland entdeckte ich eine kleine Gruppe Alpenstrandläufer. Als der Wind stärker wurde und der Sand leicht über den Boden fegte, versuchte ich sie vor einem dunklen Hintergrund zu positionieren. Die Limikolen hatten offensichtlich mit dem Sand zu kämpfen und blieben immer wieder kurz mit geschlossenen Augen stehen.»

Levi Fitze, Schweiz: Levi Fitze ist ein 18-jähriger Fotograf aus der Ostschweiz. Seine Faszination für Wildtiere beginnt bereits früh. Spätestens im Alter von zehn Jahren, als er der Jugendgruppe Natrix beitritt, wird diese richtig entfacht. Von da an verbringt Levi Fitze jede freie Minute in der heimischen Natur auf der Suche nach Wildtieren.

 

Kategorie Aktion, 1. Platz: Adrian Schmid «Rauchschwalbe»

«In einem Maisfeld hatte sich durch den Starkregen im Sommer 2021 ein kleiner See gebildet. Mehl- und Rauchschwalben nutzten das überschwemmte Gebiet zur Nahrungssuche, zum Trinken und zum Baden. Mit Stiefeln und einem Campingstuhl sass ich im Wasser und machte tausende Bilder. Der Mais im Hintergrund sorgte für das grüne Wasser. Dieses Bild gefällt mir besonders, weil es schön symmetrisch ist.»

Adrian Schmid, Schweiz: Adrian Schmid lebt in Bolligen und ist seit Kindheitstagen von Vögeln fasziniert. Er verbringt viel Zeit in der Natur und versucht, andere auf die Schönheit unserer Vogel- und Tierwelt aufmerksam zu machen. Vor bald zwei Jahren hat er seine beiden Hobbies, Naturfotografie und Ornithologie, zu seiner neuen Beschäftigung gemacht und arbeitet seitdem als selbstständiger Naturfotograf. Er bietet in der Schweiz und im nahen Ausland Workshops und Fotoreisen für Natur- und Vogelfotografie an.

 

Kategorie Aktion, 2. Platz: Erkko Badermann «Sterntaucher»

«Seit fünf Jahren beobachte ich die Paarungszeit des Sterntauchers. Die Vögel kehren im Frühjahr sofort nach der Eisschmelze zu ihrem Brutteich zurück. Sie gehen auf grösseren Seen fischen und kommen jeden Morgen bei Sonnenaufgang zu ihrem Teich, um ihren Balztanz zu vollführen. Der gerade Winkel und das perfekte Timing machen dieses Foto zu etwas Besonderem.»

Erkko Badermann, Finnland: Erkko Badermann ist ein preisgekrönter Naturfotograf, der sich auf Seetaucher und nordische Vögel spezialisiert hat. Seine Fotografien betonen die Ausdruckskraft, Sensibilität und Härte seiner Objekte. «Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für die Fotografie. Die Menschen und engen Gassen der alten Städte auf meinen Reisen durch Europa, Makrofotografie mit Wassertropfen, winzigen Dingen in der Natur und im Wald oder Landschaften. In den letzten Jahren interessiere ich mich mehr für Vögel, Wildtiere und ihre natürliche Umgebung. Die Fotografie ist mein Tor, um all dies zu erforschen.»

 

Kategorie Aktion, 3. Platz: John Mihopulos «Turmfalke»

«Im Auto sitzend, das ich öfters als Versteck benutze, ist dieser Turmfalke im Jagdrausch direkt über meinen Kopf geflogen. Während des Rüttelflugs bleibt die Position des Vogels in Bezug zum Boden unverändert. Die schlagenden Flügel des Turmfalken kommen bei einer niedrigen Verschlusszeit besser zur Geltung.»

John Mihopulos, Deutschland: John Mihopulos wurde in Griechenland geboren. Er lebt seit vielen Jahren in Deutschland und arbeitet im Management eines grossen Chemiekonzerns. Seine berufliche Tätigkeit mit Schwerpunkt Umwelttechnik spiegelt seine Liebe zur Natur wider. Er fotografiert seit langem und widmet sich seit 2015 intensiv der Fotografie der Vogelwelt. Seitdem ist dieses Hobby zur Berufung geworden. Darüber hinaus engagiert er sich beim Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV).

 

Kategorie Vogel und Mensch, 1. Platz: László Tóth «Waldkauz»

«Ein nicht abgedeckter Brunnen am Waldrand hat den Tod dieses Waldkauzes verursacht. Wahrscheinlich hat der Vogel eine Bewegung wahrgenommen und ist in Richtung des Geräuschs geflogen. Leider konnte er nicht mehr abheben.»

