Urs Tillmanns, 4. Oktober 2025, 10:00 Uhr

Buchtipp: Yves Debraine «De Cocteau à Simenon – Portraits d’écrivains»

Der Franco-Schweizer Fotograf Yves Debraine hatte sich darauf spezialisiert berühmte Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu fotografieren. Jetzt hat sein Sohn einen Bildband über das Lebenswerk seines Vaters herausgegeben, mit vielen bisher ungesehenen Porträts und Reportagebildern.

Es ist die Ausnahme, dass wir auf Fotointern.ch ein nur französischsprachiges Buch besprechen, aber dieses Buch hat eine Ausnahme verdient. Es ist dem fotografischen Lebenswerk von Yves Debraine gewidmet, der als Fotojournalist nicht nur für die grössten Titel der Schweizer und internationalen Presse gearbeitet hat, sondern der sich darauf spezialisiert hatte, die bedeutendsten Schriftsteller seiner Zeit zu porträtieren – Persönlichkeiten wie Georges Simenon, Jean Cocteau, Albert Cohen, Friedrich Dürrenmatt, Ella Maillart, Jacques Chessex oder Yvette Z’Graggen standen vor seiner Linse. Zudem war er der persönliche Fotograf von Charlie Chaplin, und so sind viele seiner Bilder in der Chaplin-World in Corsier oberhalb Vevey zu entdecken.

Aufgewachsen in Paris schloss sich Yves Debraine während des Zweiten Weltkrieges dem französischen Widerstand an, war danach bei Agence France-Presse tätig, bis er sich 1948 in Lausanne niederliess und für das Magazin L’Illustré arbeitete. Bald gehörten internationale Magazine zu seinen Auftraggebern, wie Life und Time, Paris Match, L’Express, Stern, Sports Illustrated oder National Geographic, später auch die Schweizer Illustrierte und die Sie und Er. Sein bedeutendstes Wirkungsfeld waren Reportagen über berühmte Persönlichkeiten, Königsfamilien, Politiker ebenso wie Künstler und Schriftsteller. Selbst sehr belesen, galt den Letzteren sein besonderes Interesse. Die Initialzündung dazu dürfte der Auftrag für die amerikanische Life 1958 gewesen sein, eine Reportage über Georges Simenon zu realisieren, der zu einem seiner persönlichen Freunde wurde.

Yves Debraine hat immer als selbständiger Fotograf und im Auftrag für Magazine gearbeitet, und je mehr berühmte Schriftsteller er porträtierte, desto stärker konnte er sich in dieser Szene etablieren. So wuchs sein persönliches Fotoarchiv mit bekannten Literaten über die Jahrzehnte weiter an, was heute zu einem bedeutenden Privatarchiv geworden ist. Dieses wird von seinem Sohn Luc Debraine veraltet, der dieses Buch initiiert und die Texte dazu verfasst hat.

Noch selten ist ein Buch mit so vielen Porträts von berühmten Schriftstellerinnen und Schriftstellern erschienen, wobei die meisten der Bilder bisher unveröffentlicht sind, was das Buch zusätzlich spannend macht. Dabei sind es nicht nur Personenbilder, sondern Yves Debrain hatte die besondere Gabe die Persönlichkeiten in ihrem persönlichen Umfeld und so auf besonders natürliche und ungestellt wirkende Weise zu fotografieren. Dies bewog Georges Simenon zu der Aussage, dass das Fotografieren mit Yves Debraine «immer schmerzfrei sei …»

Der Einstiegstext von Luc Debraine ergänzt das Buch mit vielen Erinnerungen an seinen Vater und Episoden zu seiner Art zu fotografieren. Der Text ist ebenso lesenswert, wie die Kurzbiografien, die den Bildern der jeweiligen Persönlichkeiten voranstehen.

Für wen ist dieses Buch? Es gibt nicht nur einen Einblick in das Bildarchiv Yves Debraine, sondern es dürfte besonders für jene Leserinnen und Leser interessant sein, die sich für die Schriftstellerinnen und Schriftsteller des französischen und deutschsprachigen Raumes interessieren. Zudem ist es ein Bildband mit beispielhaften Reportage- und Porträtaufnahmen eines Fotografen, der vor allem in der französischen, weniger jedoch in der Deutschschweiz bekannt war: Yves Debraine.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Der französisch-schweizerische Fotograf Yves Debraine (1925-2011) hat für die grössten Titel der Schweizer und internationalen Presse gearbeitet. Als Zeichen seiner Vorliebe für Literatur enthält sein Archiv zahlreiche Porträts von Schriftstellern aller Nationalitäten. Yves Debraine war nicht nur der persönliche Fotograf von Charlie Chaplin, sondern auch von Georges Simenon. Diese privilegierte Beziehung ermöglichte es ihm, ein einzigartiges Treffen zwischen dem Schöpfer von Maigret und dem Schöpfer von James Bond, Ian Fleming, zu dokumentieren. Jean Giono bewunderte das Talent des Fotografen so sehr, dass er ihm mehrere Seiten in seinen «Notes sur l’affaire Dominici» widmete.

