Urs Tillmanns, 14. März 2024, 09:00 Uhr

«Lichtblick» im Bellevue: Protestbilder der 1970er Jahre – und von heute

Die Ausstellung spannt einen fotografischen Bogen von den bewegten Zeiten der 1970er-Jahre zur heutigen Zeit. Was ist vom damaligen Aufbruch geblieben? Worin unterscheiden sich die heutigen Bilder? Ein kontroverses Netz von Reportagebildern, Schnappschüssen und symbolhaften Aufnahmen.

Die 1970er Jahre waren eine Zeit des Aufstandes. Es waren vor allem von Jugendorganisationen, die sich in politisch-gesellschaftlicher Hinsicht gegen das Establishment auflehnten, und sich gegen viele Vorhaben durchsetzen konnten – und dies bis in die Gegenwart. Zu jeder Zeit, und mit jedem Erfolg, gab es Lichtblicke – Lichtblicke, die in dieser Ausstellung an die Öffentlichkeit gelangen.

 

Die Ausstellung stellt historische Bilder von Kurt Graf den Protest-Fotografien zeitgenössischer Fotografinnen und Fotografen gegenüber

Initialzündung zur Ausstellung war der Nachlass der Agentur Kurt Graf / fotolib Basel, welcher die vielfältigen Proteste, Ereignisse und Projekte der 1970er-Jahre aus einer Innensicht heraus dokumentiert. Im Dialog dazu präsentieren zeitgenössische Fotografinnen und Fotografen ihre Bilder zu Themen wie Arbeit, Gleichberechtigung, Antimilitarismus, Wohnformen oder Energie und Umwelt. So entstehen spannende Gegenüberstellungen von Bildern aus zwei Epochen zu ähnlichen Themen die verdeutlichen, dass die Probleme dieselben geblieben sind, dass sich jedoch deren Visualisierung und Interpretation zeitentsprechend verändert haben.

Der Spannungsbogen zwischen Gestern und Heute regt zu Assoziationen, Vergleichen und Diskussionen an. Die Bilder der Gegenwart sind in ihrem Ausdruck zum Teil symbolhafter und distanzierter als das historische Bildmaterial. In beiden Gruppen finden sich aber auch die schnellen Schnappschüsse, die belegen wollen, dass ein Ereignis stattgefunden hat und dass man Teil davon war.

 

Die Installation «Watching the World» von Kurt Caviezel zeigt laufend wechselnde Webcam-Bilder, die durch künstliche Intelligenz kuratiert werden und ein faszinierendes Live-Fenster in die Welt eröffnen

Der Nachlass Kurt Graf/fotolib Basel ist eine visuelle Dokumentation jener politischen Bewegungen, Ereignisse und Ideen, die in der Schweiz der 1970er-Jahre eine ganze Generation prägten. Ab 1975 dokumentierten Kurt Graf, Heiner Vogelsanger und Marcel Geiger als Fotografen-Kollektiv Widerstand und Protest, Aufbruch und Utopien. Den Ausschlag hatte die Besetzung des AKW-Baugeländes in Kaiseraugst im April 1975 gegeben. Die analogen Schwarzweiss-Fotografien entstanden, um das Engagement festzuhalten und weitherum bekannt zu machen.

 

Thema: «Gerechte Löhne und bessere Arbeitsbedingungen!»

Wie ein roter Faden zieht sich eine historische Bilderreihe durch den Raum. Dieser erzählt Geschichten und zeugt vom Aufbruch in den verschiedensten Lebensbereichen. In den Reportagen der Zentralwäscherei beispielsweise wird die Mühsal der Arbeit spürbar: Wäscheberge, Fliessbänder, viele Frauen, meist Migrantinnen, die Hand in Hand arbeiten. Dann der Streik und die Solidaritätsveranstaltungen, endlich soll es besser werden!

 

Themen: «Wenn Frau will, steht alles still!», «Für eine lebenswerte Stadt!» und «Mehr Platz für Kinder!»

Was ist von diesem Aufbruch der 1970er-Jahre übrig geblieben? Wie präsentieren sich die einstigen Bewegungen heute und welche Bilder prägen unsere Gegenwart? BelleVue hat verschiedene Fotografinnen, Fotografen und Organisationen, mehrheitlich aus der Region Basel, gebeten, aktuelle Aufnahmen zu den Themen der Ausstellung beizutragen. Wie ein Brainstorming von Gedanken sind die grösseren zeitgenössischen Fotografien in der Ausstellung platziert. Eigenständig, eher symbolisch im Ausdruck, beschreiben sie bestimmte Zustände unserer Gesellschaft. Dazugestellt werden kleinere, dokumentarische Bildformate, zu den Themen der Ausstellung passend: Aktionen, Demonstrationen, Projekte, Engagement der Menschen im Kleinen und Grossen für die Sache, die ihnen am Herzen liegt.

 

Themen: «Internationale Solidarität», «Frieden jetzt» und «Wenn Frau will, steht alles still!»

Der Vergleich von historischen und zeitgenössischen Fotografien zeigt neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten. Viele digital entstandene Aufnahmen von politischen Aktivitäten auf der Strasse beschreiben, wie sich Menschen zusammentun und mit Transparenten ihre Forderungen verkünden. Solche Protestbilder gibt es heute wie damals in schier unüberschaubarer Fülle. Die Fotografie der Gegenwart ist zwar farbig, zuweilen von distanziertem Ausdruck und gut komponiert. Doch immer wieder finden sich auch – wie in den 1970er-Jahren – schnelle Schnappschüsse, die bezeugen sollen: So ist es gewesen, wir waren auch dabei!

 

Thema: «Es gibt keinen Planeten B!»

Im Ausstellungsraum sind Interviews von Schülerinnen und Schülern zu hören, die sie mit früheren und heutigen Aktivist/innen geführt haben. Ein reichhaltiges Rahmenprogramm in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen lädt zu Vorträgen, Führungen und Gesprächsrunden ein. Ergänzend zu den gezeigten Fotografien können Besucherinnen und Besucher eigene Erinnerungsstücke an die damaligen Bewegungszeiten mitbringen.

(Redigierter Pressetext)
Situationsbilder: Urs Tillmanns / Fotointern

Die ausstellenden Fotografinnen und Fotografen

Dominik Asche, Sabina Bobst, Johanna Bossart, Annette Boutellier, Kurt Caviezel, Fabian Fiechter, Christian Flierl, Regine Flury, Daria Frick, Claude Giger, Raphaela Graf, Lukas Gysin, Tom Heinzer, Walter Hiltpold, Basil Huwyler, Christian Jaeggi, Eleni Kougionis, Yoshiko Kusano, Frank Maike, Stefan Pangritz, Maria Patzschke, Klaus Petrus, Marc Renaud, Karina Rogaczewski, Saskja Rosset, Daniel Rüetschi, Kaspar Ruoff, Stefan Ryser, Mel Schmid, Roland Schmid, Kathrin Schulthess, Azura Silberschmidt, Richard Spillmann, Franziska Stier, Hans-Jörg F. Walter, Tjefa Wegener, Franziska Willimann, Marco Zanoni

Die Ausstellung «Lichtblick» ist noch bis 16. Juni 2024 zu sehen im

BelleVue – Ort für Fotografie
Breisacherstrasse 50
CH 4057 Basel

Öffnungszeiten: jeweils Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr
sowie bei Sonderveranstaltungen (siehe Rahmenprogramm)

 

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