David Meili, 12. April 2009, 08:37 Uhr

Adam im Slip; sind persönliche Dinge von öffentlichem Interesse? Wo haben sich unsere Promis verkrochen?

Pressespiegel zum Osterwochenende 2009
090412_reformiertFür einmal liegt die religiös ausgerichtete Presse zuoberst auf dem Stapel. Und die früheren frommen Blättchen sind alles andere als langweilig. Doch sind die in grossen Auflagen erscheinenden Zeitungen und Magazine ein Absatzmarkt für Fotografien und verlässliche Partner für Medienschaffende? Wenn man als Textautor dazugehört, ja, – mit guten Bildern haben alle ihre liebe Mühe.
(Bildnachweis:  Mathias Walther, für reformiert.)

reformiert. ist aus dem Zusammenschluss der früheren kantonalen Blättchen der reformierten Landeskirche entstanden und hat sich nach einigen Turbulenzen in der Startphase einem Mainstream verpflichtet, der niemandem wehtun darf. Die Ausgabe 4/09 ist auf Seite 3 als 4/08 bezeichnet. Da hatte wohl jemand ein Flashback, oder der Druckfehlerteufel wirkte mit.

Immerhin hat man nach einem Jahr nun auch Bildnachweise, wie auf besagter Seite „Bild: WIKIPEDIA“. Liliane Géraud hat schöne Porträts von Silja Walter beigesteuert. Esther Michel vermittelt visuell den blinden Pfarrer Jürg Spielmann. Es macht nachdenklich, dass er sein Abbild nicht sehen kann.

Weshalb die interessanten Bilder von Mathias Walther (Bearbeitung: Mario Suter, Maske: Pascale Achermann) nur auf dem Internet erscheinen, bleibt vorerst ein Rätsel. Hoffen wir, dass sie irgendwann einmal auch im Print vorliegen, gemeinsam mit dem Interview mit Daniel Hell über die Sünde.

090412_fermentDer freundschaftliche Literaturhinweis in reformiert. gilt der Zeitschrift ferment. Das seit 1959 im katholischen Pallottiner-Verlag herausgegebene Nischenprodukt (Ferment=Hefe) wird als „Gegengewicht zur Bilderflut“ gewürdigt. Der Titel  ist missverständlich, denn ferment pflegt die Fotografie, zum Beispiel in der Ausgabe 2/09 mit Aufnahmen von Kari Joller.  Zudem publizierte der Verlag 2008 einen hervorragenden Bildband, der vielleicht nur über religiöse Buchhandlungen an Leser/innen kam. Vom 22. bis zum 30. April sind die besten Bilder aus der fünfzigjährigen Geschichte von ferment in der reformierten Kirche St. Jakob am Stauffacher in Zürich ausgestellt

090412_tachlesTachles, entstanden aus mehreren Zeitschriften der jüdischen Organisationen in der Schweiz ist alles andere als bilderfeindlich. Chefredaktor Yves Kugelmann pflegt bewusst ein gutes Layout mit Bildern, die man nicht alle Tage sieht. Tachles wird als lebhaftes, hochintellektuelles Forum auch von Nichtjuden gelesen, – und Bildermenschen.

Wenn man die Strecke oft fährt, macht der schwere Autounfall vom Karfreitagmorgen in Reichenburg/SZ besonders nachdenklich. Rettungskräfte und Bildreporter waren sogleich zur Stelle, und die Online-Medien hatten am ereignisarmsten Vormittag des Jahres Bilder, die aufrüttelten. Mit der Zerlegung der Fahrzeuge wurden die persönlichen Effekten der betroffenen Familie am Strassenrand aufgeschichtet und mitfotografiert.

Ist es von öffentlichem Interesse, was Familie R. in ihre Ferienwohnung nach Italien mittransportieren wollte? Kaum; wir denken, dass mit diesen Bildern in hoher Auflösung der Schutz der Intimsphäre in inakzeptabler Weise verletzt wurde. Der Schweizer Presserat hat sich nach unserem Wissen noch nie zu dieser Frage geäussert, dürfte jedoch zu gleichen Folgerungen kommen. Blick Online hat das Bild offensichtlich in der Osternacht vom Netz genommen, und auch wir verzichten auf die Wiedergabe.

