Gastautor/-in, 30. Dezember 2018, 12:37 Uhr

Kodak Ektachrome – ein Rückblick und ein Test

Die Kodak Ektachrome-Filme für Diapositive haben eine lange Geschichte. Bis im Jahre 2010 der letzte Guss erfolgte kamen allein fast 40 verschiedene und nacheinander verbesserte Tageslichtfilme unter dieser Marke heraus. 1998 kam als neue Marke für die Amateurfilme die Bezeichnung Elite Chrome hinzu. Das sind mehr unterschiedliche Diafilme als die vor allem bei Schmalfilmern beliebte Marke Kodachrome zu verzeichnen hat. Hier über jeden dieser Filme zu sprechen würde den Rahmen eines kurzen Rückblicks sprengen. Daher sollen nur einige wichtige Meilensteine hervorgehoben werden.

Die «Ektachrome-Ära» begann im Zweiten Weltkrieg mit einem Film für Luftaufnahmen, der noch die Bezeichnung Kodacolor Aero Reversal High Contrast trug. Er war herausgebracht worden, um im Gegensatz zu den seit 1935/1936 erhältlichen Kodachrome Schmal- und Diafilmen auch an den Fronten nach einem relativ einfachen Prozess entwickelt werden zu können. Den Namen Ektachrome trug dann ab 1943 erstmals der ebenfalls für militärische Zwecke der USA wichtige infrarotempfindliche Aero Infrared Film. Die Vorsilbe «Ekta» sollte bei den nachfolgenden Filmen einschliesslich Farbnegativfilmen im Unterschied zu «Koda» bedeuten, dass diese Filme zur Selbstverarbeitung durch Fotografen und freie Labors bestimmt war.

Kodak Ektachrome Werbung im Wandel der Zeit: Anzeigen von 1947, 1950 und 1963

Diese zweite Filmgruppe von Kodak, wozu auch der Anfang 1942 für Amateure eingeführte Kodacolor Negativfilm gehörte, war durch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von Eastman Kodak ermöglicht worden. Diese galten Filmen, die im Unterschied zu Kodachrome ähnlich Agfacolor mit von vorneherein in den Filmschichten befindlichen Farbkupplern, also Komponenten zur Erzeugung der Farbstoffe Gelb, Purpur und Magenta, arbeiteten. Sie waren anders als bei Agfacolor und den damit verwandten Filmen in eine Ölsubstanz eingebettet. Chemiker sprachen von «wasserunlöslichen ölgeschützten Kupplern». In Körnigkeit und Schärfe waren sie zunächst Kodachrome ziemlich unterlegen, weshalb Ektachrome Filme nach Kriegsende erst in grösseren Planfilm-Formaten (1946) und dann auch als Rollfilm (1947) herauskamen. In die devisenstarke Schweiz wurden sie schon 1947 eingeführt. Heinrich Schellenberg gründete für ihre Entwicklung in Zürich das inzwischen geschlossene Labor Photo Studio 13. Für Kleinbildfotografen in Europa kam dann 1956 neben den übrigen Filmformaten auch der ASA 32/16 DIN empfindliche Ektachrome Tageslichtfilm für den neuen Entwicklungsprozess E-2 auf den Markt.

Die Farbstabilität verbesserte sich im Laufe der Zeit. Links eine Ektachrome-Aufnahme um 1950 aus der amerikanischen Zeitschrift «Popular Photography», in der Mitte ein rotstichig gewordenes Ektachrome E-2-Diapositiv von 1958 und rechts eine wesentlich farbstabilere Ektachrome-X Aufnahme und dem Entwicklungsprozess E-4 (1966).

Leider erwiesen sich die nach E-2 verarbeiteten Filme als nicht farbstabil, was auch für den 1959 kurzzeitig für Ektachrome Professional Filme eingeführten Prozess E-3 galt. Sie wurden nicht nur rotstichig, sondern verloren infolge Ausbleichens auch ihre plakative Farbkraft, die Ektachrome bei vielen Profotografen für Werbe- und Modeaufnahmen  sehr beliebt gemacht hatte. Der 1963 eingeführte, mit ASA 64/19 DIN höher empfindliche Ektachrome-X Film war dann mit der 1966 erfolgten Umstellung auf Prozess E-4 stabiler geworden. Nach Prozess E-4 konnten bald auch chemisch Ektachrome gleichende Konkurrenzfilme von 3M, Fuji und Konica entwickelt werden. 1976 folgte dann der auch für den neuen Ektachrome E100 Film genutzte Prozess E-6, dem sich wiederum andere Filme, darunter ab 1982 auch die zunächst zögerliche Agfa-Gevaert AG anschlossen.

