«Foam Talent» ist einerseits der Name einer internationalen Fotozeitschrift, anderseits aber auch ein jährlich durchgeführter Talentwettbewerb für junge Fotografen. Die diesjährigen Einsendungen sind ab heute und noch bis 20. Dezember 2015 im Atelier Néerlandais in Paris zu sehen. Danach ziehen sie weiter nach Brüssel.
Mit dem Talentwettbewerbe die Arbeiten aussergewöhnlich begabter Fotografen zu entdecken und diese in einer Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist die oberste Zielsetzung von «Foam Talent». Der Wettbewerb wird jeweils im Frühjahr ausgeschrieben, danach werden die vorausgewählten von einer Fachjury beurteilt und zur Ausstellung zugelassen. Organisiert wird der Event in Zusammenarbeit mit dem Fotografiemuseum Amsterdam, dem Foam Magazine und der «Unseen Photo Fair».
Zeitlich umgeben von vielen weiteren wichtiger Fotoausstellungen in Paris, wie der Photo Saint-Germain, Fotofever und natürlich der gigantischen Paris Photo, hat die Foam Talent ihren Zeitpunkt vom 11. November bis 20. Dezember 2015 ideal gewählt. Gerade letztgenannte Fotokunstmesse lockt viele Galeristen, Sammler und andere Fotoliebhaber in die Seinestadt, und viele von ihnen werden sich die Zeit nehmen, die zur Paris Photo flankierenden Ausstellungen zu besuchen. Von ihnen entdeckt zu werden, ist die grosse Chance für die jungen Talente, die ihre Arbeiten im Rahmen von Foam Talent im Atelier Néerlandais an der Rue de l’ile 121 in Paris ausstellen.
Die selektierten Werke 21 Fotokünstlern aus 14 Ländern sind in der Ausstellung zu sehen, die sich über zwei Stockwerke erstreckt und den Fotografen einen sehr grosszügig bemessenen Ausstellungsraum spendiert.
Hier einige Highlight:
Der Amerikaner Justin James Reed ist Landschaftsfotograf und konzentriert sich auf Details in seiner natürlichen Umgebung, die er auf spannende Weise in abstrakte Bilder umsetzt.
Der ungarische Fotojournalist Márton Perlaki konzentriert sich in seinem noch nicht abgeschlossenen Projekt auf die Kombination von Stilleben und Porträt und lässt dem Betrachter in seinen Bildern einen breiten Interpretationsspielraum.
Der Pariser Fotograf Constantin Schlachter zeigt in seiner Bilderserie «une trajectoire» verschiedene Aspekte der Natur, von spannenden Gesteinsformationen über Lebewesen bis hin zum Sternenhimmel und setzt diese in monochrome Interpretationen um.
Der Amerikaner Aaron Blum, der von schottisch-irischen Appalachen abstammt, greift in seiner Bildserie «Born and Raised» die moderne Kultur der Appalachen auf in welcher er aufgewachsen ist und will damit Vorurteile ausräumen.
Der dänische Fotograf, Cinéast und Anthropologe Christian Vium befasst sich vor allem mit sozialwissenschaftlich Projekten und bringt historische Aufnahmen aus Archiven mit seiner eigenen thematisch identischen Fotointerpretation in Verbindung.
Der Finnländer Heikki Kaski dokumentiert in seiner Bildserie «Tranquillity» die kleine kalifornische Stadt, die ironischerweise diesen Namen trägt, und bringt uns damit das Leben, die Landschaft und die Charakteristik dieser Kleinstadt näher.
Der Niederländer Sjoernd Knibbeler will mit seinen Bildern natürliche Phänomene, wie Wind, Luftwirbel und klimatische Veränderungen darstellen und nutzt dazu fragile Gebilde aus Papier, Textilien oder Faserplatten, die in den abstrakten Bildern nicht mehr als Gegenstände zu erkennen sind.
Der Schweiz-Japaner David Favrod verarbeitet in seiner Serie «Hikari» («Licht» auf Japanisch) die Erlebnisse seiner japanischen Grosseltern während des zweiten Weltkriegs, die von Fluglärm, Explosionen und schreienden Menschen geprägt waren und lädt den Betrachter zu seinen eigenen gedanklichen Vorstellungen dazu ein.
Die Kanadierin Sara Cwynar schafft in ihrer Serie «Flat Death» mit nutzlos gewordenen Objekten durch Einscannen und Verfremden neue Stillleben und bringt so diese Gegenstände oder deren Strukturen wieder in einem neuen Werk in unser Bewusstsein zurück.
Die in Frankreich lebende Russin Mariam Medvedeva hat über längere Zeit Jäger begleitet und war von den Positionen der erlegten Tiere beeindruckt. Sie will in ihren Bildern einen theatralischen Aspekt des Stilllebens ebenso zum Ausdruck bringen, wie die Symbolik des toten Körpers.
Der dänische Fotograf Johan Rosenmunthe ist von Steinen fasziniert und bringt in seiner Serie «Tectonic» deren Mineralien mit der Physik und Alchemie der Fotografie in Verbindung und gestaltet mit Skulpturen und Fotografien eigenständige Installationen.
Der Franzose Jean-Vincent Simonet visualisiert in seinen Bildern die Grundzüge des Buches «Die Gesänge des Maldoror» des französischen Dichters Lautréamont. Die Arbeit wurde bereits in der Pla(t)form 2015 des Fotomuseums Winterthur ausgestellt, und sie wurde mit dem Swiss Design Award ausgezeichnet.
Der chinesische Fotograf Guo Peng fotografiert einfache Objekte, wie Bücher, Steine, Uhren oder in diesem Falle eine künstliche Hand und fertigt davon Prints mit verschiedenen Ausschnitten an. Diese platziert er so auf einer Wand, dass daraus ein neues Gesamtwerk entsteht.
Sehr zu empfehlen ist der zur Ausstellung erschienene Katalog mit 288 Seiten, der die Arbeiten der 21 selektierten Fotografen vollumfänglich und jeweils von einem Essay begleitet dokumentiert. Der Katalog ist in der Ausstellung erhältlich oder er kann hier für EUR 22,50 (+Versandspesen) bestellt werden.
Die ausstellenden Künstler
Aaron Blum (US), Alessandro Calabrese (Italy), Tom Callemin (Belgium), Sara Cwynar (Canada), David Favrod (Japan), Dominic Hawgood (UK), Peng Guo (China), Heikki Kaski (Finland), Matthew Leifheit (US), & Cynthia Talmadge (US), Mariam Medvedeva (France), Abel Minnée (The Netherlands), Marton Perlaki (Hungary), Constantin Schlachter (France), Sjoerd Knibbeler (The Netherlands), Justin James Reed (US), Johan Rosenmunthe (Denmark), Jean-Vincent Simonet (France), Danila Tkachenko (Russia), Naohiro Utagawa (Japan), Christian Vium (Denmark) and Manon Wertenbroek (Switzerland).
Die Ausstellung Foam Talent
Dauer: 11. November bis 20. Dezember 2015
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 13:00 bis 19:00 Uhr.
Eintritt: EUR 2,00
Ort: Atelier Néerlandais
121, rue de Lille
75007 Paris
Tel. +33 1 4550 4704
Die Ausstellung ist danach vom 5. bis 25. Februar 2016 im «De Markten» in Brüssel zu sehen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.foam.org/museum/programme/paris-foam-talent-2015
Einzelheiten über den Ausschrieb des Talentwettbewerbs Foam Talent 2016 erfahren Sie hier
Text und Bilder: Urs Tillmanns