Urs Tillmanns, 11. November 2023, 14:16 Uhr

Buchtipp: «Ernst Scheidegger – Fotograf»

Der Magnum-Fotograf Ernst Scheidegger gehört zu den wichtigsten Schweizer Fotografen, der vor allem durch seine Reportagen und Künstlerporträts bekannt wurde. Jetzt präsentiert die aktuelle Ausstellung im Kunsthaus Zürich und das dazugehörende Buch einen repräsentativen Querschnitt seines fotografischen Werkes.

Am 30. November dieses Jahres könnte Ernst Scheidegger seinen hundertsten Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass zeigt das Kunsthaus Zürich (noch bis 21. Januar 2024) eine Retrospektive des einstigen Magnum-Fotografen, welche von dem vorliegenden Bildband begleitet wird. Ausstellung und Buch zeigen einerseits bekannte Werke von Scheidegger, wie beispielsweise die Bilderreihe über Alberto Giacometti und andere Künstlerporträts, anderseits aber auch viele seiner frühen Werke, die bisher kaum bekannt waren.

Ernst Scheidegger war äusserst vielseitig begabt und dementsprechend abwechslungsreich war auch seine berufliche Laufbahn. Auf seine Lehre als Schaufensterdekorateur folgte der Aktivdienst im Engadin, wo aus der zufälligen Bekanntschaft mit Alberto Giacometti eine jahrzehntelange Freundschaft entstand, dem der Besuch der Fotoklasse von Hans Finsler und Alfred Willimann folgt, was ihn ebenso prägte, wie die Assistenz bei Werner Bischof und Max Bill sowie seine Zeit in Paris mit Kontakten zur damaligen Künstlerszene. Viele seiner bekannten Aufnahmen entstanden anlässlich verschiedener Auslandreisen, denen die Zeit als Dozent an der Hochschule für Gestaltung Ulm und die Tätigkeit als Bildredaktor bei der Neuen Zürcher Zeitung folgte. Scheidegger spezialisierte sich immer mehr auf Künstlerporträts, die einen erheblichen Teil in der Ausstellung und im Buch ausmachen und eindrucksvolle Bildnisse von Max Bill, Germaine Richier, Bernhard Luginbühl, Jean Tinguely, Joan Miró, Le Corbusier, Salvador Dalí und vieler anderer mehr zeigen. In den 1990er-Jahren konzentriert er sich zusammen mit Heiner Spiess auf seine verlegerische Tätigkeit im heute noch existierenden Verlag Scheidegger & Spiess und präsentiert sein bildnerisches Schaffen regelmässig auf Einzel- oder Gruppenausstellungen. Wir kennen Ernst Scheidegger als Fotografen, dürfen dabei jedoch seine anderen erfolgreichen Tätigkeitsfelder als Filmemacher, Maler, Verleger, Bildredaktor, Ausstellungsmacher, Grafiker, Gestalter und Galerist nicht vergessen.

Das Buch ist in vier Bildstrecken mit Begleittexten unterteilt, welche sein Frühwerk, seine Künstlerporträts, einer Sonderteil über Alberto Giacometti und seine Reportage über das Städtebauprojekt in Chandigar (Indien) von 1956 zeigen. In diesen vier Kapiteln wird ein repräsentativer Querschnitt durch Scheideggers breites Schaffensspektrum dargestellt, mit einer grösseren Anzahl bisher unveröffentlichten Bildern aus dem Ernst-Scheidegger-Archiv. Das Buch ist einerseits Ausstellungskatalog, anderseits aber eine hervorragende Retrospektive, welche das Werk Scheidegger vor der Vergänglichkeit bewahrt und ihn als renommierten Fotografen der Schweiz mit internationalem Ansehen bestätigt.

Für wen ist dieses Buch? Einerseits ist das Buch eine bleibende Erinnerung an eine wichtige gegenwärtige Fotoausstellung über das fotografische Werk von Ernst Scheidegger, anderseits ist es eine wichtige retrospektivische Darstellung zu seinem Schaffen, das sich an Leserinnen und Leser richtet, die an der Geschichte berühmter Schweizer Fotografen interessiert sind.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Ernst Scheidegger (1923–2016) war einer der bedeutendsten Schweizer Fotografen des 20. Jahrhunderts. Seine fotografischen Künstlerporträts machten ihn international bekannt. Insbesondere die Aufnahmen von Alberto Giacometti im Pariser Atelier oder im Bergell prägen bis heute unser Bild dieses Künstlers.

Anlässlich des 100. Geburtstags von Ernst Scheidegger, dem Gründer unseres Verlags, am 30. November 2023 und begleitend zu Ausstellungen im Kunsthaus Zürich und im MASI Lugano erscheint das Buch Ernst Scheidegger. Fotograf. Es basiert auf einer umfangreichen Aufarbeitung seines fotografischen Nachlasses und wirft einen frischen und zeitgenössischen Blick auf dieses vielschichtige Werk. Eine konzise Auswahl ikonischer und weniger bekannter Aufnahmen bildet Scheideggers Porträt- und Künstlerfotografie ab.

