Urs Tillmanns, 19. Juli 2025, 10:00 Uhr

Buchtipp: Bruce Weber «My Education»

«My Education» ist mehr als einfach ein Bildband. Es ist eine Retrospektive, in der einer der grössten amerikanischen Erfolgsfotografen seine Erlebnisse mit vielen Episoden und Hintergrundinformationen über seine persönlichen Verhältnisse und seine berufliche Arbeitsweise preisgibt.

Bruce Weber ist einer der ganz grossen Mode- und Porträtfotografen. Er hat im Laufe seiner Laufbahn einen ihm eigenen Stil geprägt, bei dem eine Mischung von Inszenierung und Authentizität zum Ausdruck kommt. Er fotografiert vorwiegend unter natürlichen Lichtverhältnissen, in einer Szene, die er auf das Wesentliche reduziert, dies meist im klassischen Schwarzweiss-Stil, den er in den meisten Fällen der Farbfotografie vorzieht. Seine Szenenbilder und Porträts wirken sehr menschlich, zeigen Momente der Ruhe und Nachdenklichkeit, wodurch für den Betrachtenden eine Nähe zum Dargestellten mit einer starken emotionalen Bindung entsteht. In vielen Fällen stellt Bruce Weber die Schönheit und Jugend ins Zentrum seiner ausdrucksstarken Peoplebilder und Modeaufnahmen. Viele seiner freien Kompositionen thematisieren die menschliche Nähe, die Körper, die Sexualität und zwischenmenschliche Beziehungen, die in natürlichen, oft aber auch spielerischen und sehr freizügigen Posen zum Ausdruck kommen. Die weit über 500 Bildbeispiele in diesem Buch zeigen einen charakteristischen Querschnitt durch sein kreatives Schaffen mit Leistungsbeweisen aus allen Wirkungsbereichen dieses Kunst- und Auftragsfotografen.

Das Buch ist somit eine Art Retrospektive eines Fotografen, der sich sowohl für seine Auftraggeber – darunter grosse Marken, wie Ralph Lauren, Abercrombie & Fitch, Volvo, Karl Lagerfeld, Versace oder Dior Homme – als auch für seine persönlichen Kreationen mit Akribie und Ehrgeiz einsetzte. Bewusst ist es nicht chronologisch aufgebaut, sondern im Sinne einer logischen Themenabfolge, was durch passende Textbeiträge – übrigens auf Englisch, Deutsch und Französisch – unterstützt wird. Dazu gehören neben mehreren Kurzzitaten zehn umfangreichere Essays, welche viel Wissenswertes über die Persönlichkeit und das berufliche Engagement von Bruce Weber preisgeben.

Das erste Essay «Es war immer eine Familienangelegenheit» beleuchtet die Jugendzeit von Bruce Weber, vor allem die innige Beziehung zu seinen Eltern, zu seinem Vater – ebenfalls Fotograf – der ihm mit seinem athletischen Körper ebenso ein Vorbild war wie seine bildschöne Mutter. Der zweite Aufsatz «Wenn man sich nicht an die Regeln hält» erzählt eine Episode, wie Weber dazu kam, Ingmar Bergman zu fotografieren – und was er dabei nicht hätte tun sollen …
Der nächste grössere Text betrifft seine Lehrerin Lisette Model, bei welcher Weber auf Empfehlung von Richard Avedon und Diane Arbus an der New School for Social Research in New York Fotografie studierte. Lisette Model war nicht nur seine Professorin, sondern auch in vielerlei Hinsicht sein Vorbild. Er erzählt, wie sie eine strenge, aber gerechte Lehrerin war, und was er von ihr und ihrer fotografischen Philosophie gelernt hatte. Lisettes Lehrgang half ihm, eine Sensibilität für alle möglichen Menschen und die spezifischen Details ihrer jeweiligen Geschichten zu entwickeln. «Sie weckte in uns allen eine Neugier, die mich bis zum heutigen Tag prägt» und weiter «Lisette öffnete uns allen die Tür und gab mir die Freiheit zu denken: ‘Hey, ich kann das’» erinnert sich Bruce. Das nächste Essay «Harte Schule» (Boot camp) schildert die Zusammenarbeit mit Dennis Freedman, dem Creative Director des Magazins W, und gibt einen guten Einblick in die Tiefe dieser Zusammenarbeit und deren soziale und menschlichen Einstellungen. In «They knocked my socks off» (Es hat mich aus den Socken gehauen) erzählt Bruce Weber wie er, trotz aller Hindernisse und Tücken, doch noch zu einem guten Bild von Paul Newman kam und welches Erlebnis es für ihn immer jedes Mal war, solch grosse Stars vor die Linse zu bekommen. Oder wie aus der ersten Begegnung mit der British Vogue-Redakteurin Liz Tilberis eine enge Freundschaft wurde – ähnlich wie diejenige mit Grace Coddington. In vielen weiteren Texten des Buches kommt der fotografische Alltag von Bruce Weber zum Ausdruck und wie er auch die kniffligsten und unmöglichsten Situationen immer wieder bravourös meisterte.

