2025 feiert(e) das für seine Ausstellungen mit grossen Namen bekannte Fotoshaus «C/O Berlin» sein 25-jähriges Bestehen.
Gegründet wurde es in 2000 von Stephan Erfurt, Marc Naroska und Ingo Pott, die sich für die Fotografie begeisterten und etwas auf die Beine stellen wollten. So kam es zu einer ersten Ausstellung, der viele weitere folgten – all dies ohne Förderstruktur und ohne institutionellen Rahmen. Und doch konnte C/O Berlin zu einer Marke in der internationalen Fotolandschaft werden. Mittlerweile führen einige Fäden vom C/O Berlin in die Schweiz – und umgekehrt.
Sitz von C/O Berlin seit 2014: Das «Amerika Haus» (Bild und © David von Becker)
Fotofreunde, die heutzutage in der ÖV-Station «Bahnhof Zoo» in Berlin-Charlottenburg einfahren, wollen nicht selten ins «Amerika Haus», in dem sich C/O Berlin seit über einem Jahrzehnt befindet. In diesem markanten Gebäude, dessen Frontseite mit einer modernen Interpretation einer amerikanischen Flagge bemalt wurde, residiert das Fotohaus C/O Berlin, das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiern kann. Das Jubiläumsprogramm bot und bietet den Besuchern und Besucherinnen das ganze Jahr hindurch einen vielfältigen Einblick in die Geschichte und Gegenwart dieses Ausstellungshauses.
Marke in der Foto-Landschaft
Auch in der Schweiz ist das C/O Berlin unter Foto- und Kunstfreunden längst ein Begriff. Sie kennen es von hochkarätigen Ausstellungen. Darunter sind viele klangvolle Namen. So beispielsweise wie «Anton Corbijn – Retrospektive» (2016): Eine umfassende Retrospektive des niederländischen Fotografen und Filmemachers Anton Corbijn, bekannt für seine ikonischen Porträts und auch einige Musikvideos von Musiklegenden wie Depeche Mode.
«Peter Lindbergh – On Street» (2010): Diese Ausstellung widmete sich dem Werk des deutschen Fotografen Peter Lindbergh, der für seine Schwarzweiss-Porträts von Supermodels berühmt wurde. Auch Schweizer Fotokunst war und ist hier in Ausstellungen präsent: «Erwähnenswert ist hier die Ausstellung «Unseen». (2019) des in Zürich geborenen Fotografen Robert Frank», sagt Ksenia Disterhof von C/O Berlin zu Fotointern.
Wenn hier Schweizer Foto-Ikonen ausstellen, dann findet das jeweils auch Erwähnung in Kulturmedien (z. B. NZZ, WOZ, Fotostiftung-Journal).
Legendäre Ausstellungen im Postfuhramt
Die drei Gründer von C/O Berlin im Jahr 2000: Marc Naroska, Ingo Pott und Stephan Erfurt (Bild und © Rudi Meise)
«C/O Berlin» wurde im Jahr 2000 gestartet. Das Kürzel «C/O» verweist auf die postalische Abkürzung «care of» und stellt zugleich einen Hinweis auf das ehemalige Postfuhramt dar, denn anfangs hatte das Projekt noch keinen Namen und keine eigene Adresse, weshalb die Bilder mit dem Vermerk C/O ans Postfuhramt geliefert werden mussten.
Ausstellung «Magnum. Betrachtungen über die Welt» im Jahr 2000 in den Hallen des Postfuhramts, wo die ersten Ausstellungen stattfanden und die Geschichte von C/O Berlin begann (Bild und © Stephan Erfurt)
Wenn heutzutage eingeweihte Fotofreunde den Namen «Postfuhramt» hören, entfährt ihnen oft ein Seufzer. In diesem monumentalen Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert, der seit Jahren an der Oranienburger-Strasse im Bezirk Berlin-Mitte leer stand, begann die Geschichte des C/O Berlin. Mit der Ausstellung «Magnum. Betrachtungen über die Welt» eröffnet C/O Berlin im Jahr 2000 sein Programm in diesem Gebäude. Gezeigt wurden ikonische Fotografien der Agentur Magnum.
Die Geschichte von C/O Berlin ging turbulent und windungsreich weiter: Nur ein Jahr nach Einzug ins Postfuhramt musste C/O Berlin aufgrund der Entmietung des Gebäudes in ein ehemaliges Gissereigebäude in der Linienstrasse in Berlin-Mitte ziehen. Dort konnte das Fotohaus trotz enger Platzverhältnisse wiederum Werke international renommierter dokumentarischer Fotografinnen und Fotografen –wie René Burri, Barbara Klemm, James Nachtwey, Gilles Peress oder Margaret Bourke-White – zeigen.
