Markus Zitt, 13. Januar 2012, 07:00 Uhr

photo12: Die Fotoszene der Schweiz feiert ihr erstes Event im Jahr 2012

Die photo12 öffnet, am Freitag den 13. Januar 2012, zum siebten Mal ihre Pforten. Auch dieses Jahr findet sie wieder in der Maag EventHall in Zürich statt. Mit Arbeiten von 125 ausgewählten Fotografen zeigt die Werkschau einen gefälligen Querschnitt durch die Schweizer Fotografieszene.

Die Veranstalter um Peter G. Kurath und Michel Pernet erwarten auch dieses Jahr über 15‘000 Besucher in der Maag EventHall.

Begleitet wird die Werkschau von einem breiten Rahmenprogramm. Im photoForum referieren namhafte Fotografen zu verschiedenen Themen. Als Keynote-Sprecher sind dieses Jahr unter anderem Marco Grob, Brigitte Lacombe, Robert Bösch und Jürgen Teller dabei.
Daneben stellen die Fotoagenturen VII und REZO sich und ihre Fotografen vor. Für die Agentur VII werden Gary Knight, Ron Haviv und Franco Pagetti am Freitagabend (13.01.2012, 20 Uhr) über ihre Arbeit an den gesellschaftlichen und politischen Brennpunkten dieser Welt berichten.

Zwei Sonderausstellungen begleiten die photo12: Der Fotokünstler Hannes Schmid zeigt eine spektakuläre Fotoinstallation in der Werft der Maag EventHall. Des Weiteren sind die Finalisten und Sieger des Hasselblad Masters 2012 ausgestellt.

Die photo12 in der Maag EventHall kurz vor der Vernissage am Donnerstag. Bild: Markus Zitt

 

Die Werkschau und exemplarische Arbeiten

Publikumsmagnet und zentrales Ereignis ist auch dieses Jahr die Werkschau. In der Maag EventHall zeigen die teilnehmenden 125 Fotografen ihre besten Arbeiten des Jahres 2011 aus den Bereichen Landschaft, Reportage, Kunst, Werbung, Porträt, Still und People, ohne dass dabei jedoch aktiv Schwerpunkte gesetzt werden.

Nora Hauswirth kuratiert als künstlerische Leitung die Werkschau der photo12 zum zweiten Mal. Unterstützt wurde sie dieses Jahr von der Co-Kuratorin Danaé Panchaud, die für die Westschweizer Fotografen zuständig ist. Zusammen haben die beiden Kuratorinnen aus über 380 Einsendungen die 125 interessantesten Fotoarbeiten ausgewählt.

Die Fotos werden in der Halle mehrheitlich liegend auf grossen Styroporblöcken präsentiert.

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Fotoarbeiten, die auffallen

Besonders hervorzuheben sind die Arbeiten folgender Fotografen:

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Dominique Teufen zeigt Fotografien, die eine Illusion von Räumlichkeit erzeugen. Die Aufnahmen entstanden mit Hilfe von gefaltetem und farbigem Papier, das die Fotografin auf eine Lichtbox montierte und abfotografierte.

Bild: Dominique Teufen

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Daniel Infanger überrascht mit Blätterkompositionen, die er im klassischen Kollodium-Nassplatten-Verfahren hergestellt hat.

Bild: Daniel Infanger

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Mit gehaltvollen Reportagen präsentieren sich Christian Bobst und Christoph Bangert. Bobst zeigt eine persönliche Arbeit über das Alltagsleben in Georgien/Armenien, während Bangert die Auswirkungen der Tsunami-Katastrophe in Japan im Rahmen einer Auftragsarbeit fotografierte.

Bild: Christoph Bangert

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Nathalie Taiana widmet sich als eine der wenigen Amateure, die an der Werkschau teilnehmen, dem Thema Vögel und überzeugt durch eigenwillige Bildausschnitte.