Die Persönlichkeit Bruce Webers als Fotograf steht im Buch im Vordergrund, wobei seine Rolle als Filmregisseur nicht übersehen werden darf. Er drehte seit Mitte der 1980er-Jahre mehrere sehr beachtete Dokumentarfilme, wobei sein Antikriegsfilm «A Letter to True» als Eröffnungsfilm der Berlinale 2004 als «Hommage an ein besseres Leben» gewürdigt wurde. Weiter produzierte er Filme für die Musikgruppe Pet Shop Boys zu deren Singles Being Boring (1990), Se a vida é (1996) und I Get Along (2002), oder er machte Abstecher ins Modedesign und entwarf eine eigene Kollektion.

Für wen ist dieses Buch? Es spricht in erster Linie Leserinnen und Leser an, die sich für das Leben und Wirken der ganz grossen amerikanischen Fotografen interessieren. Und da ist Bruce Weber eines der signifikantesten Beispiele. Das Buch zeigt sein Leben und sein fotografisches Werk auf eine besondere und unübliche Art und Weise und stellt viele seiner Bilder, Ikonen ebenso wie bisher ungesehene Fotografien, in ein neues Rampenlicht.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Mit über 500 Bildern, darunter eine Sammlung seiner ikonischsten Fotografien sowie bisher unveröffentlichte und weniger bekannte Aufnahmen, bietet My Education einen umfassenden Einblick in das Leben, das Werk und den kreativen Werdegang eines der bedeutendsten Fotografen unserer Zeit, Bruce Weber.

Das Buch folgt nicht dem üblichen chronologischen Aufbau, sondern ist nach zentralen Themen gegliedert, die von Beginn an Bruce Webers Neugier weckten und sein Werk prägten, wie Familie, Kreativität, Körperlichkeit, Humanismus, Sexualität und Ausdruck. Diese Struktur bietet eine einzigartige Sicht auf seine fotografische Entwicklung.

Das Buch enthält die Mode- und Porträtfotografie, für die Weber bekannt ist, sowie unvergessliche Bilder für grosse Modemagazine wie Vogue, GQ, W Magazine und Vanity Fair. Es zeigt aber auch seltene Editorials und bisher unveröffentlichte Reportagefotos. Jenseits der Fashion-Fotografie hat Weber einige der einflussreichsten kulturellen und politischen Persönlichkeiten unserer Zeit verewigt: Von Anselm Kiefer bis Kim Kardashian, von Louise Bourgeois bis Leonardo DiCaprio. Seine einzigartige Fähigkeit, das Wesen jedes Motivs einzufangen, sei es in intimen Porträts oder dynamischen Editorials, hat ihn zu einem der angesehensten Fotokünstler seiner Generation gemacht.

Persönliche Geschichten von Bruce Weber und Texte von Charles Bukowski, Rupert Brooke, John Steinbeck und anderen setzen den Lehrern, Freunden, Weggefährten und Einflüssen ein Denkmal, die seinen einzigartigen Ansatz in der Fotografie und im Film geprägt haben. In Anekdoten über enge Mitarbeiter wie Grace Coddington, Dennis Freedman oder Stella Tennant erinnert sich Weber an Beziehungen, die weit über professionelle Zusammenarbeit hinausgehen. So ist dieses Buch mehr als nur eine visuelle Reise – es ist eine persönliche Hommage an den Geist der Zusammenarbeit, der gegenseitigen Inspiration und das Streben nach kreativer Ausdruckskraft.

