David Meili, 5. Juni 2009, 09:13 Uhr

Buchpreisbindung auch für den Fotofachhandel?

Mit 103 zu 74 Stimmen hat der Nationalrat der Wiedereinführung der Preisbindung für Bücher zugestimmt. Mehr aus Opportunismus als aufgrund von Sachwissen stimmten auch viele bürgerliche Parlamentarier/innen diesem umstrittenen Antrag zu. Doch was bedeutet der Entscheid für den Fotofachhandel?

Das Geschäft geht zurück auf eine Initiative des 2006 verstorbenen ehemaligen Nationalratspräsidenten Jean-Philippe Maître, der auf das Vordringen von Buchdiscountern aus Frankreich in den Buchmarkt der Romandie reagieren wollte. Dass sich inzwischen die Marktsituation weitgehend verändert und stabilisiert hat, wissen die meisten Volksvertreter offensichtlich nicht. Und nicht die Aufhebung der Buchpreisbindung hat zur Aufgabe von Buchhandlungen geführt. Entscheidend waren und sind andere Faktoren, wie teure Mieten an guten Passantenlagen, steigende Personalkosten, alternative Vertriebskanäle und strukturelle Probleme im Detailhandel.

Hinzu kommen völlig überholte Vertriebs- und Verbandsstrukturen. Bereits im Herbst 2007 wurde Swiss Independet Publishers als Alternative zum Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV gegründet. Dass Buchhändler und Verleger, die wirtschaftlich unterschiedliche Interessen vertreten, im gleichen Verband organisiert sind, hat praktische Gründe. Der SBVV wird reichlich mit öffentlichen Subventionen im Interesse des „Buchs“ als Kulturgut alimentiert. Hauptaktivitäten sind (fantasielose) Messeauftritte und ein dürftiges Magazin.

An der Basis der Verleger und Buchhändler sind die Meinungen zur Buchpreisbindung geteilt. Erfolgreiche neue Verlage und Kleinbuchhandlungen könnten bei der Wiedereinführung der Preisbindung weder befristete Aktionen noch Promotionen durchführen.  Es profitieren die mehrheitlich von Deutschland aus dominierten Grossen des Verlagswesens und die drei in der Deutschschweiz marktführenden Ketten im Buchhandel. Bei „Buch“ denken Parlamentarier an Belletristik und an larmoyante Kulturschaffende wie Franz Hohler. Doch ein grosser Teil der Bücher sind Sach- und Lehrbücher. Juristische und betriebswirtschaftliche Literatur für Studenten ist ebenso betroffen wie der Bereich der beruflichen Weiterbildung. Ob Coffee Table Books eher Geschenkartikel als Kulturgut sind, wagt niemand zu fragen. Sie sind in vielen Buchhandlungen die stärksten Umsatzträger.

Bietet die Preisbindung für Bücher für den Fotohandel eine Chance?

Kaum. In Fachgeschäften ist die Literatur zu Kameras, Aufnahmetechniken und Software selbst nach Jahren der freien Preisgestaltung noch eine interessante Nische. Wird man sich als Fachhändler über „offizelle“ Kanäle, wie das  Schweizer Buchzentrum eindecken, untersteht man der Preisbindung. Doch hierzu gibt es Alternativen, – und wenn ein Buch andernorts dreissig Prozent weniger kostet, erwirbt es der Kunde direkt auf Amazon.

Die Erfahrungen des Fotofachhandels mit der Preisbindung reichen mehr als dreissig Jahre zurück. Die Abschottung des Marktes führte zum blühenden Geschäft mit Grauimporten. Einzig die Gewerkschaft Comedia glaubt heute noch an die Insel Schweiz in einem globalisierten Markt. Sie kämpft bei der Bereinigung der Vorlage im Ständerat für ein Verbot des „grenzüberschreitenden Handels“, – sprich Amazon. Es bleiben Zweifel, ob sie den Interessen ihrer nicht mehr so zahlreichen Mitglieder damit eher schadet als nützt.

Bildnachweis: Flyer Verlag Rüffer&Rub

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6 Kommentare zu “Buchpreisbindung auch für den Fotofachhandel?”

  1. Bücher, Kameras gibt es bei der Post. Bald kann man den Pöstler als Fotografen engagieren. Die Schweiz leidet an fortschreitender Schizophrenie. Dagegen gibt es Pillen, gegen chronischen Dilletantismus ist noch kein Kraut gewachsen.

  2. Wird im „fotointern“ eigentlich alles ungeprüft abgedruckt? Dieser namenlose Artikel strotzt ja nur so von Allgemeinplätzen, unhaltbaren Behauptungen und Falschaussagen. Meine Sicht als Buchhändler ist sicher auch eingefärbt, aber der Inhalt dieses Beitrages ist echt ziemlich weit unter der Gürtellinie (selbst wenn man ein Zwerg sein sollte).

  3. Ich bin als Autor Mitglied der Redaktion und im Impressum identifizierbar (dm). Darüber hinaus kann ich auch unter david.meili@gmail.com oder über Facebook direkt erreicht werden. Falschaussagen dürfte es kaum geben. Ich bin mit unabhängigen Verlegern und Buchhändlern gut vernetzt und verfüge über viele Jahre Erfahrung in der Kulturszene. In Ihrer Buchhandlung, die ich sehr schätze, war ich sogar gelegentlich Kunde.

  4. Als zuständige Sekretärin für die organisierten Buchhandelsangestellten bei der Mediengewerkschaft comedia bin ich erstaunt, woher der Autor seine Informationen hat. Zwar stimmt es, dass wir den, wie es im Gesetzesentwurf richtig heisst, grenzüberschreitenenden Onlinehandel, gerne im Gesetz hätten. Wir erachten die Ausnahmeregel als Ungleichbehandlung der in- und ausländischen Anbieter. Was aber nicht stimmt, ist die Behauptung, wir seien die einzigen. Offenbar hat er die Nationalratsdebatte nicht verfolgt. Sowohl die SP als auch die Mehrheit der Grünen vertraten dieselbe Position. Wenn der Autor noch wissen will, welch andere Verbände diese Ausnahme ebenfalls ablehnen, soll er auf admin.ch den Vernehmlassungsbericht lesen. Was die Anzahl unserer Mitglieder betrifft: Wir haben in den letzten Jahren zugelegt. Rund ein Viertel der Buchhandelsangestellten sind bei comedia organisiert. Unsere Position wird von den Mitgliedern gestützt. Nur soviel zu seiner Selbsteinschätzung in Sachen Falschaussagen bezogen auf den letzten Abschnitt.

  5. Vielen Dank Frau Lenzin, für Ihren Beitrag. Dass sich die SP und die Grünen ihrer Forderung nach einer Kontrolle des grenzüberschreitenden Handels angeschlossen haben, erstaunt nicht. Konkrete Vorschläge von einzelnen mir bekannten Parlamentarier/innen, wie man dies in der Praxis durchsetzen könnte, habe ich keine erhalten. Persönlich begrüsse ich die Aktivitäten Ihrer Gewerkschaft auf Seite der Arbeitnehmer. Buchhändler/innen müssen sich noch heute vor allem in Kleinbetrieben mit einem Mindestlohn abfinden, da sie ja für die „Kultur“ tätig sind. De facto sind sie wie Kiosk-Angestellte das letzte Glied vor dem Kunden in der Wertschöpfungskette von Konzernen des internationalen Mediengeschäfts. Und dadurch bleibt von der Parlamentsdebatte auch ein bitterer Nachgeschmack.

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