Urs Tillmanns, 14. Oktober 2012, 07:00 Uhr

Teratologia: Die Entwicklung eines Bildes

Fotokünsler Oliver Strathe ist den Lesern von Fotointern.ch kein Unbekannter: «Time Pilot» war ein Ergebnis seiner Kreativität, das wir vor rund zwei Jahren zeigten, «Teratologia Part 3» ist nun sein aktuellstes. Hier erzählt der Photoshop-Virtuose, über welche Umwege sein jüngstes Werk zu Stande kam.

 

Oliver Strathe (*1969) beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Fotografie und Bildbearbeitung. Die Wurzeln seines Schaffens finden sich in den achtziger Jahren, wo mit C64 und Amiga erste Grafikdemos entstanden. Damals wurden seine Bilder nicht gemalt oder fotografiert, sondern mittels Quellcode in Assembler generiert. Heutzutage ist das Entwickeln eines Bildes weniger kompliziert, aber nicht minder viel Arbeit. Heute erklärt der Bildbearbeiter wie sich eine seiner aktuellen Arbeiten «Teratologia Part Three» über einen Zeitraum von achtzehn Monaten entwickelt hat.

 

Wie «Teratologia Part 3» entstand

Ursprünglich inspieriert hatte mich eine Zeichung in der Wohnung eines Freundes. Zu sehen war ein Schmierblatt, ich glaube es war DIN A5, mit der einfach gehaltenen Zeichnung eines Zyklopen. Das Bildchen bestand aus einigen wenigen Strichen, die freihand angefertigt wurden. Auf jeden Fall war es spannend genug um diese Idee aufzugreifen, um daraus ein mehr oder minder üppiges Composing zu entwickeln. Das Schema hier zeigt die aus der Erinnerung heraus entstandene Zeichnung.

Nachdem ich einige Tage darüber nachgedacht hatte, machte ich mich an die Arbeit. Es sollte eine kleine Übung sein, um meine Photoshop-Fertigkeiten zu vertiefen und einfach mal wieder ein Composing zu produzieren.

Im Wohnzimmer, das damals schon zu einem kleinen Fotostudio umgestaltet wurde, machte ich Aufnahmen meines Gesichtes – einschliesslich Detailaufnahmen von Mund, Nase und Augen. Ich kann nicht mehr sagen, welche und wieviel Blitze ich benutze habe. Ich denke es war ein Canon Aufsteckblitz, der mein Gesicht indirekt beleuchtet hat.

Nach einer relativ kurzen Fotosession war die Erstellung des eigentlichen Composings schnell erledigt.

Im Prinzip besteht das Bild aus drei Partien: Ein Auge, die Nase und der Mund. Ich habe nun die drei Bereiche übereinander gelegt und entsprechend maskiert. Das heisst ich habe so lange experimentiert, bis die drei Bildbestandteile ziemlich harmonisch übereinander lagen. Dafür habe ich ein paar Minuten gebraucht.

Der Rest ging dann flott von der Hand. Es wurden zirka ein Dutzend Schmutzstrukturen überlagert, und moderat mit Abwedler und Nachbelichter Kontrast hinein gemalt. Die ersten «Testzuschauer» auf Flickr haben die Wunde auf der Nase bemängelt; diese habe ich dann in einer finalen Version entfernt; weil sie tatsächlich Zuviel des Guten war. Der Name war damals «Eyecatcher». Zwar dachte ich das Bild sei fertig, allerdings sollte ich eines Besseren belehrt werden.

In den darauffolgenden Monaten habe ich mit einer Bilderserie angefangen, die ich «Teratologia» getauft habe. In dieser Serie sollte und soll es darum gehen, Menschen zu zeigen, die durch Gift und Strahleneinwirkung «mutiert» sind; also sich auf jeden Fall verändert haben und gruselig dreinschauen. Da ich mir zu jener Zeit einen schnelleren Rechner zugelegt hatte, und auch fotografisch mittlerweile gut ausgestattet war, sind Composings entstanden, die mit den anfänglichen Experimenten kaum etwas gemeinsam hatten. So kam ich nach Teratologia Part1 und Part2 nochmals zurück auf «Eyecatcher». Ich bin innerhalb der Komposition einige Schritte zurückgegangen und habe die Erfahrung, die ich bei T1 und T2 sammeln konnte hier einfliessen lassen.

So habe ich nochmals drei bis vier Stunden investiert und eine Menge Korrekturen vorgenommen. Zuerst wurden die Wangen aufgeräumt. Die hingehuschten Falten wurden korrigiert; und auch die violetten Blutgefässe (oder was auch immer das darstellen sollte) sind der Revision zum Opfer gefallen. Nach diesem groben Aufräumen wurden noch viele zusätzliche Barthaare reingemalt, mit Abwedler und Nachbelichter die Kontraste stark betont und der Verflüssigen-Dialog konnte der Nase noch eine schönere Form schenken. So ist letztlich «Teratologia Part Three» entstanden, das mit dem Eyecatcher von damals nicht mehr viel gemeinsam hat …

© Oliver M. Strathe

 

 

 

 

 

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