Vera Rüttimann, 26. August 2021, 07:00 Uhr

IPFO: Internationale Koryphäen der Fotografie in Olten

Das IPFO-Haus der Fotografie ist als Ort für international renommierte Foto-Ausstellungen das Herzstück des Fotofestivals in Olten. Draussen hängt ein Plakat mit dem Titel «Infinite Deep», das auf die beendete Ausstellung mit Werken des amerikanischen Filmregisseurs und Ausnahmekünstlers David Lynch hinweist, der hier unlängst erstmals eine Auswahl seiner fotografischen Werke in der Schweiz präsentierte. Ein Publikumsmagnet, genau wie es wohl auch die IPFO 2021 werden wird. Nach vielen Monaten mit ausgedünntem Kulturprogramm durch die Corona-Pandemie ist der Hunger auf Fotokunst gross. Bis zum Sonntag wird sie Fotofreunde aus dem In- und Ausland anlocken.

Olten ist für vier Tage Zentrum der Fotowelt. Die ganze Stadt steht im Zeichen der besten Fotografie

 

World Press Photo: Covid 19 – Klimakrise – Kriege

Die World Press Photo Exhibition 2021, die den besten visuellen Journalismus des vergangenen Jahres zeigt, wird viele Besucher begeistern. Pressefotografen liefern dafür preisgekrönte Bilder aus allen Ecken der Welt. In diesem Jahr haben 4‘315 Fotografen aus 130 Ländern 74‘470 Bilder zum Wettbewerb eingereicht. Die Gewinner sind 45 Fotografen aus 28 Ländern. Eine unabhängige Jury aus 28 Fotografie-Profis unter dem Vorsitz von NayanTara Gurung Kakshapati wählte die besten Bilder und Geschichten des Jahres 2020 aus.

In einem der Räume werden die Auswirkungen des Corona-Pandemie in Bildern gezeigt. Sie sind teils drastisch und wirken lange nach. So etwa das Bild des in Plastikfolie eingewickelten Leichnams eines Covid 19-Toten in einem indonesischen Spital, fotografiert von Joshua Irwandi. Die berührenden Abschiedsszenen, die der Schweizer Fotograf Roland Schmid an der deutsch-schweizerischen Grenze im ersten Lockdown gemacht hat, sind ein weiteres Highlight.

In einem weiteren Raum sind Menschen in Ausnahmezuständen zu sehen. So etwa die Bilder von Ernesto Benavides, die Ausschreibungen in Peru auf den Strassen zeigen. Oder John Minchillos Bilder, die den Aufruhr auf den Strassen in Minneapolis nach der Ermordung von Georg Floyd deutlich machen. Eines der stärksten Bilder in diesem Raum zeigt der Fotograf Lorenzo Dugnoli, der einen Mann nach der Explosion im Hafen von Beirut festhielt. Um ihn herum ist gerade die Hölle ausgebrochen. Ein weiterer Raum präsentiert die verletzte Schöpfung in Bildern. Der Fotograf Carlton Ward lichtete einen Puma ab, der sich in einem Stacheldraht verheddert hat. Und dann ist da der Eye-catcher von Luis Tato, der Mengen von Heuschrecken zeigt, die in Kenia zur Plage geworden sind.

 

Mit Roger Ballen in der Kirche

Auch die christ-katholische Stadtkirche St. Martin ist in die IFPO involviert. Und hier ist gleich einer der Hochkaräter der diesjährigen Ausgabe zu sehen: Roger Ballen. Der gebürtige New Yorker, der über 30 Jahre lang in Südafrika lebte und arbeitete, zeigt auf der Empore der Kirche in den Seitengängen Bilder aus seinem bekannten Werk «Asylum of the Birds».  Das Licht fällt durch die Kirchenfenster und wirft Schattenmuster auf die Bilder. Ein passendes Ambiente, die die Bilder noch geheimnisvoller erscheinen lassen.

Zu sehen sind darauf Menschen eines heruntergekommenen Hauses am Stadtrand von Johannesburg. Beschädigte, Aussortierte und Randständige. Es sind somalische Flüchtlinge, Menschen auf der Flucht vor dem Gesetz, mutmasliche Mörder und Ausbrecher aus dem Irrenhaus, wie aus dem Info-Text zur Ausstellung zu erfahren ist. Über seine Arbeit am Projekt «Asylum of the Birds» sagt Roger Ballen: «Ich bezeichne mich immer als Ordnungshüter des visuellen Chaos. Da war meine Aufgabe in der Anstalt».

Omnipräsent auf denen von Roger Ballen wie kleine Theaterszenen inszenierten Bildern sind Vögel. Vor allem weisse Tauben. Auf fast allen Bildern sind diese eleganten, weissen Vögel zu sehen. Sie wirken wie Boten des Heils an einem entmenschlichten Ort. Die St. Martins-Kirche ist ein stiller Ort, in der sich die Besucher in sakraler Atmosphäre die grossformatigen Bilder in aller Ruhe betrachten können

 

Nahe dran: Dominic Nahr

Die Bilder von Leica-Ambassador Dominic Nahr werden im obersten Stockwerk des Hauses der Museen präsentiert. Mit einer raffinierten Hängung an den sichtbaren Dachbalken und einer effektvollen Ausleuchtung kommen die grossformatigen Bilder gut zur Geltung.

