Wenn Sie sich für die Geschichte eines Bergdorfes und dessen Wandel zum luxuriösen Kurort sowie für die damit verbunden Illustrationen und Fotografien interessieren, dann dürfte Sie das Buch «wie die Luxushotellerie Engelberg veränderte» besonders ansprechen.
Nein, es ist kein Fotobuch, wie wir diese hier üblicherweise besprechen, aber die Bilder, welche die interessanten Geschichten der einstigen oder noch existierenden Hotels Engelbergs schmücken, dürften für viele Leserinnen und Leser mindestens von fotohistorischem Interesse sein. Es sind Fotos, die als Werbemittel von den damaligen Fotografen mit Grossformatkameras und aller professionellen Sorgfalt hergestellt worden waren und deshalb wertvolle Leistungsbeweise fotografischen Könnens sind. So gesehen ist es eben doch ein Fotobuch …
Das Werk der Historikerin Katharina Odermatt zeichnet die Geschichte Engelbergs und der dortigen Hotellerie lückenlos auf, wobei den Illustrationen, sowohl den zeichnerischen Darstellungen als auch der Drucksachen bis hin zu den Fotografien eine wichtige Rolle zukommt. Inhaltlich spannend sind vor allem die frühen Reiseberichte des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts als es noch keine Fahrstrasse gab und man Engelberg nur zu Fuss oder zu Pferd erreichte – oder in einer Sänfte, sofern man sich dies leisten konnte.
Kernthema des Buches ist die Entwicklung der Hotellerie in Engelberg, mit deren beeindruckenden Entstehungsgeschichten, aber auch mit der Konkurrenzsituation der Ersten Häuser am Platz bis hin zum Alltag der Angestellten und der Infrastrukturentwicklung mit der Elektrifizierung, dem Telegrafen oder dem Telefon. Dann vermittelt und das Buch einen Einblick in die Entwicklung der Hotels zu Kurhäusern, die eine neue und vermögende Gastkundschaft anlockten, wodurch sich das einstige Klosterdorf zum mondänen Kurort entwickelte. Das Buch vermittelt uns die vollständige Geschichte des Hotelwesens und der einzelnen Gast- und Kurhäuser mit vielen wissenswerten und aufgearbeiteten Einzelheiten. Die Texte sind nicht nur historisch informativ und inhaltlich umfassend, sondern sie sind gespickt spannenden Episoden und Legenden quer durch alle Epochen. Wissenswert sind dabei zum Beispiel die Berichte der Hotelbelegungen während den beiden Weltkriegen durch Internierte oder die Schilderungen des sich wandelnden Lebensstils der einheimischen Bevölkerung durch den Einfluss des Tourismus.
Die Bebilderung des Buches ist, passend zum chronologischen Ablauf des Buches, entsprechend vielfältig. Viele der Bilder, vor allem im vorderen Buchteil sind Zeichnungen beziehungsweise Lithografien, die aus der vorfotografischen Zeit stammen. Doch bald nimmt man den Einfluss der Fotografie in den Ansichten und Werbemitteln wahr, welche die oft übertrieben zeichnerischen Darstellungen mit einem entlarvenden Realismus ablösten. Die «Feenpaläste» wurden von den Fotografen nach allem Regeln der Kunst perfekt abgelichtet, nicht nur die architektonisch bedeutenden Aussenansichten, sondern auch die vielfältigen und luxuriösen Interieurs, mit denen dem Wunsch- und Lebensstil der noblen Klientel entsprochen wurde.
Das Buch ist weiter geschmückt mit Werbemitteln aller Arten durch die verschiedenen Epochen, mit Prospektansichten, Kofferetiketten oder Postkarten, deren Veränderung im Laufe der Zeit uns einen spannenden Rundgang durch die sich wandelnde Grafik aufzeigt. Dabei spielt natürlich die Postkarte eine bedeutende Rolle, die als wichtigstes damaliges Kommunikationsmittel mit den Zuhausegebliebenen ebenso diente, wie auch als Werbeträger für die auf der Frontseite abgebildeten Luxuspaläste oder die verlockenden Landschaften. Unnötig zu betonen, dass das Geschäft mit den Postkarten für die lokalen Fotografen lange Zeit ein sehr rentables war, das im Lauf der Zeit im stärker durch die aufkommenden Postkartenverlage abgelöst wurde.