Zudem aber lädt das Buch zur Entdeckung von Scheideggers bisher wenig publiziertem Frühwerk ein und nimmt damit eine Neubewertung seines Schaffens vor. Texte von Tobia Bezzola, Direktor des MASI Lugano, von der Fotohistorikerin Alessa Widmer, von Philippe Büttner, Sammlungskonservator am Kunsthaus Zürich, und von Helen Grob, der langjährigen Lebensgefährtin Ernst Scheideggers, zeichnen dessen Werdegang und sein fotografisches Selbstverständnis nach und runden diesen fotoaffin gestalteten Band ab.

 

Der Inhalt

Vom fotografischen Frühwerk zu den Künstlerporträts (von Tobia Bezzola)

 

Frühwerk

Der bildschöpferische Seher
Über das fotografische Werk von Ernst Scheidegger (von Alessa Widmer)

 

Künstlerporträts (Georges Vantongerloo, Max Bill, Erica Pedretti, Germaine Richier, Ernst Morgenthaler, Hans Aeschbacher, Paul Lohse, Alois Garigiet, Otto Charles Bänninger, Eva Aeppli, Berhard Luginbühl, Jean Tinguely, Marino Marini, Alex Sadkowsky, Hans Arp, Sophie Taeuber, Verena Loewensberg, Serge Brignoni, Robert Müller, Rolf Brem und Hugo Loetscher, Fritz Glarner, Varlin, Samuel Buri, Wilfried Moser, Joan Miró,

Eduardo Chillida, Henri Laurens, Salvador Dalí, Le Corbusier, Fernand Léger, Alice Toklass, Trudi Demut, Marcel Marceau, Cuno Amiet, Victor Brauner, Triztan Tzara, Man Ray, Oskar Kokoschka, Henry van de Velde, Marc Chagall, Frantisek Kupka, Max Ernst, Warja Honegger—Lavater, Henry Moore)

 

«C’est comme un reportage» (Bildserie über Alberto Giacometti)
Ein Blick in die Essenz von Ernst Scheideggers Fotografie (von Philippe Büttner)

 

Chandigarh 1956 (Indien)

Von Fischen und Freunden (von Helen Grob)

 

Anhang
Biografie Ernst Scheidegger / Auszeichnungen und Preise / Die Autorinnen und Autoren / Bücher / Partner / Impressum

 

Der Fotograf und die Autor/innen

Ernst Scheidegger, geboren am 30. November 1923 in Rorschach SG, Lehre als Schaufensterdekorateur, Aktivdienst, Beginn der Maltätigkeit, Fotoklasse von Hans Finsler an der Kunstgewerbeschule Zürich (1945-1948), verschiedene Auslandreisen und Assistenz von Werner Bischof und Max Bill (1948/49). Kontakte zur Pariser Kunstszene, Gestaltung von fünf Wanderausstellungen, Werk- und Atelieraufnahmen sowie Künstlerporträts für Zeitschriften, freier Fotojournalist für die Fotoagentur Magnum (1952-1954), Reisen und Fotoreportagen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Südostasien, Mitwirkung bei Filmproduktionen, Dozent für visuelle Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung Ulm (1956/57), Dokumentation der Stadt Chandigarh (Indien), Bildredaktor der Wochenendbeilage der Neuen Zürcher Zeitung (1960-1989), Gründung des eigenen Verlags, Mitarbeit an der Expo 64 in Lausanne, betreibt Galerie (1971-1992), freier Filmregisseur beim Schweizer Fernsehen (1980-1984), Gründung des Verlags Scheidegger & Spiess (1997) zusammen mit Heiner Spiess, Gründung der Stiftung Ernst Scheidegger Archiv (2010), verschiedene Einzel- und Gruppenausstellungen bis zu seinem Tod am 16. Februar 2016 in Zürich.

Tobia Bezzola, seit 2018 Direktor des Museo d‘ Arte della Svizzera italiana (MASI), zuvor Direktor des Museum Folkwang in Essen (2013-2018) und Kurator am Kunsthaus Zürich (1995-2012).

Philippe Büttner, Sammlungskonservator am Kunsthaus Zürich, zuvor Ausstellungskurator an der Fondation Beyeler in Riehen/Basel (2003-2011).

Alessa Widmer, Master in Theorie und Geschichte der Fotografie und Kunstgeschichte an der Universität Zürich, Dissertation zur Schweizer Fotografiegeschichte und zu Rosellina Burri-Bischof.

Helen Grob, Assistentin von Rolf Liebermann und Hans-Werner Henze, Studium der Psychologie, Psychotherapeutin in Zürich, während 33 Jahren Lebenspartnerin von Ernst Scheidegger.

 

Bibliografie

«Ernst Scheidegger – Fotograf»

248 Seiten, 12 farbige und 168 schwarzweisse-Abbildungen, gebunden, Hardcover, Format 23 x 30 cm, Oktober 2023
Herausgegeben von Stiftung Ernst Scheidegger Archiv, Zürich
mit Texten von Tobia Bezzola, Alessa Widmer, Philippe Büttner und Helen Grob
Deutsche oder Englische Ausgabe
Preis: CHF 59.00
ISBN 978-3-03942-173-2 (Deutsch)
ISBN 978-3-03942-178-7 (Englisch)

Das Buch ist im Buchhandel, im Shop des Kunsthaus Zürich (CHF 51.00) und beim Verlag zu beziehen.

Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich ist noch bis 21. Januar 2024 zu sehen.

 

Lesen Sie auch
• «Ernst Scheidegger – ein Abschied», Fotointern 22.02.2016

• «Ernst Scheidegger wird heute 90», Fotointern 30.11.2013

 

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