Urs Tillmanns, 20. Juli 2012, 13:00 Uhr

Alte Objektive an neuen Kameras – meist nur ein Kompromiss

Mit der digitalen Revolution hat sich die Optikkonstruktion nach völlig neuen Qualitätsanforderungen richten müssen. Lohnt es sich, Objektive aus der analogen Zeit mit Adaptern auf moderen Digitalkameras zu verwenden, welche Nachteile nimmt man dabei in Kauf und auf welche Funktionen muss man eventuell sogar verzichten?

Moderne, für die Digitalfotografie gerechnete Objektive sind die optimale Wahl, wenn es darum geht, perfekte Bildergebnisse zu erzielen. Sie sind exakt auf die in den Kameras verbauten Sensoren abgestimmt, deren interne Bildverarbeitung zudem auch eventuelle Abbildungsschwächen digital optimieren können. Die optische Konstruktion lenkt die Lichtstrahlen möglichst telezentrisch, also senkrecht und parallel auf den Sensor, so dass sie optimal auf die einzelnen Pixeln treffen. Neben den optischen Eigenschaften tragen aber zunehmend auch die mechanischen Verbesserungen moderner Objektivkonstruktionen wesentlich zur Ergebnisverbesserung aktueller Objektive bei. Die Autofokus-Antriebe und Steuerelemente sind schneller und präziser. Moderne Bildstabilisatoren minimieren die Zahl unscharfer Bilder durch Verwacklung.

Foto: Micaela Ortenstein

Doch nicht immer stehen dem Fotografen die neuesten und besten Objektive mit innovativer Technik für beste Bildergebnisse zur Verfügung. Manche Spezialobjektive oder extreme Weitwinkel- und Telebrennweiten gibt es für einige Kameras noch gar nicht oder man kann sie sich derzeit noch nicht leisten, da man erst in einen neuen Kamerabody investiert hat. Nicht selten liegen aber auch optische Schätze aus analogen Zeiten in den Schränken, die – meist allerdings mit Einschränkungen an Bedienungskomfort – durchaus überzeugende Ergebnisse liefern. Zu diesen Einschränkungen zählen in den meisten Fällen der Verzicht auf die automatische Scharfstellung und die automatische Blendensteuerung.

Auch besitzen ältere Objektive oder die Produkte anderer Kamerasysteme keinen passenden Anschluss, so dass sie nur über spezielle Adapter verwendet werden können. Voraussetzung für die Adaption systemfremder Objektive ist, dass sie ein größeres Auflagenmaß, darunter versteht man den Abstand zwischen Sensoroberfläche und Objektivauflage, besitzen als die Kamera, an die sie adaptiert werden sollen. Da die Objektivadapter zwischen Objektiv- und Kamerabajonett montiert werden, verlängern sie praktisch wie ein Zwischenring das Auflagenmaß. Daher sind mechanische Qualität und die Präzision der verwendeten Adapter von eminenter Bedeutung für die zu erwartenden Bildergebnisse. Schon minimale Differenzen können Qualitätseinbußen verursachen.

Kamerasysteme mit größeren Aufnahmeformaten besitzen meist ein größeres Auflagenmaß als solche mit kleineren Bildflächen. Daher ist die Adaption der Objektive von Kamerasystemen mit größeren Aufnahmeformaten an Kameras mit kleineren Aufnahmeformaten oder an spiegellosen Kameras, die ebenfalls kurze Auflagemaße besitzen meist möglich, umgekehrt jedoch nicht. Generell lässt sich daher sagen, dass sich digitale Spiegelreflexkamera-Kleinbildobjektive an kompakten Systemkameras adaptieren lassen, ebenso Mittelformatobjektive an digitalen Spiegelreflex- oder kompakten Systemkameras. Da die Lichtstrahlen konstruktionsbedingt bei Weitwinkelobjektiven schräger auf die Bildfläche des Sensors fallen als bei Teleobjektiven, sind die zu erwartenden Qualitätseinbußen bei diesen Objektivtypen größer als bei den Fernoptiken, deren Strahlen von Haus aus senkrecht auf den Sensor treffen.

