Urs Tillmanns, 23. März 2014, 07:00 Uhr

Dickhäuter beim Fotoshooting

Das B12-grosse Plakat vom Knie Kinderzoo Rapperswil fällt auf. Nicht nur wegen seiner Grösse, sondern wegen den vier riesigen Elefanten, die in Reih‘ und Glied gehen. Und zwischen ihnen, ganz unscheinbar, das kleine Elefanten Baby «Kalaya», das erst im letzten November zur Welt kam. Aber sie stiehlt ihrer Mutter und Grossmutter die Show …

«Doch, es war ein ungewöhnlicher Auftrag» resümiert Fotograf Peter Hebeisen, der sonst eigentlich auf hochkarätige Werbefotografie spezialisiert ist. «Aber ich liebe solche grossen Inszenierungen, bei denen alles nach Plan ablaufen muss, was meist mit einem Topresultat belohnt wird. Je besser die Vorbereitungen, desto besser das Bild …»

Peter Hebeisen hat für dieses Knie-Plakat völlig freie Hand gehabt. «Ein Bild von Elefanten für ein Plakat» lautete die Vorgabe von Verwaltungsratspräsident Franco Knie und Benjamin Sinniger, Direktor vom Kinderzoo Rapperswil. «Dann war der Ball bei mir», so Hebeisen, «um eine Idee zu entwickeln, die Realisierung zu planen und eine Kostenberechnung zu unterbreiten. Und letztlich war ich alleine und ohne Werbeagentur für das Konzept, die Fotografie, die Gestaltung und die Produktion verantwortlich.»

Hebeisen_MakingOf

Die Realisation des Plakates erforderte eine filmähnliche Inszenierung mit einem Team von Spezialisten

Dass Peter Hebeisen vom Kinderzoo Rapperswil den Auftrag bekommen hat, Elefanten für das neue Plakat zu fotografieren, geht auf seine früheren Arbeiten zurück. «Ich habe bereits viele Jahre Tiere im Studio fotografiert, zum Beispiel für den Kalender einer grossen Versicherung oder für Werbezwecke» erklärt Peter. «Tieraufnahmen im Studio sind sehr anspruchsvoll, den Tiere vor der Kamera sind völlig unberechenbar. Nicht unbedingt weil sie scheuen, sondern eher, weil sie den Zweck dieses Getues nicht einsehen und plötzlich nicht mehr mitspielen und davonlaufen wollen. Ich habe einmal eine Katze fotografieren müssen, von der das erste Bild bereits der Treffer war. Dann wandte sie sich ab und die weiteren Aufnahmen kamen nicht mehr an das erste Bild heran.»

Hebeisen Knie Vorbereitung

Die Vorbereitungen: Die grosse Trainingshalle der Elefanten musste für zwei Tagen in ein Fotostudio umfunktioniert werden

Genauso könnte es auch mit fünf Elefanten gehen. Die imposanten Dickhäuter sind zwar gut dressiert und machen für ein Häppchen gerne, was man von ihnen will. Auch die kleine «Kalaya» spielt eifrig mit, solange sie zwischen ihrer Mutter und den grossen Tanten stehen darf. Da hat ihnen glücklicherweise auch das Blitzen mit den riesigen Broncolor Para-Reflektoren und der diffusen Deckenbeleuchtung nichts ausgemacht, sonst wären grosse HMI Leuchten zum Einsatz gekommen.

Der Aufwand für die Aufnahme war sehr gross. «Wir haben Glück gehabt» erklärt Hebeisen, «dass sich gleich neben dem Elefantenhaus die Trainingshalle befindet, die wir in ein riesiges Fotostudio umfunktionieren konnten. Dennoch hat die Vorbereitung, das Laden des Materials in den Lastwagen und das Montieren der Lichtdecke, das Aufhängen des 6 × 12 m grossen schwarzen Hintergrundes, das Einrichten der 20 Blitzleuchten und das Vorbereiten der Aufnahmen mit drei Assistenten zwei Tage gedauert.»

«Der Auftritt der fünf Elefanten, vom Lichtaufbau glücklicherweise unberührt, liessen sich von Franco Knie und den Wärtern gerne arrangieren und erhielten dafür auch ihre angemessenen Belohnungen. Für mich war es ein spannender Moment, die ersten Bilder der Kamera gleich auf dem grossen Monitor zu sehen und zu wissen, dass es gut kam» erinnert sich Peter Hebeisen. «Alles musste schnell gehen, denn für die Aufnahmen selbst ist das Zeitfenster immer sehr kurz.»

Hebeisen Knie Aufnahme

Für die Aufnahmen selbst stand ein reklativ kurzes Zeitfenster von 15 Minuten zur Verfügung. Danach hätten die Elefanten nervös werden können

«Dennoch, die Viertelstunde, während der wir etwa 80 Aufnahmen geschossen hatten, hat mir die volle Konzentration abverlangt» erklärt Peter. «Tierfotografie ist schnell. Die Tiere sind ständig in Bewegung, man muss blitzartig reagieren und im besten Moment auslösen. Das ist entscheidend, denn eine zweiten Chance geben einem die Tiere kaum.»

Bei einer solchen Inszenierung darf nichts schief gehen. «Natürlich erprobt man zuvor die ganze Technik, die Blitzsynchronisation, die Kameraeinstellungen, die Belichtung … denn die kleinste Unachtsamkeit kann fatale Folgen haben, falls diese grossen Tiere beispielsweise in Panik geraten.

