Urs Tillmanns, 9. Oktober 2023, 19:42 Uhr

Guido Baselgia im Kunsthaus Zug mit «Lichtstoff und Luftfarben»

Mit fünf unterschiedlichen Stilrichtungen und rund 200 Werken belegt der Bündner Fotograf Guido Baselgia das gesamte Kunsthaus Zug. Die Spannweite seiner Werke reicht von frühen Reportagebildern aus dem Kanton Zug über Aufnahmen von Sonnenbahnen bis hin zu mystischen Camera Obscura Bildern.

Es sei eigentlich keine Retrospektive, sagt Guido Baselgia zu seiner Ausstellung, mit der er mit rund 200 Werken das ganze Kunsthaus Zug belegt. Schliesslich arbeite er noch unentwegt weiter und suche mit seinen Kreationen neue Stilrichtungen, wie beispielsweise seine Camera Obscura Aufnahmen unweit des Polarkreises oder auf der Bernina Passhöhe zeigen.

Retrospektive oder nicht? Mit dem Rundschlag seiner Arbeiten gestaltet er fünf grosse Räume des Kunsthauses; im Osttrakt mit frühen Arbeiten aus dem Zugerland und einer Reportage über Galizien und im Westtrakt mit besagten Camera Obscura Bildern und aussergewöhnlichen Aufnahmen von Sonnenbahnen. Fünf Orte, fünf Themen, fünf Stilrichtungen – ein Fotograf: Guido Baselgia.

 

Mystische Landschaften im hohen Norden mit der Lochkamera fotografiert

«Lichtstoff und Luftfarben» – so der Titel der Ausstellung – macht neugierig. Das Wortspiel soll Mystisches zum Ausdruck bringen, Mystik, die wir auch in den Bildern von Guido Baselgia wiederfinden, in den verschwommenen Lochkamerabildern ebenso, wie in den Lichtspuren der Sonnenbahnen, welche auf originelle Art eine Zeitreise dokumentieren.

 

Zeitreisen in Bildern: Die Aufnahmen von Sonnenbahnen ist eine der Spezialitäten von Guido Baselgia

Zeitreise auch durch die fünf Ausstellungsräume, von den frühen Aufnahmen, als Guido Baselgia seine damalige Zuger Heimat dokumentierte, mit Ansichten, die es heute nicht mehr gibt, Häuser, die breiteren Strassen wichen, mit landschaftlichen Weiten, die durch Betonklötze unterbrochen wurden.

 

Zu den frühen Werken von Guido Baselgia gehören Landschaften des Zugerlandes in allen Variationen

Eindrücklich ist besonders die Reportage aus Galizien, die in den späten Achtziger- und den frühen Neunzigerjahren entstand, als Guido Baselgia die Ostländer bereiste. Die Bilder aus dem einstigen Königreich zwischen Südpolen und der Westukraine, stellt ein Höhepunkt der Ausstellung im Kunsthaus Zug dar, mit einer Bildfolge, welche eine Bauernfamilie dokumentiert, bei welcher der Fotograf eine grosse Gastfreundschaft genoss und so zu authentischen und seltenen Bilddokumenten kam.

 

In Galizien fotografierte Baselgia den Beginn politischer Unruhen und das Leben einer Bauernfamilie

Kontrapunkt zu dieser harten Realität sind die sanften Lochkamerabilder, die Guido Baselgia «Lichtstoff» nennt. Sie entführen uns in eine unwirkliche Welt, in die Welt unscharfer Visionen und bildgewordener Träume und visualisieren eine motivlose Fantasiewelt mit zarten Pastellfarben einerseits und harten Kontrasten anderseits, die durch die Unschärfe der linsenlosen Kamera lieblich abgemildert werden.

