David Meili, 12. Dezember 2008, 15:49 Uhr

Kulturtipp: Niklaus Stauss

Kaum jemandem, der in den vergangenen fünfzig Jahren an einer Kulturveranstaltung in der Deutschschweiz war, ist Niklaus Stauss entgangen. Sozusagen alle Kümstler und ihr Publikum, wie auch gesellschaftliche und politische Prominenz hat er unermüdlich im Bild festgehalten. Sein sorgsam geordnetes Archiv, von dem Teile schon einmal einem Brand zum Opfer gefallen sind, um fasst mehr als 1,5 Millionen Bilder. Die Ausstellung in der Galerie Nicola von Senger, Zürich zeigt chronologisch geordnet gegen 2 000 Fotos.

www.nicolavonsenger.com Vernissage 12. Dezember 2008, ab 18 Uhr

Pressetext der Galerie:

NIKLAUS STAUSS: Die Bugwelle der Bardot

Eine Auswahl von Fotografien von Niklaus Stauss aus fünf Jahrzehnten in der Galerie Nicola von Senger
Der Sommer 1959 ist heiss, als sich zwei junge Typen aus Zürich mit Motorrad und Zelt auf den Weg nach Saint-Tropez machen. Anfang 20, die Kamera dabei, hat ihre Reise nur ein Ziel: Brigitte Bardot fotografieren. Der Film «Et Dieu… créa la femme» («..und immer lockt das Weib») lief Ende der 50er Jahre auch in den Schweizer Kinos, der Mythos BB war schon geboren. Und in einer Zeit, als man die Stars noch hautnah erleben konnte, fahren die beiden Zürcher eine kleine Strasse in Südfrankreich entlang und ihnen entgegen kommt ein Döschwo – am Steuer die Bardot!

Als das Objekt der Begierde dann etwas später in einem kleinen Boot samt Boyfriend ein Sonnenbad nimmt, verstecken sich die Jungfotografen im Schilf, schiessen die ersten Fotos vom Ufer aus, und machen sich dann, die Kamera in der Plastiktüte, auf einer Luftmatratze an die blonde Schönheit ran. Doch Brigitte verpasst den beiden einen Denkzettel und fährt mit dem Boot fast über sie hinweg. Swinging sixties, alles nicht so ernst damals. Einer der beiden jungen Männer ist der Fotograf Niklaus Stauss.

Bereits als Jugendlicher fotografiert Stauss. Eine seiner ersten Aufnahmen zeigt eine verregnete Strassenansicht in der Nacht. In der damaligen Archivliste ist das Foto fein säuberlich aufgeführt, Film Nr. 19, die 146. Aufnahme, erstellt am 15.9.1952. Das hat sich nie geändert, denn bis heute führt Stauss präzise Buch über alle seiner Fotografien, deren Zahl schon lange die anderthalb Millionen-Marke überstiegen hat.

Die Biografie von Niklaus Stauss ist kunterbunt und vital. Er studierte in den 1950er Jahren an der Kunstgewerbeschule in Zürich, war Schaufensterdekorateur bei Jelmoli – damals die erste Adresse für diesen Beruf, reiste immer wieder um die ganze Welt, arbeitete als Grafiker, nahm Unterricht in Ausdruckstanz, realisierte eine Sondernummer des Jugendmagazins CLOU zum Thema Tanz, eröffnete ein Fotoatelier oder machte eine Werbeagentur auf. Seit den 1950er Jahren arbeitet Stauss als freier Fotograf für die legendäre Pressebildagentur Keystone. Seinen Vorlieben – Kunst, Musik, Theater, Oper, Literatur, Film und Tanz – ist Niklaus Stauss bis heute treu geblieben, und wer sich die Zeit nimmt, sich in sein famoses Archiv zu vertiefen, findet dort alle Grössen aus diesen Bereichen.

Seine Kunst ist es, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Stauss hat das Auge und er spürt, wo sich etwas ereignet. Bruno Ganz lernte er schon 1960 bei Jelmoli kennen. Ganz machte eine Buchhändlerlehre, wollte aber Schauspieler werden und brauchte dafür Fotos. Niklaus Stauss schoss seinen ersten Farbfilm: Bruno Ganz hält jugendlich-theatralisch seine Hände hoch.

Jimmy Hendrix hat Stauss 1967 im Hallenstadion Zürich fotografiert, damals wusste er noch nicht, wer Hendrix war. Josef Beuys fotografierte er viele Male, 1981 mit Koffer im Kunsthaus Zürich. 1991 hält Stauss den Pop-Art Künstler Robert Rauschenberg vor einer seiner Collagen fest, das Foto ging um die Welt. Oder in Cannes fängt er eine unbekannte Schöne ein, genau in dem Moment, als sie ein bisschen verloren, doch ungemein sexy einen Landungssteg hinunter kommt; die anderen Fotografen stehen noch oben auf dem Bootsdeck, blicken alle in die falsche Richtung und verpassen den magischen Moment.
Die Fotografien von Niklaus Stauss sind unschätzbare Zeitzeugen, sie zeigen zwar grosse Persönlichkeiten, doch vor allem zeigen sie Menschen, in einer gebührenden Distanz und doch ganz nah.

Dorothea Strauss, November 2008 (Text und Bild)

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