László Tóth, Deutschland: «Ich habe die Liebe zur Natur mit der Luft eingeatmet, die mich als Kind auf den ländlichen Feldern und in den Wäldern umgab. Ich habe mich schon immer für Vögel interessiert. An meinem Wohnort erforschte ich die Ansiedlung von Waldohreulen, für die ich jahrelang künstliche Nester angebracht habe und wo die Vögel erfolgreich ihre Jungen aufziehen konnten. Ich habe begonnen, Fotoverstecke zu bauen, so dass meine Bilder nicht nur vom Zufall abhängen. Am liebsten halte ich die kleinen Momente fest, die für den normalen Betrachter kaum wahrnehmbar sind.

 

Kategorie Vogel und Mensch, 2. Platz: Volker Sander «Basstölpel»

«Bei einem Spaziergang am Nordstrand von Helgoland fanden wir diesen toten Basstölpel, den irgendjemand in dem Müllcontainer entsorgt hatte. Ich habe dieses Bild eingereicht, weil es ein sehr eindrucksvolles Beispiel für den Umgang der Menschen mit der Natur ist. Tiere werden wie Sachen behandelt – auch nach ihrem Tod.»

Volker Sander, Deutschland: «Fotografie ist meine grosse Leidenschaft. Ich fotografiere schon seit über 15 Jahren sehr intensiv. Meine Schwerpunkte sind die Natur und Makrofotografie. Frühmorgens allein in der noch unberührten Natur ist das Beste, um wirklich zu entspannen. Aber auch Street- und Architekturfotografie sind für mich interessant, weil sich dort unglaublich viele facettenreiche Motive finden lassen. Ich hoffe, dass meine Fotos vielen Menschen die Faszination Fotografie näherbringen.»

 

Kategorie Vogel und Mensch, 3. Platz: Manon Billard «Buntspecht»

«In den Kiefernwäldern des Teide-Nationalparks sind die Buntspechte nicht scheu. Nach ein paar Tagen habe ich festgestellt, dass die Spechte in den touristischen Erholungsgebieten rund um den Park direkt aus den Wasserhahnen trinken. Nach vielen Versuchen gelang es mir, dieses hübsche erwachsene Männchen zu fotografieren, das seinen Jungen unten ein gutes Beispiel gab.»

Manon Billard, Frankreich: «Ich wurde in den Pyrénées-Atlantiques geboren und bin damit aufgewachsen, mit meiner Familie unvergessliche Momente in der Natur zu teilen, sowohl in den Bergen als auch in der Nähe des Ozeans. Diese Leidenschaft für die lebende Welt hat mich dazu gebracht, ein Studium der Biologie und Ökologie zu absolvieren, das mit Reisen und Begegnungen mit der wilden Welt gefüllt war. Die Fotografie wurde schnell zu einem unverzichtbaren Verbündeten, der es mir ermöglicht, meine unerschütterliche Liebe zur Natur zu übertragen, auszudrücken und mit möglichst vielen Menschen zu teilen.

 

Spezialpreis der Jury: Martin Siering «Höckerschwan»

Das Bild vom Gefieder eines Höckerschwans hat die Jury aus mehreren Gründen beeindruckt. Da ist einmal der gelungene Bildaufbau mit seiner diagonalen Orientierung und einer zweiten Ebene in der Unschärfe, welche dem Bild eine starke Tiefenwirkung verleiht. Weiter sind die abperlenden Wassertropfen ein sehr starkes Bildelement, welches für Wasservögel charakteristisch und lebenswichtig ist. Und letztlich fasziniert das Bild durch seine Reinheit und eine höchste technische Perfektion, mit einer optimal gelegten Schärfeebene.

Martin Siering, Deutschland: «Mit Mitte 20 entdeckte ich mein Interesse für die Fotografie auf diversen Reisen. Dabei faszinierte mich besonders die facettenreiche, vielseitige und unberührte Natur in Kombination mit dem Gefühl an seine psychischen und physischeren Grenzen gehen zu müssen, aber auch das Alltagsleben anderer, fremder Kulturen und deren Menschen. Diese bis heute ungebrochene Leidenschaft, die Faszination über Gesehenes, Erlebtes und Gefühltes, drücke ich in meinen Bildern aus. Nach meiner fotografischen Ausbildung unternahm ich praxisorientierte Foto-Expeditionen weltweit, die mich bis heute in ihren Bann ziehen.»

Der Fotowettbewerb der Vogelwarte Sempach wird im Mai 2023 erneut ausgeschrieben und im Oktober 2023 wieder veröffentlicht.

Weitere Informationen gibt es hier zum Wettbewerb und hier zu den Sieger- und Finalistenbildern.

 

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