Urs Tillmanns, 23. September 2023, 10:23 Uhr

Buchtipp: Thomas Eichenberger «Eisenbahnbilder – Eisenbahnbild»

In der Reihe der ETH-Bibliothek ist ein Buch erschienen, das sowohl Bahnbegeisterte als auch Fotografie-Interessierte faszinieren dürfte. Es gibt einen kleinen Einblick in das Fotoarchiv von Hans-Peter Bärtschi, das mit mehr als 250’000 Aufnahmen ein halbes Jahrhundert wichtigster Bahngeschichte dokumentiert.

Der Verlag Scheidegger & Spiess pflegt eine Buchreihe über bestimmte Themen der ETH-Bibliothek, in der nun mit Band 8 das Fotoarchiv von Hans-Peter Bärtschi vorgestellt wird. Hans-Peter Bärtschi (1950–2022) hat sich intensiv mit der Schweizer Industrie- und Technikgeschichte befasst, vor allem mit Bahnbauten und Schienenfahrzeugen, die er leidenschaftlich mit seiner Kamera festhielt. Daraus ist eine Bildersammlung von rund einer Viertelmillion Fotos entstanden, die er im Frühjahr 2014 dort deponierte, wo er einst sein Studium absolviert hatte: an der ETH in Zürich. Seither wird der riesige Bestand digitalisiert und in der ETH-Bibliothek sukzessive der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Buch, das nun zu dieser Sammlung erschienen ist, ist in zweierlei Hinsicht interessant: Erstens dürfte es die Eisenbahnfans begeistern, nicht nur wegen den vielen Fotos von verschiedensten Lokomotiven, Rollmaterial und Bahnbauten, sondern auch durch den aufschlussreichen Text von Thomas Eichenberger mit vielen Details zur Bahngeschichte. Zweitens ist es ein Bildband zur Fotogeschichte, weil die meisten der Fotos von Hans-Peter Bärtschi Objekte und Ansichten zeigen, die längst der Vergangenheit angehören und über den dokumentarischen Wert hinaus auch fotografisch interessant sind.

Hans-Peter Bärtschis Begeisterung für die Eisenbahn kam nicht von Ungefähr. Er wuchs unweit des damaligen SBB-Depots Lindstrasse in Winterthur auf und war somit fast rund um die Uhr von Eisenbahnen umgeben. Besonders faszinierte hatte ihn in seiner Jugendzeit beispielsweise eine Dampfspeicherlokomotive des Gaswerks Winterthur, die oft «vor seiner Haustür» vorbeifuhr und die wir nun selbstverständlich auch in diesem Buch wiederfinden. Oder wir haben Einblick in Bahnanlagen, Montagehallen und Depots, die längst modernisiert oder wegrationalisiert worden sind – Bilder, die Dank dem wohlweislichen Entschluss von Hans-Peter Bärtschi, seine Bildersammlung der ETH zu vermachen, weiterhin erhalten bleiben.

Die Bilder überzeugen auch fotografisch, denn Hans-Peter Bärtschi hatte nicht nur ein Auge für interessantes Schienenmaterial, sondern er verstand es auch dieses in passenden Landschaften wohlgestaltet zu fotografieren. Damit wird das Buch zu einem interessanten und lehrreichen Bildband auch für Leserinnen und Leser, die weniger an der Bahngeschichte, sondern vielmehr an Fotografie interessiert sind.

Für wen ist dieses Buch? Es trifft perfekt die beiden schon erwähnten Zielgruppen von Bahnbegeisterten einerseits und Fotografie-Interessierten anderseits. Aber es kommt ihm noch eine dritte Bedeutung zu: Das Buch ist ein Dokument zum Lebenswerk von Hans-Peter Bärtschi, dessen verdienstvolles fotografisches Schaffen damit einen bleibenden Platz findet.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Der Architekturhistoriker Hans-Peter Bärtschi (1950–2022) hat als Pionier der Industriearchäologie und Autor zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel grosse Bekanntheit erlangt. Zeitlebens setzte er sich beharrlich für den Erhalt von Kulturgütern ein, die Zeugnis der Schweizer Industriegeschichte ablegen, wozu insbesondere auch Bahnbauten und Schienenfahrzeuge zählen. Als Mitbegründer der Stiftung Industriekultur baute er ein Archiv von grossteils selbst aufgenommenen Fotografien auf, das mehr als 250’000 Bilder umfasst und heute vom Bildarchiv der ETH-Bibliothek in Zürich betreut und zugänglich gemacht wird.