Bild: Nathalie Taiana

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Im Grenzbereich zwischen Still und Kunst ist die Arbeit von Patrik Fuchs anzusiedeln. Fuchs zeigt durch die Zeit deformierte Körper, die wie fossile Zähne anmuten und macht sie zu isolierten Objekten.

Bild: Patrik Fuchs

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Roberto Greco nimmt sich die klassische Stillleben-Malerei des Barocks zum Vorbild und fotografiert Tischszenen, die ihren gemalten Vorbildern in Ästhetik, Liebe zum Detail und an Farbigkeit in nichts nachstehen. Durch das Einfügen unerwarteter Elemente in seine Stillleben, wie z.B. tote Wellensittiche oder Ratten, bricht Greco dann mit seinen klassischen Vorbildern.

Bild: Roberto Greco

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Surreal muten die Fotografien aus der Arbeit „Geflutete Kathedralen“ von Silvio Maraini an, der unterirdische Trinkwasserreservoirs in der Schweiz fotografierte. Alle seine Fotografien sind unter realen Bedingungen entstanden, bei available light fotografiert und frei von Manipulation.

Bild: Silvio Maraini

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Maurizio Orlanduccio zeigt in seinem Triptychon eine verschneite Waldgruppe, die in ihrer zarten Farbigkeit besonders durch den Rahmen aus weissem Schnee und Himmel betont wird. In seinen Bildern bringt er seine Sehnsucht nach heiler Natur und Inseln der Ruhe zum Ausdruck.

Bild: Maurizio Orlanduccio

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Sarah Keller bewegt sich mit ihren Stadtansichten aus Marokko zwischen Architektur– und Landschaftsfotografie.

Bild: Sarah Keller

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Juraj Lipscher thematisiert in seinen Fotografien Objekte verschiedener Religionen und religiöser Strömungen, die in der Schweiz anzutreffen sind. Seine Stills gewähren den Religionen und Glaubensrichtungen ein gleichberechtigtes Nebeneinander.

Bild: Juraj Lipscher

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Eine Arbeit mit sehr persönlichem Bezug ist die von Claudia Fellmer, in der sie Geschichten um Fotografien des Grossvater mit einem eigenen Konzept beantwortet. Die Arbeit besticht konzeptionell und durch ihre Farbigkeit auf einer unauffälligen Ebene.

Bild: Claudia Fellmer

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Ebenfalls konzeptionell und persönlich ist die Arbeit von Daniel Espinoza. Bei dem Versuch, sich in fremden Städten heimisch zu fühlen, bediente er sich der Kamera als Vehikel gegen das Heimweh und zur Integration.

Bild: Daniel Espinoza


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Interview: Nora Hauswirth—Künstlerische Leitung photo12

In einem exklusiv mit fotointern.ch geführten Interview erläutert Nora Hauswirth ihr Vorgehen bei der Auswahl der teilnehmenden Fotografen für die Werkschau. So habe sie zusammen mit ihrer Co-Kuratorin Danaé Panchaud keine harten Kriterien bei der Auswahl angelegt, sondern vielmehr aus dem Bauch heraus entschieden, ob eine Arbeit in ihrer Gesamtheit schlüssig ist, qualitativ überzeugt oder gar neues Terrain betritt. Dabei haben Hauswirth und Panchaud die Idee stärker gewichtet als die technische Umsetzung. Ob der jeweilige Fotograf, die jeweilige Fotografin analog oder digital arbeite, sei inzwischen völlig irrelevant. Sie sei allerdings froh, so Nora Hauswirth, dass es keine 3-D-Bilder mehr in der diesjährigen Auswahl gegeben habe.

Gemeinsam ist allen ausgewählten Arbeiten, dass die Bilder in 2011 entstanden sein müssen oder Teil eines Projektes sind, das in 2011 abgeschlossen wurde. Die Arbeiten müssen einen Bezug zur Schweiz aufweisen oder die Fotografen müssen ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Wenige der ausgewählten 125 Fotografen sind keine Berufsfotografen. Bei den meisten Amateuren merke man anhand der eingereichten Arbeiten schnell, ob das fotografische Niveau über eine grössere Fotostrecke hinweg beibehalten werden könne.