090412_xeniaDa auch Blattproduzenten an Ostern gerne in die Natur gehen, wurde ein grosser Teil des Inhalts der Sonntagsmedien vorproduziert. Überraschungen findet man kaum. Und da die aktuelle Miss ausser Bildern aus dem Jungmädchenzimmer wenig hergibt, kann sich Xenia Tchoumitcheva im SonntagsBlick in Szene setzen. Unter Journalisten war sie bei der missglückten Wahl vor drei Jahren bereits „number one“. Nun hat sie etwas „zugelegt“ und wird perfekt vermarktet, nicht als Model, sondern als gut gebildete und intelligente Karrierefrau. „What a mess“ für die längst vergreiste Miss-Schweiz Organisation.

090412_mettlerDie Bildlegenden in DAS MAGAZIN verwirren.  Die sensationelle (und vermutlich auch stark überarbeitete Aufnahme) des „sQuba“ von Frank Rinderknecht bei der Tauchfahrt wird nach mehr als einem Jahr zum Einstiegsbild des  Oster-Editorial von Guido Mingels und Christian Kämmerling. fotointern.ch hat in einem Beitrag vor einem Jahr die Unterwasseraufnahmen von Hans Streit gewürdigt. Rinderknecht ist stets der Zeit voraus. Und DAS MAGAZIN mit seinem späten Ruhm auf die Schweiz?

Das Titelbild von Dan Cermak mit dem Tiger auf der Waage von Mettler-Toledo wirft Fragen auf. Der Brand „Mettler-Toledo“ ist offensichtlich mit PhotoShop auf die Frontseite der Waage gesetzt. Jede Badezimmerwaage hat ein Display. Präzisionswaagen werden über Computer angesteuert, im Normalfall durch abgeschirmte Kabel, –  Wireless, undenkbar. Eine Präzisionswaage stellt man auf einen austarierten Tisch. Fragen über Fragen, auch an den traurigen Tiger.

DAS MAGAZIN zu Ostern ist ein nummerisch aufgebautes Sammelsurium von hervorragenden Leistungen aus der Schweiz, verglichen mit der „Welt“, oft ironisch, oft völlig unbedarft und ohne weitere Recherchen. Man erinnert  sich an das „Guinessbuch“ und ähnliche Publikationen vor vielen Jahren im Osten Europas. Nur haben DIE dort das bis anhin schönste Linienflugzeug der Welt hervorgebracht, die Tupolev-154, und die Schweiz liess den P-16 in den Bodensee abstürzen.

Böse Bemerkungen machen auch andere  Kolleg/innen, –  z.B.  auf der Suche nach unseren Promis im verregneten Tessin. Kari Dällenbach hat sie dort nicht gefunden. Entweder haben sie sich verkrochen oder sind als No-Show an- oder eben nicht angereist. Um den Beitrag zu lesen, muss man ein Freund von Kari auf Facebook sein.

Community-Sites gewinnen über die Festtage als Kommunikationsmittel an Quotes. Während bis anhin Online-Beiträge von Websites der People-Presse auf dem Internet rezensiert wurden, schaffen sie nun selbst neue Beiträge, – und dank Fotohandy mit Bildern. Die zumeist um zwei Tage nachrückende Boulevardpresse und letztlich die Wochenpresse, die ihre Existenz eigentlich nur noch älteren Damen und der Werbewirtschaft verdankt, bekommen die Konkurrenz zu spüren.

Facebook hat mit der Refinanzierung Mühe, weil für BWL-geschulte Investoren kein Geschäftsmodell ersichtlich ist.  Doch die Katholische Kirche existiert seit nahezu 2 000 Jahren, basiert ausschliesslich auf Community, und dürfte eines der weltweit stärksten Unternehmen sein.  Der Vergleich mag unpassend sein, doch frohe Ostern!

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