Dominic Nahr ist ein Kosmopolit: 1983 in Appenzell geboren, wuchs er in Hongkong auf und arbeitete ab 2009 von Kenia aus. Für internationale Medien dokumentierte der mittlerweile in Zürich lebende Fotograf politische Konflikte und humanitäre Katastrophen.

Der Mitbegründer der Foto-Agentur MAPS widmet sich seit Jahren der Dokumentation von Konflikten, humanitäre Krisen und sozialkritischen Themen. Seine in Olten gezeigten Bilder entstanden in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, in Somalia und in Südsudan. Es sind dokumentarische Essays von grosses Intensität. Meist realisiert mit vorhandenem Licht. Und immer sehr nahe dran am Geschehen.

 

Im Freien: Photoville4600

Aufdem Munzingerplatz, gleich hinter dem IPFO-Haus ist die PhotoVille4600 Ausstellung unübersehbar. Erstmals präsentiert die IPFO In Zusammenarbeit mit Fujifilm einen exklusiven Einblick in das Schaffen der besten Schweizer Fotograf/innen.

Die Werke von 51 Künstler/innen, die von einer hochkarätigen internationalen Jury ausgewählt wurden, werden auf mehreren auf dem Platz verteilten Boxen unter freiem Himmel gezeigt. Darunter sind eindrucksvolle Porträtstudien von Gian Marco Gastelberg, Stephan Bösch und IPFO-Swiss Award-Gewinner Maurice Haas zu sehen. Ein Blickfang ist ebenso die Bilderserie von Sebastian Magnani, der den Comicfigur Batman bildnerisch in die heutige Zeit versetzt.

 

In der Sony Pro Lounge

In der Galerie 23 befindet sich die in Zusammenarbeit mit Foto Video Zumstein betriebene Sony Pro Lounge. Schon jetzt finden sich hier viele IPFO-Besucher ein. Sie kommen nicht nur, um bei einem Espresso die neuesten Foto- und Video-Produkte für Profis von Sony zu entdecken oder weil es eine nagelneue Sony ZV-1 Vlog-Kamera zu gewinnen gibt. Sie kommen auch wegen ihm: Sony Ambassador Tomas Wüthrich. Der selbstständige Fotograf im Bereich Reportage und Porträt ist hier mit zwei eindrücklichen Ausstellungen präsent. Sie heissen «Doomed Paradise – Die letzten Penan im Regenwald von Borneo» und «Hof Nr. 4233 – Ein langer Abschied».

 

Die Bilder seiner Hauptausstellung sind Dokumente eines persönlichen Dramas: Der Hof in Kerzers am Rand des Grossen Mooses im freiburgischen Seeland gehörte seinen Eltern Hans und Ruth Wüthrich. Fast dreissig Jahre lang hatten sie hier Milchwirtschaft und Ackerbau betrieben, dann war Schluss. Im April 2000 mussten sie ihren Hof aufgegeben. Den langen Prozess des Abschieds hat Tomas Wüthrich mit seiner Kamera in sensibler Manier festgehalten. Man sieht Bilder von seinen Eltern, wie sie mit traurigem Blick im Stall sitzen; den Abtransport der Kühe; das letzte grosse Aufräumen im leeren Stall und schliesslich die Leere.  

Egal ob interessierte Besucher oder ambitionierte Nachwuchsfotografen – an der IPFO 2021 werden sie von Fotografen von internationaler Strahlkraft inspiriert.

IPFO Background

Das International Photo Festival Olten, kurz IPFO, wurde vom Schweizer Fotografen und Emmy-Award-Gewinner Marco Grob, dem Zürcher Creative Director Charles Blunier, Paul Merki, Christoph Zehnder sowie dem Fotografen Remo Buess ins Leben gerufen. 2021 findet das Festival zum dritten Mal statt und macht Olten erneut für vier Tage zur Hauptstadt der Fotografie. Seit 2020 stellt die Stadt Olten der IPFO das ehemalige Naturmuseum im Zentrum von Olten zur Verfügung und eröffnete nach umfangreichen Umbauarbeiten im März 2021 das IPFO Haus der Fotografie.

Das International Photo Festival Olten (IPFO) ist noch bis Sonntag 29. August 2021 zu sehen. Der Tagespass kostet CHF 20, die Seminare kosten meist CHF 35, die Abendvorträge CHF 39. Die Preise für die Workshops liegen zwischen CHF 220 und 450.

Weitere Informationen zum Festival, zu den Ausstellungen und zum Veranstaltungsprogramm finden Sie auf www.ipfo.ch.

Text: Vera Rüttimann
Fotos: Urs Tillmanns

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«International Photo Festival Olten: Seminare, Workshops, Events jetzt buchen» (Fotointern 10.08.2021)

 

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Ein Kommentar zu “IPFO: Internationale Koryphäen der Fotografie in Olten”

  1. Es war ein hochkarätige toller Anlass. Mit spannenden Vorträgen. Das es in der ganzen Stadt verteilt war, fand ich schnell mal super schön. Total entspannte Atmospähre.

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