Eisenbahnbilder – Eisenbahnbild präsentiert eine reiche Auswahl an Aufnahmen aus dem frühen Fotoschaffen Bärtschis. Die Aufnahmen dokumentieren den grossen Umbruch im Schweizer Eisenbahnwesen ab Mitte der 1960er-Jahre. Der Fotograf Bärtschi eiferte dabei keineswegs der üblichen Hochglanzmanier einschlägiger Eisenbahnbücher nach. Sein scharfer analytischer Blick, der seinen Bildern ein hohes Mass an Authentizität verleiht, wird stets durch etwas Wehmut gemildert, mit der er etwa die Werksdampflokomotiven von damals führenden Schweizer Industriebetrieben oder die Veteranen auf Schweizer Schienen ablichtete.

 

Der Inhalt

Vorwort
Einleitung

Eisenbahnbilder – Eisenbahnbild / Die Anfänge von Bärtschis Fotografie gewordener Liebe zur Eisenbahn / Die Entwicklung des Schweizer Eisenbahnwesens nach dem Zweiten Weltkrieg / Selektive Dokumentation / Schwerpunkte der Bildauswahl

Bildteil

Biografie
Impressum

 

Der Autor

Thomas Eichenberger, geboren 1959, studierte nach der Matura an der Alten Kantonsschule in Aarau Geschichte, Englische und Deutsche Literatur an der Universität Zürich und promovierte 1988 mit einer Studie zur Bedeutung des Wortes Patria im Früh- und Hochmittelalter. Nach langer Tätigkeit im Personalbereich und in der Bibliothek der ETH Zürich wandte er sich vor einigen Jahren wieder historischen Themen rund um die Modernisierung der Schweiz ab der Mitte des 19. Jahrhundert zu und beschäftigt sich mit Fragen zur Verkehrs-, Technik- und Wissenschaftsgeschichte. Anfang 2023 erschien sein Buch «Die Wynental- und Suhrentalbahn. Vom Gotthardzubringer zur S-Bahn» im Zürcher Chronos-Verlag.

 

Der Fotograf

Hans-Peter Bärtschi (1950-2022) studierte Architektur an der ETH Zürich und verfasste die Dissertation «Industrialisierung, Eisenbahnschlachten und Städtebau». Er engagierte sich für den Erhalt von Kulturgütern in der Struktur der Architektur und gründete das «Büro Arias – Architektur Industriearchäologie Stadtentwicklung». Er fotografierte in seinem Arbeitsleben ca. 350’000 Fotos zur Industrie-Arbeitswelt, die in der ETH-Bibliothek digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht wurden. Zudem kuratierte er in zahlreichen Museen Ausstellungen zur Industriegeschichte. Darüber hinaus war Bärtschi Autor zahlreicher Publikationen im Bereich Technik, Architektur und Bautechnikgeschichte und wirkte bei zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen mit.

 

Bibliografie

Thomas Eichenberger: «Eisenbahnbilder – Eisenbahnbild»

160 Seiten, 94 farbige und 157 sw-Abbildungen, Fadenbindung, fester Umschlag, Format 20 x 26 cm, 2023
Buch Nr 8 der Reihe ETH-Bibliothek
herausgegeben von Michael Gasser und Nicole Graf
Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich
Preis: CHF 59.00
ISBN 978-3-03942-153-4

Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden

Alle Bücher der Buchreihe ETH-Bibliothek von Scheidegger & Spiess

Informationen über die von Hans-Peter Bärtschi gegründete Stiftung Industriekultur

 

Ein Kommentar zu “Buchtipp: Thomas Eichenberger «Eisenbahnbilder – Eisenbahnbild»”

  1. Ich habe Hans-Peter Bärtschi auf Bahnexkursionen und Führungen immer wieder getroffen. Bewundert habe ich immer seine überlegte und unaufgeregte Art zu fotografieren. Er schien immer zu wissen wieso und warum er etwas so und nicht anders fotografierte. Schön, dass dieses Buch realisiert werden konnte. Bilder aus einer Zeit die nie mehr kommt.

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