Der alte Sitz des C/O Berlin im Postfuhramt in Berlin-Mitte an der Oranienburgerstrasse
2006 kehrte C/O Berlin – die Gründer konnten es selbst kaum glauben – ins Postfuhramt zurück. Dort setzen sie ihren Kurs nahtlos fort. Erfurt und Co. stellten Werke von Foto-Ikonen wie Nan Goldin, Thomas Hoepker, Annie Leibovitz oder Robert Mapplethorpe aus. Bis auf die Strasse standen die Leute jeweils Schlange bei Vernissagen. Wunderschön kamen die jeweils edel abgezogene Schwarzweiss-Fotos im Passpartout auf dem senfgelben, blättrigen Putz zur Geltung.
Im Jahr 2013 endete die Nutzung des Postfuhramts endgültig. C/O Berlin verabschiedete sich von diesem Standort und dem Bezirk Berlin in einer kalten Winternacht mit Schneegestöber mit der heute legendären Party «Closing Postfuhramt». «Wars das?», fragte sich damals manch einer.
Letzte Foto-Nacht in der Fotogalerie C/O im Postfuhramt an der Oranienburger-Strasse in Berlin-Mitte.
Neustart im Amerika Haus
Das war’s noch lange nicht. Mit Unterstützung der «LOTTO-Stiftung Berlin» gelang C/O Berlin der Neustart. In 2014 zog C/O Berlin in das neu sanierte «Amerika Haus» in der City West um. Seit nunmehr 11 Jahr prangt auf dem 1954 erbautem, denkmalgeschützte Gebäude, das einst als US-Kultur- und Informationszentrum diente. unübersehbar in Leuchtschrift «C/O Berlin»auf dessen Dach.
Eröffnung des C/O Berlin 2014 mit langer Schlange vor dem Amerika Haus. Die erste Vernissage der Fotogalerie C/O Berlin im Amerika Haus im Bezirk Berlin-Charlottenburg – wenn auch unter freiem Himmel.
Die Eröffnungsausstellung «Magnum. Contact Sheets» knüpfte an die eingangs erwähnte erste Ausstellung des Hauses von 2000 an und war gleich ein riesiger Erfolg für das Fotohaus.Multimedial, ungewöhnliche Lichtsetzungen, sorgfältige Hängungen – die Ausstellungen hier zeichnen sich schnell durch innovative Präsentationsformen aus.
Ausstellung «Magnum Contact Sheets»: Es war die erste Ausstellung von C/O Berlin nach dem Umzug im Jahr 2014 vom Postfuhramt in Berlin-Mitte ins Amerika Haus in Berlin-Charlottenburg.
Vernissage der Ausstellung «Magnum Contact Sheets» mit Party im Amerika Haus
Die Vernissagen von weiterhin hochkarätigen Ausstellungen sind bestens besucht und werden meist begleitet von DJ-Sets. Sie gehören bis heute zu den Perlen im kulturellen Leben Berlins.
Plakate vergangene Fotoausstellungen des c/o Berlin im Innenhof des Amerikahauses bei der 25-Jahr-Feier im Juni 2025.
Talent Award und After Nature Prize
C/O Berlin hat sich zu einer international anerkannten Marke in der Foto-Landschaft entwickelt. Als privates Ausstellungshaus präsentiert es bis heute hochkarätige Ausstellungen mit Klassikern der Fotografie oder mit neuen Werken zu Themen dieser Zeit.
Seit 2013 als gemeinnützige Stiftung organisiert, erweiterte C/O Berlin mit dem Umzug ins Amerika Haus seine kuratorischen Konzepte und Vermittlungsformate erhielten eine stärkere Gewichtung. Das Thema Bildung hat sich zu einem zentralen Bestandteil des C/O Berlin-Programms entwickelt.
Die Workshops der Formate für «Junior» (8–13 Jahre), «Teens« (14–17 Jahre) und «Adults» sind gefragt. Mit «Perspectives» werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in sozial benachteiligten Lebenssituationen kreativ gefördert. Die Teilnehmenden lernen unter professioneller Anleitung Fotografie, Film und Design kennen.
Jährlich findet zudem der C/O Berlin Talent Award statt, der jeweils ein Tandem in den Positionen Kunst und Theorie unter 35 Jahren auszeichnet. 2023 erhielt der Schweizer Künstler Aladin Borioli den C/O Berlin Talent Award in der Kategorie „Artist“ für seine Arbeit «Apian«.