Die Camera Obscura, Urform aller Kameras, hat Guido Baselgia ihren Bann gezogen. Das Phänomen, wie durch ein kleines Loch ohne Linse in einem dunklen Raum ein Bild sichtbar wird und auf Fotomaterial festgehalten werden kann, hat den Künstler veranlasst auf der Bernina Passhöhe in einem Strassenunterhalts-Stützpunkt eine begehbare Kamera einzurichten, in welcher er mannsgrosse Bahnen von Fotopapier stundenlang belichtet und dann mit Landschaften mit negativen Tonwerten belohnt wird.

 

In der begehbaren Camera Obscura auf der Bernina-Passhöhe belichtet Guido Baselgia riesige Fotopapierbahnen

Guido Baselgia, der heute im Engadin wohnt und dort in seinem Atelier arbeitet, greift für seine Bilder konsequent auf die analoge Technik zurück, auf Grossformatkameras mit Planfilm oder auf Mittelformat- und Kleinbildkameras aus der analogen Zeit. Er entwickelt seine Filme und vergrössert seine Bilder von A bis Z selbst – mit Ausnahme der farbigen Grossformatbilder, die man heute technikbedingt nur über einen digitalisierten Umweg ausprinten kann.

Mit seinen 70 Jahren verfolgt er laufend neue Projekte und befasst sich mit analogen Techniken, mit denen er aussergewöhnliche Bilder gestaltet. Kreativität pur. Und an ein Ende denkt er nicht. Deshalb ist die Ausstellung «Lichtstoff und Luftfarben» von Guido Baselgia, die noch bis 4. Februar 2024 im Kunsthaus Zug zu sehen ist, eben doch keine Retrospektive.

Text und Situationsbilder: Urs Tillmanns

Kurz das Wichtigste

Was? Guido Baselgia «Lichtstoff und Luftfarben»
Wo? Kunsthaus Zug, Dorfstrasse 27, CH-6301 Zug
Wann? noch bis 4. Februar 2024,
Di–Fr 12–18 Uhr / Sa–So 10–17 Uhr / Montag geschlossen
Wie viel? CHF 15 / CHF 12
Info? https://kunsthauszug.ch/

 

Guido Baselgia

(*1953) ist in Pontresina/Engadin aufgewachsen. Er lebte und arbeitete von 1970 bis 2010 im Kanton Zug, absolvierte von 1975 bis 1979 die Ausbildung zum Fotografen an der Kunstgewerbeschule Zürich (heute ZHdK) und eröffnete 1983 sein eigenes Atelier als Werbe- und Industriefotograf in Baar. Der Bildband «ZugStadt – eine fotografische Erforschung» entstand im Rahmen des Zuger Werkjahres, welcher ihm 1996 zugesprochen wurde. Für das Kunsthaus Zug schuf er ab 1996 Fotoessays der Langzeitkooperationen mit Tadashi Kawamata, Richard Tuttle und Pavel Pepperstein. Seine Auseinandersetzung mit dem Engadin führte zu einer Wende seines Schaffens. Fortan fokussierte er sich auf die von Naturkräften geprägten Peripherien, die in freier künstlerischer Auseinandersetzung, auch mit dem Medium der analogen Grossbildfotografie, im Engadiner Gletschergebiet, im hohen Norden, in Südamerika, in Zug und Malans bis heute entsteht und eine Art Weltreise über drei Jahrzehnte beschreibt. https://baselgia.ch/

 

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Ein Kommentar zu “Guido Baselgia im Kunsthaus Zug mit «Lichtstoff und Luftfarben»”

  1. Der Mann macht alles analog, sehr schön. Wie ein Maler der noch einen Pinsel und Farbe in der Hand hat. Was er allerdings „… digitalisierten Umweg ausprinten kann …“ sagt mir nichts. Hat das was mit Weihnachten zu tun, so eine Printe backen oder wird einfach nur ein Bild gedruckt? Übrigens ist es nicht altmodisch, sondern modern und stilvoll, sind verständlich auszudrücken, äh ich meine auszuprinten.

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