Für wen ist dieses Buch? Auch wenn die Fotografie neben dem sehr umfassenden und historisch wichtigen Text nur eine begleitende Rolle spielt, so ist die Entwicklung der Illustration von den frühesten zeichnerischen Darstellungen bis und mit der Fotografie vor grosser Bedeutung. Das Buch dürfte demzufolge sowohl für Lesende, die sich für die Hotel- und Tourismusentwicklung Engelbergs interessieren als auch für grafisch und fotografisch Interessiere ein heisser Tipp sein.
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
Die Hotelpaläste, die in der Belle Epoque das Engelberger Dorfbild dominierten, waren Ausgangspunkt der touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Tals. Sie spielten eine grosse Rolle beim Ausbau der lokalen Infrastruktur. «Feenpaläste voller Licht» präsentiert erstmals einen Gesamtüberblick über dieses Kapitel lokaler Tourismusgeschichte – von den bescheidenen Anfängen im frühen 19. Jahrhundert über die Blütezeit zur Jahrhundertwende und schliesslich zum langsamen Verblassen im Gefolge von zwei Weltkriegen mit den einhergehenden gesellschaftlichen Umbrüchen. Reich bebildert und mit vielen Quellenzitaten versehen, lädt das Buch zu einer spannenden Reise in die Vergangenheit ein, die auch zum Nachdenken über Gegenwart und Zukunft anregt.
Der Inhalt
Vorwort von Alex Höchli
Prolog -Aufklärung und Romantik
Alpenluft – Erste Hälfte 19. Jahrhundert
Paläste, Postkutsche und Telegraf
Gründerzeit 1 – Gastliche Häuser (1870-1898)
Zwischenspiel – Hotelparks
Zwischenspiel – Hinter den Kulissen: Das Personal
Gründerzeit II – Das gastliche Tal (1870 – 1898)
Zwischenspiel – Ephemera
Das kurze (Winter-)Märchen der Belle Epoque (1899-1914)
Zwischenspiel – Stammbäume: Äste und Verzweigungen
Kriegsjahre (1914-1918)
Zwischenspiel – Welten treffen aufeinander:
Projektionen und Reibungen
Zeitenwende: Sport, Jazz und Krisen (1919 -1939)
Epilog – Umbruch, Aufbruch und Abbruch
Bibliographie
Dank/ Sponsoren
Die Autorin
Katharina Odermatt (1968*) wohnt in Engelberg und studierte neuzeitliche und mittelalterliche Geschichte und Politologie in Bern. Die freischaffende Historikerin und Autorin zeichnet sich durch ein profundes Wissen in Lokalgeschichte und in der Geschichte der Kantone Ob- und Nidwalden aus. Seit Jahrzehnten veröffentlicht sie Beiträge zur Geschichte Engelbergs in verschiedenen Publikationen, z.B. im Engelberger Jahrbuch (Ängelbärger Zeyt) und leitet als Co-Präsidentin dessen Redaktion. Katharina Odermatt kuratiert immer wieder Ausstellungen im Tal Museum Engelberg, dies in Zusammenarbeit mit der Museumsleitung.
Bibliografie
Katharina Odermatt «Feenpaläste voller Licht»
Wie die Luxushotellerie Engelberg veränderte
328 Seiten mit 225 Abbildungen, Fadenheftung, Hardcover, Format 22,5 x 28,6 cm
Texte
Herausgeber: Tal Museum, Engelberg
Preis: CHF 58.00
ISBN 978-3-907164-62-4
Das Buch kann im Buchhandel oder direkt im Tal Museum Engelberg bestellt werden.
Einmal mehr eine sehr informative Buchvorstellung. Danke.