Jean Cocteau, Vladimir Nabokov, Albert Cohen, John Le Carré, Friedrich Dürrenmatt, Ella Maillart oder Jacques Chessex posierten gerne für Yves Debraine, der nach den Worten von Simenon «schmerzfrei arbeitete». Die zwischen 1950 und 1990 aufgenommenen Schwarzweissbilder zeigen einen Fotografen, der dem Akt des Schreibens, der Choreografie der Hände und Worte, der Dynamik der Körper an ihren Schaffensorten grosse Aufmerksamkeit schenkte.
(übersetzt aus dem Französischen)

 

Der Inhalt

L’hommage d’un photographe à l’acte d’écrire – Luc Debraine

Jacques Bergier / Vladimir Boukovski / Nicolas Bouvier /

Michel-Antoine Burnier et Patrick Rambaud / Vincent 0. Carter / Jacques Chessex / Bernard Clavel / Jean Cocteau

Albert Cohen / Noël Coward / A. J. Cronin / Frédéric Dard / Maurice Denuzière / Walter Matthias Diggelmann / Friedrich Dürrenmatt /

Alfred Gehri / Fernand Gigon / Jean Giono / Henri Guillemin /

Patricia Highsmith / Colette d’Hollosy / Helen Keller / Roger Kempf /

Jerzy Kosinski / Charles-François Landry / Jahn Le Carre / Ella Maillart /

Pierre-Louis Matthey / Maurice Metral / Henri Mondor / Paul Morand /

René Morax / Vladimir Nabokov / Marcel Pagnol / Max Picard /

Narcisse Praz / Arnold Reymond / Georges Simenon /

Harr Suyin / Vercors / Henri Vincenot /

Vladimir Volkoff / Louise Weiss / Yvette Z’Graggen /

Maurice Zermatten

Yves Debraine: Biographie
Impressum

 

Hinweis: Bilder von Yves Debraine sind vom 1. November 2025 bis 18. Januar 2026 in der Fondation Jan Michalski, Route de Chardève 2, CH-1147 Montricher zu sehen.

 

Der Fotograf

Yves Debraine, geboren 1925 in Paris, war während des Krieges beim französischen Widerstand aktiv und war danach bei Agence France-Presse tätig. 1948 liess er sich in Lausanne nieder und arbeitete für das Magazin L’Illustré. Ab den 1950er Jahren realisierte Yves Debraine Reportagen für die amerikanischen Magazine Life und Time, später für die Schweizer Illustrierte, Sie und Er sowie Paris Match, L’Express, Stern, Sports Illustrated und National Geographic. Yves Debraine war zwanzig Jahre lang der offizielle Fotograf von Charlie Chaplin in der Schweiz und arbeitete auch für Georges Simenon und die Familie Piccard. Im Laufe seiner Karriere fotografierte er zahlreiche Porträts von Persönlichkeiten, Königsfamilien, Schriftstellern und Künstlern. Er arbeitete auch für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und war unter anderem im Jemen im Einsatz. Anfang der 1970er Jahre gründete er die Agentur Diapress in Lausanne sowie die Monatszeitschrift für Senioren Aînés bzw Générations. Yves Debraine starb 2011 im Alter von 85 Jahren in Lausanne.

 

Der Autor

Luc Debraine, Journalist und ehemaliger Direktor des Schweizer Kameramuseums in Vevey, hat vormals für die Tageszeitung «Le Temps» und das Magazin «L’Hebdo» gearbeitet. Er ist Lehrbeauftragter für visuelle Kultur an der Akademie für Journalismus und Medien der Universität Neuenburg. Abgesehen von den Ausstellungen im Schweizerischen Kameramuseum (von 2018 bis 1923) hat er mehrere Fotoausstellungen organisiert, darunter «Tous photographes» (Musée de l’Elysée, Lausanne, 2007), «Jeune photographie suisse» (Salon du Livre, Genf, 2014) sowie «Chaplin Personal» (Chaplin’s World, Corsier-sur-Vevey, 2019). Heute verwaltet der pensionierte Luc Debraine das Bildarchiv Yves Debraine.

 

Bibliografie

Yves Debraine «De Cocteau à Simenon – Portraits d’écrivains»

209 Seiten mit 125 Abbildungen, Fadenheftung, broschiert, Format 16,5 x 23,2 cm, Oktober 2025
mit Texten von Luc Debraine
Verlag: Les Editions Noir sur Blanc, Lausanne
Preis: CHF 14.80 / EUR 29,00
ISBN 978-2-88983-141-8

Das Buch kann im Buchhandel oder direkt beim Verlag bestellt werden.

 

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