Urs Tillmanns, 21. Juli 2009, 07:24 Uhr

«Jahrhundertbilder» aus dem Weltraum

In der Nacht vom 20. zum 21. Juli 1969 waren die ersten Menschen auf dem Mond gelandet und haben ihre Eindrücke von unserem Erdtrabanten mit Hasselblad-Kameras und Carl Zeiss Objektiven festgehalten. Die Bilder der Apollo 11 Mission strahlen auch nach 40 Jahren eine ungebrochene Faszination aus. Bei Carl Zeiss erinnert man sich an die damaligen technischen Anforderungen.

Für die bemannten Mondflüge wurden Kameras und Objektive mit besonderer Spezifikation vorbereitet und ausführlich getestet. Dagegen hatte die NASA das erste Zeiss Mittelformat-Objektiv, das sich im Weltraum bewährte – ein Planar 2,8/80 mm – mit einer Hasselblad Kamera in einem Fotogeschäft in Houston gekauft. Im Oktober 1962 nahm dann Walter Schirra diese serienmässige Ausrüstung mit ins All. Sie hatte lediglich ein paar Modifikationen erhalten, die Gewicht sparten und einer einfacheren Bedienung dienten, denn man musste die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Astronauten berücksichtigen.

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Überzeugt durch die Qualität der Bilder beim ersten Flug, gab die NASA den Auftrag, Fotoausrüstungen gezielt für die Raumfahrt anzupassen sowie spezielle Systeme für besondere Anforderungen zu entwickeln. Bei Carl Zeiss untersuchte man die Veränderung der optischen Eigenschaften von Objektiven beim Einsatz im Vakuum. Man wollte feststellen, ob sich in dem Raum zwischen den Linsen ohne Luft der Brechungsindex ändert, und ob sich möglicherweise geringfügige Veränderungen der Krümmungsradien ergeben. Bei dem Objektiv Biogon 4,5/38 mm, das mit einem Bildwinkel von 90 Grad ideal für Übersichtsaufnahmen war, wurden daher die Zwischenräume zwischen den Linsen ebenso exakt berechnet wie die Linsen selbst.
Beachten musste man auch, dass der Optik-Kitt für die Verbindung der Linsengruppen auf keinen Fall im Vakuum ausdünsten durfte. Ebenso konnte man für die Blenden- und Verschlussmechanik im Objektiv keine herkömmlichen Schmiermittel verwenden, da diese kondensieren und sich an den Glasflächen niederschlagen könnten.

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Speziell für die Aufnahmen auf dem Mond entstand ein Kameramodell «Data Camera», das mit einer Reseau-Platte ausgestattet war, durch die hochpräzise positionierte Messpunkte im Bild einbelichtet wurden. Diese dienten später der messtechnischen (fotogrammetrischen) Auswertung der Bilder. Für diese Aufgabenstellung wurde auch eigens ein neues Objektiv entwickelt, das Biogon 5,6/60 mm, das neben exzellentem Kontrast und Schärfe vor allem grösstmögliche Verzeichnungsfreiheit bot.

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Dr. Ulf Merbold, der als deutscher Astronaut an drei Raumflügen teilgenommen hat (zwei Space Shuttle Missionen und ein Aufenthalt auf der russischen Raumstation MIR), hatte bei der ersten Mondlandung gerade sein Studium abgeschlossen. Das Ereignis hat er am Fernseher eines Nachbarn seiner Mutter verfolgt. Er war fasziniert – aber noch dachte er nicht an eine eigene Karriere in der Raumfahrt: «Es war damals gar nicht vorstellbar, dass ein Deutscher dahin gelangen könnte.» Als später die Bilder vom Mond veröffentlicht wurden, war Merbold begeistert. Ein Motiv mit dem Lunar Module und der wüsten Mondlandschaft ist für ihr das «Jahrhundertbild».

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Auf den Space Shuttle-Missionen lernte er selbst den Umgang mit Hasselblad Kameras und Zeiss Optiken. Das Fotografieren gehörte zum festen Programm des Trainings für die Astronauten. «Jeder musste mit der Ausrüstung umgehen können», erklärt Merbold „und auf jeder Mission war Filmmaterial für 10’000 Bilder an Bord.»
Ohne grosse Mühe verliefen Ende der 1960er Jahre die Vorbereitungen der Objektivspezialisten bei Carl Zeiss für die Apollo 11-Mission. Christian Ludwig, damals Leiter der Optik-Konstruktion für Fotoobjektive, erinnert sich: «Wir haben die Funktion unter den extremsten Bedingungen überprüft, die wir simulieren konnten. Es hat sich gezeigt, dass wir mit der Technik der eingesetzten Objektive, darunter auch Planar 2,8/80 mm und Tessar 5,6/250 mm, ohne mechanische Anpassungen zurecht kamen. Das speziell gefertigte Biogon 5,6/60 mm war allerdings, gerade auch durch den engen Zeitplan, eine Herausforderung.»

Bei den sechs Mondlandungen in den Jahren 1969 bis 1972 wurden rund 33’000 Bilder aufgenommen. Wer dort noch einmal hinreisen möchte, braucht keine Kamera mitzubringen. 12 Gehäuse, komplett mit Objektiven, liessen die Astronauten dort zurück. Man sollte allerdings Filmmagazine dabei haben, denn die haben die Astronauten mit zurück genommen.

Alle Bilder: NASA/courtesy of nasaimages.org.

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