David Meili, 5. September 2010, 10:35 Uhr

Medienschelte zum Sonntag, Ersatzjournalisten, und Christa Rigozzi ist unter der Haube

Pressespiegel zum Wochenende vom 4./5. September 2010
Medienthema der Woche ist eine ganzseitige Schelte an die Schweizer Sonntagspresse von Peer  Teuwsen und und Ralph Pöhner im Schweizer Split von DIE ZEIT. Die inszenierte und konzertierte Aktion verpufft weitgehend ins Leere. Nach der Publikation des Textes auf persoenlich.ch war die am Donnerstag publizierte „Analyse“ bereits am Sonntag aufgelaufen. Doch ZEIT MAGAZIN entschädigt mit einer Ausgabe über die Zukunft der Mode.

Der arg gescholtene Newcommer Sonntag wartete bereits mit einem weit interessanteren Thema auf. Mit der Übernahme der Chefredaktion der Basler Zeitung rechnete  Markus Somm mit einem Streik in der Redaktion und stellte ein Team von Ersatzjournalisten zusammen. CHF 500.- pro Tag für die Absichtserklärung, CHF 1 000.-, wenn es zum Einsatz kommen würde. Ein Traumhonorar für Bildreporter, doch Somm dürfte sie nicht in seinen Business-Plan einbezogen haben. Der Streik fand nicht statt. Wer auf eine feste Stelle angewiesen ist, übt Kadavergehorsam, und die andern haben das Boot bereits verlassen.

Die Frustration von Teuwsen und Pöhner ist verständlich. DIE ZEIT wird bereits in der ersten Wochenhälfte produziert, und der Schweizer Split hat seit seiner Einführung die Erwartungen der meisten Leser nicht erfüllt. Die Wochenzeitung bring sorgfältig redigierte Themen, doch wenn man die NZZ liest, findet man kaum etwas Neues, und in der Bleiwüste schon gar keine gute Bilder. Die Illustration des aktuellen Beitrags beschränkt sich auf bekleckte Schwarzweissabzüge der „besudelten“ Prominenz.

Doch der SonntagsBlick unterstützt unwillentlich die Thesen von Teuwsen und Pöhner.  Johannes von Dohnany sucht in einem „Interview“ und einem fatal verharmlosenden Kommentar mit Thilo Sarrazin die Provokation. Da Sarrazin („Verdummungs-Quotient“, Juden-Gen) das Interview nicht freigab, erzählt von Dohnany das Gespräch nach. Für andere Bilder als aus dem Archiv von Reuters hat es nicht gereicht. Wir verweisen auf einen treffenden Kurz-Kommentar von Peter Schneider zur genetisch bedingten „Verdummung“ auf der Titelseite der SonntagsZeitung. Dem ist nichts anzufügen.

Das weit interessantere Sonntags-Interview findet sich in der Beilage SonntagsBlick Sport. Andreas Böni befragt Sepp Blatter, mit Fotos von EQ Images. Beim nachfolgenden People-Bericht über das 13. Sepp-Blatter-(Plausch) Turnier in Ulrichen(Ober-Wallis) musste Knut Bobzien, wie wir es als Lokalkorrespondenten gewohnt sind, gleich selbst die Kamera zücken (Seite 11).

Philippe Rossier durfte für Philippe Pfister als Fotograf nach Rom, ganz nah zum Papst, wo nun Erzbischof Kurt Koch seine Berufung gefunden hat (SonntagsBlick Seiten 24/25). Die Aufnahmen zeigen Kurt Koch gelöst, in seinem Element, und am Layout ist nichts auszusetzen. Nicht sehr glücklich ist die Legende für das Making-Of-Bildli: „Treffen auf dem Petersplatz: Koch mit SonntagsBlick-Pfister“.

Aus der SonntagsZeitung (Seite 23) erfahren wir von Nadine Strittmatter, dass sich ein „Guter“ selten (ge-)traue, sie anzusprechen. Maurice Haas hat das nachdenkliche Model sentimental porträtiert. Einige Seiten weiter bringt Kurt Schorrer Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld ins Bild. Die Idee war nicht schlecht, doch geglückt ist diese Aufnahme nun wirklich nicht.

Bevor der Sommer endgültig zu Ende geht, gab es doch noch eine Traumhochzeit. Nach elf Jahren führte Giovanni Marchese Ex-Miss Schweiz Christa Rigozzi am Lago Maggiore zum Altar und ins Eden Roc. Sabine Wunderlin (Bildnachweis) konnten den Tag  für die Blick-Medien fotografisch mitverfolgen. Für den Beitrag von Sacha Ercolani in Sonntag bleibt es beim Bildnachweis „SF“. So schlecht fotografiert er gar nicht, der SF.

LE MATIN DIMANCHE treibt es bunt. 2/3 der Titelseite nimmt ein Bild der kurzfristig sich selbst ausgewilderten Affen vom Plättli-Zoo in Frauenfeld ein. (Michèle Limina). Tristan Cerf beschreibt das Abenteuer der Affen und Pfleger/innen auf einer ganzen Seite im Print. Die Bildstrecke findet sich HIER. Die Romands mögen ganz einfach „les amis à quattre pattes“, – und wir auch.