Immer höhere Empfindlichkeiten: Der 1978 von Kodak herausgebrachte erste Diafilm mit ASA 400/27 DIN Empfindlichkeit wurde mehrmals verbessert. Hier der farbsattere Filmtyp 400 HC von 1992.

Von den Prozessen zu einzelnen Filmen: 1959 übertrumpfte Kodak die amerikanische Mitbewerberin General Aniline & Film Corp. (GAF, früher Ansco) mit deren zwei Jahre zuvor als höchstempfindlichen Farbfilm der Welt erschienenen Super Anscochrome Filmen (ASA 100/21 DIN) mit den noch empfindlicheren High Speed Ektachrome Filmen. Der High Speed Tageslichtfilm war wie ASA 160/23 DIN zu belichten. 1978 brachte Kodak dann als ersten Farbdiafilm mit ASA 400/27 DIN Empfindlichkeit Ektachrome 400 Professional heraus. Für kurze Zeit gab es ab 1985 sogar den Ektachrome Filmtyp P800/1600 für Prozess E-6P. Das «P» stand für Pushen, also für gesteigerte Empfindlichkeitsnutzung durch verlängerte Erstentwicklungszeit, was im Prinzip schon vorher bei Ektachrome Filmen möglich war.

Mehr Farbsättigung verlangte der Markt: 1968 brachte Kodak den farbsatteren Ektachrome 100 Plus (EPP) Film (Bild links) auf den Markt, und 1997 folgte der Ektachrome E200 Professional. Damit begann eine neue Filmgeneration mit flachen lichtempfindlichen Silberkristallen in allen Filmschichten.

1996 wurden auf der Fotomesse in Las Vegas (USA) die ersten Filme unter der Kurzbezeichnung E100 vorgestellt. Es sollten drei verbesserte Filme sein: E100S für Studioaufnahmen, E100SW mit wärmeren Farben bei wechselnden Wetterbedingungen und ein «normaler» E100. Letzterer kam damals noch nicht auf den Markt. Ob aus ihm der jetzt eingeführte E100 hervorgegangen ist, ist nicht bekannt. 2003 wurden nämlich der Typ E100S durch E100G und der Typ E100SW durch E100GX ersetzt. Für Freunde hochgesättigter Farben waren der 1999 nach dem Vorbild von Fujichrome Velvia herausgebrachte E100VS interessant, dessen preiswertere Version der Elite Chrome ExtraColor 100 Film war. Ihr offizieller Rückzug von den Märkten war 2012 gewesen. Nun können sich die Anhänger der analogen Fotografie über den endlich erschienenen neuen E100 Film und die Super 8-Filmer sich über den entsprechenden Ektachrome 100D Film freuen.   

Eine Ektachrome Besonderheit: Ab 1965 gab es den Ektachrome Infrarotfilm auch für «zivile» Falschfarbenfotos, nachdem dieser Film zuvor vor allem für die militärische Aufklärung genutzt wurde. Damit wurde das Pflanzengrün Rot wiedergegeben.

 

Ektachrome E100 Diafilm im Test

Neugierig wurde der erste Testfilm belichtet und zur Entwicklung gegeben. Auf der photokina hatten noch keine Filme zur Verfügung gestanden. Am Stand von Kodak Moments, in Halle 4.1 hinten durch, war die von vielen Analogfotografen sehnsüchtig erwartete Neuheit ohnehin stiefmütterlich präsentiert: Es gab nur ein Infoblatt, keine ausgestellten Diafilm-Streifen und Presseinformationen. Entsprechend war auch die Ignorierung des E100 und des ihm entsprechenden Super 8-Films Ektachrome 100D durch die Fotofachpresse.