Gerne hätte Nora Hauswirth noch mehr Reportagen gezeigt. Unter den Einsendungen, so sagt sie, befanden sich allerdings sehr wenige Reportagen. Auch Schweizer Themen wurden dieses Jahr nur wenige eingereicht. Für Nora Hauswirth ein unerklärliches Phänomen, da die photo12 sich doch inzwischen als Werkschau der Schweizer Fotografie positioniert hat.

Auch mit besonderen Bemühungen konnte der Anteil der teilnehmenden Westschweizer Fotografen nicht vergrössert werden. Umso mehr freut sich Nora Hauswirth, dass die Fotoschule in Vevey (CEPV) mit fünf Fotografinnen teilnimmt und auch die Westschweizer Fotoagentur REZO Arbeiten ihrer Fotografen zeigt.

In einer Bilanz, die die künstlerische Leiterin nach ihrem zweiten Jahr bei der photo12 zieht, vermisst Nora Hauswirth allerdings eine mutigere Fotografie. Fotografie, die sich mehr und Neues zutraut und dabei auch Grenzen zu verschieben mag.

 

Eröffnungsfeier am Donnerstag, 12. Januar 2012

Um 18 Uhr öffneten am gestrigen Donnerstagabend die Türen zur Eröffnungsfeier. Knapp eine Stunde später war die Halle bereits bestens gefüllt. Vor allem die Zürcher Fotoszene traf sich, diskutierte, beobachtete und erfreute sich an sich selbst.

Während Marco Grob schon fleissig Fernsehinterviews gab, balancierte das wohl organisierte Catering-Team diverse Gänge Fingerfood quer durch die Halle.

Dabei gerieten die ausgestellten Fotoarbeiten hin und wieder zur Nebensache. Das fachkundige Publikum musste sich für einen umfassenden Einblick in die Werkschau mühselig durch die Anordnung der Styroporkuben arbeiten.

Für Thomas Seelig, Sammlungskurator des Fotomuseums Winterthur, hatte die Werkschau denn auch mehr Messe- als Ausstellungscharakter. Nur wenige der ausstellenden Fotografen hätten, seiner Meinung nach, die ihnen zur Verfügung stehende Ausstellungsfläche konsequent genutzt und sich dadurch positiv hervorgehoben. Die meisten würden in Anonymität versinken.

Andere Besucher begrüssten an diesem Abend das Ausstellungsdesign mit den verschieden hohen Styroporkuben, durch die das Betrachten der Fotografien vereinfacht würde.

Doris Fanconi, Besucherin und selbst ausstellende Fotografin, genoss die Vielfalt der ausgestellten Arbeiten. Nur eine Veranstaltung in dieser Grössenordnung und innerhalb dieser Räumlichkeiten könne der fotografischen Vielfalt der Schweizer Fotoszene gerecht werden und als Plattform für Inspirationen dienen.

Die Werkschau bot solide Fotografie, wirklich Neues bot sie nicht. Die Eröffnungsfeier bleibt Event und Treffpunkt für die Fotografenszene. Am Abend der Vernissage gab es vor allem schnellen Konsum und wenig Nachhallendes.

 

Text und Interview: Meike Hanne Seele

Fotos (Interview und Ausstellungsdokumentation): Markus Zitt

 

 

Weitere Infos

Die photo12 hat ihre Tore von Freitag, den 13. bis Dienstag, den 17. Januar 2012 von jeweils 11 – 20 Uhr geöffnet.
Im begleitenden Rahmenprogramm finden sich interessante Einzelveranstaltungen mit hochkarätigen Referenten.

 

Einige frühere Artikel zur photo12: Gary Knight und Juergen Teller kommen nach Zürich, Werkschau und photoFORUM, 125 Fotografen aus 380 Bewerbern ausgewählt.

2 Kommentare zu “photo12: Die Fotoszene der Schweiz feiert ihr erstes Event im Jahr 2012”

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