Tristan Cerf war diese Woche sehr fleissig. Auf Seite 21 in Le Matin Dimanche folgt ein Beitrag über die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch unter dem Titel „Cendrillon prend son pied“. Dominic Büttner stellt Corine perfekt ins Bild. Ob viele Kulturschaffende in der grössten Stadt der Schweiz ihre bisherige Regierungsbilanz in Sachen Kultur gleichermassen positiv sehen, bleibt offen. (Beitrag bis anhin ohne Bild nur für Handy verfügbar, – neuer Trend).

6 Kommentare zu “Medienschelte zum Sonntag, Ersatzjournalisten, und Christa Rigozzi ist unter der Haube”

  1. Ist doch schön wenn man nicht anderswo alles zusammensuchen muss. Noch interessanter wäre es zu wissen wer alles wirklich die fäden hinter der baz zieht. Warum die sich nicht outen kann man sich ja denken. Die Schweiz scheint aus lauter anonymer Fädenzieher zu bestehen. NB: MW hat die Notoperation Streik bereits dementiert. Schlimm wird es erst wenn die potentiellen Leser/Werbefritzen streiken. Dazu ist aber eher kreatives Wachstum denn Millionen gefragt. Wenn man den besten Fotoreporter im BaZ-Team zum Chefredaktor macht muss man sich nicht wundern wenn es bergab geht. Kreative Lösungen kann man sich nur erarbeiten, wenn man mit unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen als, zb. als Selbständigerwerbender.
    Wenn der stolze Pfau Basel nicht aus dem selbsterwählten Schneckenhaus kriecht oder zumindest die Türsteher nicht endlich entfernt wird es nichts mit dem publizistischen Wachstum. Aufoktrohierungen hat dem gemeinen Basler noch nie geschmeckt. Es muss Klartext geredet werden anstatt zensuriert. Sonst-Gute Nacht am schönen Rheinknie.
    Basel hat definitiv ein Informationsverteilungsproblem. Nur haben es noch zu wenige bemerkt weil es ihnen noch zu gut geht.
    Diese Analyse von einem Selbständigerwerbenden seit 18 Jahren in der Stadt.

  2. Danke Michael
    Die BaZ ist vergleichbar mit Le Temps in Genf. Le Temps hält sich, dank hoher Qualität und legt sogar zu. Die Zeitung vergibt auch Woche für Woche fair bezahlte Fotoaufträge an Freie. Der Werbemarkt in Genf ist weit härter als in Basel. Wenn ich einen Termin in Genf habe, gibt es ein Sandwich. In Basel geht man immer noch essen, und nach 16 Uhr erreichst Du niemanden mehr, ausser auf dem privaten Handy.

  3. Wenn die Baz sich am Qualitätsniveau der NZZ-sensationell neues design-gratuliere-orientiert gehts aufwärts. Das gilt auch für die Werbebotschaften. Schrott würde ich als Verleger schon gar nicht mehr tolerieren. Die könnten das doch, Kohle ist genug vorhanden. Die Werbefritzen brauchen endlich einen Tr.. wohin damit wir den nimmerendenden S… h nicht mehr schlucken müssen.
    Es ist beelendend mit welchem aufwand immer noch zuviel mist produziert wird auf fast allen medienkanälen. Ich glaube es wird erst besser wenn das konkret angesprochen wird.
    Die schweiz kann nur durch qualität nicht durch geldvermehrung wachsen.
    Sie muss Vorbild für die Welt sein.

  4. Interessant ist wer alles die Strippenzieher hinter den Medienverlagen, Radio-und TV-Stationen sind. Einfach mal alle Berichte durchlesen und Schlüsse ziehen. Ist ziemlich einfach. zb. die aktuellen berichte in woz, onlinereports und baz-online.
    Wenn in der Schweiz nicht Verhinderungen und Behinderungen abgeschafft werden dann nützt alles Geld der Welt nicht für den Fortschritt. China ist doch ein gutes extremes Beispiel. Kommunikation in homöopatischen Dosen, total kontrolliert. Exakt zur Eröffnung der Weltausstellung sehe ich aufs Mal Chinesen meine Webseiten konsultieren, obwohl nur reduzierter betrieb ist und seit jahren nichts aktualisiert.

Schreibe einen Kommentar

  • Kommentare werden erst nach Sichtung durch die Redaktion publiziert
  • Beachten Sie unsere Kriterien für Kommentare im Impressum
  • Nutzen Sie für Liefer- und Kontaktnachweise die Angaben im entsprechenden Artikel
  • Für Reparaturanfragen und Support bei Problemen wenden Sie sich bitte direkt an den Hersteller (siehe dessen Website) oder Ihren Händler
  • Beachten Sie, dass Fotointern.ch eine reine und unabhängige Informationsseite ist und keine Waren verkauft oder vermittelt
  • Ein Kommentar darf maximal 800 Zeichen enthalten.

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Noch 800 Zeichen

Werbung
Werbung

Abonnieren Sie jetzt Fotointern per E-Mail direkt in Ihr Postfach und verpassen Sie keine Beiträge mehr. Wir nutzen MailChimp für den Versand. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt dazustellen.Den Browser jetzt aktualisieren

×