Die meisten Adapter für Fremdobjektive ermöglichen nur eine mechanische Verbindung zwischen Objektiv und Kamerasystem. Der elektronische Informationsaustausch, wie er zwischen modernen Kameras und Objektiven stattfindet, ist also nur mit wenigen Adaptern möglich, die wegen der zusätzlichen Elektronik auch entsprechend teurer sind. Stehen Adapter zur Verfügung, die auch die elektronische Kommunikation zwischen Kamera und Objektiv gewährleisten, so sind keine oder nur minimale Qualitätseinbußen zu befürchten. Dabei ist allerdings auch anzunehmen, dass es sich bei einem Objektiv mit integrierter Elektronik für den Datenaustausch mit der Kamera zur Blenden- und Schärfensteuerung um eine modernere Konstruktion handelt.

Manche modernen Objektive mit elektronischer Blendensteuerung besitzen keine Möglichkeit der Blendenwahl am Objektiv. Diese lassen sich entweder nur mit offener Blende oder gar nicht adaptieren und verwenden oder sie besitzen einen Blendenmitnehmer am Bajonett, über den manche Adapter die Blende variieren können. Belichtet wird dann entweder mit Zeitautomatik oder manuell.

Grundsätzlich ist die Verwendung älterer Objektivkonstruktionen an modernen Kameras ein Kompromiss hinsichtlich Bildqualität und Bedienkomfort. Für manche hochwertige Objektivkonstruktion aus analogen Zeiten gibt es jedoch für einige Digitalkamerasysteme noch keine Alternative. Hier erweist sich die Verwendung mit einem hochwertigen Adapter als die einzige Möglichkeit und als ein sinnvoller Weg.

(Quelle Prophoto / pv)

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4 Kommentare zu “Alte Objektive an neuen Kameras – meist nur ein Kompromiss”

  1. Optixpcb hat die zzt. innovativste Elektronik für diese Adapter. Der Chip ist auch einzeln erhältlich. Ob er auf andere Adapter passt als den hauseingenen muss ausgetestet werden. Was ich an der Elektronik vermisse ist die Umschaltung von Fokusfalle (auslösen nur wenn scharf) auf „immer auslösen“ ausserhalb des Chipmenues, also an der Kamera.
    Am besten sind deshalb der Einsatz von veschiedenen Adapters rsp. Adapterwechsel (gleiche Adapter aber mit unterschiedlicher Einstellung).
    Habe viel Zeit verbracht, den Dandelion-Chip zu verstehen. Anleitungen sind teilweise unverständlich, da schlecht übersetzt.
    Bei einigen Canon-Kameras muss im Bayonett ein Hebel betätigt werden. Das kann durch Papiereinlage oder Stift am Bayonett (nicht im Lieferumfang) erreicht werden. Bei letzterem kann man EOS und adaptierte Linsen gemeinsam einsetzen. Aber nur bei oben erwähnten Kameras. Bei den anderen würde der Stift im Adapter die Kamera beschädigen …! Der letzte Adapter hatte ein zu dünnes arettierblech (0.2mm) versus 0.5mm. Bei ausgeleiertem Bayonett (eine Seite der Vertiefung abgeschliffen) an der Optik schlüpft das weg.
    Info über die Stiftmontage u.a. bei peleng8.com. Adapter mit Elektronik an meiner EOS 5 (analog) ist ein Traum.

  2. Hey Michael, schon einmal eine Nikon benutzt? Dort gibt es noch die Funktion der Fokusfalle 😉 – Auch bei der D200 z.B.

    Auslösepriorität auf „Scharf“ stellen und Auslöser durchdrücken oder mit dem Kabelauslöser arretieren. Mit einer Mattscheibe von katzeyeoptics.com bekommt man noch einen Schnittbildindikator und einen sehr hellen Sucher zugleich – da macht das Arbeiten, besonders mit analogen Objektiven, wieder genau so viel Spaß wie vor dem AF-Zeitalter…

  3. Liebe Freunde
    Apropos Fokus-Falle. Seht euch einmal die Pentaxen K200, K7, K5 an. Da ist die Fokus-Falle bestens integriert. Da entgeht dir keine Maus, auch wenn sie nur einmal kurz frische Luft schnappen will.
    Viele Grüsse
    Urs

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