Zurück im Studio galt es die Bilder sorgfältig zu bearbeiten und das Beste auszuwählen. Hier kommt es auf kleinste Details an, damit das Bild einen optimalen Eindruck macht. «Viel zum Nachbearbeiten gab es eigentlich nicht. Die Ausleuchtung mit den Broncolor-Blitzgeräten war perfekt, es ging eigentlich nur noch darum, den Dynamikumfang und die Schattenzeichnung so zu regeln, dass alle Details im Druck gut kamen und sich vom schwarzen Hintergrund gut trennten. Dunkelgraue Elefanten auf schwarzem Hintergrund war schon eine Herausforderung. Wir wollten die Tiere zuerst vor einer Bluescreen platzieren, doch kamen wieder von dieser Idee ab, weil die Wirkung vor dem realen Hintergrund doch natürlicher und unverfälschter ist.»

Hebeisen_Knie_Produktion_1000

Von der Nachbearbeitung der Bilddateien bis Farbabstimmung an der Druckmaschine ist höchste Professionalität gefragt

Peter Hebeisen liebt die Technik: «Einige meiner Kollegen sehen sich in erster Linie als Künstler und kümmern sich so wenig wie möglich um die moderne Technik. Ich sehe das anders: Die neuesten Technologien werden durch mich und mein Team immer wieder auf deren Einsatz geprüft. Fotografische und technologische Innovationen gehen Hand in Hand, um meine Ideen zu wirkungsstarken Bilder umzusetzen. Ich muss sie beherrschen, und ich muss jedes neue Gerät und jede neue Arbeitsweise selbst in der Praxis erproben, um deren Nutzbarkeit beurteilen zu können. Wir verbringen vor jeder Projektrealisierung viel Zeit, um die optimale inhaltliche und technische Lösung zu finden.

Peter Hebeisen Proofing

Peter Hebeisen kontrolliert die letzten Proofs als verbindliche Farbvorlage für die Druckerei. Hier das Endergebnis:

Hebeisen Kinderzoo Knie

Und doch ist Peter Hebeisen auch Künstler: «Fotografie ist mein Leben. Sie hat mich immer und überall begleitet und die schönsten Stunden des Lebens mit unvergesslichen Bildern belohnt. Einerseits liebe ich es, bei meinen Werbeaufträgen grosse Inszenierungen für meine Kunden umsetzen zu dürfen und dabei filmmässig Regie zu führen, anderseits erarbeite ich seit Jahren immer wieder privat neue Projekte, die meine künstlerische Position als Zeitgenosse reflektieren.»

«Zu dieser Arbeit gehört beispielsweise die Auseinandersetzung mit den Kriegen des letzten Jahrhunderts. Dabei habe ich während vielen Jahren die 50 wichtigsten Schlachtfelder des 20. Jahrhunderts porträtiert. Eine Riesenarbeit, mit Bildern, die eine eigene und ebenso faszinierende Sprache sprechen.» Darüber wird Mitte Jahr im renommierten Hatje Cantz Verlag der grossformatige Bildband «Battlefields» herauskommen, der eine völlig andere Art von Peter Hebeisens Schaffen zeigt. Wir sind gespannt darauf …

Urs Tillmanns

Wichtige Links:

Webseite von Peter Hebeisen: www.peterhebeisen.com

Videofilm Making of auf vimeo

Realisation Making of-Video und -Bildern: Module+, Schaffhausen

Webseite des Knie Kinderzoo Rapperswil

 

 

7 Kommentare zu “Dickhäuter beim Fotoshooting”

  1. Finde ich immer wieder toll, wenn das Bild wirklich vor Ort entsteht und nicht zur Mehrheit in der Postproduktion. Hier wurden wirklich keine Kosten und Mühen gescheut, um ein schönes Foto mit minimalem Charakter zu schaffen.

  2. Ich erlaube mir ketzerhaft und provokativ zu sein. OK, das Projekt ist spektakulär. Aber, wo liegt denn der Vorteil bei diesem Vorgehen gegenüber einem perfekt ausgeführten Composing bei dem jeder Elefant einzeln fotografiert würde? Wenn – wie ich es früher gern gemacht habe – mit analogem Grossformat (möglichst gleich 8×10 Inch) gearbeitet würde, könnte ich das Vorgehen verstehen, aber digital?
    Sehen könnte man den Unterschied nicht, heute sind Composings von anderen Aufnahmen auch von Spezialisten nicht mehr ohne Hilfsmittel, sprich visuell, unterscheidbar. Man muss ja nicht gleich so weit gehen wie die Mercedes-Werbung, in der ja alle Fahrzeuge nicht fotografiert, sondern im Computer als Simulationen gerechnet werden.
    Was würde man gewinnen, wenn ein Composing gewählt wird: Erstens, der Aufwand ist kleiner, da nur ein „Studio“ in der Grösse eines Elefanten aufgebaut werden muss, zweitens könnten jeweils die besten Aufnahmen aller fünf Elefanten gewählt werden.

  3. Lieber Dominic,
    du hast recht, der Weg ist das Ziel.
    Probier es mal aus, ich wünsche dir viel Glück damit das dann perspektivisch alles passt und dass das Foto dann auch wirklich ein Bild ist.
    Ich persönlich bin froh wenn mein Foto in sich bereits stimmt bevor ich es am Rechner überarbeite.

  4. Guten tag mich würde interresieren wo ich das werbeplakat mit den elefanten, dass ich übrigens in bern gesehen habe erwerben kann. Besten dank für die bemühungen! Freundliche grüsse susanne zumstein

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