Mit dem Wiedererscheinen eines Ektachrome Dia- und Schmalfilms hat Eastman Kodak eine frühere Überlegung aufgegeben, die nach gut informierter Quelle darin bestanden hat, Fujifilm die Fabrikation von Farbumkehrfilmen zu überlassen und sich selbst auf professionelle Farbnegativfilme zu konzentrieren. Praktisch dementsprechend wurden die Fujicolor Cinefilme vom Markt genommen, während Kodak Vision Filme auch auf Wunsch von Hollywood weiterproduziert werden. Die Fabrikation des E100 soll nicht so einfach gewesen sein, sie soll aber erfolgt sein, um eine Unterbeschäftigung bei der Filmfabrikation im Kodak Park, Rochester, auszugleichen, und hat mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen. Jedenfalls dürfte es weder Kodak noch Fujifilm schwerfallen, für den jeweils anderen einen Farbfilm mit etwas veränderten Eigenschaften zu produzieren.  So braucht nur der Interimage-Effekt für die Farbsättigung unterschiedlich eingestellt zu werden.

 

Ektachrome E100 absolut betrachtet

Der Ektachrome E100 zeigt eine natürliche, neutrale Farbwiedergabe ohne eine farbliche Tendenz. Der Belichtungsspielraum ist weit von plus/minus ½ bis 1 Blendenstufe je nach Motiv. Die angegebene Filmempfindlichkeit (ISO 100/21°) stimmt. Die Aussage «Extremely Fine Grain» auf der Filmschachtel trifft zu, das sehr feine Farbkorn kommt Scans zugute.

Der neue Ektachrome E100 zeigt eine natürliche Farbwiedergabe ohne übertriebene Farbbrillanz.

Die Schärfeleistung des Films ist auch hoch. Die Farbsättigung ist allerdings mässig und erscheint gegenüber den letzten früheren Ektachrome Filmen niedriger zu sein. Das ist aber wegen der Möglichkeit ihrer Anhebung in Bildbearbeitungsprogrammen kein Problem. Wer seine Dias direkt projizieren möchte, der ist mit Fujichrome Velvia Filmen jedoch insoweit besser bedient. 

 

Vergleich mit Fujichrome Provia 100F

Es liegt nahe, den E100 im Vergleich mit seinem noch einzigen Mitbewerber zu beurteilen. Beide sind professionelle Diafilme. Der Amateurfilm AgfaPhoto CTprecisa 100 der deutschen Firma Lupus Imaging & Media ist ab Vertrieb ausverkauft, es kommt insofern keinen Nachfolger mehr auf den Markt. Er stammte übrigens – mit der von Agfa lizensierten Marke – in jüngerer Zeit auch von Fujifilm und entsprach wohl Sensia 100. Verblüffend ist die auf den ersten Blick gleiche Farbtonwiedergabe von E100 und Provia 100F, während die Farbsättigung als weiteres farbmetrisches Kriterium bei letzterem etwas kräftiger ist.

Vergleich zwischen Ektachrome E100 (links) und Fujichrome Provia 100F (rechts). Auf den ersten Blick sehen die Dias farblich nahezu gleich aus. Bei genauer Betrachtung erscheint Fujichrome Provia 100F etwas gesättigter als Ektachrome E100

Anhand der Macbeth-ColorChecker-Farbtafel beurteilt sind die Fuji-Farben, insbesondere Rot und Orange, geringfügig leuchtender. Die Farbwiedergabe des Provia ist neutral bis leicht warm. Helle Grautöne erscheinen leicht rötlich, während sie beim E100 neutral bleiben. Die Feinkörnigkeit ist bei beiden Filmen vielleicht in der Messung, die hier noch nicht durchgeführt werden konnte, leicht verschieden, sie wird aber auch von Fuji mit dem «F» in der Filmbezeichnung hervorgehoben.

Fazit: Ektachrome E100 ist für alle Diafotografen eine gute Wahl. Der neue Film unterscheidet sich kaum von Fujichrome Provia 100F.

Gert Koshofer
Sämtliche Bilder: Archiv Koshofer

Der Ektachrome E100 und der Fujichrome Provia 100F sind im Fachhandel erhältlich, sowie bei Ars-Imago und bei Schöni Imaging im Versandbezug.

