Urs Tillmanns, 25. November 2023, 11:26 Uhr

Buchtipp: Ruth Bernhard – Fotografien 1930-1976

Ruth Bernhard ist als eine der bedeutendsten Aktfotografinnen bekannt, aber nicht nur. Ihr Werk umfasst auch viele Sillleben, Werbeaufnahmen und Porträts, die vom damaligen realistischen Fotostil geprägt waren. Jetzt beleuchtet dieses neue Buch ihre Persönlichkeit und ihr kreatives Lebenswerk.

Eines von vielen Highlights am Art Salon Zurich (Fotointern berichtete) waren eine Reihe von eindrucksvollen Aktaufnahmen am Stand der Galeristin Susanne Albrecht. Die Bilder waren von eindrücklicher Ästhetik und liessen sofort den kreativen Stil der Fotografin erkennen: Ruth Bernhard. Ähnlich wie ihre Stillleben faszinieren auch die Akte durch ihre Einfachheit, durch ihre subtile Modulation und durch die perfekte Lichtführung, mit der Bernhard die Schönheit des weiblichen Körpers zum Ausdruck bringt.

Ruth Bernhard hat sich mit der Fotografie befasst als die Neue Sachlichkeit und die f/64-Gruppe als Ableger davon in den USA die fotografische Stilrichtung der gegenständlichen und realistischen Darstellung massgeblich prägten. Zwar geht deren Ursprung auf frühere Jahre zurück – 1924 in Deutschland und 1932 in den USA –, doch stand Ruth Bernhard mit vielen prominenten Vertretern der f/64-Gruppe in freundschaftlichem Kontakt, vor allem mit Ansel Adams und Edward Weston. Beide waren grosse Vorbilder und Förderer von Ruth Bernhard, vor allem Edward Weston, den sie 1935 traf und von seinen Bildern ausserordentlich begeistert war. «Ich hatte viele Lieben in meinem Leben» sagte Ruth Bernhard in einem Interview mit Margaretta Mitchel, «aber ich hatte nie einen Menschen, den ich mehr geliebt habe als Weston».

Das Buch über Ruth Bernhard, das eigentlich als Katalog der gleichnamigen Ausstellung in der Galerie Albrecht in Berlin erschien, ist in zweierlei Hinsicht wichtig: Einmal zeigt das Werk mit den 95 ganz- und doppelseitigen Bildern einen repräsentativen Querschnitt durch die verschiedenen Kreativbereiche von Ruth Bernhard, wie neben den erwähnten Aktfotos auch Landschaften und Stillleben. Anderseits stellen die beiden Texte, die im Buch deutsch und englisch abgedruckt sind, äusserst aufschlussreich das Leben und Werk dieser aussergewöhnlichen Fotografin dar. Fotohistoriker Hans-Michael Koetzle beleuchtet vor allem ihre Biografie und die Bedeutung ihres Lebenswerkes in der fotografischen Moderne, während der englische Fotograf Michael Kenna in seinem Text die persönlichen Erinnerungen einer achtjährigen engen Zusammenarbeit mit Ruth Bernhard wiedergibt. Beide Texte ergeben ein sehr abgerundetes Bild zur Persönlichkeit und zum Schaffen von Ruth Bernhard mit vielen neuen Erkenntnissen und interessanten Folgerungen.