Seit 2024 vergibt C/O Berlin in Zusammenarbeit mit der Crespo Foundation zudem den «After Nature. Ulrike Crespo Photography Prize« an etablierte Künstler und Künstlerinnen, die sich im erweiterten Sinne mit Fotografie, Klimakrise und Anthropozän auseinandersetzen.
«Träum weiter …»
Ein Meilenstein für das Fotohaus war zuletzt wohl auch die Ausstellung «Träum weiter – Berlin, die 90er» bei C/O Berlin. Die Ausstellung zeigte rund 200 Fotografien von neun Mitgliedern der OSTKREUZ-Agentur, darunter bekannte Fotoschaffende.
In den meist brechend vollen Ausstellungsräumen sahen die Besuchenden Fotografien von Sibylle Bergemann, Harald Hauswald oder Ute Mahler. Diese Fotografien zeigten in clubiger Atmosphäre die Transformation Berlins in den 1990er Jahren bis heute. «Eine Ausstellung, die bei vielen wohl einen Nerv traf. Die Sehnsucht nach Aufbruch und Optimismus», sagt Stephan Erfurt.
Kooperationen und Austausch mit der Schweiz
Das C/O Berlin ist mittlerweile mit vielen grossen Playern der internationalen Fotoszene bestens vernetzt. So u.a. mit dem Metropolitan Museum of Art (New York), dem Albertina Wien, der Fundación Mapfre Madrid und verschiedenen Fotoinstitutionen in der Schweiz. Ksenia Diserhof von C/O Berlin sagt «2026 wird die Ausstellung The Lure of the Image», eine Ausstellung des Fotomuseum Winterthur, bei C/O Berlin gezeigt. Eine von insgesamt zwei internationalen Stationen dieses Projektes rund um die Verführungskraft des vernetzten Bildes.»
Weiter ist die Ausstellung Cortis & Sonderegger: Double Take (2018 in Winterthur, 2019 in Berlin) ein gelungenes Beispiel für direkten institutionellen Austausch. Sie wurde zuerst von der Fotostiftung Schweiz in Winterthur gezeigt (20. Juni – 9. September 2018) und anschliessend in leicht geänderter Form bei C/O Berlin (16. März – 1. Juni 2019) präsentiert. Diese Zusammenarbeit umfasste auch eine gleichnamige Publikation bei Lars Müller Publishers (Zürich) und Thames & Hudson (London/New York).
Erwähnenswert ist in diesem Kontext auch, dass die 2024 von C/O Berlin produzierte Ausstellung «Tyler Mitchell. Wish This Was Real» 2025 im «Photo Elysee »in Lausanne präsentiert wurde (und nun in Paris im MEP).
Vorbildcharakter und Vernetzung
Das Fotohaus C/O Berlin ist ein Modell, wie ein privates Ausstellungshaus (ohne staatliche Grundfinanzierung) dennoch auf internationalem Niveau funktionieren und sich global mit hochkarätigen Fotoausstellungen positionieren kann.
Stephan Erfurt sagt, dass ihn Urs Stahel vom Fotomuseum Winterthur in seinem Vorhaben inspiriert habe. In der Tat hat dieser Ort vorgespurt.
Stephan Erfurt (rechts), Mitgründer des C/O Berlin, und der berühmte deutsche Fotograf Robert Lebeck bei einer Ausstellungseröffnung im Juli 2012
Nadine Wietlisbach, Direktorin des Fotomuseums Winterthur, betont: «Das Fotomuseum Winterthur ist eine Einrichtung, die wie das C/O Berlin eine private Initiative ist und bereits 1993 gegründet wurde. Das Fotomuseum Winterthur mit dem Gründungsdirektor Urs Stahel sei international nach kürzester Zeit und bereits in den 1990er Jahren international bekannt und stark vernetzt geworden».
Beide Foto-Häuser eint auch ein gelungenes Branding. Während das Fotomuseum Winterthur ein stilisiertes Auge zeigt, ist es Berlin das in markanter schwarzer Schrift gehaltene Logo «C/O Berlin».
Fazit: Die Kuratorenansätze und Vermittlungskonzepte von C/O Berlin inspirieren auch die Schweiz – und umgekehrt. Die Fotoszenen in Berlin und in der Schweiz sind mittlerweile eng miteinander verflochten.
Test und Bilder (sofern nicht anders vermerkt) Vera Rüttimann.
Zur Autorin: hat den Werdegang von C/O Berlin von Beginn an miterlebt.
Infos
Adresse:
C/O Berlin Amerika Haus
Hardenbergstrasse 22–24
DE-10623 Berlin
Öffnungszeiten:
Täglich 11.00–20.00 Uhr