 

8 Kommentare zu “Kodak Ektachrome – ein Rückblick und ein Test”

  1. Ein herforragender Artikel.
    Hatte erst in den 60ern Ektachrome als 35 mm und ab Ende der 70er 120er- und 220er-Filme eingesetzt. Später meist in der Bronica EC-TL. Mit dem 500 mm-Objektiv und dem Spiegelkasten über dem Schachtsucher konnte man elegant beim Sport mitziehen. Die Massenträgheit reduzierte Verwackler 😉
    Ds schaffen heutige sogen. Vollformeter gersde mal mit guten Stabilisatoren.
    Werden heute noch Dia-Filme im 220er-Format angeboten?

      1. Danke Herr Koshofer,
        dann stelle ich die Suche ein und nutze 120er. Habe noch ein zweites Rückteil, wenn ein plötzlicher Filmwechsel angesagt ist.

  2. Sehr interessant, vielen Dank! Nur ein Satz fiel mir auf: „1978 brachte Kodak dann als ersten Farbdiafilm mit ASA 400/27 DIN Empfindlichkeit Ektachrome 400 Professional heraus.“ Das muß vielleicht 1968 heißen, denn 1969 habe ich diesen Film verwendet. Er hieß damals – zumindest in Deutschland – Ektachrome EK27 (der normale EK19). Reine Nostalgie bei mir, bin kein Profi. 😉

    1. Danke für Ihren Kommentar. Bevor wir diesen veröffentlichen, haben wir mit dem Autor dieses Artikels Gert Koshofer Rücksprache genommen. Er schreibt uns folgendes: «Ektachrome 400 (kurz „EL“ genannt, „EK27“ hieß er nicht) kam tatsächlich wie von mir geschrieben zur photokina 1978 heraus. Ich erlebte damals seine Einführung. High Speed Ektachrome (Tageslichtfilm mit ASA 160/23 DIN) 1. Typ erschien 1959 für Prozess E-2 und wurde 1965 durch den 2. Typ („Improved“ = verbessert) abgelöst. Der 34. Typ (1966 bis 1978) arbeitete mit dem Prozess E-4 und wurde 1978 durch Ektachrome 400 für Prozess E-6 ersetzt. Pushbar waren alle Filme.»

      1. Vielen Dank für die Informationen. Meine einzige Erklärung ist, daß es sich 1978 um einen neuen Film handelte, allerdings nicht den ersten mit 400 ASA, sondern einen besseren – eben Professional. Der 400er-Film, den ich 1969 verwendet habe, war noch recht grobkörnig.
        Alle meine Beschriftungen und Notizen enthalten nur EK19 und EK27 (wie CT18 für Agfa), aber ich besitze keine Schachtel mehr. Aufbewahrt habe ich nur originale Taschen, in denen die Filmstreifen von der Entwicklung in Stuttgart zurückkamen. Sie sind gelb mit der gelben Schrift „Ektachrome-X“ in einem blauen Kasten. Auf den Filmstreifen selbst steht „H S EKTACHROME FILM“ (EK27) bzw. „EKTACHROME X FILM“ (EK19). EK27 stand natürlich für 27 DIN / 400 ASA, EK19 für 64 ASA, da war ASA in Deutschland noch nicht üblich.

      2. Nochmals vielen Dank für die Erklärungen! Aus Nostalgie versuche ich meine Erinnerungen zu konkretisieren und Ihre Hinweise haben mich zwar nicht ganz zum Ziel, aber doch einen Schritt weiter gebracht: Die Kurzbezeichnungen EK19 und EK27 habe ich konsistent verwendet, könnte sie aber selbst gewählt haben. Es gab die Filme nur inklusive Entwicklung und zugehöriger (Kodak-gelber) Versandtasche zu kaufen und sie wurden direkt zu Kodak nach Stuttgart geschickt. Vielleicht war der 400er in Wirklichkeit ein gepushter 160er High Speed – so grobkörnig wie er war. Es könnte sogar sein, daß man das bei der Entwicklung wählen konnte. So weit reicht meine Erinnerung nicht mehr, aber nach allem ist es jetzt anzunehmen.

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