 

Der Inhalt

The laughing heart by Charles Bukowski

It’s always been a family affair – Es war immer eine Familienangelegenheit – L’éternelle histoire de famille

On not following the rules – Wenn man sich nicht an die Regeln hält – Ne pas suivre les règles

My teacher – Meine Lehrerin – Mon professeur

Boot camp – Harte Schule – Camp d’entraînement

The Hill by Rupert Brooke

They knocked my socks off

«There is a vitality, a life force, an energy …» by Martha Graham

A great mom – Eine großartige Mutter – Mère superbe

The big romantic – Die große Romantikerin – Une grande romantique

Happiness is a thing called Joe – Joe bedeutet Glück – Le bonheur a un nom : Joe

Stella kind of ruined things for me

Something about forgiveness

«Being me is being allowed to be the person I always was …» by Dirk Bogarde

Thank you – Danke – Merci
Credits, Impress

 

Der Fotograf

Bruce Weber wurde 1946 in Greensburg, Pennsylvania geboren und wurde durch seine Werbekampagnen für Ralph Lauren, Calvin Klein, Versace und das Modeunternehmen Abercrombie & Fitch und Ralph Lauren sowie für seine Arbeiten für die Zeitschriften GQ und Rolling Stone international bekannt. Sein Aufnahmestil zeichnet sich durch klassische Elemente mit einer unterschwelligen Anspielung an Erotik und Sexualität aus. Seine Fähigkeit, Romantik und Drama in nur einem Foto zusammenzubringen, machte ihn zum führenden Fotografen für Modehäuser und weltweit bekannten Top-Magazinen. Während seiner gesamten Karriere hat Weber sein Talent in den unterschiedlichsten Medien bewiesen: Er hat sieben Kurz- und Langfilme gedreht, mehr als 37 Bücher veröffentlicht und weltweit mehr als 60 Ausstellungen organisiert – eine lebenslange Erforschung des Facettenreichtums menschlicher Beziehungen.

 

Bibliografie

Bruce Weber. My Education

564 Seiten, ca 580 Abbildungen, Fadenheftung, Hardcover, Format 24.3 x 35.5 cm, Gewicht 3,43 kg,
Mehrsprachig: Englisch, Deutsch. Französisch
Taschen-Verlag, Köln
Preis: CHF 125.00 / EUR 125,00
ISBN 978-3-8365-9944-3
Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden.

Hinweis:
Von diesem Buch gibt es auch eine limitierte (1-100) XL-Version mit einem Originalprint «Jeff Aquilon, Kona, Hawaii, 1982,» nummeriert und signiert von Bruce Weber. Preis: EUR 1’500.00, sowie
eine spezielle Art Edition (No. 101–200) mit einem Originalprint «Michael St. Pierre with Bonkers, Thousand Oaks, California’, 2004», nummeriert und signiert von Bruce Weber zum Preis von EUR 1’500.00


€ 1,500

 

Ein Kommentar zu “Buchtipp: Bruce Weber «My Education»”

  1. „mit einer unterschwelligen Anspielung an Erotik und Sexualität aus…“

    Ich frag mich gerade steht auch was drüber wie er seine Finger nicht von den Jungs lassen konnte und seine Machtposition nur zu gerne ausnütze?

    Für wen ist dieses Buch? Nun ja dazu muss man nicht Woke sein um es im Laden zu lassen. Kann man etwas von Bruce Weber lernen? Ja wie man sich selbst vermarktet und wie man Sexualität instrumentalisiert – einige seiner Kunden, denen er nur zu gern dienlich war sind längst wegen sexueller Übergriffen verurteilt oder haben sich durch Selbstmord einer Verhandlung entzogen.

    Ich erinnere mich als ich vor 25 Jahren Modellagent war, wie Jungs sich austauschten wie man sich einen Job bei B.W. absahnt. Damals war B.W. eine grosse Nummer, heute ist er nur noch von gestern…

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