Für wen ist dieses Buch? Es wird vor allem die Leserinnen und Leser begeistern, die sich für jene Epoche der klassischen Fotografie der 1940er- bis 1970er-Jahre interessieren, in welcher die meisten wichtigen Werke von Ruth Bernhard entstanden sind. Dann ist das Buch auch allem empfohlen, die sich speziell für die Biografie von Ruth Bernhard und der Bedeutung ihres Werkes interessieren, was in dieser aktuellsten und sehr sorgfältig recherchierten Ausgabe besonders umfassend zum Ausdruck kommt.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Leben und Werk von Ruth Bernhard (1905-2006) sind mit der Geschichte der bedeutendsten Fotografen Nordamerikas verbunden, mit Ansel Adams, ihrem lebenslangen Freund und Lehrer Edward Weston sowie Immogen Cunningham und Dorothea Lange. Doch in Deutschland gilt es, das Werk der in Berlin geborenen Fotografin noch zu entdecken. Der vorliegende Katalog zeigt als erste Publikation überhaupt in einem Querschnitt durch ihr mehr als vier Jahrzehnte umfassendes Werk sowohl Aktfotos als auch andere Sujets, die einen wesentlichen Teil ihrer künstlerischen Fotografie ausmachen. Berühmt wurde sie durch die Art und Inszenierung ihrer Akte. Ansel Adams bezeichnet sie als «größte Aktfotografin» überhaupt. Sie war eine der ersten Frauen, die den Frauenakt vom männlichen Blick emanzipierte, revolutionär sind die beiden Fotos «In the Box Vertical» und «In the Box horizontal»: der Akt im Pappkarton. In die Geschichte ging sie zudem ein durch ihre Studioaufnahmen, in denen sie unter raffiniert ausgeklügeltem Einsatz von Licht den Modellen und Gegenständen Tiefe verlieh. Ihre Werke befinden sich in den Sammlungen großer Museen der USA, Europas, Japans und Mexikos.

 

Der Inhalt

Titel

Ruth Bernhard und ihr Beitrag zum fotografischen Moderne
Ruth Bernhard and her contribution to photographic modernism
Hans-Michael Koetzle

Ruth Bernhard. Das Unsichtbare fotografieren
Ruth Bernhard. Photographing the Invisibles
Michael Kenna

Inhaltsverzeichnis

Impressum

 

Die Fotografin und die Autoren

Ruth Bernhard wurde am 14. Oktober 1905 in Berlin als Tochter des bekannten Plakatmalers und Typografen Lucian Bernhard geboren, studierte Geschichte und Typografie an der Akademie der Künste in Berlin und wanderte 1927 nach New York aus, wo sie im Fotolabor eines Magazins arbeitete. Sie begann 1930 als Werbe- und Modefotografin zu arbeiten, traf 1935 den Fotografen Edward Weston und zog nach Carmel-by-the-Sea (Kalifornien) und 1953 nach San Francisco. Sie war mit Ansel Adams, Minor White, Wynn Bullock sowie Imogen Cunningham befreundet, wobei sie vor allem von Edward Weston bezüglich ihrer Aktfotografie nach 1935 stark gefördert wurde. In ihrem Fotostudio in Hollywood konzentrierte sie sich auf künstlerische Darstellung von Stillleben sowie Porträts von Kindern Prominenter. In den 1950er- und 1960er-Jahren pflegte sie leidenschaftlich ihre ästhetische Aktfotografie. Nach 1958 hielt sie zahlreiche Vorträge und leitete Workshops vielerorts in den USA. Ihre Werke wurden weltweit auf über 200 Ausstellungen gezeigt. Sie befinden sich heute im Archiv der Princeton University. Sie verstarb am 18, Dezember 2005 in San Francisco.

Hans-Michael Koetzle (*1953) ist freier Schriftsteller und Journalist mit Schwerpunkt Geschichte und Ästhetik der Fotografie. Er studierte Germanistik und Geschichte in München, publiziert über die Fotografie im 20. Jahrhundert Fachartikel und Fachbücher. Er wurde 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Photographie mit dem Kulturpreis ausgezeichnet.

Michel Kenna (*1953) studierte an der Banbury School of Art und dem London College of Printing, ging 1977 nach San Francisco, wo er acht Jahre lang für Ruth Bernhard arbeitete. Zu seinen wichtigsten Werken gehören verschiedenste Fotoserien sowohl über deutsche Konzentrationslager als auch Studien japanischer Landschaften.

 

Bibliografie

Ruth Bernhard – Fotografien Photographies 1930-1976

96 Seiten, 37 Abbildungen, gebunden, Format 22 x 28 cm, Softcover, Schutzumschlag,
mit Texten von Hans-Michael Koetzle und Michael Kenna
Sprachen: Deutsch und Englisch
Verlag Wasmuth & Zohlen, Berlin
Herausgeberin: Galerie Albrecht Berlin, Susanne Albrecht
Preis: CHF 48.90/ EUR 34,00
ISBN 978-3-8030-3416-1

Das Buch kann im Buchhandel, in der Galerie Albrecht oder direkt beim Verlag bestellt werden.

 

 

 

 

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