David Meili, 22. März 2009, 09:15 Uhr

Wildert Newsnetz auf SF DRS? Der Pressefotograf als VJ, und Bianca Balti trägt Rolleicord.

Pressespiegel zum Wochenende vom 21./22. März 2009
Newsnetz hat sich mit dem nicht immer sensiblen Umgang mit urheberrechtlich geschützten Bildern einen zweifelhaften Ruf geschaffen. Nun testen unsere Kollegen offensichtlich etwas Neues aus. Sie renzensieren über Nacht die Arena von SF DRS und stellen Clips aus der Sendung online. Super-Service, wenn man am Freitagabend durch die Gassen zieht oder lieber früher ins Bett geht.

Die Sendung nicht „live“ gesehen zu haben, ist gesellschaftlich kein Manko.  Über Newsnetz kann man nun locker mitdiskutieren. Die Arena wird übrigens voraufgezeichnet und mit einem enormen Aufwand innerhalb von gut zwei Stunden postproduziert. Bei Newsnetz  versteht man die Übernahme der Clips als „Zitat“. Der journalistische Mehrwert entsteht durch den Kommentar. Ob dies SF DRS auch so sieht, bleibt offen. Vermutlich möchte man am Leutschenbach die Zuschauer/innen lieber auf die eigene Website bringen, doch die kommt nicht richtig in Schwung. Fernsehleute ticken anders als der Netzjournalismus.

In einer bewegten Woche wurde deutlich, dass die traditionelle Pressefotografie immer mehr offside steht, selbst im Sport. Auf dem Internet ersetzen Videos die tradtionellen Pressebilder, und selbst die Printmedien übernehmen Stills aus Live-Übertragungen.

Kolleginnen und Kollegen, die nun zu Filmen beginnen, setzen vielleicht aufs falsche Pferd. Filmreportagen benötigen nicht einfach technisch weiterentwickelte Kameras,  – Video ist Teamarbeit. Der VJ ist eine Fiktion. Film, Ton, Licht, Journalismus und Post-Production sind eigenständige Metiers, von denen man als Einzelperson vielleicht zwei oder drei mittelmässig beherrschen kann. Zudem sind Videojournalisten noch schlechter bezahlt als Fotografen.

Wie im Textjournalismus, dürfte auch in der Pressefotografie eine Nische für qualitativ hochwertige Produkte vorhanden sein. Im Sportteil vom Blick bis zur NZZ vermisst man zunehmend Hintergrundberichte, in Text und Bild. Wenn das Internet die aktuelle Berichterstattung abdeckt, wünscht man sich im (bezahlten) Print etwas mehr Niveau.

Nur bei den Mitarbeitern und freischaffenden Fotografen kam diese Woche etwas Trauer auf, als die Einstellung von Cash im Print endlich kommuniziert wurde. Die letzte Ausgabe vom Freitag war derart dünn, dass man sie besser gar nie ausgeliefert hätte. Vor wenigen Jahren noch wäre das Crossmedia-Konzept innovativ gewesen. Doch die Internet-Version krankte schon zu Beginn am unseligen ePaper. Ein Printprodukt über das Internet zu verbreiten, macht nur dann Sinn, wenn man als Leser keine andere Möglichkeit hat, zur gedruckten Zeitung zu kommen. Wie und wenn überhaupt Cash den Turnaround zum Internet-Medium schafft, bleibt offen.

Nicht im roten Bereich bewegt sich ELLE ITALIA (März 2009). Das Hochglanzmagazin umfasst mehr als 600 pralle Seiten, darunter auf Spezialkarton gedruckte Werbung von Firmen wie Fendi. Allein das Titelbild macht ELLE unwiderstehlich. Bianca Balti posiert mit einer ROLLEICORD, die damit definitiv zur Designikone geadelt wird. Balti tritt auf Seite 382 nochmals mit der Kamera auf, und dann in der Werbung von Yves Saint Laurent sehr verführerisch ohne etwas. (Aus urheberrechtlichen Gründen können wir selbst den Cover hier nicht wiedergeben.)

Die ELLE ITALIA zeigt einen faszinierenden Querschnitt durch die europäische Modefotografie. Es ist junge Fotografie, dynamisch, kreativ und auch kreativ in der Werbung umgesetzt. Zum Beispiel die Aufnahmen von Luis Sanchis an einem Strand in Brasilien (ab Seite 436). Da sieht Annie Leibowitz alt aus.

Zurück ins kalte Zürich. Ernüchternd ist der Blick in die Sonntagspresse. Aus dem SonntagsBlick erfahren wir, dass Piero nie Sex vor der Kamera haben wird. Tröstlich. Haben wir keine anderen Promis? Härzig ist eine Reportage von Patrick Dutoit im Magazin zum SonntagsBlick über den Zirkus Knie.

090322_magazinDas Magazin bringt einen bunten Reigen von Porträts zum Thema „Menschen, denen die Zukunft gehört“. Das Thema ist nicht sehr originell, bietet jedoch wieder einmal allen Mitarbeitern die Gelegenheit, etwas zu publizieren. Fotografisch ist das Thema mittelmässig umgesetzt. Ins Thema führt das Titelbild (Anja Schori). Beim Durchblättern muss man sich stets versichern, ob es redaktionelle Fotografie oder Werbung ist.

Geschmacklos ist der eingeheftete Unterwäschekatalog von Coop City, doch dafür kann die Redaktion nichts und weiss es vermutlich gar nicht. Frühlingsgefühle kommen nicht auf. Originell ist ein „Making of“, am Schluss des Heftes. Die Porträtierten kommentieren Bilder, die am Rand der Shootings enstanden sind.

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